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Hartz IV – Kein „Kuhhandel“ zu Lasten der Menschen

von Ursula Engelen-Kefer, langjährige stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes:

Das „Polit-Drama“ um die Hartz IV Reform erreicht einen neuen Höhepunkt. Nicht nur ist der vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Termin (1.1.2011) längst überschritten. Auch wäre die endgültige Abstimmung im Bundesrat am 11.2. gescheitert, hätten nicht die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), sowie von Sachsen Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), die Reißleine gezogen und einen erneuten Einigungsversuch unternommen.

Ob es den beiden Ministerpräsidenten bei ihrer Initiative um die von Hartz IV betroffenen Millionen Menschen ging oder die Sorge um den berechtigten Ärger der Bürger an der mangelnden Einigungsfähigkeit von Bundesregierung und Opposition, ist letztlich unerheblich. Weiterlesen

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Revisited: Die Götterdämmerungs-Operette von Arnulf Baring

Nicht ganz von ungefähr (aber dazu komme ich gleich) las ich dieser Tage wieder Arnulf Barings Manifest „Bürger auf die Barrikaden“, das im November 2002 in der FAZ erschien:

http://www.arnulf-baring.de/html-dateien/presse_buergeraufdiebarrikaden.htm

Der verdiente Historiker sah Deutschland „auf dem Weg zu einer westlichen DDR“. Er bemühte außerdem als historische Vergleichsgröße die letzten Tage der Weimarer Republik, verglich den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder mit Reichskanzler Heinrich Brüning, sah das „Parteiensystem“ am Ende und einen „massenhaften Steuerboykott“, „aktiven und passiven Widerstand“ und „empörte Revolten“ gegen den Staat voraus, wenn sich nichts ändere, wobei ihm freilich nicht viel Konkretes einfiel außer einer Verfassungsänderung, die es einer zur „Reform“ (sprich: Reduzierung der Sozialausgaben) entschlossenen Bundesregierung ermöglichen würde, tatsächlich auch – wie es Angela Merkel später formulieren sollte – „durchzuregieren“. Weiterlesen

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Showdown in der Siegreichen

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Als ich im Wintersemester 2003/2004 an der islamischen Universität Al Azhar in Kairo studiert habe, lag über Ägypten eine schummrige Atmosphäre, das Land war in den Klauen des Stillstands. 40 Prozent Analphabeten, hunderttausende Studenten ohne Jobaussicht, die Hälfte der Bevölkerung unter 20 Jahre – und über 20 Jahre Alleinherrschaft von Hosni Mubarak. Der Machthaber konnte sich schon damals nur mit der Unterstützung des Militärs und der Muslimbruderschaft halten.

Beide spielen bei den aktuellen Entwicklungen entscheidende Rollen. Weiterlesen

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Der arabische Aufstand, die Türkei und wir

„Empires of the Sand“ – so heißt ein lesenswertes Buch des Historikers Ephraim Karsh über den Versuch, im nahen und mittleren Osten imperiale Strukturen aufzurichten. Zuletzt sind die Ottomanen, die Briten und – wenn man so will – die Amerikaner damit gescheitert.

Dabei ist das Imperium gerade in dieser Region die nahe liegende und traditionelle politische Daseinsform – anders als etwa in Europa mit seinen vielen Völkern, Sprachen und Kulturen, das den Nationalstaat erfunden hat und erst ex negativo – aus der nationalen Hybris, die zu zwei Weltkriegen führte, und dem Niedergang der alten nationalimperialistischen Mächte seit 1945 – zu einer postnationalen Ordnung gefunden hat. Weiterlesen

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Stopping the Trans-Atlantic Drift

Von Constanze Stelzenmüller und Tomas Valasek:

You might call it the Obama paradox: Atlanticists on both sides of the ocean were certain that this president, inaugurated two years ago, would renew the trans-Atlantic alliance.

Yet two years later, the United States and Europe seem further apart than they have ever been in their policies as much as in public attitudes. For the United States, Europe appears to be less relevant than ever; in Europe, anti-Americanism seems to be drifting into simple indifference. Weiterlesen

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Willkommen zurück in der Verantwortung. Zwei Bücher widerlegen das Dogma von der Allmacht der Gene

Genetik und Demographie sind zu den Leitwissenschaften des 21. Jahrhunderts avanciert. Die angeblich ehernen Gesetze der Bevölkerungswissenschaft erzwingen etwa die Erhöhung des Renteneintrittsalters; angeblich gesicherte Erkenntnisse über die genetischen Ursachen von Schulversagen und anderen unliebsamen Erscheinungen befeuern die Fremdenangst und rechtfertigen die Ausgrenzung des Prekariats. Und ein Buch, das Demographie und Genetik miteinander verrührt, wird zum Bestseller.

