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Bekenntnisse eines ehemaligen Neocon

Der typische Neokonservative, sagte Irving Kristol einmal, ist ein Linker, den die Realität hinterrücks überfallen hat. Was aber wird aus einem Neocon, den die Realität abermals überfallen hat?

Kristols Bemerkung war durchaus treffend. Die Neocons waren – zumindest in der Gründergeneration – größtenteils ehemalige Linke, insbesondere Trotzkisten. Also Renegaten. Und wie viele Renegaten – man denke etwa an das Personal der „Achse des Guten“ – wurden sie nach ihrer unangenehmen Begegnung mit der Realität nicht einfach stinknormale Konservative, sondern oft besonders penetrante Reaktionäre.

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Ägypten oder: Alle Macht geht vom Militär aus

Es ist vollbracht. Ägypten hat einen neuen Präsidenten. Endlich ein Schritt in Richtung Demokratie, endlich ein Signal der Freiheit. Das Volk hat sich für einen Muslimbruder und gegen den Repräsentanten des untergegangenen Mubarak-Regimes entschieden, auch wenn das Ergebnis sehr knapp ausgefallen ist. Und der Oberste Militärrat lässt den Islamisten Mohamed Mursi gewähren. So scheint es.

Doch der Schein trügt. Die Armee ist offenkundig nicht gewillt, auf ihre Macht zu verzichten. Unlängst löste die Junta das Parlament auf, sicherte sich das Recht, Zivilisten zu verhaften. Sogar Gesetze können die führenden Generäle erlassen. Alle Macht geht von den Soldaten aus – echte Demokratie sieht anders aus. Um Ägyptens Zukunft ist es derzeit schlecht bestellt. Vielleicht sogar schlechter denn je. Weiterlesen

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Jetzt beginnt die eigentliche Bewährungsprobe in Ägypten

Es ist vollbracht, das Volk hat Mubarak gestürzt. Der Pharao hat seinen Thron aufgegeben. Ein epochaler Erfolg der Menschen, die seit Wochen zu Hunderttausenden auf dem Tahrir-Platz nach Freiheit riefen und den Despoten zum Teufel wünschten. Wie groß die Verachtung für den alten Mann mittlerweile war, konnte man Donnerstag im Fernsehen sehen: Die wütenden Bürger reckten ihre Schuhe in die Luft – eine Geste, die hierzulande dem Zeigen des Mittelfingers entspricht.

Der Verhasste mag nun der Vergangenheit angehören, eine Ära der Unterdrückung hoffentlich zu Ende gegangen sein. Eine friedliche Revolution beendet die Herrschaft eines orientalischen Despoten – ein historischer Moment für die arabische Welt. Nichts ist mehr wie früher. Alte Gewissheiten sind jetzt Geschichte. Und das darf ruhig mit Beifall begrüßt werden. Weiterlesen

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Herr Mubarak, Ihr Volk will Sie nicht mehr!

Hosni Mubarak hat seine letzte große Chance verpasst, mit erhobenem Haupt seine Ära als Diktator Ägyptens  zu beenden und in Würde abzutreten. Wer ihm bei seiner Rede zuhörte, musste das Gefühl haben, dass entweder der Zuhörer oder der ägyptische Präsident im falschen Theater mit dem falschen Text unterwegs sind.

Da spielte sich Mubarak als Spitze der Revolutions- und Veränderungsbewegung auf. Da tat er so, als ob er  – und schon ganz lange – die von ihm selbst geschaffene Diktatur und den Ausnahmezustand aufgeben wollte. Da veräppelte einer sein eigenes Volk in unerträglicher Weise. Er trete nicht zurück, weil er sich von Ausländern nicht sein Handeln vorschreiben ließe. Von Ausländern? Herr Mubarak, Ihr Volk will Sie nicht mehr! Weiterlesen

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Wenn der Westen Ägypten verliert …

Da sitzen alle relevanten Politiker zusammen bei der Sicherheitskonferenz in München, in Ägypten befreien sich die Menschen von einer Dikatatur – und wie reagiert der Westen? Er rät, abzuwarten! Es gelte, sich Zeit zu nehmen, um freie Wahlen vorzubereiten!

