Wie ich an dieser Stelle schon ausgeführt habe: Sonntag wähle ich Merkel. Erststimme CDU, Zweitstimme FDP. Und das, obwohl ich laut Wahl-O-Mat am ehesten mit den Forderungen der Grünen übereinstimme (64% gegen etwa 50% Übereinstimmung mit der Union).
Ich wähle die Fortsetzung der gegenwärtigen Koalition also eher aus Trotz denn aus Überzeugung. Oder aus der Überzeugung heraus, dass Rot-Grün noch schlechter für das Land wäre.
Merkel, sagen ihre Bewunderer (und sagt sie selbst), habe Deutschland sicher durch den Finanzkrach von 2008 und die darauf (und daraus) folgende Eurokrise geführt; das Land – stark wie nie zuvor – und seine Kanzlerin seien nun berufen, Europa zu führen.
Stimmt schon. Aber man sollte dabei nicht vergessen, dass Deutschlands Stärke nur relativ ist; relativ vor allem zur Schwäche der anderen Mitglieder der Eurozone. Deutschlands wirtschaftlicher Markenkern lautet „Vorsprung durch Technik“; aber Deutschlands Erfolg in den letzten Jahren hat mehr mit einem schwachen Euro und einem riesigen Niedriglohnsektor zu tun als mit Innovation und Qualität. Deutschlands Solarindustrie, um nur ein Beispiel zu nennen, ist trotz ursprünglicher Marktführerschaft und riesiger nachfrage nach Solarpaneelen, eingegangen – verdrängt von der chinesischen Konkurrenz. Währenddessen hat Deutschlands Fleischindustrie dank billigster Leiharbeit aus dem Osten, die Marktführerschaft in Europa errungen. Silikon gab ich für Schweinehälften. Ein Omen.
Gemessen an der Gesamtarbeiterschaft ist der Niedriglohnsektor in Deutschland der größte in Europa. Subventioniert wird er durch die Steuerzahler; denn wer trotz Vollarbeitsstelle sich und seine Familie nicht ernähren kann, hat Anspruch auf Harzt IV. Eigentlich unfassbar, dass so etwas im gemeinsamen Markt Europa noch erlaubt ist.
Niedrige Löhne, zahme Gewerkschaften, eine unterbewertete Währung: So sieht das Merkel’sche Wirtschaftswunder aus. Das ist kein Rezept für zukünftige Stärke.
Aber Zukunftsthemen sind ohnehin nicht Merkels Ding. Nachdem sie die „Bildungsrepublik Deutschland“ ausgerufen hatte, gab sie die letzte Bundeskompetenz für Bildung an die Länder ab. Neben dem Bildungssystem, für das die Kanzlerin nicht zuständig ist (sollen doch die Länderministerpräsidenten den Ärger für G12 abbekommen!), gibt es drei Zukunftsfelder, für die sie zuständig ist und auf denen Merkel versagt hat: Demographie, Energie und Europa.
1. Demographie. Derzeit beträgt Deutschlands Anteil an der globalen Wirtschaft fast fünf Prozent. Der ehemalige Exportweltmeister – auch den Titel haben wir unter Merkel abgegeben – liegt damit hinter den USA, China, Japan und Indien auf Platz fünf. Bis 2060 wird Deutschlands Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung auf zwei Prozent fallen – ein Minus von 58 Prozent. Indonesien, Mexiko, Russland und Großbritannien ziehen bis 2060 an Deutschland vorbei. Die OECD prognostiziert der hiesigen Wirtschaft aufgrund der alternden Bevölkerung ein jährliches Wachstum von nur 1,1 Prozent. Andere Industrienationen wie die USA, Großbritannien oder auch das hier vielbelächelte Frankreich wachsen dank höherer Geburtenraten deutlich kräftiger.
