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Rainer Bieling und Alexander Gauland

Rainer Bielings heftige, beleidigte und völlig argumentationsfreie Kritik an meiner Auseinandersetzung mit seiner – sagen wir: eigenwilligen – Interpretation der nationalsozialistischen Judenverfolgung hat mich neugierig gemacht. Nun ist mir klar geworden, warum der ehemalige „Zitty“-Redakteur mit dem Nationalsozialismus nicht klarkommt.

Er selbst sieht es natürlich ganz anders. In einem Beitrag für WELT mit dem Titel „Von Deutschland lernen heißt erinnern lernen“ pries er vor einigen Jahren seine ganz persönliche Vergangenheitsbewältigung: „Im Wochenrhythmus flaniere ich mit offenen Ohren und manchmal, wenn es Lichtbilder oder Filme gibt, auch mit offenen Augen durch eine Welt der Verbrechen gegen die Menschheit, die ich aus immer neuem Blickwinkeln kennenlerne.“ Gemeint ist die „Topographie des Terrors“ in Berlin.

Wie die Deutschen Hitler besiegten, und wie gut das Bieling tut

Nun könnte man dieses „Flanieren durch eine Welt der Verbrechen“ als Koketterie, vielleicht als selbstkritische Koketterie verstehen, würde Bieling nicht noch eins draufsetzen: „Am Ende ziehe ich mit dem guten Gefühl einer gedanklichen Bereicherung von hinnen, das sich nicht nur aus der Genugtuung speist, dass wir, die Deutschen von heute, den Nationalsozialismus nach 67 Jahren tatsächlich politisch und moralisch besiegt haben …“

Wenn regelmäßige Vergangenheitsbewältigung einem deutschen Bürger im Rentenalter zu einem guten Gefühl im Wochenrhythmus verhilft – what‘s not to like? Das ist vielleicht zuverlässiger als Sex. Und wenn „wir Deutschen den Nationalsozialismus nach 67 Jahren besiegt haben“, dann muss man sich vielleicht nicht daran erinnern, dass der Nationalsozialismus gegen den erbitterten Widerstand der meisten Deutschen von den Alliierten niedergekämpft werden musste, und dass zu diesen Alliierten – leider, leider! – auch die kommunistische Sowjetunion gehörte.

Wie Bieling den Widerstand gegen Hitler verunglimpft

So mündet Bielings Artikel über seine Flaniertätigkeit auf dem Gelände, wo die SS ihre Gefangenen  folterte, in die Aufforderung, die Erinnerung an eine kommunistische Widerstandskämpferin auszutilgen: „Das erste, das die Topographie des Terrors erkennen könnte, ist, dass sie eine falsche Adresse hat. Die Gestapo, auf deren Hausnummer 8 sie sich bezieht, lag in der Prinz-Albrecht-Straße. Nach dem Sieg über Sozial- und alle anderen Demokraten benannte die DDR-Führung die Straße nach einer Märtyrerin um, die ihr Leben der Diktatur geopfert hatte. Sie hieß Käthe Niederkirchner und war eine so fanatische Kommunistin, dass sie aus dem sicheren Exil in Moskau heraus hinter den feindlichen Linien über Polen mit dem Fallschirm absprang, um durch Untergrundarbeit der Roten Armee den Weg nach Berlin zu bahnen. Dafür bezahlte sie mit dem Leben; die Gruppe Ulbricht revanchierte sich, als sie schon Staat geworden war, 1951 mit der Umbenennung der Prinz-Albrecht-Straße in Niederkirchnerstraße.“

Man beachte den Zungenschlag: Niederkirchner habe „ihr Leben der Diktatur“ – gemeint ist der stalinistischen – „geopfert“. Aktiv. Nicht: wurde von den Nazis ermordet. Niederkirchner war eine „fanatische Kommunistin“, deshalb verließ sie das „sichere Exil in Moskau“. Abgesehen davon, dass dieses Exil nicht sicher war – Käthes Bruder Paul war 1938 vom NKWD erschossen worden – : warum wird sie nicht gewürdigt als tapfere Frau und Antifaschistin? Sie sollte „der Roten Armee den Weg nach Berlin bahnen“, so Bieling. Doch waren Aktionen wie jene von Käthe Niederkirchner zwischen den Alliierten abgesprochen.  Dazu wurde am 30. September 1941 – kurz nach dem Überfall der Deutschen auf die Sowjetunion – ein  Abkommen zwischen dem britischen Special Operations Executive (SOE), die dem Ministry of Economic Warfare unterstand, und dem sowjetischen Geheimdienst NKWD unterzeichnet, das die Zusammenarbeit bei der „Sabotage- und Subversionstätigkeit“  in Deutschland und den von Deutschland besetzten Ländern regelte. Niederkirchner war also auch im Auftrag und im Interesse der Westalliierten unterwegs. (Diesen Hinweis verdanke ich Clemens Heni.)

Kurz vor ihrer Hinrichtung im KZ Ravensbrück schrieb Käthe Niederkirchner: „Also wird es wohl heute abend passieren. Ich hätte doch so gern die neue Zeit erlebt. Es ist so schwer, kurz vorher gehen zu müssen. Lebt alle wohl. …“ Sie hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass die „neue Zeit“ auch einen Menschen hervorbringen würde, der ihr Opfer verhöhnen und die Erinnerung daran austilgen will, derweil er sich bräsig brüstet: „Mit Stolz nehmen wir zur Kenntnis, dass unsere Erinnerungsarbeit im Ausland genauso geschätzt wird wie deutsche Wertarbeit.“

Wie Bieling die Verbrechen der Nazis relativiert …

Was nun diese „Erinnerungsarbeit“ angeht, so ist sie bei Bieling eher eine Vergessensarbeit. Die Tatsache, dass von über 160.000 Juden in Berlin vor 1933 gerade einmal 1700 das Kriegsende erlebten, ist für ihn in erster Linie ein Beleg dafür „dass etliche Bürger ihrer Stadt einst großen Mut zeigten“ – die Helfer nämlich, die deren Untertauchen ermöglichten. So kann man Geschichte verdrehen, wenn man regelmäßig durch eine Welt der Verbrechen flaniert, ohne allzu genau hinzusehen.

So wie aus dem Opfer der Nazidiktatur Käthe Niederkirchner ein fanatisiertes Selbstopfer wird, dargebracht der stalinistischen Diktatur, so wie in dem von mir kritisierten Artikel das Wort „Nationalsozialismus“ nicht vorkommt und überdies unterstellt wird, die  „neue Regierung“ (also Hitlers Diktatur) sei „von der Dankbarkeit ihrer Gefolgschaft“ dazu bewegt worden,  „den einen zu nehmen, um den anderen zu geben“, also die Juden zu enteignen, entrechten, zu vertreiben und zu vernichten – so verpasst Bieling in anderen Artikeln (auch wenn das gar nicht zum Thema passt)  möglichst keine Gelegenheit, die Verbrechen der Nazis zu relativieren oder in einen falschen Kontext zu stellen.

… und irgendwie den Muslimen in die Schuhe schiebt

So schrieb Bieling in der Rechts-Postille „Tichys Einblick“, der besser „Tichys Einäugigkeit“ heißen sollte, angesichts des islamischen Terrorangriffs auf den Berliner Weihnachtsmarkt:

„Solcherart als ungläubig Markierte gibt Allah der Hölle preis, wenn er ihnen eine Lektion erteilen will. Wann das nötig ist, lässt er seine Krieger auf Erden wissen. Die verstehen sich in der Tradition ihres Propheten Mohammed, der in frommer Legende zu Medina schon die Tötungspraxis von Babi Jar vorwegnahm.“

Anis Amri tötete in wenigen Minuten 12 Menschen. In Babi Jar wurden über zwei Tage hinweg von Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD über 33.000  Juden – Männer, Frauen und Kinder –  erschossen. Schon allein die Assoziation ist unsinnig. Die Behauptung, Mohammed habe mit der Tötung der 400 bis 900 erwachsenen männlichen Angehörigen des jüdischen Stamms der Banu Qurayza, die sich der Konversion widersetzten, „die Tötungspraxis von Babi Jar vorweggenommen“, ist geschichtlich absurd. Es gibt zwischen dem Massenmord in Medina und dem Massenmord in Babi Jar keine Verbindungslinie. Die Täter waren nicht Muslime, sondern Christen, und die Traditionslinie, die zu Babi Jar führte, hat europäische wurzeln, nicht arabische. Doch daran zu erinnern, würde vielleicht das Gefühl der „Genugtuung“ stören und das gute Gewissen, mit dem sich Bieling – da die Vergangenheit vorbildlich bewältigt worden ist – dem neuen Weltfeind zuwendet.

