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Hannes Heer und Adolf Eichmann

Hannes Heer ist ein verdienstvoller Publizist. Was er zu Adolf Eichmann zu sagen hat, ist weniger verdienstvoll.

Um es vorwegzunehmen: Hannes Heer und ich waren einmal in demselben Verein, der maoistischen KPD/AO. Aber das war sicherlich von ihm aus, der schon im SDS prominent gewesen war und acht Jahre älter als ich, nur ein Gastspiel. Ich hatte nie etwas mit ihm zu tun (oder vielleicht sollte ich sagen: er nie mit mir), und ich meine nur aus der unzuverlässigen Erinnerung, dass er die Organisation in Unfrieden verließ, um es so auszudrücken, weil er die scharfe Abgrenzung zu den „Revisionisten“ der DKP für falsch hielt und die „Einheit der Linken“ wollte. Ich erwähne das nur, falls jemand meint, wenn ich jetzt kritisiere, ginge es um alte Rivalitäten oder Animositäten. Dem ist nicht so.

Hannes Heer hat mit der Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ ungeachtet der handwerklichen Fehler, die letztlich eine Überarbeitung der Ausstellung unumgänglich machten, sehr viel zum Verständnis des Nationalsozialistischen Regimes und zur Kritik der Selbstrechtfertigungslegenden der bundesrepublikanischen Elite beigetragen. Kein Wunder, dass er zur Hassfigur der Rechten wurde.

„Der Skandal als vorlauter Bote“

Nun – um zum Punkt zu kommen – hat der 78-Jährige eine zehnteilige Vortragsreihe mit Film entwickelt: „Der Skandal als vorlauter Bote: Die großen deutschen Geschichtsdebatten“. Die Reihe läuft zurzeit in der Berliner Urania, und ich nehme an, dass Heer sie nicht nur in Berlin vortragen will. Natürlich steht Heer selbst in zwei dieser Vorträge im Mittelpunkt: Wenn es um den „Aufstand gegen die Nazigeneration (1965 – 1968)“ (Teil 4) geht, wird sein Film „Mein 68“ gezeigt; und in Teil 6 geht es um die Wehrmachtsausstellung.

Es fällt auf, dass es in Heers Geschichte der Geschichtsdebatten mit Ausnahme der letzten, wo es um Thilo Sarrazin – also gar nicht um die Geschichte – geht, nur um das Dritte Reich geht. Das liegt zum Teil daran, dass es so ist und war: eine wirkliche Debatte um die „zweite deutsche Diktatur“ hat bis heute nicht stattgefunden, und die „Fritz-Fischer-Debatte“  um den Ersten Weltkrieg blieb – wie die gegenwärtige Debatte um den deutschen Kolonialismus – eher auf interessierte Historiker-Kreise beschränkt. Und zum Teil daran, dass Heer noch immer den „Aufstand gegen die Nazigeneration“ probt, auch wenn sie schon tot ist. Will sagen: dass dieser Aufstand in seinen Augen nicht erfolgreich war, dass Ernst Nolte, die Kritiker der Wehrmachtsausstellung, Martin Walser und Günter Grass die Deutschen von Schuld entlastet hätten, so dass Sarrazin mit seinen kruden Eugenik-Thesen den Startschuss zur Renationalisierung deutscher Politik geben konnte – das treibt ihn um, und zu Recht. Freilich ist das nur eine Seite der Geschichte.

Die andere ist das Versagen der Linken. Ich will das hier nicht näher ausführen, aber Götz Aly etwa steht mit seinem „irritierten Blick zurück“ auf „unseren Kampf“ (2008) stellvertretend für viele – ich zähle mich selbst dazu -, die der Heldenlegende vom antifaschistischen Aufstand doch eine erhebliche Skepsis entgegenbringen.

Womit wir bei Adolf Eichmann wären.

Zweifellos stieß der Jerusalemer Prozess gegen den „Organisator der Endlösung“ vom April bis Dezember 1961 auf ein großes Interesse in Deutschland. Doch löste er, anders als Heer in seinem Vortrag suggeriert, keine unmittelbare Geschichtsdebatte aus. 1958 war es bereits (eigentlich: erst) zum Ulmer Einsatzgruppenprozess gekommen, in dem zumindest immanent klar geworden war, dass der Holocaust keine saubere industrielle Angelegenheit war, die sich irgendwo im Osten abspielte, sondern mit Massenerschießungen im besetzten Baltikum begann, an denen Tausende deutsche Soldaten direkt oder indirekt beteiligt gewesen waren. Als Eichmann in Jerusalem vor Gericht saß, war überdies der große Auschwitz-Prozess in Vorbereitung, dessen literarische Verarbeitung durch Peter Weiss (das Oratorium „Die Ermittlung“, 1965) von nachhaltiger Bedeutung für das deutsche Holocaust-Verständnis war. Überdies wurde 1961 der Eichmann-Prozess durch den Mauerbau in Berlin in den Hintergrund gedrängt. Die Deutschen hatten schlichtweg andere Sorgen als die der Vergangenheitsbewältigung, nämlich die Angst vor dem Kommunismus und vor einem Atomkrieg, der die Menschheit auslöschen könnte: Beides berechtigte Ängste.