Da es fast unmöglich ist, Bevölkerungswachstum durch Regierungshandeln zu generieren, hängt Deutschlands Zukunft davon ab, dass künftig vor allem Frauen und Zuwanderer, die bereits hier leben, aber heute nicht in den Arbeitsprozess eingebunden sind, arbeiten. (Daten aus Frankreich und den skandinavischen Ländern zeigen übrigens, dass – kontraintuitiv vielleicht – Frauen, die arbeiten gehen, auch mehr Kinder bekommen, vorausgesetzt, es gibt gute Kitas, Ganztagesschulen und dergleichen.) Aber sowohl im Hinblick auf Zuwanderer wie auch auf Frauen hat die Regierung Merkel fast nichts getan. Frauen sind in Führungspositionen unterrepräsentiert, doch eine Quote lehnt die Regierung ab. Zuwanderer sind bei den Polizisten, Lehrern und anderen Beamtentätigkeiten unterrepräsentiert, aber „affirmative action“ wird hier nur von wenigen gefordert. Stattdessen leistet sich Deutschland monatelange Debatten Sarrazins eugenischen Unsinn, während Merkels Mehrheit im Parlament das Betreuungsgeld durchgebracht hat, das gerade für muslimische Mütter aus der Unterschicht einen kräftigen Anreiz setzt, zuhause zu bleiben und Sarrazins „kleine Kopftuchmädchen“ von der Kita fernzuhalten, wo sie ihr Sprachdefizit abbauen könnten. Für Frauen aus der oberen Mittelschicht setzt das Ehegattensplitting ihrem beruflichen Ehrgeiz enge Grenzen: zu viel verdienen lohnt sich gar nicht. Wir hinken Ländern wie Frankreich, Großbritannien, von den skandinavischen Ländern ganz zu schweigen, 15 bis 20 Jahre hinterher.
2. Energie. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die Merkel wegen ihrer Fukushima-Wende kritisieren. Im Gegenteil. Sie hätte erst gar nicht den von Rot-Grün ausgehandelten Atom-Aussteigs-Kompromiss aufkündigen sollen. Ich bin auch – anders als die Atom-, Kohle- und Gas-Lobbyisten – der Meinung, dass man nicht auf die heute billigste, sondern langfristig preiswerteste Energie setzen sollte. Aber durch die Subventionierung von Ökostrom ist die absurde Situation entstanden, dass es an sonnigen und windigen Tagen zeitweise wegen der Abnahmegarantie zu viel Ökostrom gibt, während dieses Überangebot nicht nur nicht zu einem Preisverfall führt, sondern – wegen des Garantiepreises – zu einem Preisanstieg. Und zwar um bis zu 30 Prozent für viele Stromkunden. Währenddessen werden weiter – chinesische – Solarpaneele auf bayerische Dächer gepappt und Windräder ohne Sinn und Verstand dort hingestellt, wo ein Bauer gerade ein Feld frei hat. Wie früher die „Butterberge“ und „Milchseen“ aus der Subventionierung der landwirtschaftlichen Produktion durch die EU entstanden, entsteht ein Ökostrom-Überangebot aus der Subventionierung der Produktion alternativer Energie. Sinnvoller wäre eine Emissionssteuer gewesen, die dafür gesorgt hätte, dass Null-Emissionsenergie bald konkurrenzfähig mit herkömmlichem Strom geworden wäre – während die Regierung, statt dafür zu zahlen, Einnahmen generiert hätte. Jetzt wird von einer Kappung des Strompreises geredet: auf einen falschen Eingriff in den Markt folgt ein weiterer Eingriff. Wer bezahlt dafür?
3. Europa. Darüber habe ich wiederholt geschrieben, zuletzt hier:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article120118451/Die-EU-ist-nicht-am-Ende-aber-der-Euro.html
Ich zitiere daraus die Kernpassage: „Gemeinsam ist der Eurozone nur, dass in ihr die Arbeitslosigkeit im Schnitt höher und die Wachstumsraten niedriger sind als anderswo in der Europäischen Union. Der Euro hat aber nicht nur einen Keil zwischen diese Gruppe und den Rest Europas getrieben; er hat die Bevölkerungen der Euroländer gegeneinander aufgebracht. Alle Umfragen zeigen, dass Deutschland in den Ländern Südeuropas zutiefst unbeliebt ist, während in Deutschland selbst die Stimmung gegen „Pleite-Griechen“ und andere angeblich faule Südländer beunruhigende Ausmaße annimmt.