Diese Art, nicht vorhandene Verbindungslinie zu ziehen, um tatsächliche Verbindungslinie zu verwischen, verfolgt Bieling auch an obskuren Stellen, zum Beispiel in einer Besprechung eines Buchs von Robert S. Wistrich auf Amazon:  „In dem aktuellen Buch ‚Muslimischer Antisemitismus‘ erzählt Wistrich die Geschichte von Anfang an. Er benennt die antijüdischen Sterotype im Koran: ‚die Juden‘ als ‚Lügner‘ und ‚Verderber der Schrift‘, als ‚böse‘, ‚ungehorsam‘ und ‚ungläubig‘, als ‚Affen und Schweine‘ (Sure 5:60). Die Vertierung nimmt ihren Lauf, später werden Nationalsozialisten Juden ‚Ungeziefer‘ nennen und ‚es‘ mit Zyklon B ‚ausrotten‘ (ebenfalls ein Begriff aus der Tierwelt).“

Nun, jeder kann die Quelle überprüfen und feststellen, dass der Koran hier eben nicht von „den Juden“ spricht, aber das ist an dieser Stelle nicht das Entscheidende: Religionen, die ihre Gegner zu Tieren herabwürdigen, wie es in Sure 5 und an diversen Stellen in der Bibel geschieht, man denke an Jesus von Nazareth, der die (jüdischen) Pharisäer als „Schlangen und Natterngezücht“ bezeichnet (Mt 23:33) sind mir zuwider.

Der entscheidende Punkt ist, dass Bieling hier wieder eine direkte Linie vom Koran zu den Nationalsozialisten zieht, ja sogar zum Holocaust und zum Zyklon B. Eine Linie, die es weder geistes- und ideengeschichtlich noch politisch gibt; während es sehr wohl eine Linie von Mt. 23:33 und anderen antijüdischen Stellen der christlichen Bibel über den mittelalterlichen christlichen Antijudaismus, den rasenden exterminatorischen Antisemitismus Luthers usw. hin zum Nationalsozialismus gibt.

Wistrich hat diese Verbindungslinien in mehreren Büchern nachgezeichnet, die ich Bieling zur Lektüre nur empfehlen kann, und er hat -obwohl er zu den schärfsten Kritikern des muslimischen Antisemitismus gehörte –  gerade nicht jene Assoziation hergestellt, die sich bei Bieling offensichtlich wie eine Zwangsvorstellung einstellt, wenn es um Muslime geht.

Wie der Herr, so’s Gscherr

Nun könnte man fragen: Warum nehme ich mir Bieling vor, der alles in allem (trotz des geradezu hymnischen, weil von ihm selbst verfassten Eintrags bei Wikipedia) intellektuell unbedeutend und publizistisch ziemlich wirkungslos ist? Schieße ich da nicht Kanonen auf einen geistigen Spatz? Ja. Aber es gibt jenes schöne deutsche Sprichwort: „wie der Herr, so’s Gscherr.“ Bieling ist bloß Gscherr, aber sein Denken weist auf einen Herrn hin: Alexander Gauland.

Dessen ganzes Denken und Trachten fasste er selbst gut in dem Ausruf zusammen: „Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die 12 Jahre. Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte.“

Nein, sind sie nicht. Zwar gibt es keine zwangsläufige Entwicklung von Luther zu Hitler. Hätte der tapfere Georg Elser Hitler 1939 getötet, hätte es – nach menschlichem Ermessen – keinen Holocaust gegeben. Aber es gibt eben doch tausend Verbindungslinien in der deutschen Geistesgeschichte, die im NS-Staat und im Massenmord kulminieren. Ich bin der letzte, der einer Nationalzerknirschung das Wort redet, aber die Vogelschiss-Perspektive auf die Geschichte ist schlicht verlogen.

Das gilt auch für Bielings Versuch, einen verspäteten deutschen Sieg über Hitler zu konstatieren und ihn umzumünzen in eine Rechtfertigung für billigen retroaktiven Kommunistenhass und dummen proaktiven Moslemhass. Wie der Herr, so’s Gscherr. Unbelehrbar, fürchte ich.

 

 

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76 Gedanken zu “Rainer Bieling und Alexander Gauland;”

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    @Hans
    „… können wir uns darauf einigen, dass in dieser Welt Antworten allein durch Machtverhältnisse bestimmt werden? …“
    Nein. Das können wir nicht.
    Dann könnte man die Wissenschaft – zumindest eine Sozialwissenschaft wie die Geschichtsschreibung – einstellen.
    Entscheiden die „Machtverhältnisse“ den wissenschaftlichen Disput zwischen, sagen wir, C. Clark und J. Leonhardt in Bezug auf den Ausbruch des 1.WK? Haben D. Goldhagens Thesen zum Ursprung des Judenmords aufgrund der „Machtverhältnisse“ keinen Bestand mehr?
    Klar, wenn ich baren Unsinn als Wissenschaft verkaufen will, dann ist es sehr bequem, die „Machtverhältnisse“ zu bemühen, wenn ich nicht reüssiere. Wäre mal ein cooles Argument in einer mündlichen Abschlussprüfung an der Uni: Nein, ich bin nicht zu blöd – es sind die Machtverhältnisse! Oh, oh, das klingt jetzt alles schon wieder sehr links …

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      S.T.: ‚@Hans
      “… können wir uns darauf einigen, dass in dieser Welt Antworten allein durch Machtverhältnisse bestimmt werden? …”
      Nein. Das können wir nicht.‘

      … mhm, bestenfalls leben Sie in einer Traumwelt.

      Schlimmstenfalls schreibe ich jetzt lieber nicht, sonst faltet mich APo zusammen oder ‚moderiert‘. Ein kleiner Hinweis sei mir aaaber gestattet.

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        @Hans
        Sie lenken ab.
        Was hat Ihr „kleiner Hinweis“ mit dem Buch von Buchanan zu tun? Welche „Machtverhältnisse“ verhindern denn, dass der seine Meinung zum Besten gibt? Sein Buch kann man sogar bei Amazon kaufen. Welche „Machtverhältnisse“ verhindern, dass jeder seine Meinung sagen kann? Das intellektuell Erbärmliche ist doch, dass bei argumentativem Gegenwind sofort von „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“ und „Machtverhältnissen“ schwadroniert wird, die vorgeblich „Antworten bestimmen“ (wie die „Machtverhältnisse“ das hinkriegen sollen, wäre auch nochmal interessant zu erfahren …).

        Was erwarten Sie also? Ist jeder, der Buchanans Interpretation des II. WK kritisiert, überhaupt: dessen Meinung Ihnen nicht zusagt, ein „Systemknecht“? Ist es redlich, einem Autor wie H.T.Roper, dessen Aufsatz über Hitlers Kriegsziele Alan Posener hier verlinkt hat, jenseits fachlicher Argumente allein vor dem Hintergrund seiner Biographie und professionellen Position, die Fähigkeit abzusprechen, zum Thema objektiv zu schreiben? Wie verhält es sich aber dann mit Buchanan? Offenbar „gefällt“ Ihnen dessen Interpretation. Selbstredend wird dann sein Hintergrund auch nicht hinterfragt …
        Sie versuchen hier eine „Diskussion“ auf „Compact“-Niveau. Ihr Kompliment mit der Traumwelt gebe ich Ihnen gerne zurück.

        Trotzdem: Ihnen und allen Autoren, Diskutanten und Lesern hier ein friedliches Weihnachtsfest! Dank an Herrn Posener!

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        @Hans
        Sie lenken permanent ab. Sagen nichts zum Thema. Zu Buchanan – von Ihnen selbst aufgeworfen. Erst Seehofer, dann zitieren Sie sich selber zu Merkel. Was soll das? Ständig das Gleis wechseln. Was kommt als nächstes? Soros? Bilderberger? Freimaurer? BRD-GmbH? Schreiben Sie auch mal was zum Thema?

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        @S.T.

        … ach Herrrr Trute, was soll ich zu Buchanan noch schreiben? Sie palavern. Als ob zu Soros und anderen hier nicht genug geschrieben wurde. Dem müssen ja die Ohren klingeln. Egal wird es ihm – einschließlich einem ‚regime change‘ – auch sein. Das hatten wir doch hier alles schon mehrfach. Soros ist nicht der Gegner.

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        @Hans
        Ich hatte Ihnen eine simple Frage gestellt. Wie die Machtverhältnisse die Antworten bestimmen. Und wie man das an dem von Ihnen selbst aufgeworfenen Argument Buchanans zum Ausbruch des II. WK exemplifizieren könne. Ich wollte das gerne von Ihnen wissen, nicht von Seehofer, Merkel. Nicht über irgendwelche Links – offensichtlich sind Sie dazu nicht in der Lage. Danke für die Diskussion.

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        @S.T. ‚Ich hatte Ihnen eine simple Frage gestellt … Danke für die Diskussion.‘

        … da gibt es nix zu diskutieren. Ich erkläre mich nicht selber. Eine Ihnen, für was und warum auch immer, genehme, ge/erwünschte Antwort – auf Ihren Unterstellungen und Projektionen hin, oder auf unterstellte ‚Wünsche ganz tief in meiner gepeinigten Seele‘, werter S.T. – bei der Ihnen dann einer abgeht: … tätäää- tätäää, das haben ich schon immer gewusst, werden Sie, zumindest von mir, nicht bekommen. Womit die ‚Machtverhältnisse‘ zwischen uns beiden umrissen sind.