Heer nun behauptet, die nötige Debatte um die Schuld der deutschen Funktionseliten sei deshalb unterblieben, weil die israelischen Ankläger es unterließen, den damaligen Kanzleramtsminister Hans Globke als Zeugen im Eichmann-Prozess zu laden. Der katholische Jurist Globke hatte im Dritten Reich die Kodifizierung und Kommentierung der NS-Rassengesetze verantwortet, die als Grundlage der Selektion, Ausschaltung, Enteignung, Verfolgung und schließlich Ermordung der Juden dienten.

Zweifellos gab es Sorgen in der Bundesrepublik und den USA, dass Eichmann, um sich selbst zu entlasten oder in der Hoffnung, sein Leben zu retten, ehemalige Nazi-Funktionäre belasten würde, die inzwischen in diversen  Funktionen für die Bundesrepublik und den Westen tätig waren. Globke, gegen den die DDR einen Schauprozess in Abwesenheit vorbereitete, war nur die Spitze des Eisbergs. Doch hat Eichmann tatsächlich – seine Ganovenehre blieb intakt – nur Tote belastet. Eine ziemliche Leistung, die Hannah Arendt, die in ihm einen banalen Bürokraten sah, wie so manches Andere nicht durchschaute. Zu ihrem Buch „Eichmann in Jerusalem“ kommen wir gleich.

Israel verhindert die Gegenwartsbewältigung

Hannes Heer behauptet in seinem Vortrag, es habe einen Deal zwischen Israels Premier David Ben-Gurion und dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer gegeben: Israel bekam Wiedergutmachung und deutsche Militärhilfe, dafür verzichteten die Ankläger auf die Vorladung Globkes als Zeugen und die damit verbundene Bloßstellung des wichtigen Geldgebers. „Globke in Jerusalem, die Verbindung des Schreibtischtäters mit dem Planer und Umsetzer – das hätte die Geschichtsschreibung in die Luft gejagt!“ so Heer. 

Abgesehen davon, dass die Vorstellung, ein israelisches Gericht hätte sich durch deutsches Geld kaufen lassen, eine bekannte antisemitische Trope bedient: Was hätte Globke zur Sache sagen sollen? Er stand ja nicht vor Gericht, sondern Eichmann. Vermutlich hätte Globke gesagt, dass er Eichmann nicht kannte, oder nicht gewusst hat, was er genau machte, wie er ja immer eine Kenntnis des Ausmaßes und der Einzelheiten des Judenmordes leugnete. Und Eichmann hätte ihn gedeckt, wie er alle lebenden „Kameraden“ deckte.

Überdies war es nicht die Aufgabe des israelischen Gerichts, möglichst viele Deutsche als Komplizen, Auftraggeber, Mitschuldige usw. usf. zu benennen, sondern möglichst viele Opfer und Zeugen zu Wort kommen lassen. Das Ausmaß des Grauens zu dokumentieren und die Rolle Eichmanns im System des Massenmords zu klären.

Es wäre Aufgabe eines westdeutschen Gerichts gewesen, Globke anzuklagen, und der Frankfurter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der schon aus Verzweiflung über das Hintertreiben seiner Ermittlungen in Sachen Eichmann schließlich dem Mossad den Tipp gab, wo Eichmann zu finden war, hat auch einen solchen Prozess angestrebt. Das Ermittlungsverfahren gegen Globke wurde im Mai 1961 nach einer Intervention Adenauers wegen Beweismangels eingestellt. Der Schauprozess in Ost-Berlin litt auch unter Beweismangel. Das für den Prozess zuständige Politbüromitglied Albert Norden hielt 1961 in einer Aktennotiz fest, dass „in Zusammenarbeit mit Mielke (Chef der Stasi, A.P.)  bestimmte Materialien besorgt bzw. hergestellt werden sollten. Wir brauchen unbedingt ein Dokument, das in irgend einer Form die direkte Zusammenarbeit Eichmanns mit Globke beweist.“ Ob mit oder ohne Fake-Dokumente: Globke wurde in Ost-Berlin in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der angebliche Deal mit Israel ist also für die Frage, warum keine von Hitlers furchtbaren Juristen ja zur Verantwortung gezogen wurden, völlig unerheblich. Hannes Heer tut so, als sei er entscheidend gewesen. Dass Israel an allem schuld sein soll, wissen wir, aber warum Heer zu diesem Mythos beiträgt, ist mir ein Rätsel.