Ein erstaunliches Comeback. Weiterlesen

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Organspende: Darf’s noch etwas mehr sein?

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Organspende muss für alle zur Pflicht werden. Warum? Weil wir alle – ich kann mir kein Argument dagegen denken – erst einmal ein neues Organ ersehnen, wenn uns ein hergebrachtes, eigenes den Dienst versagen sollte. Niemand von uns würde sich mit dem herannahenden Tod abfinden, niemand würde nicht alles für sich, das geliebte Kind, den Ehepartner tun wollen.

Wie organisieren wir diese Pflichtabgabe? Nun, was soll an einem Organ anders sein als an anderen Gebrauchsgegenständen? Wir kaufen neue Autos, neue Waschmaschinen. Die Fertigung dieser Güter ist industriell. Ebenso sollten Organe gehandelt werden. Weiterlesen

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Das Versagen der Europäischen Union in Tunesien

Die Ereignisse in Tunesien müssen das Herz eines jeden Demokraten höher schlagen lassen. Wie die „Zedernrevolution“ im Libanon 2005, die Demonstrationen gegen den Wahlbetrug im Iran 2009 und gegen steigende Preise und Jugendarbeitslosigkeit Anfang dieses Jahres in Algerien, zeigt der Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali, dass die Bereitschaft, autoritäre Regimes zu akzeptieren, in der „islamischen Welt“ – einer Welt, die ebensowenig ausschließlich „islamisch“ ist wie unsere christlich – schwindet. Das gilt es auch dann festzuhalten, wenn man feststellen muss, dass keine dieser Bewegungen bisher zu dauerhaften demokratischen Strukturen geführt hat.

Umso deprimierender fällt die Antwort auf die Frage aus, was eigentlich die Europäische Union getan hat (und tut), um die Demokratie und die Rechtstaatlichkeit in diesem Teil der Welt zu fördern. Weiterlesen

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Ursula Sarrazin und die Schule als Service-Unternehmen

Ob Ursula Sarrazin, wie sie selbst meint, eine gute, obwohl – oder weil – strenge Lehrerin ist, oder, wie der Berliner Landeselternausschuss meint, eine Lehrerin, die Kinder mobbt, anschreit und mit Verbalinjurien („du Hauptschüler!“ du Opfer!“) zu Tränen rührt, kann ich nicht beurteilen.

Möglicherweise stimmt beides – es kommt ja vor, dass gute Lehrer durchdrehen; möglicherweise stimmt auch, dass an ihr etwas ausagiert wird, was mit ihrer Fähigkeit oder Unfähigkeit gar nichts, mit ihrem Mann aber sehr viel zu tun hat. Ich weiß es nicht, und ich denke, das weiß niemand außerhalb ihrer Schule. Weiterlesen

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Ernst Nolte, Thilo Sarrazin und die Struktur des Vorurteils

Aus Gründen, die hier zunächst nicht interessieren, habe ich mir wieder Ernst Noltes „Der Faschismus in seiner Epoche“ hervorgekramt; das Buch begründete bei seinem Erscheinen 1963 Noltes Ruf als Ausnahmehistoriker und ist nach wie vor lesenswert.  Verstörend freilich ist das Vorwort zur Ausgabe von 1995, in dem Nolte den Versuch macht, das Werk sozusagen in eine Gesamtschau seines Schaffens einzuordnen. Insbesondere versucht er hier noch einmal, die Genese jener Thesen vom „kausalen Nexus“ zwischen Gulag und Auschwitz und von der Nachvollziehbarkeit der eliminatorischen Juden-Phobie der Nazis nachvollziehbar zu machen, die im Zentrum des „Historikerstreits“ standen. Weiterlesen

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2011 muss das Jahr der Assistentin werden!

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Solche Kolumnen schreibt man eigentlich nicht, denn es fühlen sich immer die Falschen angesprochen. Leider. Aber: Das Jahr geht auf die Neige und der eine oder die andere werden sich noch Vorsätze fassen wollen und da möchte ich mit meinen Zeilen gerne Stichwortgeber sein:

Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie viel volkswirtschaftliche Ressourcen durch ineffiziente VorzimmermitarbeiterInnen und unmotivierte SekreträrInnen/ AssistentInnen jedes Jahr vernichtet werden? Ich kann das hier nicht wirklich beziffern ich vermute aber – anhand subjektiven Erfahrungen, die wir im nun endenden Jahr gesammelt haben – dass der Schaden immens ist. Weiterlesen

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