        Das mag den ’simplen Wessi‘ – ich hab‘ nix gegen Wessis – überfordern, … aaaber … da müssen Sie halt durch.

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        @Hans
        Zum guten Ende sind wir noch auf Gleis 4: Wenn nichts mehr geht: das Ossi/Wessi-Thema …
        Worum ging’s nochmal? Sie sind mit einem amerikanischen Autor der Meinung, dass Churchill wesentlich verantwortlich war für den Ausbruch des 2. WK. Das Buch haben Sie wahrscheinlich gar nicht gelesen, nur den digitalen Klappentext, der Ihnen wohl gefiel, bei Amazon ergoogelt. Nun ja …
        Q.E.D.

      7. avatar

        @S.T.: ‚2. WK. Das Buch haben Sie wahrscheinlich gar nicht gelesen, nur den digitalen Klappentext, der Ihnen wohl gefiel, bei Amazon ergoogelt. Nun ja …
        Q.E.D.

        … bevor APo seine Macht im thread, (ihm der Kragen wegen o.t. platzt) … Sie, S.T., sind im ‚BRD‘-Mainstream, nicht der erste, der ’scheinbare Wahrheit‘ (‚wahrscheinlich‘) als bewiesen erklärt … ich erlaube mir dazu ein ›quod erat demonstrandum‹.

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        @Hans
        „Wahrheiten“ gibt es bei Ihnen und Ihren Klappentexten. In der Wissenschaft kennt man einen Forschungsstand bzw eine einstweilen gültige Erklärung. Sie, Blonder Hans, gehen hier auf Dummenfang: Sie behaupten mit Hilfe eines „Gewährsmannes“ (Buchanan) etwas, können es aber nicht belegen. Versuchen dann jedoch plump, die Beweislast umzudrehen, stellen sich als Opfer einen „Mainstreams“ hin, schwadronieren von „Projektionen“. Sie, der Sie schon mal die Frage stellen, ob Hitler mit „Lebensraum im Osten“ nicht die im Versailler Vertrag amputierten deutschen Gebiete gemeint haben könnte (stand womöglich auch in irgendeinem Klappentext). Wenn ich BRD bin, wie Sie sagen, dann begebe ich mich mit meiner Antwort gerne auf Ihr Niveau und sage, Sie sind ein Reichsbürger.

      9. avatar

        @S.T.

        … Dummenfang? … na wenn Sie meinen. Da möchte ich Ihnen halt ‚mal nicht widersprechen.

        Ich bekenne mich schuldig, auch Klappentexte dienen – neben Familienhistorie, Bücherregal, Schulbildung und Internet – meiner Wissensgier. Stört Sie das?

        (Übrigens, östlich der ehemaligen innerdeutschen Demarkationslinie konnten Schulfächer nicht ‚abgewählt‘ werden.)

        Den Lebensraum im Osten hatten wir hier, ff, schon.

      10. avatar

        @dbh: Sie hatten in der Tat seinerzeit schon einmal etwas zu Hitlers Zielen von sich gegeben. War aber trotzdem falsch. Lesen Sie Hitler einfach einmal im Original: https://archive.org/details/Mein-Kampf2/page/n769. Dort hat er ausgeführt, warum eine Wiederherstellung der Vorkriegsgrenzen nicht das Ziel seiner Bewegung ist.

        Trotzdem frohes Neues!

      11. avatar

        @Opa

        … nicht einmal A.H.s Geschwätz in ‚Sein Kampf‘ widerlegt, was ich zuvor geschrieben hatte. Übrigens hat APo mich hier, warum auch immer, ‚moderiert‘.

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      @dbh: Ich weiß ja nicht, was Ihr Geraune von den „Machtverhältnisen“ zu bedeuten hat, daher ist meine Antwort ein bißchen Stochern im Nebel. Ich vermute, daß Sie aussagen möchten, daß bei einem Konflikt die Sieger die Geschichtsschreibung bestimmen. Nun, in einer Reihe von Fällen trifft das zu: Und zwar bei autoritären Regimen oder totalitären Diktaturen. In der Türkei wandern Sie dafür in den Knast, den Völkermord an den Armeniern zu thematisieren, in Rußland bekommen Sie Ärger, wenn Sie etwas anderes als die offizielle russische Lesart zum Konflikt um die Krim von sich geben, und in China verstehen die Behörden keinen Spaß, wenn Sie im Zusammenhang mit Tibet die „Befreiung vom Joch des lamaistischen Klerus“ in Frage stellen oder einwerfen, daß die Uiguren nicht automatisch Terroristen sind.
      In der Bundesrepublik können Gauland oder Bieling die Ansicht der Regierung, wessen zu gedenken ist, öffentlich hinterfragen, ohne daß sie nachts von einem Schlägertrupp besucht werden. Höcke erntete für sein „Denkmal der Schande“ heftigen Widerspruch der Demokraten, aber keinen Gefängnisaufenthalt, und ebenso wurden Fritz Fischer und Imanuel Geiss für ihre Ansichten zum Juli 1914 nicht von ihren Professuren entfernt, die indigenen Völker Nordamerikas wurden zwar angefeindet, aber nicht in Lager verfrachtet, als sie der Wildwest-Geschichtsschreibung von Hollywood ihre eigene entgegensetzten, und heute wird auch kein Hollywood-Regisseur verhaftet, wenn er Buffalo Bill oder General Custer glorifiziert – er bekommt vielleicht keinen Produzenten eines der großen Studios, aber vielleicht einen privaten Geldgeber, der dafür ebenfalls nicht hinter schwedische Gardinen wandert. Und so weiter. Die Grenzen dessen, was zu sagen erlaubt ist, sind ziemlich weit.
      Im Bezug auf die Sozial- und Geschichtswissenschaften ist in freiheitlichen Rechtsstaaten die relevante Instanz nicht durch Machtverhältnisse gegeben, sondern durch die Quellenlage. Wer sie außer acht läßt oder selektiv zitiert, macht sich angreifbar – egal, ob es sich um die Akten aus dem Auswärtigen Amt handelt oder um Koranverse. Und wer mit der Kritik an seiner Arbeitsweise nicht umgehen kann, ebenfalls. Das Schlimmste, was solchen Leuten allerdings passieren kann, ist, daß die öffentliche Meinung (abseits ihre Claqueure) der Auffassung ist, sie hätten einen an der Klatsche.

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    Ist es wirklich Gauland, der die Richtung vorgibt, Naziverbrechen zu relativieren und die Motive der Alliierten für den Krieg gegen Nazideutschland umzudefinieren?
    Zitat: „Die protokollierten internen Beratungen in den Gremien des Council on Foreign Relations und des US-Außenministeriums zeigen klar, dass man Hitler sehr wohl hätte gewähren lassen, wenn denn die wirtschaftlichen Kennzahlen aus Sicht der Wall Street passend gewesen wären und die US-Elite neben einem großem Nazi-Reich noch genügend ‚Ellenbogenfreiheit‘ (ein Originalbegriff aus den Council-Beratungen) für sich gesehen hätte, um auch ihre eigenen Interessen durchzusetzen.“
    https://paulschreyer.wordpress.com/2018/11/20/gegendarstellung-zur-rezension-im-neuen-deutschland/#more-1715
    Zu glauben, dass der Kriegseintritt der USA eine rein buchhalterische Entscheidung war und Deutsche halt das Pech hatten, auf der falschen Seite zu stehen; dass es in moralischer Hinsicht also keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen beiden Seiten gab – das gehört in Deutschlands sich kritisch wähnenden Kreisen inzwischen zum guten Ton.

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    Die ganze Debatte dreht sich eigentlich um zwei Fragen:
    1. Wessen möchte die Gesellschaft gedenken?
    2. Wer bewegt die Diskussion zu Punkt 1 in welche Richtung.
    Man kann im Hinblick auf die Bundesrepublik feststellen, daß sie der dunklen Kapitel der deutschen Geschichte und der zugehörigen Opfer gedenkt, und daß seitens der Rechten der Versuch unternommen wird, das zu ändern – auf die unterschiedlichsten Weisen.
    Gauland, Höcke und andere Führungskräfte der AfD möchten erkennbar – und bemerkenswert für eine Partei, die behauptet, keine Sprechverbote zuzulassen – die Thematisierung der nationalsozialistischen Verbrechen beenden; darauf deutet nicht nur die Forderung nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ (Höcke) hin, sondern auch der Euphemismus „die 12 Jahre“ (Gauland, Höcke und andere) und die Schwärmerei für Bismarck und die Heroen der deutschen Geschichte (Gauland), gegen die die Täter jener Zeit, als Deutschland durch und durch verbrecherisch war, nur der vielzitierte „Fliegenschiß“ (Gauland) sein sollen.
    So sehr die AfD-Spitze poltert, so dezent schleichen sich Bieling und andere in die gleiche Richtung. Bieling exkulpiert die Deutschen von den Verbrechen der Vergangenheit, indem er sich selbst auf die Schultern klopfend behauptet, die Deutschen hätten die Geister der Vergangenheit endlich gebannt (die rund 190 Opfer rechtsextrem motivierter Morde seit 1990 großzügig ausblendend); und das eröffnet die Möglichkeit, daß man, wenn die Nazis schon besiegt sind, man ihrer Opfer nicht mehr so prominent gedenken muß bzw. sich aussuchen kann, welcher man nun gedenkt. Und zu guter letzt: Diverse Historikerdarsteller, die von unserem Mitdiskutanten derblondehans hervorgekramt werden, suchen wahlweise die Schuld für die Weltkriege bei Churchill oder für den II. Weltkrieg bei dem Versailler Vertrag. – Auch dies letztlich eine Exkulpation der Deutschen für die in ihrem Namen durch ein von ihnen getragenes Terrorregime begangenen Verbrechen.