Arendt in Jerusalem

Eine Geschichtsdebatte im eigentlichen Sinn gab es – aus den erwähnten Gründen – 1961 nicht. Erst 1962, mit der Veröffentlichung der deutschen Übersetzung von Hannah Arendts Buch über den Eichmann-Prozess, kam er in Gang. Und er war verhängnisvoll.

Zu Arendts Theorie von der „Banalität des Bösen“ habe ich verschiedentlich geschrieben, so etwa hier:

https://www.welt.de/kultur/history/article11974228/Adolf-Eichmann-Warum-das-Boese-nicht-banal-ist.html

Der entscheidende Absatz lautet: „Klar ist hingegen, dass die Mär von der ‚Banalität des Bösen‘ im Land der Täter dankbar aufgegriffen wurde. Wie viel angenehmer war es, über das Verschwinden von Verantwortung und Moral im technokratischen Verwaltungsstaat und die Gefahr künftiger Untaten (etwa der USA) zu räsonnieren als über die eigene Anfälligkeit für einen Rassenwahn zu reden, der das Böse zum Guten erklärte.“

Der letzte, etwas enigmatischer Satz bezieht sich auf die Kontroverse zwischen Hannah Arendt und Hans-Magnus Enzensberger über die „Banalität des Bösen“. Enzensberger bezog sich in seinem 1963 erschienenen Buch „Politik und Verbrechen“ unmittelbar darauf, indem er dem Buch den Untertitel „Reflexionen vor einem Glaskasten“ gab. (Eichmann saß während seines Prozesses in einem schusssicheren Glaskasten.)

Für Enzensberger war der Massenmord der Nazis nur die – vorläufig – letzte Konsequenz aus der Tatsache, dass Politik und Verbrechen innig zusammenhängen, dass der Mord in der Grundstruktur aller politischen Herrschaft verankert sei. Solange aber dieser Zusammenhang nicht offenbart würde, führe jede Auseinandersetzung mit dem Holocaust (der damals nicht so genannt wurde) ins Leere. Schlimmer noch: wenn die Bundesrepublik, wie sie ist damals tat, nach einem „Finger am atomaren Abzug“ strebe, habe sie schlichtweg die Lehren aus Auschwitz nicht gezogen: „Dieses Gerät (die Atombombe, A.P.) aber ist die Gegenwart und die Zukunft von Auschwitz. Wie will den Genozid von gestern verurteilen oder gar ‚bewältigen‘, wer den Genozid von morgen plant und ihn sorgfältig, mit allen wissenschaftlichen und industriellen Mitteln, die uns zu Gebote stehen, vorbereitet?“

In einem Brief an die Redaktion des „Merkur“, die sie eingeladen hatte, Enzensbergers Buch zu rezensieren, kritisierte sie Enzensbergers marxistische Gesinnung, die generell zur Parallelisierung und Generalisierung von politischen Vorgängen neige. Dadurch verkenne er die Singularität des Massenmordes in den Konzentrationslagern und flüchte sich „in eine hoch kultivierte Form des Eskapismus“. Durch seine Behauptung, Auschwitz habe lediglich die Wurzel aller bisherigen Politik offengelegt habe, verlagere er die Verantwortung für den Massenmord, von den Deutschen auf alle Menschen. Jedoch: „Wenn ein Deutscher das schreibt, ist es bedenklich.“

In der Tat ist es bedenklich, dass 20 Jahre nach dieser Kontroverse – im „Historikerstreit“ der Jahre 1985 – 1988, dem Heer einen seiner Vorträge ja auch widmet – die These von der Nicht-Singularität von Auschwitz wieder auftauchte; sie war, was oft passiert, in der Zwischenzeit sozusagen von links nach rechts gewandert und tauchte nun in Gestalt von Ernst Nolte auf; was für Enzensberger die Atombombe war, das war für Nolte der Gulag.

USA – SA – SS!

Tatsächlich war die Relativierung des Holocaust – nicht zuletzt durch die Banalisierung der Thesen Enzensbergers, die einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf die sich entwickelnde „Außerparlamentarische Opposition“ hatte – geradezu eine Konstante der Linken in den folgenden Jahren. Zunächst zwar griff die belastete Generation meiner Lehrer dankbar nach der Entlastung, die sie bei Arendt – vermittelt durch Enzensberger – zu finden meinten, nämlich dass anonymisierte und arbeitsteilige Bürokratien in Verbindung mit enormem technischen Zerstörungspotenzial das eigentlich Böse darstellten – ich erinnere mich an schulische Diskussionsrunden, bei denen „Coventry, Dresden, Auschwitz und Hiroshima“ in einem Atemzug genannt wurden. Doch bald griff die Linke Enzensbergers Hinweis auf den bloßen Besitz der Atombombe auf, verband damit das ehrliche Entsetzen über den Bombenkrieg der USA in Vietnam, verdrängte oder leugnete die Schrecken des Kommunismus und gelangte zum Schlachtruf: „USA – SA – SS!“ Womit der von Arendt postulierte „Eskapismus“ sozusagen zur materiellen Gewalt geworden war, weil er die Massen ergriffen hatte.

