Vor Kurzem veröffentlichte die Bild eine Fassung der Dokumentation mit dem TItel: „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“, der so einige identitäre Ideologen verstörte, mehr als die Terroristen-Lobby ertragen konnte. Beinahe hätte es ja geklappt, einen Film einzukaufen, um ihn dann anschließend in den Archiven verschwinden zu lassen, sei es von vornherein geplant sei es, weil auch den Verantwortlichen der Inhalt verstörte. War es doch genau diese Ideologie der Fortsetzung des Antisemitismus als Israelkritik, der der Boden weitgehend unter den Füßen weggerissen wurde, ohne das strategische Moment der Ausgewogenheit, mit der jede Dokumentation zur Folgenlosigkeit verurteilt worden wäre.
Man stelle sich vor, daß die antisemitische Hetzschrift der „Protokolle der Weisen von Zion“ nur noch kritisiert werden dürfte, wenn auch hinreichend Antisemiten zu Wort kämen, die Gelegenheit bekämen – um die Ausgewogenheit zu wahren – die Echtheit der Schrift zu behaupten. Vornehmlich würden genau die Aktivisten zu Wort kommen, die ihre eigene Identität als gelehrte Schüler der „Protokolle“ unlängst gebildet haben, wo wir ja nun bei identitärer Ideologie wären. Fragen wir uns mal, wie die „Protokolle“ als Lehrfibel für Antisemiten aufzufassen sind und dann fragen wir uns, ob der Gegenstand der Kritik der Dokumentation, die schon ein halbes Jahr in der Schublade steckte, sich nicht sei es mit allerlei Vorwänden, die nicht inhaltlicher Natur sind, sei es offen genau den Wahn reproduzierend, den die Dokumentation – um modern zu sprechen – dekonstruierte. Bei den „Protollen“ artikulierte sich ja sehr schnell der Eindruck, wie eine Rezension eines Buches von Alexander Stein „Adolf Hitler. Schüler der ‚Weisen von Zion‘ “ darlegte,
„dass sich Antisemiten genau an den Maximen zu orientieren scheinen, die sie den Juden unterschoben und die in den angeblichen Plänen des »Weltjudentums«, die Weltherrschaft zu übernehmen, kulminierten.
Auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt und textvergleichend analysiert hat diesen Zusammenhang der sozialdemokratische Journalist und Publizist Alexander Stein in seiner 1936 im Karlsbader Graphia-Verlag erschienenen Arbeit Adolf Hitler, Schüler der Weisen von Zion. Anhand von 106 Zitaten aus den Protokollen, Hitlers Mein Kampf sowie Alfred Rosenbergs Mythos des 20. Jahrhunderts arbeitete er heraus, wie sich die »jüdische Weltverschwörung« in den Weltherrschaftsfantasien der Nazis gleichsam widerspiegelt. Dem Autor gelang der Nachweis, dass es nicht die Juden sind, die die Welteroberung vorbereiten, sondern die Antisemiten. Die Protokolle dienten den Nazis als Lehrbuch und Handlungsanweisung, um die Vernichtung der jüdischen »Gegenrasse« in die Tat umzusetzen.“
Q: http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/12308
Wer das nachvollziehen will, kann das durch die Lektüre von Steins Buch, gern tun. Hier soll die Frage gestellt werden, ob nicht die Inhalte, die der Film rechtens kritisiert, nicht in einer ähnlichen Weise der pathischen Projektion sich verdanken. Wenn immer wieder von „Israel-Lobby“ schadroniert wird, so ist die Hypothese, könnte es nicht sein, daß es in Europa, gar weltweit, so etwas wie eine sei es „Terroristen-Lobby“ (man denke an die BDS-Movement BDS(M)), sei es „Antizionisten-Lobby“ oder „Antisemiten-Lobby“ geben?