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      Was alles, lieber Opa Krempel, eine rein intellektuell-moralische Übung und kaum von Belang wäre, diente jene Exkulpation nicht der Rechtfertigung eines neuen Nationalismus, der die einhegenden Fesseln von EU, Nato, neuerdings auch UN, WTO usw. abwerfen will: Make Germany great again. Wie immer, geht jener Nationalismus einher mit weinerlichem Selbstmitleid einerseits und blankem Hass gegen ganze Gruppen – Migranten, Muslime, Feministen, „links-grün versiffte Gutmenschen“, „Globalisten“ wie der Jude George Soros – andererseits. Deshalb ist die Frage der Geschichtsrevision bedeutend.

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    @APo: ‚Brüning floh 1934 aus Deutschland, Blonderhans. Nix “Vermittlungsversuch 1938”. Besorgen Sie sich das Buch, statt sich auf Wikiquote zu verlassen.‘

    … ich stimme Ihnen zu, dass für mich, ebenso wie für jeden anderen Menschen, Quellenangaben zur Historie lediglich eine Quellenangabe sind. Ihre Möglichkeiten als Journalist diese zu überprüfen sind wesentlich besser. Dass Brüning 1934 aus Deutschland floh, widerlegt das ’strittige‘ Zitat bei wikiquote aber nicht.

    Zu Brüning zitiere ich die ZEIT mit Golo Mann über Brüning: ‚Man durfte als Emigrant keinerlei Ehrgeiz, keinerlei Eigenwünsche für die Zukunft durchblicken lassen und nicht einmal sie verbergen. Nie bat er, empfangen zu werden; es waren die englischen Politiker, die Macdonald, Baldwin, Churchill, Halifax, Vansittard, die Bischöfe, die Generale und Admirale, die ihn einluden oder anderswo zu treffen wünschten. Winston Churchill sah er öfters im Lauf der Jahre, wobei er sich beim letztenmal, September 1938, besser mit ihm verstand als beim ersten; nun glaubte er zu bemerken, daß Churchills altmodischer Deutschenhaß sich in das verwandelte, was er wünschte, Feindschaft nur gegenüber den Nazis. Auch schrieb er Churchill häufige Briefe, ganz persönlichen Charakters, Betrachtungen zur deutschen Geschichte, über die Hohenstaufen, über Wilhelm II., über Hindenburg: „Der alte Mann war gescheit, listig und ganz phantasielos … Aber er ließ es zu, daß andere ihn zum Mythos erhoben …“ England, dessen Haltung er für allentscheidend hielt, mußte den Deutschen ein großzügiges Generalangebot machen, 1938 „Autonomie“ für die Sudetendeutschen im Rahmen des tschechoslowakischen Staates, 1939 „Lösung der Korridor-Frage“

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      Jo. Das Zitat aus der ZEIT ist völlig in Ordnung. Obwohl sich Golo Mann irrt. Brüning bemühte sich um die Gespräche mit führenden Politikern, weil er für den Widerstand warb. Churchill zum Beispiel wollte Brüning für die Unterstützung Carl Goerdelers gewinnen. Und was das „strittige Zitat“ angeht, so ist es schon einmal falsch, weil dort von einem „Vermittlungsversuch“ die Rede ist, zu dem weder Brüning noch Churchill (der noch gar nicht Premierminister war) befugt war. Und deshalb sage ich: besorgen Sie sich das Buch, es ist billig auf Amazon zu bekommen, schlagen Sie nach und stellen Sie fest, was Churchill nach Brünings Ansicht wirklich gesagt haben soll und in welchem Zusammenhang. einstweilen aber kann ich das Zitat ebenso wenig ernst nehmen wie jenes mit den gefälschten Statistiken, das, glaube ich, auch zu Ihren liebsten gehört.

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        APo: … ‚einstweilen aber kann ich das Zitat ebenso wenig ernst nehmen wie jenes mit den gefälschten Statistiken, das, glaube ich, auch zu Ihren liebsten gehört.‘

        … Sie schreiben in Rätseln und glauben falsch. Was für gefälschte Statistiken meinen Sie? Überhaupt schreiben Sie viel zu dem was Sie glauben. Im von Ihnen angegeben Link steht nix von Fälschung zum angeführten Zitat. Und zu meiner Lieblingsliteratur zählt – unabhängig davon, dass ich mich nicht scheue alles zu lesen, so meine Zeit es zulässt und eine Möglichkeit dazu besteht – Walt Disneys Micky Mouse.

        Sie können mir ja einen ‚Pass‘, eine Zugangsberechtigung, für das Springer-Archiv gestatten. Dann schreiben wir weiter.

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        Das Zitat, „Ich glaube nur den Statistiken, die ich selbst gefälscht habe“, wird fälschlicherweise Churchill zugeschrieben. Ich habe Ihnen den Link gegeben. Um Brünings Memoiren zu bekommen, brauchen Sie keinen Zugang zum Springer-Archiv, sondern nur eine Bibliothekskarte. Und natürlich die Bereitschaft, den Arsch hochzukriegen.

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    In einem Artikel über die Affektlogik, las ich einmal folgende Überschrift: »Stimmige Denkwege sind lustvoll.« Die im Artikel »Von Deutschland lernen heißt, erinnern lernen« aus dem Jahre 2012 gezeigten Denkwege mögen für R. Bierling stimmig sein, für mich sind sie es nicht. Dafür zeigt der Artikel die damalige Diskussion auf. Der Stolz auf die Erinnerungskultur trägt das Charakter einer Selbstüberhöhung. Wir Deutschen als Vorbild und Exporteur des Erinnerns. Sehr deutlich kann man im Artikel erkennen, wie mit Worten und Fakten Geschichte umgeschrieben wurde.
    Hamas, Fatah und Hisbollah sind keine »Nachfolgeorganisationen« des deutschen Nationalsozialismus, selbst wenn sie das Auslöschen Israels propagieren, was natürlich zu verurteilen ist. Die »Endlösung« der Nationalsozialisten zielte auf die Vernichtung des Judentums und der Juden. Die Geschichte wird zur Entlastung des Eigenen umgeschrieben und zur Belastung des anderen verwendet.
    Ähnlich oberflächlich geht R. Bieling mit der Frage um, wer verantwortlich für der Machtergreifung der Nationalsozialisten war. »Die gleichzeitige Existenz zweier totalitärer Bewegungen bedeutete eine ´kumulative Radikalisierung´.« schreibt Blasius in »Weimars Ende. Soweit stimmt es. Es breitete sich eine »Bürgerkriegshysterie« aus und die NSDAP empfahl sich der Politik als »Antibürgerkriegspartei«. Wäre Hitler nicht zum Reichskanzler ernannt wurden, hätte es wahrscheinlich keinen Holocaust gegeben, weil dann die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu diesem Zeitpunkt verhindert worden wäre. Die Talsohle in der Wirtschaft war durchschritten. Die Menschen hätten wieder Vertrauen in die demokratischen Institutionen fassen können. Die Beantwortung dieser Frage hat Bedeutung in der Gegenwart. Erneut existieren mehrere antiliberale Bewegungen. Erneut müssen die Menschen wählen.
    Straßennamen als Auszeichnung, Mahnung und Programm, dies war zwar sozialistische Realität und auch Ausdruck eines Personenkultes, doch sollten man die heutigen Säuberungsbestrebungen ebenso kritisch beobachten. Der Umgang mit den Straßennamen und anderen Relikten aus der Vergangenheit ist ein Zeichen dafür, wie eine Gesellschaft bereit ist, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen.

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    Lieber AP,
    „Hätte der tapfere Georg Elser Hitler 1939 getötet, hätte es – nach menschlichem Ermessen – keinen Holocaust gegeben.“
    da musss ich Ihnen energisch widersprechen. Die treibende Kraft war Himmler.