Dass es so weit kommen konnte, haben drei deutsche Politiker mit zu verantworten. Helmut Kohl setzte zusammen mit François Mitterrand den Euro durch, um die europäische Einigung „unumkehrbar“ zu machen. Das Gegenteil ist eingetreten. Gerhard Schröder setzte zusammen mit Jacques Chirac die Maastricht-Kriterien für Deutschland und Frankreich außer Kraft. Damit war der Schuldenkrise Tür und Tor geöffnet. Angela Merkel schließlich schuf mit dem „Fiskalpakt“ einen intergouvernementalen Lenkungsausschuss für die Eurozone, der jenseits und außerhalb der entmachteten europäischen Organe Kommission, Rat und Parlament – und weitgehend ohne Kontrolle durch die nationalen Parlamente – agiert. Europa existiert als Union faktisch nicht mehr.“
Die EU schafft sich ab. In Ungarn, Rumänien, Bulgarien und anderswo sind Korruption, Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten, Rassismus und Antisemitismus schon wieder Alltag. Als Akteur nach außen ist die EU nicht wahrnehmbar. Auch dafür trägt Merkel eine große Schuld: Ihre Enthaltung bei der Libyen-Resolution des Sicherheitsrats – unmittelbar gegen die EU-Mitglieder Frankreich und Großbritannien gerichtet, die sie eingebracht hatten – hat nachhaltig das Vertrauen der anderen Westmächte in Deutschlands Zuverlässigkeit und europäische Berufung erschüttert. Ähnlich wirkte Merkels Nichtunterzeichnung der Syrien-Resolution auf dem G-20-Gipfel in St. Petersburg. Während sie ständig „mehr Europa“ fordert, marschiert die Kanzlerin in die entgegengesetzt Richtung.
Warum sollte ich für sie wählen? Weil eine rot-grüne Regierung in Sachen Energie und Europa eine eher noch destruktivere Politik betrieben hätte; weil rot-grün auch für die Agenda-Reformen verantwortlich sind, die letztlich für die Verwandlung Deutschlands in ein Niedriglohnland gesorgt haben, und weil sie gegenüber den Zuwanderern eine Alimentierungs- statt eine Aktivierungspolitik betreiben. Weil sie die Zukunft meistern wollen, indem sie über höhere Steuern und Abgaben den Menschen die materiellen Mittel nehmen wollen, sie zu gestalten.
Ich wähle also Merkel mit zusammengebissenen Zähnen. In der Hoffnung, dass sie, die Wendige, ihre Autorität einsetzt, um ihre Fehler zu berichtigen.
Da wählt man schon die CDU und die FDP und heraus kommt vielleicht, wahrscheinlich eine linke Regierung:
http://www.wiwo.de/politik/deu.....30680.html
Wie sagte schon unser (Neo-)Liberaler_
„Lieber EJ, da ist was dran.“
Wie gesagt.
Nachtrag:
Das Palma bis 1992:
http://www.palma.ba/g1.html
1992 bis 2000:
http://www.palma.ba/g2.html
2000 bis heute;
http://www.palma.ba/g3.html
Die besten Burek&Baklava der Welt! Viel Spaß.
Lieber Herr Posener,
was mich letztlich an Ihrer Analyse überrascht, ist die Tatsache das Sie mehr oder weniger die Argumente Ihres Kollegen 1:1 bzw. der OECD übernehmen.
Nur zur Erinnerung: Wir haben heute 2013 und Sie bzw. die OECD machen eine Prognose bis zum 2060. Sorry aber da gehe ich doch lieber zur Roma Frau im Frankfurter Bahnhofsviertel und laß mir aus der Hand lesen um zu wissen wo ich z.B. im Jahr 2020 wirtschaftlich stehe.