Der Versuch der Delegitimsierung und Dämonisierung Israels, wie der Film sie triftig zeigt, findet ja nicht erst in letzter Zeit statt. Die Lüge, daß die „Besatzung“ oder die „Siedler“ den Nahostkonflikt verantworten, ist ja mittlerweile nicht nur in aller Antisemiten-Munde. Warum der Film da in eine Richtung ausholen mußte, die in Europa nicht so gern vernommen wird, kann dienlich sein, um zu begreifen, daß hier an einem Schuldkomplex gerüttelt wird. Thomas Eppinger brachte das auf den Punkt:
„Was man vorher nur vermuten konnte, wird offensichtlich, wenn man den Film gesehen hat: die Gründe, die der Sender gegen die Ausstrahlung vorgebracht hat, sind nur vorgeschoben. Viel wahrscheinlicher ist, dass man die Zerstörung der vielen Legenden in der Nahostberichterstattung nicht hinnehmen wollte.“ Q: http://www.mena-watch.com/mena-analysen-beitraege/wdrarte-doku-die-endgueltige-kapitulation-vor-dem-antisemitismus/
Es ist in der Vergangenheit auch schon davon berichtet worden, daß Journalisten, die nicht an der Verbreitung von Legenden mitarbeiten wollen, um ihre Gesundheit, gar Leib und Leben fürchten müssen oder auch nur um ihre Anstellung bangen. Außenseiter in der Branche wie Tuvia Tennenbom, denen man wegen ihrer Prominenz nicht so leicht an den Karren pinkeln kann, haben einen guten Beitrag zur Dekonstruktion von Legenden getan. Aber die Regel ist so eine Berichterstattung nicht. Die Safari durch Deutschland „Entweder-Broder“, eines der Highlights am Anfang diesen Jahrzehnts wurde gesendet zur besten Sendezeit, während die Dokumentation, bei der selben Firma produziert, nicht gesendet werden sollte. Dennoch werden die kleine Anspielungen auf „Entweder Broder“ Broderhasser auf den Plan rufen.
Wer eine ausgewogene Dokumentation erwartet, wird enttäuscht, wer sich mit der dekonstruierten identitären Ideologie identifiziert, die immer noch Mainstream ist, wird den Wutbürger herauskehren. Ein Augenblick nachgedacht, kann man begreifen, daß in 90 Minuten niemand das auslöschen kann, was seit Jahrzehnten in der Berichterstattung schiefgegangen ist.
Was der Film leisten kann und leistet, ist die Möglichkeit der Gegenidentifikation gegen die identitäre Ideologie, die immer noch den Mainstream ausmacht. Das ist die Form von Polemik gegen Jahrzehnte mediale Kriegserklärung, der bislang klimatisch kaum etwas entgegenzusetzen war.
Die Stärke des Films ist ihr ideologiezersetzender Charakter, seine Kontradiktion gegen antisemitische Israelkritik und das ist auch bewußt so gewollt, wie unvermeidlich einseitig, was zu kritisieren ich mich nicht anmaße. Einseitigkeit oder fehlende Details vorzuwerfen, ohne gleich dafür die Geldmittel und den Sendeplatz dafür bereitzustellen, wäre unfair. Da jeder FIlm selektiv vorgehen muß – das macht ja den informativen Gehalt aus, daß bestimmte Zusammenhänge aus dem Ganzen separiert – dürfte man dann überhaupt keinen Film mehr zeigen.