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      Tja, schon damals sagten die Leute: „Wenn das der Führer wüsste!“ Später machte die „Titanic“ ein schönes Titelbild: „Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?“
      Aber ernsthaft: Himmler war ein rühriger Organisator. Treibende Kraft der Radikalisierung war aber immer Hitler.

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      @PP. Machen wir uns doch einfach einmal die Situation 1939 klar: Als Elsers Bombe im Bürgerbräukeller hochging, hatten deutsche Truppen Polen überrannt und ihren mit Stalin ausgehandelten Teil Polens besetzt. Ein guter Teil der in Polen lebenden Juden war damit den NS-Besatzern in die Hände gefallen. Allerdings sahen die Pläne der Nazis anfangs keine systematische Ermordung der Juden vor, sondern zunächst einmal deren Deportation in das Generalgouvernement. Der Plan, die Juden zu vernichten, reifte erst im Rahmen des ab 1940 begonnenen „Generalplans Ost“, war also nichts, was von vornherein geplant war und unabhängig von den Befehlshabern in Berlin ausgeführt wurde.
      Nehmen wir an, Elsers Bombe hätte nur Hitler getötet und nicht auch noch Göring oder Heß: Anders als Hitler waren seine designierten Nachfolger Göring und Heß keine Vabanque-Spieler. Es ist fraglich, ob Göring dem überaus riskanten Sichelschnittplan für den Angriff im Westen den Vorzug gegeben hätte – der Krieg wäre dann wahrscheinlich wieder in einen Stellungskrieg gemündet, da der eigentliche Angriffsplan der Wehrmacht eine Kopie des Schlieffenplans von 1914 war. Und selbst wenn in diesem Szenario der Krieg im Westen gewonnen worden wäre, ist immer noch nicht sicher, ob Göring einen Zweifrontenkrieg gegen die Sowjetunion gestartet hätte (was die Voraussetzung für den „Generalplan Ost“ war). Genausowenig ist gesichert, ob Göring als unumschränkter Herrscher des Reiches nicht die Gelegenheit genutzt hätte, Himmler und Heydrich eins auszuwischen – als Rache dafür, daß sie mit einer Intrige die Gestapo seiner Kompetenz entrissen haben.
      Es stehen also zu viele Fragezeichen hinter der Frage, ob auch ein Göring den Holocaust befohlen hätte.

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        @Opa

        … hätte, hätte, Fahrradkette, abgesehen davon, das Elser mit seinen Attentatsplanungen schon vor Beginn des WKII begann, gäbe es andere, interessante, ‚Fahrradketten‘. Eine davon beschreibt Patrick J. Buchanan. Er sieht das in seinem Buch …

        Churchill, Hitler und der unnötige Krieg: Wie Großbritannien sein Empire und der Westen die Welt verspielte

        … alles ein wenig anders. ‚Die Entscheidung über Krieg oder Frieden habe in Churchills Hand gelegen: Es sei Churchill gewesen, der Polen zu seiner provokativen Politik gegen das Reich ermutigte; es war Churchill, der in den Tagen vor dem 1. September der Diplomatie eine Absage erteilte und Hitlers Angriff auf Polen begünstigte, und es war Churchill, der mit Großbritanniens Kriegserklärung an das Deutsche Reich aus dem Regionalkonflikt Polen-Deutschland einen Weltkrieg machte.‘

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        @APo

        … wer bin ich, wie komm‘ ich dazu Hitler ‚Recht oder Unrecht‘ zu tun?

        Den WKII gäbe es ohne den WKI/Versailles nicht. Fakt. Die im Link angeführten Argumente sehe ich nicht. Insbesondere was die ‚Eroberung von Lebensraum im Osten‘ in A.H.s ‚Mein Kampf‘ betrifft. Das hatten wir hier schon. (ff im thread.)

        Interessant finde ich im Link die Passagen, in denen HRTP zur ‚Heartland-Theorie‘ Mackinders schreibt. Das hatten wir, u.a., hier. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Realschulausbildung Hitlers – mehr war nicht – über Kenntnisse darüber verfügte. So ganz ohne I-Phone und Internet. -;) Und als ‚königlicher Professor‘ ist bei HRTP eine ‚gewisse Menge‘ an Befangenheit zu diesem Thema nicht auszuschließen.

        AIDS ist eine Infektionskrankheit. Buchanans “Vergeltung der Natur an den Menschen wegen unnatürlicher Handlungen“-Meinung mag polemisch sein, falsch ist sie, nach meiner Meinung, nicht.

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        @Hans
        Churchill stand N. Chamberlains Appeasement vor Augen – inklusive dessen katastrophalem Resultat. Schuld am Weltkrieg war Deutschland – sein sog. „Führer“ und dessen Militärs, allesamt Speichellecker und Feiglinge, die diesen Krieg für durchführbar und gewinnbar hielten. Was man Großbritannien und Frankreich vorwerfen könnte, ist, dass – Achtung, noch ne Fahrradkette – deren Armeen den Spuk nicht schon im Herbst ’39 durch eine Invasion Deutschlands von Westen her beendet hatten, was eine durchaus realistische Option gewesen wäre. Dies hätte vielen Menschen Leid und Tod erspart.
        P.S. Auch im Falle Buchanans „schützt Belesenheit vor Neuentdeckungen“ (H. Heimpel): Sein Argument ist so falsch wie angestaut. Schon J.C. Fest versuchte in seiner merkwürdigerweise hochgelobten Hitler-Biographie den „indolenten Polen“ die Schuld für den Ausbruch des Konflikts in die Schuhe zu schieben. Von Figuren wie Maser oder Schultze – Ronhoff ganz zu schweigen. Sie hätten also nicht auf Buchanan warten müssen, um ein solches Argument ins Feld zu führen.

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        @S.T.

        … können wir uns darauf einigen, dass in dieser Welt Antworten allein durch Machtverhältnisse bestimmt werden? … aaaber, immerhin hat Churchill in Merkel und Genossen ‚würdige‘ Vollender gefunden:

        ‚Was wir wollen, ist, daß die deutsche Wirtschaft vollkommen zusammengeschlagen wird.‘ – Churchills Entgegnung auf einen Vermittlungsversuch Brünings im Jahr 1938 [sic!] in: Heinrich Brüning: Briefe und Gespräche 1934-1945, München 1974, S. 207 in Zitate mit Quellenangabe bei wikiquote.

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    „Hätte der tapfere Georg Elser Hitler 1939 getötet, hätte es – nach menschlichem Ermessen – keinen Holocaust gegeben.“ Meinen Sie, die erschütterten Deutschen hätten, angeführt von Göring oder irgendeiner anderen Charge aus der 2. Reihe, die Synagogen wieder aufgebaut, die Nürnberger Gesetze verworfen und sich aus Polen wieder zurückgezogen? „Tut uns Leid, wir standen ein bisschen neben uns, aber jetzt wird wieder alles gut! Versprochen!“ – So in der Art?

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    Vielleicht hätte Käthe Niederkirchner ja in Moskau warten sollen, bis die Nationalsozialisten sich ihrer dort bemächtigen, so wie es meiner Familie bei deren Emigration in Frankreich ergangen war. Sie waren Deutsche. Sie „konnten“ zurück, weil sie nicht rassistisch verfolgt wurden. Sie konnten zurück, nicht ohne die nationalsozialistische Einschüchterungsmaschinerie, den Terror, zu durchlaufen: Verhöre bei der Gestapo, Sicherungslager, Zuchthaus-Urteile. Danach durfte mein Großvater wieder Kohle für Deutschland fördern, bis man ihn erneut verhaftete, verurteilte und schlussendlich erschoss. Wenn da einer von sich behauptet: „bin ich zu einem Flaneur in der Welt des Totalitären geworden.“, dann wird mir schlecht.
    Was damals mit den Juden passierte, die zunächst in den Internierungslagern in Frankreich zurückblieben waren, kann man in verschiedenen Büchern nachlesen. Es konnten sich, sogar ein paar wenige retten.

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    Ich habe erhebliche Zweifel, ob es wirklich Alexander Gauland ist, der für diese neue deutsche Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit steht. Ich denke, die wächst gerade ganz woanders.

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      Oh, Klaus J. Nick, sie sprechen in Rätseln. Aber wenn Sie auf die linke Variante anspielen, haben Sie zweifellos Recht. Nur ist Bieling zwar ein ehemaliger Spät-68er, und stolz darauf, wie sein selbst geschriebener Wikipedia-Eintrag belegt, aber kein Linker mehr.