Dass die demografische Entwicklung eng mit der der wirtschaftlichen Entwicklung korreliert will ich nicht bestreiten. Das ein BRIC Land wie Rußland, was die demografische Entwicklung betrifft, leider nicht in das OECD Schema fällt, wird anhand dieser Prognose erkennbar:
„Fertilität. Nach offiziellen Angaben könnte sich die Bevölkerung Russlands bis 2050 von derzeit 142 auf etwa 100 Millionen Menschen verringern.1 „
aus:
http://www.berlin-institut.org.....sland.html
Und ob tatsächlich die demografische Entwicklung einer Nation per se den entscheidenen Einfluß auch die Wirtschaftskraft hat ist angesichts der mehr oder weniger eindimensionalen Prognose der OECD in Frage zu stellen.
Und wenn ich ich Sie immer wieder auf die Messe in Hannover hinweise, dann ganz banal unter dem Aspekt, dass Sie dort erkennen können wie hoch bereits der Automatisierungsgrad der deutschen Industrie ist.
Nicht die demogragische Entwicklung, sprich der Überalterung der deutschen Bevölkerung, stellt das eigentliche Herausforderung dar, sondern die Automatisierung der Industrie wie auch damit einhergehend der Einsatz von Software. Als Stichwort hier der Begriff: Industrie 4.0
http://en.wikipedia.org/wiki/Industry_4.0
http://en.wikipedia.org/wiki/Internet_of_Things
In einer anderen Diskussion habe ich bereits daraufhingewiesen, dass diese
4. Indiustrierevolution einschneidende Veränderungen nur nur auf dem blue-collar Arbeitsmarkt (in vielen Bereichen werden verstärkt Fließbandarbeiter durch Roboter ersetzt) sondern auch zunehmend auch den white collar Arbeitsmarkt beeinflußt. (Biotechnolögy, software ersetzt Rechtsanwälte, Journalisten etc.)
Was die Entwicklung der Schwellenländer betrifft, bin ich nicht so euphorisch wie wie meine Exkollegen bei der OECD. Lassen Sie nur eine „ disruptive technology „ wie das Schweißen von Nähten im Textilbereichen den Durchbruch erzielen und Millionen von cheap labour jobs in China, Indonesien und Mexiko fallen weg.
Was das ranking von Deutschland in den nächsten 50 Jahren betrifft, möchte ich Sie nur erinnern dass UK lange Zeit die weltgrößte Industrienation gewesen ist. Was .de betrifft ist die Entwicklung auch abzusehen gewesen. Und fragen Sie doch einmal bei VW ab, wieviele Arbeiter in Nicht-Deutschen Fertigungsstätten heute tätig sind. Oder beharren Sie auch auf der These, dass alles in Deutschland fabriziert werden sollte?
Dass Israel was die high-tech Entwicklung betrifft derzeit in vielen Bereich führend ist, hat auch dazu geführt, dass deutsche Unternehmen verstärkt in den vergangenen 10 Jahren dort in start-ups investieren bzw. Unternehmen gründen.
Und die Israelis investieren auch in Deutschland…Warum wohl 🙂 ? Fragen Sie einfach einmal bei der israelischen Botschaft nach.
Wenn ich allerdings lese, dass Sie das liberale Banner, soll heißen die Verringerung des Staates, immer noch hochhalten, dann überrascht es mich immer wieder dass Israel was die staatlichen Unternehmen betrifft immer noch einen sehr hohen Anteil am Wirtschaftsgeschehen hat. Ich weiß nicht, ob Ihnen dies bei Ihren Besuchen aufgefallen ist:
http://www.haaretz.com/opinion.....r-1.465527
Ich bin immer wieder überrascht wie detailliert und präzise Sie Themen wie z.B. die Katholische Kirche analysieren.
Was allerdings Wirtschaftsthemen betrifft, wird oftmals die Komplexität von Ihnen auf einen eindimensionalen Ansatz reduziert, statt hier sich einmal etwas tiefer in die vielfältigen Facetten einzuarbeiten.