Was Lukács über den „Essay“ schrieb, daß dieser immer von etwas Geformten bestenfalls etwas schon einmal dagewesenen spricht und nicht neue Dinge aus einem leeren Nichts, sondern die schon lebendig waren, neu ordnet, gilt auch von dem Film, der nicht auf seinen dokumentarischen Charakter reduziert werden darf. Alle Details hätte man durchaus schon mal gehört haben können, ausgewogen in einem besseren Sinne als wir es von den Öffentlich Rechtlichen gewohnt sind, sei es Tilman Tararchs „Der Ewige Sündenbock. Heiliger Krieg, die ‚Protokolle der Weisen von Zion‘ und die Verlogenheit der sogenannten Linken im Nahostkonflikt“ sei es Benny Morris, Righteous Victims. A History of the Zionist-Arab Conflict., Robert Wistrichs Der antisemitische Wahn. Von Hitler bis zum Heiligen Krieg gegen Israel, Léon Poliakovs „Vom Antizionismus zum Antisemitismus“ bis zu Matthias Küntzels, Djihad und Judenhaß. Kaum aber kommt ein Film, der eine Masse von Literatur gegen den israelbezogenen Antisemitismus zuspitzt und prompt wird gleich eine Schar nicht nur der „üblichen Verdächtigen“ mobilisiert, die sich allesamt ertappt fühlen, weil sie wie das obskure „Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung“(BIB) objektiv, wenn nicht auch subjektiv, so etwas wie eine „Terroristenlobby“ darstellen, die so funktioniert, daß wer sich von den Gemäßigten hat einseifen lassen, dann von den Radikalen rasiert wird. Die „Anmerkungen zur Arte-Doku….“ dieses Vereins, zeugen davon, daß eine Diskussion schwerlich noch möglich ist, weil so ein Fachpersonal für identitäre Ideologie in Kategorien von Freund und Feind im Sinne Carl Schmitts denkt. So als ob es genügen würde, zur Unterstreichung einer These wild mit dem Füßen auf den Boden zu stampfen, findet jedenfalls keine Auseinandersetzung mit der Kritik, die der Film leistet statt, sondern man entrüstet sich darüber, daß man nicht weitermachen kann wie bisher. Gut, daß ich beim Lesen der Kriegserklärung der BIB nichts gegessen habe. Denn die Forderung der Film hätte „seriöse BDS-Befürworter“ und „hasserfüllte Pro-Zionisten“ zeigen sollen, hätte mich vor Lachen garantiert in den Erstickungstod gebracht, denn diese unterscheiden sich dadurch von der Wittib Hurtig*, daß man nicht weiß, wo sie zu haben sind.
* Shakespeare, Heinrich der Vierte 1. Teil, 3. Aufzug
Dokumentation eines Leserbriefs an Fr. Maischberger
Sehr geehrte Frau Maischberger
Wir von der „Initiative gegen Antisemitismus“ (eine Organisation aus der Schweiz) begrüssen es sehr, dass in der ARD die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ gezeigt und anschliessend in Ihrer Sendung diskutiert wird.
Wenn es nun gelingen soll, eine Diskussion zu führen, welche sich nicht nur (oder zumindest nicht schwerpunktmässig) mit dem medialen Wirbel um die Dokumentation befasst, sondern sich tatsächlich zu den überaus brisanten und diskussionswürdigen Inhalten derselben „durchkämpft“, ist es ausschlaggebend, Leute einzuladen, welche sich nicht nur (intensiv und fundiert!) mit dem Thema Antisemitismus auseinandergesetzt haben, sondern auch über die Fähigkeit verfügen, sich nicht in den Fallstricken der klassischen Abwehrstrategien zu verheddern, welche sich üblicherweise im Zusammenhang mit der Diskussion um Antisemitismus zeigen.
Um zu illustrieren, was wir mit diesen „Fallstricken“ meinen, hier nur ein kleines Beispiel: Wir machen uns (u.a.) Sorgen, dass sich in der medialen Diskussion um den Film der Focus verschoben hat und mittlerweile mehr Aufmerksamkeit auf die „handwerklichen Mängel“ im Film gerichtet wird als auf die überaus erschreckenden Befunde dieser Recherche. Jedenfalls dominiert dieser Trend bereits in den Ankündigungen zur nun vorgesehen Ausstrahlung in einem bedenklichen Ausmass.
Es ist dies leider ein nur zu gut bekanntes Phänomen im Zusammenhang mit der Diskussion um Antisemitismus. Wenn eine solche schon mal stattfindet, was ja überaus selten der Fall ist (es gibt zwar öfters Sendungen über den Holocaust und diverse Themen in diesem Zusammenhang, aber eben selten explizit zum Thema Antisemitismus), driftet die Diskussion erstens oft unfassbar schnell und fast schon reflexhaft in Richtung Israel (und dreht sich da „natürlich“ dann um die Fehler der „Israelis“), und / oder zweitens wird fast immer massive Kritik an der Art, wie der Vorwurf des Antisemitsmus erhoben wird, vorgebracht. Die noch „billigere“ Variante ist natürlich, die Person, die die „schlechte Nachricht“ überbringt, anzugreifen oder gleich die Juden selber für das Entstehen oder zumindest Anwachsen des Antisemtismus verantwortlich zu machen.