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        OK, der Wikipedia-Eintrag über Herrn Bieling liest sich, wie ein Bewerbungsschreiben oder ein Buchklappentext über einen Autor. Aber über seine politische ‚Einstellung, oder, wie man mittlerweile wieder meint, sagen zu müssen, ‚Gesinnung‘, maße ich mir kein Urteil an.
        Nun ist mir bei der Textstelle
        „Am Ende ziehe ich mit dem guten Gefühl einer gedanklichen Bereicherung von hinnen, das sich nicht nur aus der Genugtuung speist, dass wir, die Deutschen von heute, den Nationalsozialismus nach 67 Jahren tatsächlich politisch und moralisch besiegt haben …“
        auch die Kinnlade herunter geklappt und war geneigt, Björn Höcke bei seiner Forderung nach einer „Erinnerungspolitischen Wende“ zu folgen, wenn die derzeitige Erinnerungskultur des Aufarbeitungsweltmeisters Deutschland zu solchen Ergebnissen führt.
        Aber was erwarten Sie? Von Anfang an war doch, zumindest in meiner Wahrnehmung, die ganze ‚Aufbereitung‘ des Nationalsozialismus durch Trennung von ‚Nazis‘ und ‚Mitläufern (gezwungenermaßen)‘, gerne auch durch selbsternannte Inquisitoren, die mit „wohligem Gefühl“ (nun) selbstgerecht auf der richtigen Seite stehen, gekennzeichnet.
        Mit dem Ergebnis, daß wir nach 70 Jahren immer noch nicht wissen (wissen wollen), wieso gute, im Alltag anständige Menschen, Familienväter, vom NS-Regime begeisterte Söhne und Töchter sich bis zuletzt diesem System verschrieben und (z.B. in Babi Jar) Dienst taten.
        Es ist sicher verständlich, nachvollziehbar, daß sich Menschen aus einem falsch verstandenen Gefühl der Dankbarkeit heraus, daß vielleicht die eigenen Eltern, Großeltern nur ‚Mitläufer‘ gewesen sind, sich an dieser nachträglichen Bekämpfung von Nationalsozialisten beteiligen (und sich am liebsten vom Deutschsein veranschieden) möchten. Aber es führt eben zu nichts, wenn wir nun uns gegenseitig den Heldenstatus verleihen, wenn (#)wir(sindmehr) ‚irgendwas gegen rechts machen‘, statt zu fragen, wieso allzuviele unserer Eltern, Großeltern sich nicht nur verführen ließen, sondern eben auch bereitwillig in Babi Jar usw. Dienst taten: Es geht eben nicht darum, das Büßerhemd zu tragen, um es nach dem Besuch einer angemessenen Zahl von Gedenkstätten mit „einem wohligen Gefühl“ wieder abzulegen. Es geht nicht ums Büßen, sondern um die Selbstermächtigung, die Urteilsfähigkeit, das Ablegen von kollektivistischen Krücken, die das eigene Gewissen außer Kraft setzen. Seien sie nun ‚völkisch‘ oder eben durch gegenseitige Verleihung von ‚Gesinnungs-‚ oder ‚Haltungs-‚ Gratismut-Orden. Letztere finde ich persönlich mittlerweile bis zur Obszönität aufdringlicher, als erstere. Die Selbstgerechtigkeit dieser selbsternannten Inquisitoren, sei es in der ‚Amadeo-Antonio-Stiftung‘ oder diesem ‚Zentrum für Politische Schönheit‘ führt zu nichts anderem , als zu Anpassertum, intellektueller Duckmäuserei und bei simpleren Gemütern zu („wie der Herr, so’s Gescherr“, nicht wahr?) zu einem wohligen Gefühl (#wirsindmehr), auch diesmal wieder ‚dabei‘ zu sein.

        Und wenn dann Anschläge, wie auf dem Breitscheidplatz oder in Straßburg stattfinden, ist daß erste, was stattfindet, Interviews, in denen vor ‚Verallgemeinerung‘ gewarnt wird („..nicht alle Flüchtlinge sind Terroristen“) oder beschworen wird, daß „wir uns nicht einschüchtern lassen“ oder „wie gering das individuelle Risiko doch ist“, statt das Naheliegende zu fragen, nämlich: Wer waren die Opfer..? Ein Hoch auf die Staatsraison, das kollektive Zusammenstehen, die ‚Solidarität‘ „auch und gerade mit den Muslimen, die das genauso bedauern, wie wir..“ (Die kollektiven moralischen Krücken und Durchhalteparolen sind ‚links‘ wie ‚rechts‘ die gleichen.)
        Und natürlich führt das zur Abstumpfung, Verblödung und eben auch zu falschen historischen Vergleichen: Babi Jar wurde durch Gleichgeschaltete ‚erledigt‘, die Anschläge wurden durch Verwahrloste – von ihrer Gesellschaft/Gemeinschaft, aus der sie stammen, Verwahrloste – durchgeführt, was mal ein ernsthaftes Thema für eine ‚Islamkonferenz‘ wäre.

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    Im Grunde wurde zum Hauptstadtbrief von Dr. R. Bieling schon alles geschrieben. Danke.
    Als ich den Beitrag las, erinnerte ich mich sofort an manche Kritik von H. M. Broder und musste ihm in einigen Punkten Recht geben.
    R. Bieling benutzt eine Ausstellung im Jüdischen Museum über heutiges jüdisches Leben, um seine »Rettungsgeschichten« zu erzählen. Er wandelt auf dem schönen Schein und fühlt sich richtig wohl. Indem er Vorgeschichtchen im »Steinbruchverfahren« erzählt, verfälscht er die ganze Geschichte und betreibt damit Geschichtsklitterung. Er hat den Holocaust nicht geleugnet, nur wesentliche Elemente, z. B. jene: https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialdarwinismus#Sozialdarwinismus_und_NS-Ideologie weggelassen. Auch diese gehören zur Vorgeschichte. Die Diskussion um das Buch »Deutschland schafft sich ab« von Thilo Sarrazin hatte dies m. E. aufgedeckt und auch gezeigt, dass dieses Gedankengut noch einen Resonanzraum besitzt. Neuer Sündenbock, alte Theorien.
    Die Gefühle der Juden sind R. Bierling egal. Kein Wort finden wir darüber, dass am 2. 12. 2018, dem Erscheinen des Hauptstadtbriefes, auch der Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger-Tor entzündet wurde.

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    @APo: … man denke an Jesus von Nazareth, der die (jüdischen) Pharisäer als „Schlangen und Natterngezücht (Mt 23:33) bezeichnet“ …

    Mt 23,33 ‚Ihr Schlangen, ihr Natterngezücht! Wie werdet ihr dem Gericht der Hölle entrinnen?‘

    … von ‚(jüdischen) Pharisäern lese ich da nix. Jesus ist kein ‚harmloser Reformer‘. Es ist Gott der spricht und nicht etwa zu Trunkenbolden oder Heruntergekommene, er spricht diese verurteilenden Worte zu religiösen Führern, zu Schriftgelehrten und Pharisäer.

    Vielleicht sollte zum besseren Verständnis das Kapitel 23 ganz gelesen werden.

    … und den erklärten Feinden des Kreuzes Christi ist es gut, das Beispiel Jesu zu bedenken und sich der Worte Jehus an Josaphat zu erinnern: ‚Sollst du so dem Gottlosen helfen und die lieben, die den Herrn hassen? ….‘ (2. Chron 19,2).

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        @APo

        … ja klar. Abgesehen davon, dass Paulus, Nikodemus und andere auch Pharisäer waren. Gegen ‚Juden‘ spricht niemand. Das können Sie ähnlich in der im AT, in der Tora nachlesen. Zum Beispiel im Buch Ezechiel 34,1-11.

        Buch Ezechiel 34,1-11.

        Das Wort des Herrn erging an mich:

        6. Meine Herde irrte auf allen Bergen und Höhen umher und war über das ganze Land verstreut. Doch keiner kümmerte sich um sie; niemand suchte sie.
        7. Darum ihr Hirten, hört das Wort des Herrn:
        8. So wahr ich lebe – Spruch Gottes, des Herrn: Weil meine Herde geraubt wurde und weil meine Schafe eine Beute der wilden Tiere wurden – denn sie hatten keinen Hirten – und weil meine Hirten nicht nach meiner Herde fragten, sondern nur sich selbst und nicht meine Herde weideten,
        9. darum, ihr Hirten, hört das Wort des Herrn:
        10. So spricht Gott, der Herr: Nun gehe ich gegen die Hirten vor und fordere meine Schafe von ihnen zurück. Ich setze sie ab, sie sollen nicht mehr die Hirten meiner Herde sein. Die Hirten sollen nicht länger nur sich selbst weiden: Ich reiße meine Schafe aus ihrem Rachen, sie sollen nicht länger ihr Fraß sein.
        11. Denn so spricht Gott, der Herr: Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern.

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        @dbh: Soviel Bibelkenntnis sollten Sie schon haben: Paulus war Christ, kein Pharisäer. Als er noch Pharisäer war, war er kein Paulus, sondern ein Saulus. Kleiner aber feiner Unterschied, denn sprichwörtlich vom Saulus zum Paulus zu werden, bedeutet mit der Vergangenheit (zumindest in bestimmten Punkten) zu brechen.