Ich weiß das ist letztlich nich der Fokus Ihrer täglichen Arbeit, aber einen etwas mehr eines kritischeren Ansatz würde ich mich von Ihnen wünschen. Und wenn es nur Ihr normaler gesunder Menschenverstand wäre, der Ihnen doch sagen müßte dass generell Prognosen bis zum Jahr 2060 mit einem erheblichen Unsicherheitsfaktor behaftet sind.(Ausnahme die demografische Entwicklung)
Zur Erinnerung:
Der erste „ mobile Knochen „ wurde vor 30 Jahren von Motorola auf den Markt gebracht:
http://www.stern.de/digital/te.....59421.html
Das i-phone existier gerade einmal mehr als 6 Jahre.
Und in der Industrie geht mit bei realen Prognosen davon aus, dass ein Planungszeitraum von > 5 Jahren im grauen Bereich liegt.
Soviel zu den sogenannten Prognosen.
Ob tatsächlich die niedrigen Löhne ausschlaggebend für den Exporterfolg der deutschen Industrie war oder noch ist würde ich mit einem großen Fragezeichen versehen.
Fakt ist, dass die Nachfrage der Schwellenländer seit 2000 letztlich ursächlich das rapide Exportwachstum beeinflußt hat.
Falls Sie ein wenig Zeit auf Ihrem Flug von Berlin nach Sarajevo Zeit haben, lesen Sie vielleicht einmal diese Analyse der deutschen Maschinenbauindustrie aus dem Jahr 2000:
http://www2.igmetall.de/homepa.....u_2000.pdf
Zum anderen habe ich an anderer Stelle ausgeführt dass der Lohnanteil im Industriesektor kontinuierlich sinkt (bedingt durch die Automatisierung) mittlerweile in Deutschland unter 20%.
Und ob die Agenda Schröder zum Exportboom der deutschen Wirtschaft beigetragen hat, wie es der Artikel im Economist versucht darzulegen:
http://www.economist.com/news/.....ea65f756e0
????
Wenn ich mir z.B. die Entwicklung des Maschinenbaus in Deutschland anschaue, so kann man doch feststellen, dass dies bereits früher einsetzte:
http://www2.igmetall.de/homepa.....u_2007.pdf
Die einen fliegen nach Sarejevo BiH., die anderen nach Zagreb :-)und anschließend nach BiH.
Vielleicht läuft man sich über die Füße 🙂
Genießen Sie das http://www.palma.ba/ und probieren Sie:
Tufahija
http://www.bibberche.com/wp-co.....1-of-1.jpg
Vorankündigung: Ich fliege Anfang der Woche (dienstlich) nach Sarajevo. Deshalb habe ich mein Stück für Dienstag vorgeschrieben. Es geht um die Grünen und die Pädophilie.
APo: .. als einziger den Nazis und ihrem Ermächtigungsgesetz im Reichstag 1933 die Stirn bot,
… Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM), und Europäischer Fiskalpakt sind das Ermächtigungsgesetz der Ex und Kumpane.
Bieten wir ihnen die Stirn.
R.Z.: ‚Mein Vater hätte es nicht übers Herz gebracht, etwas anderes als die SPD zu wählen,… ‚
… mir begunnen die Augen zu tropfen … als ich Ihre Zeilen … und mir fiel Kurt Tucholsky ein:
‚Doch wo das Strenge mit dem Zarten, wo Starkes sich und Mildes paarten … Donnerwetter: welch ein Klang! Der Traum, der Lebenstraum des verprügelten Bürgers, auch einmal … , nicht immer nur die Hand in der Tasche ballen zu müssen, sondern selbst auch einmal … : dieser Traum hat sich an Gustav Noske im November 1918 erfüllt. Er durfte auch einmal. Die ganze Radfahrernatur des deutschen Menschen: hier konnte sie sich aufs herrlichste bewähren. Ein kleiner Mensch, ein kleines Gehirn, ein Kerl ohne jedes Format und ohne Größe, ein Bourgeois-Ludendorff, ein Commis-Brigadier, ein Bürgergeneral: so steht er in diesem hübschen Heftchen da – lang, haarig, dußlig und unerhört impetuos.‘
@Alan Posener: Mir auch. Deshalb wähle ich ebenfalls nicht die SPD.