Es erscheint uns deshalb ausschlaggebend für die Qualität einer solchen Diskussion, wer zur Teilnahme in Ihre Sendung eingeladen wird. Angesichts der Komplexität und der Brisanz der Thematik müssten es Leute sein, welche nicht nur schon zum Thema Antisemitismus gearbeitet haben, sondern auch zur Problematik seiner medialen Rezeption. Wir denken da an Leute wie Monika Schwarz-Friesel, Esther Schapira oder Samuel Salzborn. (Sie wären aber wahrscheinlich auch gute Beraterinnen um Leute zu finden, welche sie in einer solchen Diskussionsrunde allenfalls ergänzen oder vertreten könnten.)
Wir würden uns natürlich sehr über eine Rückmeldung Ihrerseits freuen, vor allem aber, wenn unsere Vorschläge Eingang in Ihre Überlegungen zur geplanten Sendung finden – und noch mehr, wenn der Mittwochabend etwas dazu beitragen würde, dem erschreckenden Anwachsen des Antisemitimus etwas entgegenzusetzen!
Mit freundlichen Grüssen
Initiative gegen Antisemitismus Zürich
Am Mittwoch wird der Film im Ersten Programm gezeigt. Um den Zuschauern das Denken abzunehmen, wird ein Tribunal veranstaltet, das die Wirkung wenigstens ein wenig zu relativieren.
http://www.salonkolumnisten.com/schuss-ins-knie/
Ob nun wirklich die in der Vorab-Veröffentlichung durch Bild weggelassene Untertitelung arabischer Sprache auch in dieser Fassung weggelassen wird, wissen wir nicht. Nicht einmal wer am Maischberger-Tribunal teilnehmen wird. Der Film jedenfalls selber könnte gegen das ganze Schlechte im besseren Sinne Ausgewogenheit herstellen.
Manche Linke werden sich ertappt fühlen, besonders solche die mit der furchtbarsten Abgeordenten des Bundestags im Reichtstag, die im Film vorkommt, identifizieren (Grüße vom Frauendeck des Narrenschiffs).
Henryk Broder berichtet auch auf der Achse über die stündlich wechselnden Tricks und Kniffe des WDR bzw. der ARD und deren Kwalitätsdschurnalisten, um den Judenhass der Moslems zu verschleiern. Die stotternde Maischberger wird natürlich ihr Bestes geben, um die Zuschauer zu verwirren, in ihrer Wahrheitsverhinderungs-Talgschau. Anne Will ist noch auf Adventure-Urlaub in Lesbos, Illner pflegt das Grab von Mielke und Lanz zählt seinen Judas-Lohn, da muß die sprachbehinderte Sandy ran.
Das dürften wohl Witze sein, wenn da Gestalten wie Blüm oder Verleger zum Tribunal gerufen werden sollten. Aber man kann nie wissen, bei einem Mystiker leitet sich Qualität von Qual ab. Immerhin könnte man dann wissen, was Qualitätsjournalismus ist.
Zusatz 20.6. Eine gute und eine schlechte Nachricht, zuerst die schlechte:
Wie zu erwarten war kommt ein Tribunal, in dem zwei Fachleute: Michael Wolffsohn und Ahmad Mansour, die Distanz zur antisemtischen Israelkritik haben drei zum Gegenstand der Kritik des Films gehörende „Israelkritiker“: Norbert Blüm (sic!), Gemma Pörzgen (in der Nähe der Terrorsympathisanten der BDS-Bewegung), Rolf Verleger (darf nicht fehlen, wenn gegen Israel bombardiert wird) gegenüberstehen und Jörg Schönenborn beistehen.
Die gute Nachricht: Ausgewogenheit kann man nun den WDR nicht vorwerfen. 4:2 für Anti-Israel-Hetze. Mit Dazwischenreden, da haben wir ja geübte Leute, werden die zwei GUten wohl nicht sonderlich gehört werden.