Clever, clever, wie Schwarz-Gelb die versprochenen Steuersenkung finanzieren will. Noch in diesem Haushaltsjahr sollen bis zu 50 Mrd. Euro zusätzliche Schulden aufgenommen werden – doch nicht, um die Steuern zu senken. Sondern um die künftigen Defizite in den Sozialhaushalten vorab zu begleichen. Das meldet die Financial Times Deutschland heute. Und obwohl die allermeisten der derzeitigen Spekulationen nichts anders sind als wilde Gerüchte, ist dieses außerordentlich plausibel. Denn es hat den logischen Charme, den Bundeskanzlerin Angela Merkel besonders schätzt.
So könnten die neuen Schulden noch nachträglich der Großen Koalition aufgebürdet werden. In den beiden Konjunkturprogrammen gegen die Krise wurde insbesondere den Unternehmen geholfen, so die Argumentation. Doch natürlich gibt es auch krisenbedingte Defizite bei der Agentur für Arbeit, in den Kranken- und Rentenkassen. Sie müssen entweder mit Staatsgeld gestopft werden oder die Beiträge müssen erhöht werden.
Da letzeres ausgesprochen wirtschaftsfeindlich ist, weil es den Preis für Arbeit erhöht, wird in den letzten Jahren politisch zunehmend lieber zu ersterer Strategie gegriffen. Sie firmiert als „Steuerzuschuss für die Sozialsysteme“ und hat zudem eine wachsende Zahl von Anhängern unter Wirtschaftsexperten.
Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe sachlicher Gründe dafür. Denn warum soll die in den nächsten Jahrzehnten schon demografisch bedingt immer weiter schrumpfende Zahl der Erwerbstätigen die zunehmende Zahl der so genannten „versicherungsfremden Leistungen“ bezahlen? Die kostenlose Versicherung von Kindern in der Krankenkasse? Oder die Kurse, mit denen Schulabgänger fit für den Job gemacht werden?
Dennoch hat die Maßnahme jetzt natürlich einen sehr kräftigen Haut Gout. Es entsteht ein riesieger neuer Schattenhaushalt. Und irgendwann müssen die aufgenommenen Schulden bezahlt werden. Und klar, es wird ordentlich getrickst. Denn die Sozialkassen brauchen das heute aufgenommene Geld erst 2010 und 2011. Zudem kommt, dass das deutsche Haushaltsdefizit damit endgültig und drastisch über den Maastricht-Regeln liegen wird. Doch in diesem Jahr reißen fast alle EU-Staaten die EU-Defizitgrenzen, denkt sich Schwarz-Gelb, da können wir richtig zulangen und es auf die alte Regierung schieben.
Insgesamt aber würde ein derartiges Vorgehen genau der Strategie Angela Merkels zu Beginn ihrer ersten Legislaturperiode folgen: Auch da wurde 2006 erst mal Geld ausgegeben, um die Konjunktur zu stabilisieren. Und die – angekündigte – Mehrwertsteuererhöhung auf 2007 verschoben. Dieses Mal wird es keine Mehrwertsteuererhöhung geben, da steht das Wort Merkels glaubhaft dagegen. Doch einen Kassensturz wird es Ende 2010 sehr wohl geben müssen. Es sei denn, das Risikospiel geht auf und die Weltwirtschaft erholt sich so blitzschnell, dass 2010 schon wieder Wachstumsraten von fünf bis sieben Prozent weltweit und zwei bis drei Prozent in Deutschland verbucht werden.
Dann hätten wir „Angela im Wunderland“ – denn dann, allerdings nur dann, würden sich die Staatskassen von selber wieder füllen.