@KJN: Die Existenz der AfD finde ich auch gut. Es ist wichtig, dass es eine Opposition zum Euro gibt, auch damit man weiß, wie stark die eigentlich ist. Damit nicht nachher gesagt wird, es wäre ja keiner gefragt worden. Sollte die aber dann nur schwachbrüstig werden, passiert das Gegenteil vom Intendierten und der Euro geht gestärkt aus der Wahl hervor.
@R.Z.:„Aber da es Deutschland mit dem Euro offenbar recht gut geht, muss man sich “vor allem” um andere Sorgen machen.“
Es geht der (noch) etablierten deutschen Exportwirtschaft (noch) gut. Auch, weil sie ständig gehätschelt wird. U.A. durch den Euro. Es gibt auch andere „Realitäten“. Und es ist hierzulande bemerkenswert schwierig, zu vermitteln, daß es außerhalb von Exportwirtschaft auch noch Wirtschaft gibt, ja daß es „die Wirtschaft“ so gar nicht gibt.
Der Euro – bzw. dessen Erhaltung im derzeitigen Umfang – ist Klientelpolitik in Reinform und das aufgebaute Drohszenarium Teil davon. (Wenn es nicht so fadenscheinig wäre..) Wie H. O. Henkel vorschlägt, man kann den € ja in Nordeuropa behalten.
Auch wir in hier D brauchen wirtschaftliche Akteure außerhalb der jetzigen gehätschelten Player – mit dem Momentanen CDU-FDP-SPD-GRÜNE-weiter-so – und gerade auch in dieser unseligen Merkelschen Synthese von allem, wird alles außerhalb der offensichtlich politisch gewollten Großwirtschaft plattgemacht. Monokultur. Ich verstehe diese Politik nicht mehr. Weil das für die Finanzämter leichter ist (?)
Vielleicht sehen Sie doch auch den Film, selbst wenn ihn dbh empfohlen hat, da ist das, was hier an Argumenten zum Thema ausgetauscht wurde, nochmal zusammengefasst.
Aus globalpolitischen Gründen würde ich Merkel ja wählen, aber europapolitisch und innenpolitisch aus o.G. Gründen keinesfalls.
Aber was soll ich mich aufregen, sie wird weiterregieren. Mit Steinbrück.
Aber die AfD (10 %) werden das o.A. weiter thematisieren – und das finde ich gut.
Genau, Roland Ziegler. Kindheitsmuster. Mein Vater war zeitlebens ein Linksliberaler, ein Bewunderer Franklin D. Roosevelts (über den ich dann zwei Bücher geschrieben habe) und Verachter der „Kaufleute“ und „Investoren“. Natürlich hat sein Denken und Fühlen mich stark geprägt. Auch ich werde der SPD nie vergessen, dass Otto Wels als einziger den Nazis und ihrem Ermächtigungsgesetz im Reichstag 1933 die Stirn bot, und dass Willy Brandt in Warschau vor dem Ghetto-Denkmal in die Knie ging, worfür ihm hier Kübel von Unrat über den Kopf gekippt wurden. Ich wünschte, die SPD würde sich dieser großen Männer würdig erweisen. Aus Nostalgie SPD wählen ist mir nämlich zu wenig.
…vieles übernimmt man ja auch mehr oder weniger unbemerkt von den Eltern. Mein Vater hätte es nicht übers Herz gebracht, etwas anderes als die SPD zu wählen, und er ließ keinen Zweifel an dem kulturellen Graben, der ihn und damit uns von unserer gutbetuchten, katholischen CDU-Nachbarschaft getrennt hat. Die SPD war und ist vielleicht noch immer die Interessensvertretung der „kleinen Leute“. Auch wenn da snicht mehr so sein sollte oder vielleicht auch noch nie so gewesen war, ist es wie beim Fußballverein, für den man ist: man braucht ungewöhnich gute Gründe, um ihn zu wechseln.