Tatsächlich gab es 1965ff vielleicht einen „Aufstand gegen die Nazigeneration“, aber nicht zuletzt  dank der verschrobenen Arendt-Rezeption keinen Aufstand gegen die Nazi-Ideologie; so konnten der Antiamerikanismus und der Antisemitismus (in Gestalt des Antizionismus), der Nationalismus (in Gestalt des Widerstands gegen die NATO und die europäische Einigung), der  Antikapitalismus und der Antidemokratismus in der Linken nicht nur salonfähig, sondern bestimmend werden.

Dass Heer diese paradoxe Folge des Eichmann-Prozesses und seiner Rezeption in Deutschland nicht thematisiert, ist natürlich kein Zufall. Das alles passt nicht in die schöne Geschichte des Kampfs zwischen Gut und Böse, die er mit seiner Vortragsreihe entwirft, wobei die Linke das Gute und die Rechte das Böse darstellen. Auch dieses manichäische Bild ist nun nach rechts gewandert übrigens, zum Schaden der Demokratie, die vom offenen, selbstkritischen Diskurs lebt, nicht von der Rechthaberei.

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44 Gedanken zu “Hannes Heer und Adolf Eichmann;”

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    Das „Böse“ ist sehr gut dargestellt in „Der Pate III“. Da ist ein Mensch, der davon los will und nicht los kommt. Aber das ist ein Mensch, der von einem sehr differenzierten Schauspieler entsprechend differenziert dargestellt wird. So erscheint Eichmann nicht. Vielleicht kam sie (Arendt) deswegen auf die Banalität. Er erscheint stumpf wie so viele Täter damals in den Lagern, in der SS, überall. Stumpf gehorsam. Ein von Grund auf gehorsames Volk trifft auf einen grausamen Diktator und seine Schergen, die von Anfang an literarischen Widerstand ausschalten. So ein Volk gibt letztlich Rätsel auf. Ich schiebe das immer auf den Homo Faber in diesem Volk.
    In „Der Pate“ ist das Böse nicht derartig. Alles ist Affekt und Vendetta.
    Das Böse damals wirkt eiskalt. Hollywood kann es an sich nicht darstellen. Selbst für Szell in „Marathon Man“ empfindet man am Ende fast noch MItleid, weil Szell etwas liebt: Seine Diamanten, und darüber fällt er. Ich glaube nicht, dass die Eiskalten Jemanden oder etwas liebten. Wer liebt, kann nicht einfach Menschen nach „Rasse“ oder Brauchbarkeit sortieren. Irgendwann liefe im jemand über den Weg, den er sympathisch findet. Das ist gut dargestellt in „Jakobowski und der Oberst“. Deswegen sage ich, Hollywood kann diese Eiseskälte nicht darstellen.
    Hollywood glaubt, die kann so nicht sein. Irgendwo bricht ein Sonnenstrahl durch dieses Eis, so etwas wie Jakobowski, der den Oberst rührt. Und griechisches Denken im Sinne von Schicksal ist auch dabei in der Filmindustrie drüben, große Oper auch.
    Wenn man es ganz genau nimmt, wird man sich jenes System niemals wirklich erklären können. Außer vielleicht als kollektiven Wahnsinn. Und wenn ich das genau nehme, ist das Wahnsinnige daran, dass man sich als ehrlicher Mensch die Frage nicht beantworten kann, ob man mitgemacht hätte oder nicht, ob man Eichmann oder Scholl wäre oder einfach nur Nobody. Und das ist absolut fern von banal.

    @ Hans: Was wir heute vorzufinden scheinen, ist eine Ermächtigung des Einzelnen, ob das nun Halle oder in Bln der Weihnachtsmarkt ist. Das ist nicht die Schuld der Regierung, egal wie kritisch man sie auch sieht. Faschismus kam von oben. Die Amris oder Breiviks oder wie sie alle heißen erschüttern jeden. Da kann man niemanden für verantwortlich machen. Und: Wir dürfen letztlich alle unsere Meinung kund tun. Wir haben keine Gestapo und keine Stasi. Entschuldigen Sie sich einfach.