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        Opa: ‚Soviel Bibelkenntnis sollten Sie schon haben: Paulus war Christ, kein Pharisäer. Als er noch Pharisäer war, war er kein Paulus, sondern ein Saulus.‘

        … ich habe sogar gar keine ‚Bibelkenntnis‘. Bibelkenntnisse mögen Lutheraner haben. Die können sie für ihren Eigenbedarf verwenden.

        Ich bekenne einen großen Nachholbedarf zum Wort Gottes, wie es in der in der ‚Heilige Schrift‘ geschrieben steht, zu haben. Übrigens habe ich geschrieben, Paulus war Pharisäer. Als solcher [sic!] ist er von Gott auserwählt (und nicht als ‚irrgläubiger Sickergrubenreiniger‘).

        Paulus als Name steht lediglich griechisch für ‚Saul‘ – hebräisch und ist daher keine andere Beschreibung des Menschen. Paulus von Tarsus (griechisch Παῦλος Paûlus, hebräischer Name שָׁאוּל Scha’ul (Saul)).

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    Die 500Jährige Geschichte der Juden in Sarajewo begann mit dem muslimischen Osmanischen Reich und endete mit der Aufstellung von muslimischen SS Divisionen durch die deutsche Besatzung. Nicht weil es etwas zu verteilen gab, Sarajewo in irgendeiner Weise wichtig für das Reich war oder sich das Zusammenleben mit den Deutschen schwierig gestaltete. Auch unter den Habsburgern, der deutschen Herrschaft bis 1918, war das Zusammenleben unproblematisch. Das war ein Fliegenschiss. Die Geschichte der Juden wurde ausgelöscht, weil die Besatzer 1941 Nationalsozialisten waren. Die hatten Ideen, die kein Wiener Hofbeamte, schwäbische Handwerker oder muslimische Muezzin in dieser Stadt 500 Jahre vor ihrer Ankunft hatte. Leider tendiert auch die kroatische (und neuerdings auch die serbische) Geschichtsschreibung zu einem nationalem Wohlfühlfaktor und vergisst regelmäßig zu erwähnen, dass die einzige Gruppierung, die nicht mit den Nationalsozialisten kooperierte, die kommunistische Guerilla war. Weil sie als einzige nicht versuchten, den Nationalsozialismus in einer eigenen Spielart zu adaptieren. Die Diskreditierung des antifaschistischen Kampfes und die nationale Geschichte als Wohlfühlfaktor, sind ein Trend, Gaulands Umdeutung zum Fliegenschiss ist kein deutsches Phänomen. Ustasa werden zu Patrioten, Tschetniks zum Wiederstand, Kollaboration zur entschuldbaren Bagatelle und Kommunisten werden zu den eigentlich Bösen der Geschichte – oder sie werden einfach ganz verschwiegen. Unsere ukrainischen Demokraten haben ja auch seltsame Narrative. Das moderne Serbien benennt Straßen um, in Kroatien ist der Prozess fast abgeschlossen. Schöne neue europäische Erinnerungswelten. Vielleicht war ja alles von 41-45 nur ein Missverständnis, aber mir tut es heute noch leid, dass die Partisanen nicht mehr von ihnen erwischt haben.

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      Ja, Stevanovic, aber SO eindeutig war alles wiederum nicht. Muslime haben in Sarajewo die heiligen Bücher aus der Synagoge vor den Nazis versteckt, wenn ich mich recht erinnere; und war es nicht so, dass die Kommunisten teilweise mit den italienischen Faschisten gegen die Tschetniks kämpften? Ich habe kürzlich in Tim Judahs Buch „The Serbs“ darüber gelesen, habe jedoch die genauen Verhältnisse wieder vergessen. Helfen Sie mir auf die Sprünge.

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        Oh, lieber Herr Posener, da geht es um die Geschichte des Westbalkan. Nichts ist SO eindeutig. 1943 kooperierten die Partisanen nicht nur mit den Italienern, es wurden Verhandlungen mit der deutschen Seite geführt. Aus dieser Kooperation heraus konnten die Partisanen die Tschetnik-Bewegung 43 zerschlagen. Die Tschetniks waren keine Patrioten, das waren extreme Nationalisten, die für ein ethnisch sauberes Volk kämpften. Sie führten Krieg gegen alles, was nicht serbisch war. Hätten die sich durchgesetzt, wäre auch die muslimische Frage gelöst worden. Letztlich war der Kommunismus und Universalismus der größere Feind als die faschistische Besatzung. Leider gibt es in Serbien seit den 80ern eine erinnerungspolitische Wende um 180Grad mit entsprechenden Ergebnissen. Die Partisanen werden diskreditiert, nicht weil sie Kommunisten, sondern weil sie keine Nationalisten waren. Die angebliche Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur (und das war ohne Frage eine Diktatur und bedarf der Aufarbeitung) ist ein Deckmantel, um nationalistische Bewegungen zu rehabilitieren. Immer populärer wird die These, die Serben hätten im Bosnienkrieg nur ein schlechtes Marketing gehabt, weil sie rote Sterne auf den alten Helmen der JNA hatten und die Yankees deswegen auf Seiten der Muslime standen, weil sie sie mit Russen verwechselt. Das habe ich diesen Sommer in mehreren TV-Diskussionsrunden gehört. Nationalismus, Faschismus und Krieg als Fliegenschiss, da ist Serbien einen deutlichen Schritt weiter.

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      @Stevanovic

      Theodor Heuss, von 1949 bis 1959 der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland: ‚Die Geburtsstätte der nationalsozialistischen Bewegung ist nicht München, sondern Versailles …‘

      … der Gen. Stevanovic möchte noch 2018 [sic!] mehr tote Deutsche wissen. Das wäre für mich ein Grund ihm die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen. Sie, Gen. Stevanovic, gelten mir als ‚Gefährder‘.

      DAHER! … aus gutem Grund noch einmal Fürst Bismarck 1878: ‚Der Balkan ist mir nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert.‘ … und empfahl sich aus den Händeln der Stämme ‚da unten‘ herauszuhalten.

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        @dbh: Nur hatten Bismarcks Ansichten keine Bedeutung mehr, als es darauf ankam. Der Balkan war ein Unruheherd, das Feuer des Nationalismus aus geostrategischen Gründen vom russischen Zarenreich am Flackern gehalten, um in absehbarer Zeit dort einen Gürtel von Satellitenstaaten zu haben (Ziel: Kontrolle über die Meerenge zwischen Schwarzem und Mittelmeer zu erhalten). Demgegenüber die KuK-Monarchie, die von ebendiesem Nationalismus zerrissen zu werden drohte, und das Deutsche Kaiserreich, das um jeden Preis den Zerfall des Habsburgerreichs aufhalten wollte. Entsprechend hieß die Devise im Juli 1914 in Berlin wie Wien: „Mit den Serben muss aufgeräumt werden und zwar bald!“

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        @Opa

        … mir wurscht was Wilhelm II meinte. Ich denke eher, nicht immer, aber speziell wie Bismarck. 😉

        Übrigens selbst die WELT schreibt: Das Deutsche Reich war nicht „schuld“ am Ersten Weltkrieg.

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        @Opa

        … ooops, Nachtrag, jetze habe ich doch glatt den Anteil von Stevanovic seine SPD-Genossen am WK I, also auch beim ‚Aufräumen in Serbien‘ vergessen. Sind Genossen eigentlich per se schizophren? Opa?

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        @APo

        … es geht ohne Beleidigungen. Genossen sind nicht schizophren. Die sind so wie sie sind. Im Übrigen sollten meine ‚Beiträge‘ hier nie persönlich angenommen werden, wenn doch, bitte ich um Vergebung.

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        Lieber blonderhans, Ihnen wird gern vergeben, aber als Katholik wissen Sie, dass dazu auch gute Werke nötig sind, auf dass man die Ehrlichkeit der Reue erkenne. Lassen Sie also die Beleidigungen, argumentieren Sie ohne bohnernde Hamster und dergleichen, und Ihnen wird sicherlich auch Stevanovic verzeihen. Wenn Sie aber weiterhin nur stänkern wollen, so werden Sie zwar nicht aus Gottes Antlitz verbannt, aber doch von diesen Seiten. Ich werde nicht zulassen, dass Sie mir diejenigen vergraulen, deren Beiträge tatsächlich die Diskussion voranbringen.