…bemerkenswert ist übrigens, wie die AfD und derblondehans hier sich plötzlich vor allem um die Jugend in den anderen Ländern sorgt. Eigentlich heißen sie ja Alternative für DEUTSCHLAND? Aber da es Deutschland mit dem Euro offenbar recht gut geht, muss man sich „vor allem“ um andere Sorgen machen. Wie wärs also mit einer Umbenennung: „Alternative für Südeuropa“?
@Stevanovic: Ich vermute zumindest, dass es sich bei der Wahlentscheidung meist um eine scheinrationale Entscheidung handelt. D.h. eine Entscheidung, bei der wir uns im Nachhinein Gründe zurechtlegen. Kindheitstraumata müssen dabei nicht verdrängt werden, aber unbewusst oder vorbewusst sind die im wahrsten Sinn entscheidenden Gründe schon. Ahnlich wie bei Musikgeschmack, Kleidungsstil, Temperament. Neben den sozialisierten spielen sicher auch individuelle Charaktereigenschaften wie Risikofreudigkeit, Experimentierlust, Widerspruchsgeist o.ä. eine Rolle.
Herr Posener hat uns ja dargelegt, dass solche Dinge bei ihm rotgrün sind und nur die Kraft seiner Gedanken ihn seit Dekaden immer wieder zur CDU zwingt. Ich fürchte allerdings, da täuscht er sich. Demnach wäre jedenfalls die CDU die richtige Wahl und alle anderen Entscheidungen falsch, und mit genügender Urteilskraft könnte man das auch einsehen. Theoretisch müsste unter diesen Umständen sogar ein Intelligenzvorsprung bei CDU-Wählern statistisch nachweisbar sein :-).
Moin, moin, moch mal.
So, Herr Posener, kennen Sie eigentlich den Direktkandidaten der CDU für Ihren Wahlkreis?
Ich würde ja so gerne SSW wählen, aber der tritt bei Btagswahlen leider (noch) nicht an. Ansonsten? Erststimme: Fehlanzeige, lauter Luschen.
Zweitstimme: Die Partei (wenn sie denn in SH antritt, hab so was gelesen).
Apropos Demographie: die deutschen Frauen kann man(n) in der Pfeife rauchen re: Arbeitsmarkt. Die wählen in der Regel typisch „weibliche“ Ausbildungsberufe (Frisörin) oder studieren brotlose Kunst (Germanistik!), und zuviel Teilzeit. Hoffen darauf, dass der Macker die Kohle macht. Zuwanderung? Glaube, Liebe, Hoffnung! Warum sollte eine indische Fachkraft nach Schland kommen? Fremdenfeindlichkeit ohne Ende, vor allem in der Ostzone. Gehalt gibt es anderswo deutlich mehr.
Na ja, bis dahin habe ich sowieso das Zeitliche gesegnet.
JB
Freunde, Genossen, statt des sozialistischen Wahl-O-Mat – informieren. Dann fällt die Wahl leichter.
‚Seit 2002 ist der Euro auch in Deutschland das offizielle Zahlungsmittel. Nun – mehr als 10 Jahre danach – versinkt die Eurozone im Chaos. Die Wirtschaft lahmt, ein Staat nach dem anderen rutscht in die Pleite und muss gerettet werden. Besonders im Süden explodiert die Arbeitslosigkeit, die Jugend ist besonders stark betroffen.
Diese Doku wirft einen Blick hinter den Vorhang und versucht zu ergründen, wer die eigentlichen Profiteure sind und waren.‘
EUPOLY – Ein europäischer Alptraum Offizielle Version
@Ziegler: Ich bin wegen unverarbeiteter Kindheitstraumata und fehlgeschlagener Abnabelungsprozesse noch heute Sozialdemokrat. Das ist eine Erklärung, die mich sehr beruhigt, denn sollte ich wegen der SPD als Partei noch Sozialdemokrat sein, wäre ich wirklich weich in der Birne.