  2. avatar

    Interessant: „Röhl sieht Ratzinger, wie er in der jesuitischen Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ schrieb, als tragische Gestalt. Er habe die Kirche, die er aufrichtig liebe, vor Angriffen von außen bewahren wollen und gerade dadurch bewirkt, dass sich das tödliche Gift des Missbrauchs im Innern ausbreiten konnte. Als ihm das Ausmaß seines Versagens bewusst wurde, habe Benedikt durch den Jahrtausendschritt des Rücktritts die Konsequenz gezogen.“
    „Weil er die Wahrheit der Kirche über das Mitgefühl mit den Opfern stellte, wurde Joseph Ratzinger Teil von jener Kraft, die zwar das Gute will, doch stets das Böse schafft.“
    https://www.welt.de/kultur/kino/article202819848/Verteidiger-des-Glaubens-Der-tragische-Papst-Filmstart-und-Trailer.html

    Diese Gestalt dagegen erscheint mir nicht tragisch, sondern vielmehr opportunistisch und vor allem wahrhaft mephistophelisch, was bei der vorigen diskutabel ist:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus_(Papst)#Der_Fall_Jalics_und_Yorio

    Wenigstens an Allerheiligen hätte man mal den gläubigen Papst aus Bayern verschonen können.

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        Wird jetzt sicher mehr gelesen, steht ziemlich weit unten in Welt Kultur. Nichts zu danken. Zum Thema (sehr interessant):
        Mit Schreibtischtäter und Banalität kann sich niemand wirklich rausreden. Selbst wenn Einzelne nichts vom Holocaust gewusst haben mögen, zumindest in den ersten Kriegsjahren, so wussten doch viele vom Vernichtungsprogramm für Behinderte, psychisch Kranke und anderweitig Unbrauchbare. Auch von Folter und oft Tod von Oppositionellen und Homosexuellen dürfte eine erkleckliche Anzahl von Menschen gewusst haben. Wie sonst ließe sich erklären, dass so wenig aufbegehrt wurde, sich das grausame System sechs Jahre etablieren und weitere sechs Kriegsjahre halten konnte, selbst nach Stalingrad? Alle hatten Angst vor dem Bösen und haben geschwiegen oder mitgemacht bis auf ein paar Ausnahmen. Das ist jenseits von banal. Das ist feige, opportunistisch und duckmäuserisch. Eins muss man einräumen: Es war fast unmöglich, etwas dagegen zu unternehmen. Jeder wusste um die Strafe: Todesstrafe. Daher finde ich auch, dass Arendt mit dem Ausdruck daneben lag.
        PS 1: Es wurden viel zu wenig Leute vor Gericht gebracht.
        P:S. 2: Ich sage nicht, dass Ihr Stück in der Welt uninteressant ist, das nicht.
        Schönes WE!

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        Es war durchaus möglich, etwas gegen den Holocaust zu unternehmen. Ich erinnere nur an die Aktion der Frauen in der Rosenstraße Anfang 1945. So weit ich weiß wurde dafür niemand bestraft. Auch gegen die Vernichtung „unwerten Lebens“ wurde protestiert, ich erinnere an Clemens August Graf von Galen; auch er überlebte das Regime. Bekannt ist auch, dass sich einige Soldaten und Polizisten geweigert haben, an Judenerschießungen teilzunehmen. Ihnen passierte nichts. Kurzum, die Vorstellung, die Leute hätten Angst, ist nur bedingt erklärungsmächtig.

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    Lieber Herr Posener,

    ich hatte überlegt, Blondi noch einen Abschiedsgruß hinterherzuschicken, es aber dann doch gelassen. Grundsätzlich hatte ich nichts dagegen, dass er hier mitgeschrieben hat, da er ja ein Mitglied unserer Gesellschaft ist und, soweit er niemanden beleidigt, irgendwie ja auch zum Diskurs beigetragen hat. Ich kenne zwar immer mehr Menschen, bei denen ich vermute, dass sie so ähnlich ticken wie derblondehans, aber meistens drücken sie sich noch verbrämter aus. Ich verstehe aber auch, dass Sie irgendwann keine Lust mehr hatten. Und wenn ich lese, was Taspa schreibt, würde ich auch verstehen, wenn Sie solch blonde Ergüsse gar nicht erst freischalten.

    Beste Grüße

    68er

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      Ja, es fiel mir nicht leicht. Irgendwie hatte ich Blondi ganz lieb gewonnen. Aber es gibt einen Punkt, wo die Auseinandersetzung unfruchtbar ist und zu viele Energien bindet. Und wo man sich überlegen muss, ob man wirklich bestimmten Ideologien eine Plattform bieten will. Ich werde jetzt auch Taspa in den Müll werfen. Ich wollte nur zeigen, womit wir es tagtäglich zu tun haben.

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        Vielen Dank für die Arbeit, Zeit und Mühe, die Sie in diesen Blog investieren. Sowohl in die Artikel, aber besonders in den Kommentarteil.