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        @dbh

        Wenn es nicht so doof wäre, aber gut:
        Im Laufe der Geschichte sind unzählige Deutsche in verschiedener Form auf den Balkan gekommen. Die meisten wurden Nachbarn, die an gewissen Punkten der Geschichte unter die Räder gekommen sind. Sollten Sie zur Abwechslung meine Beiträge auch mal lesen, dann wüssten Sie, dass sie dieses Schicksal mit anderen Gruppen teilten und ich wegen dieser balkanischen Unsitte schlicht verzweifele. Die Partisanen haben als erstes ihre eigenen Grundsätze gebrochen und haben eine ethnische Säuberung durchgeführt, genau das, was bei Ustasa und Tschetniks Programm war. Der Universalismus war das Argument, warum die Partisanen eine so breite Basis bei allen Völkerschaften hatten. Und dann das. Nein, das waren nicht die Guten, was nach 1945 erfolgte, war bestialisch. Einzelheiten habe ich erst in den letzten Jahren erfahren, in wie weit die Vertreibung eine Auswirkung auf akzeptierte Strategien der Homogenisierung und damit zur Brutalisierung in den 90ern beigetragen hat, wird bestimmt jemand untersuchen. Es würde die verbreitete Kaltherzigkeit gegenüber vertriebenen Nachbarn heute erklären – ich weiß es aber nicht.
        „Der Balkan ist mir nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert.“
        Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals eine Einladung an einen pommerischen Grenadier ergangen ist. Warum auf dem Balkan so viele begraben wurden, müssen Sie in Deutschland fragen und mir nicht unter die Nase reiben. Wie wäre es, wenn Sie im deutschen Verteidigungsministerium anrufen? Die scheinen es in regelmäßigen Abständen zu vergessen.

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        … der Gen. Stevanovic möchte noch 2018 [sic!] mehr tote Deutsche wissen.

        Ich bin ja schon einiges an dummen Zeug Ihrerseits gewohnt. Aber hier gehen Sie zu weit. Zum einen bin ich schon vor einigen Jahren kein Parteimitglied mehr, das Gen. können Sie sich sparen. Ich spare mir die Frage, wie Sie darauf kommen, dass ich mehr tote Deutsche will, so tief möchte ich gar nicht in Ihre wirre Gedankenwelt einsteigen. Meine Frau ist Deutsche, meine Kinder sind Deutsche und sprechen nur Deutsch. Deren Familie waren auf allen Seiten vertreten, vom Partisanen, Tschetnik, Wehrmachtssoldaten, Fallschirmjäger (witzig -die waren auch auf dem Balkan im Einsatz) bis zur BDM-Funktionärin. Sie werden verstehen, dass ich nach dem „Arschloch“, das ich Ihnen bei nächsten mal zurufen werde, die Sache dann nicht mehr auf sich beruhen lasse.

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        Sie haben Recht, Stevanovic. Ich hätte den Beitrag von Blondi als Spam markieren müssen.

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        @dbh: Sie halten es mit Bismarck… – Gut zu wissen. Bismarck hat aus politischem Kalkül mehrere hunderttausend Tote und Verkrüppelte verursacht (einen guten Teil davon bei den eigenen Landsleuten); ihn heute als Vorbild zu sehen, zeugt nur davon, wie wenig Achtung man dem Leben anderer Menschen entgegenbringt. Daß er 1878 die Finger vom Balkan gelassen hat (mit besagtem Zitat) ist kein Hinweis darauf, daß ihm seine Landsleute am Herzen lagen. Es deutet eher darauf hin, daß er meinte, kaum einen Blumentopf gewinnen, aber ziemlich sicher die Freundschaft bzw. wohlwollende Neutralität der Russen und Briten verlieren zu können.

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        @APo

        … Sie haben meinen Grund, warum ich den Vorhalt geschrieben habe, vergessen zu veröffentlichen. Noch einmal.

        Stevanovic hat geschrieben: ‚Vielleicht war ja alles von 41-45 nur ein Missverständnis, aber mir tut es heute noch leid, dass die Partisanen nicht mehr von ihnen erwischt haben.‘ … darauf habe ich mich bezogen.

        @Stevanovic

        … und wenn ich Sie als Gen. beschrieben habe, ist das auf Ihre eigenen Textpassagen – u.a. ‚(von Haus aus Sozi, sie verstehen)‘ – gewachsen. Nun gut, wenn Sie nun kein Genosse mehr sind, gehören Sie jetzt zu den Guten. 😉 … und ich werde mich bessern.

        Noch Mal, ich mein(t)e hier nix persönlich. Ich mag was und wie Sie hier schreiben. So ziemlich oft jedenfalls. Gerade ihre Ausdrucksweise gefällt auch mir.

        Trotzdem, das noch, Ihre Drohung geht mir am Allerwertesten vorbei. Sie sind im austeilen auch nicht zimperlich. (Und auch nicht einzig hier im Blog.)

        @S.T.

        …. niemand hat verlangt, dass Stevanovic sich hier rechtfertigen muss. Mit wem Stevanovic verheiratet ist, ob Deutsch, Inuit oder Hottentotte, welches Geschlecht auch immer, ist mir wurscht. Wer will das wissen? Ich habe allein auf das reagiert, was er hier geschrieben hat. Das machen ja wohl alle, mehr oder weniger, hier im Blog. Oder? Jammern ist daher fehl am Platz.

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        @Truthe
        Vielen Dank, von Ihnen würde ich auch gerne mehr lesen. Ich rechtfertige mich deswegen, weil ich glaube, dass tief in dbh ein Wunsch nach Austausch da ist, sonst wäre er nicht einer der treuesten Leser dieses Blogs. Es hat seinen Grund, warum er hier postet, seine Sparringspartner sucht er sich nicht zufällig. Ich finde es richtig, ihn nicht zu sperren, das bedeutet aber auch, dass man eben auf manche Dinge als Mitforist eingehen sollte. Er ist für mich kein Stellvertreter einer Gattung, sondern eine gepeinigte Seele vor einem Bildschirm im Mecklenburg. Wer weiß das schon (im Internet)? Aber es kostet mich nichts. Ich habe schon unvernünftigere Sachen gemacht. Er ist es mir wert.

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        @Truthe
        Leitkultur und Verfassungspatriotismus sind für mich theoretische Begriffe, die einleuchten oder eben nicht. Identität und Patriotismus sind tief im persönlich-irrationalem verankert, jeder Versuch sie in ein rationales Konzept zu pressen, kann und wird schlüssig dekonstruiert. Dennoch ist der Versuch notwendig, sonst könnten wir nicht darüber sprechen. Leitkultur ist bei näherer Betrachtung eine hohle Phrase, Verfassungspatriotismus eine seelenlose Kopfgeburt und dennoch kann ich beiden etwas abgewinnen. Manche Dinge erkennt man erst, wenn sie plötzlich da sind. Der Relativismus entsteht eben durch eine Sache, der ich mir sehr sicher bin: ich weiß es nicht.
        Besonders wenn man an die irrationale Seite glaubt, ist es wichtig, sich mit Appellen an diese Seite des Menschen auseinanderzusetzen. Herr Bieling erzählt eine Wohlfühlgeschichte, die es sehr angenehm macht, seine Identität in einer Badewanne voll mit Christopher Clark Zitaten aufwärmen zu lassen. Das gestehe ich jedem persönlich zu, aber in der Publizistik ist es doch ein sehr manipulatives Vorgehen. Dafür ist mir meine Identität zu wichtig, auch wenn ich sie selbst nicht verstehe und ich mir manchmal selbst zu anstrengend bin. Als überzeugter Verfassungspatriot hat man solche Probleme vielleicht nicht.

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        „Der Relativismus entsteht eben durch eine Sache, der ich mir sehr sicher bin: ich weiß es nicht.“ Das klaue ich bei Gelegenheit.

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      @Stevanovic
      „Meine Frau ist Deutsche, meine Kinder sind Deutsche und sprechen nur Deutsch. Deren Familie waren auf allen Seiten vertreten, vom Partisanen, Tschetnik, Wehrmachtssoldaten, Fallschirmjäger (witzig -die waren auch auf dem Balkan im Einsatz) bis zur BDM-Funktionärin.“
      Schlimm genug, dass Sie glauben, sich hier rechtfertigen zu müssen. Aber so ist das mit der „Leitkultur“. Was an Habermas‘ Verfassungspatriotismus auszusetzen ist, werde ich persönlich nie nachvollziehen können. Und nein, für diese Haltung werde ich mich nicht rechtfertigen!
      Stevanovic, auch wenn mich Ihr Relativismus manchmal nervt, ich schätze sehr, was Sie schreiben.

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    Sie mögen Recht haben, daß Bieling „intellektuell unbedeutend und publizistisch ziemlich wirkungslos ist“, ich habe erstmals von Ihnen hier von ihm gehört.
    Ich habe aber immer noch nicht verstanden, was Rainer Bieling und Alexander Gauland miteinander zu tun haben, außer daß beide Dinge von sich geben die Ihnen nicht gefallen.
    Gibt es irgendeinen Beleg für ein Verhältnis von Gauland und Bieling, daß den Vergleich „Herr und G´scherr“ belegen würde. Arbeitet Bieling gar für die AfD ?

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        Wie konnten Sie mit Gauland so lange befreundet sein, hat er Sie getäuscht oder haben Sie nur über Tennis geredet?

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        Nein, er hat mich nicht getäuscht. Und nein, wir haben nie über Tennis gesprochen. Ich mache meine Freundschaften nicht abhängig davon., welche Ansichten jemand hat. Viele meiner Freunde sind Linke. Wir einigen uns in der Regel, nicht über Politik zu reden.

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