Das ist beschämend. Da sind die mutigen Millionen, die Tag für Tag auf dem Tahrir-Platz in Kairo ihr Leben für die Freiheit riskieren. Und hier sind bräsige Politiker in einem Münchner Nobelhotel, die palavern und palavern und dann doch nichts tun. Der Westen ist auf dem besten Wege, Ägypten zu verlieren.  Weiterlesen

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Der deutsche Michel lässt grüßen

Tage des Zorns, Tage des Abgangs – Ungeheuerliches tut sich derzeit in Ägypten und anderswo in der arabischen Welt. Die Menschen gehen auf die Straße, um nach Jahren der Unterdrückung ihre Grundrechte einzufordern: Freiheit, Selbstbestimmung, Mitsprache und wirtschaftliches Auskommen.

Sie kämpfen gegen die Obrigkeit und deren brutale, zum Teil gekaufte Parteigänger. Dazu bedarf es Mut. Denn wer heute protestiert, kann von Steinen und Kugeln getroffen werden, riskiert also sein Leben. Pulverdampf und Tränengas statt Jasmin. Gerade in Kairo geht es dieser Tage um viel, sehr viel. Vielleicht sogar um alles. Die Stimmung, ja das Wort ist durchaus angebracht, ist revolutionär. Weiterlesen

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Showdown in der Siegreichen

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Als ich im Wintersemester 2003/2004 an der islamischen Universität Al Azhar in Kairo studiert habe, lag über Ägypten eine schummrige Atmosphäre, das Land war in den Klauen des Stillstands. 40 Prozent Analphabeten, hunderttausende Studenten ohne Jobaussicht, die Hälfte der Bevölkerung unter 20 Jahre – und über 20 Jahre Alleinherrschaft von Hosni Mubarak. Der Machthaber konnte sich schon damals nur mit der Unterstützung des Militärs und der Muslimbruderschaft halten.

Beide spielen bei den aktuellen Entwicklungen entscheidende Rollen. Weiterlesen

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Der Westen ist herausgefordert, kluge Entscheidungen zu treffen

Hoch lebe die Revolution!  Sie lebe hoch! Wie oft haben sich Menschen darüber gefreut, dass Völker sich von ihrer Diktatur befreien wollen, den Despoten zu Recht zum Teufel jagen, soziale Ungerechtigkeit einerseits und Korruption der Machthaber andererseits nicht mehr hinnehmen. Gerade wir, die hier in der Demokratie leben und Menschenrechte als Conditio sine qua non für politisches Handeln definieren, müssen an der Seite der Demonstranten sein.

Wenn es nicht, ja wenn es eben nicht die Erfahrung gäbe, dass diese Aufstände von anderen totalitären Gruppen  missbraucht und benutzt werden. Und der eine Diktator durch einen anderen wieder ersetzt wird und die Hoffnung der Menschen erneut mit Füßen getreten wird. Weiterlesen

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Der arabische Aufstand, die Türkei und wir

„Empires of the Sand“ – so heißt ein lesenswertes Buch des Historikers Ephraim Karsh über den Versuch, im nahen und mittleren Osten imperiale Strukturen aufzurichten. Zuletzt sind die Ottomanen, die Briten und – wenn man so will – die Amerikaner damit gescheitert.

Dabei ist das Imperium gerade in dieser Region die nahe liegende und traditionelle politische Daseinsform – anders als etwa in Europa mit seinen vielen Völkern, Sprachen und Kulturen, das den Nationalstaat erfunden hat und erst ex negativo – aus der nationalen Hybris, die zu zwei Weltkriegen führte, und dem Niedergang der alten nationalimperialistischen Mächte seit 1945 – zu einer postnationalen Ordnung gefunden hat. Weiterlesen

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Freiheit, die sie meinen

Schlagstöcke, Tränengas, Gummigeschosse und willkürliche Festnahmen – das ist die eine Seite. Die der ägyptischen Staatsmacht. Sie setzt auf Brutalität, nimmt sogar Tote billigend in kauf. Hauptsache, es herrscht Ruhe im Land. Was es auch kosten mag.

Mutige Demonstranten, »Weg-mit-Mubarak«-Rufe, Tage des Zorns, Kommunikation über Twitter und Facebook – das ist die andere Seite. Die der aufgebrachten Bürger, des Volkes. Menschen, deren Kampf von der Hoffnung auf Brot und Freiheit getragen wird. Sie haben Armut, Arbeitslosigkeit und Bevormundung satt, wollen endlich ein selbstbestimmtes Leben führen. Und deshalb proben sie den Aufstand.

Algerien, Jordanien, Libanon und Jemen, vielleicht auch bald Syrien, Libyen und Marokko – nach dem Vorbild Tunesiens breiten sich die Proteste gegen die Langzeit-Potentaten von eigenen Gnaden aus. Die arabische Welt taumelt. Weiterlesen

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