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        Auch von meiner Seite einmal ein herzliches Dankeschön an Sie für die ganze Mühe, die Sie sich mit diesem Diskussionsforum machen. – Und das in Ihrer Freizeit.
        Und an dieser Stelle auch gleichzeitig eine Anregung für eine weitere Diskussion: Kurz bevor der Rechtsterrorist in Halle zwei Menschen ermordete und bei seinem geplanten Massenmord nur knapp scheiterte, beherrschte ein anderer Begriff den öffentliche Diskurs, den Sie in Ihrem Zwiegespräch mit dem blondenhans ebenfalls benutzten und Ihre Interpretation nannten: der Begriff des Unrechtsstaats. In der von Manuela Schwesig und Bodo Ramelow losgetretenen Auseinandersetzung darum, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei oder nicht, habe ich viele Meinungen für und wider gehört und keines wirklich überzeugend gefunden – mangels eines scharfen Kriteriums, in welchen Punkten sich ein Unrechtsregime von einer „normalen“ (d.h. gemeinhin als solche bezeichneten) Willkürherrschaft unterscheidet und welche davon auf die DDR zutrafen. Es wäre interessant zu erfahren, wie die Diskutanten in diesem Forum den Begriff des Unrechtsstaats definieren.

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        Gut. Ich greife die Anregung auf. Bitte nicht hier irgendwo unten im Thread damit anfangen. Dafür ist das Thema zu wichtig.

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      Dass ein Unterschied zwischen dem, was ‚Taspa‘ absondert und was hans bzw. ‚dbh‘ schreibt, letztlich – fragt -, ist schon klar – oder? Ich meine, wenn nicht.. was soll ich dann hier?

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        Ja, es ist ein großer Unterschied. Ich habe gegenüber Herrn Faust die Grenze aufgezeigt, jenseits derer für mich eine sinnvolle Diskussion nicht möglich ist. Nämlich die Einsicht, dass die Bundesrepublik weder eine Neuauflage des Dritten Reichs noch der DDR ist. Das würden Sie, KJN, bei aller Kritik, nicht bezweifeln. Um es klar zu machen: Ich würde auf Dauer den Missbrauch dieser Plattform durch einen radikalen Linken, wie ich vor 45 Jahren einer war, auch nicht dulden. Alles ist aber ansonsten hier möglich: Anzweifeln, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt, die Auflösung der EU fordern, schärfere oder laxere Einreisebestimmungen, die Wahl der Linken oder der AfD usw. usf. Aber der Ausgangspunkt muss die grundsätzliche Bereitschaft sein, die Meinung des Anderen zu respektieren. Wenn jemand, wie Herr Faust, jeden Verteidiger der bundesrepublikanischen Verhältnisse als Verteidiger einer Diktatur diffamiert, und überdies jeden Linken als potenziellen Verbrecher, dann lässt er diesen Respekt vermissen. Übrigens steht es ihm frei, hier zu posten. Ich lese nach wie vor alle Beiträge, niemand wird automatisch gelöscht, dafür gibt es kein Werkzeug. Aber wenn ich das Gefühl habe, es geht wieder in die Richtung, die ich skizziert habe, dann lösche ich. Es ist auch eine Frage meiner eigenen Arbeitsökonomie und mentalen Gesundheit.

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        Das kann ich schon verstehen, was Sie mir schreiben. Ich fand einige Einlassungen – ich hatte Kontroversen hier mit ihm z.B. über die kath. Kirche und Frau Claudia Roth hier – aber es waren eben auch EINlassungen – beachtenswert. Aber stimmt schon, er muss sich entscheiden, ob er stänkern, oder argumentieren will. Immer die gleiche Leier stiehlt ja uns allen Zeit. Dem Dank von Stevanovic möchte ich mich anschließen.

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      Hallo Herr Posener,
      ich hätte auch mal eine Anregung für Sie und ihren Blog. Sie könnten ja mal einen Nichtlinken Gastautoren zu Wort kommen lassen, z.B. ihren Freund Alexander Gauland.
      Damit es nicht zu langweilig wird, hier herinnen.

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        Ich habe nicht das Gefühl, dass es Alexander Gauland an Möglichkeiten der Selbstdarstellung fehlt. Wenn Sie sich hier langweilen: bleiben Sie weg.

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    @Alan Posener
    Bitte, bitte sowas nicht veröffentlichen! Dass es feige Organträger wie „Taspa“ gibt, die unter Pseudonym im Zwischennetz sudeln, ist auch ohne dieses Exempel hinlänglich bekannt.

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    Sehr geehrter Herr Posener,

    haette ich niemals persoenlich in einem Prozess gegen einen Nazimassenmoerder in den 70er Jahren als Zuschauer gesessen, wuerde ich die „Banalitaet des Boesen“ so deuten wie Hannah Arendt oder andere es aehnlich taten. Der Taeter, den ich damals im Gerichtssaal gesehen und erlebt habe, hatte Kinder an den Fuessen aufgehaengt, mit einer Spitzhacke den Schaedel eingeschlagen und ausbluten lassen. Dieser Unmensch (das Wort ist zugegeben arg untertrieben) sah aus wie ein beliebiger Rentner, der liebevoll Enten im Park fuettert, der hatte eine Frau, die um ihn weinte, und der hatte sogar eine Tochter gezeugt, die sich um ihren Vater sorgte, d.h. dieser Unmensch war exakt so wie Millionen normaler Menschen auch. Das fuerchterlich Erschreckende war also nicht die Banalitaet des Boesen, sondern die Gleichheit der Lebenswirklichkeit mit uns allen. Nach dieser Verhandlung war ich shell-shocked, und das hat bis heute angehalten.

    Die Relativierung durch Heer, Enzensberger und alle anderen, die diese Taten rhetorisch nutzten und nutzen, um vergleichend zu relativieren (vielleicht sogar ohne es zu wollen) ist eine teuflische Unsitte, das Politische ueber alles zu setzen. Die Taten sind eine Singularitaet, sie funktionieren wie ein moralisches Schwarzes Loch, aber wie das Universum hat auch die Lebenswirklichkeit viele Schwarze Loecher und damit viele Singularitaeten, die alle aehnlich funktionieren, die aber nicht gleich sind.

    Die Schutzbehauptung der Deutschen, dass diese Nazimoerder nur Freaks waren, mag zum Ueberleben nach dem Krieg gereicht haben, es mag auch geholfen haben, die eigene Schuld klein zu reden, es hat vielleicht sogar dazu beigetragen, dass der eine oder andere durch ein „normales Leben“ (obwohl ich mir persoenlich das nach solchen Taten gar nicht vorstellen kann) resozialisiert wurde. Eine Relativierung, eine Verharmlosung oder gar eine Vermenschlichung des Unmenschlichen verbietet sich jedoch in strikter Haerte.

    Schreiben Sie bitte weiter dagegen an.

    James Taylor

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    Hannes Heer suchte von Beginn an die VERSÖHNUNG mit den Tätern:
    „Wir, Eure Söhne und Töchter, eure Enkel werden euch – anders als 1968 – nicht selbstgerecht verurteilen und moralisch verdammen. Wir werden den Schmerz mit Euch teilen, im Wissen, dass keiner von uns sagen kann, er hätte in eurer Situation anders, anständiger gehandelt.“ (Hannes Heer in: Neue Deutsche Literatur 5/99)


    siehe dazu das BLOG
    http://dubistdeutschland.blogs.....golem-bar/
    zum Thema:
    HANNES HEER UND DIE KRIEGSENKEL IN DER GOLEM-BAR
    +
    http://dubistdeutschland.blogs.....konkret-3/
    HANNES HEER – MIT BUNDESWEHR, KIRCHE UND KONKRET

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      Sehr interessant, danke. Nun bin ich auch gegen das „selbstgerechte Verurteilen und moralische Verdammen“, aber das müsste erst recht für David Ben Gurion gelten.

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    Wenn Sie das sagen wollten, dann schreien Sie es doch einfach. Wer hält Sie davon ab?

    Tatsächlich haben Sie aber folgendes geschrieben:

    „Abgesehen davon, dass die Vorstellung, ein israelisches Gericht hätte sich durch deutsches Geld kaufen lassen, eine bekannte antisemitische Trope bedient: Was hätte Globke zur Sache sagen sollen?“

    Dass Ihr Engagement bei diesem Thema gross ist, habe ich nie wirklich kritisiert. Öfter habe ich vermisst, dass hier aktuelle wichtige Themen zu wenig bis gar nicht diskutiert wurden, aber eher als Anregung, denn als Kritik. Was mich nervt, und das macht mich manchmal dezidierter in meinen Formulierungen (Sie würden das wohl „aggro“ nennen), sind Ihre doppelten Standards.

    Wenn einem so leicht die Vergleiche mit Terroristen und McCarthy in die Tasten fliesst, wirkt es auf mich doch befremdlich, wenn Sie den Pippi-Langstrumpf-Vergleich schon als aggressive Beleidigung empfinden. Auch ich habe hier bei den Diskussionen viel gelernt. Mit vertauschten Rollen hätten Sie wahrscheinlich argumentiert:

    „Den Vergleich mit meiner Kindheitsheldin Pippi als Beleidigung zu empfinden, sagt mehr über Sie als über mich und ist letztlich eine Beleidigung Ephraimstochter Langstrumpf.

    Ich wollte Sie keineswegs beleidigen.“

    Das würde ich Ihnen aber auch nicht abnehmen. Denn ich wollte Sie nicht mit Pippi-Langstrumpf vergleichen, sondern nur Ihre teilweise anzutreffende Beliebigkeit in der Argumentation benennen.

    Ich hätte auch Adenauers „Geschwätz von gestern“ wählen können, Nahles „Song“ kam mir aber zuerst in den Sinn. Und ich finde im Vergleich zu Terroristen und McCarthy habe ich mich mit meiner Wattebauschretour als ewiggestriger appeasement Pazifist wohl eher lächerlich gemacht.

    Aber lassen wir es dabei, ich will Sie nicht mehr „in Verlegenheit bringen“ das wäre ja unangenehm.

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      Nicht immer ist die erste Formulierung die beste, lieber 68er. Nachher ist man zuweilen klüger. Was aber Pippi Langstrumpf mit meiner angeblichen Beliebigkeit zu tun hat, erschließt sich mir nicht und scheint eher für Pippi als für mich eine Beleidigung zu sein, aber lassen wir das. Es stimmt ja, dass ich nicht immer konsequent argumentiere. Das wirft mir Richard Herzinger auch immer wieder vor. In der Regel antworte ich aber auf sachlich vorgetragene Kritik sachlich. Jedenfalls nehme ich mir das immer wieder vor.

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    tja – der Spruch „Kapitalismus führt zum Faschismus“ verhinderte einen genauen Blick. Auch Enzensberger vernebelte mit der zu allgemein gehaltenen These vom strukturellen Zusammenhang von „Verbrechen und Politik“. Aber zu widersprechen ist dem oberflächlichen Gerede von „der Linken“. 1968 (als Chiffre) hat vielfältige Strömungen gestärkt und generiert. Es gibt keine „Linke“. Entweder verklären einige Nostalgiker die Verbrechen des Leninismus (von Stein und Mao ganz zu schweigen) oder sie kennen sich nicht aus in den vielfältigen sozialdemokratischen Strömungen des 20. Jahrhunderts. Heute – in einer neuen Zeit – macht es überhaupt keinen Sinn mehr, von „rinks“ und „lechzt“ zu reden. Wir haben neue Probleme. Der Sozialstaat ist in Nordeuropa unangefochten. Aber leider nur dort! Wer diese Errungenschaft verteidigt, denkt nicht in „links“ oder „rechts“, sondern will verhindern, dass Solidarität als Prinzip verschwindet. Die Münkler’s haben das gerade sehr schön gezeigt. Auch Heinz Bude. Das sind sozial denkende Liberale!

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      Nach meinem Eindruck ist es zurzeit weniger ein Problem, dass Kapitalismus als Bedingung des Faschismus angesehen wird, sondern dass soziale Liberale als Sozialisten und Anhänger venezolanischer Verhältnisse denunziert werden, und zwar von libertären Extremisten. Die Radikalisierung der „Freiheitlichen“ macht den Liberalismus als politische Strömung kaputt und eröffnet dadurch eben tatsächlichen Vertretern der Theorie, das Kapitalismus zum Faschismus führt, ein Spielfeld, dass diese seit zwei Jahrzehnten nicht hatten. Insofern möchte ich der These von der Unangefochtenheit des Sozialstaates doch wiedersprechen. Rechtspopulismus, so unbrauchbar der Begriff im Detail ist, ist eine Melange aus Freiheitlichen und Nationalen. Das kann man gerade bei der AfD, die immerhin einiges an Gewicht auf die Waage bringt, sehr gut studieren. Das Verstärkt die These von der Verbrüderung von Kapitalismus und Faschismus erheblich, scheint es eben genau die Bestätigung dieser These zu sein. Dass die Freiheitlichen von Think Tanks, gesponsert von „Kapitalisten“, tatkräftig gepusht werden, tut ihr übriges. Die Gefahr für den Liberalismus kommt nicht aus der linken oder rechten Mottenkiste, sondern von der Delegitimierung durch die „Freiheitlichen.“

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        Ich würde hier anmerken, dass der Liberalismus als politische Strömung weniger durch die „Freiheitlichen“ als durch die Wirklichkeit kaputt gemacht wird. Jedenfalls wenn man unter Liberalismus versteht, dass das Staat sich überall heraushalten sollte. Das führt zu sozialer Überflüssigkeit, unbezahlbaren Wohnungen und Verarmung und das wiederum dazu, dass die Menschen den Liberalismus abwählen.
        Die These, dass Kapitalismus zu Faschismus führt, ist zunächst unplausibel, da der Kapitalismus ja zu Globalisierung führt, d.h. zum direkten Gegenteil des (nationalen) Faschismus, Man müsste hier die Schattenseiten der Globalisierung anführen: weniger dass der Einzelne verarmt – das tut er ja in den meisten Fällen gar nicht – sondern dass er in der Gesellschaft keinen Sinn mehr findet, außer dem, irgendwie eine produktive Funktion zu erfüllen (was aber Maschinen oder Leute in Billiglohnländern oft viel besser erfüllen können). Im Osten kommt noch die Erfahrung der „Wende“ hinzu, die verbudnen ist mit der Erfahrung kolletiver Selbstermächtigung. Dieses Gefühl muss für viele einzigartig gewesen sein – die Herren zu verjagen – , man möchte es wieder (und wieder und wieder) erzeugen.

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        @68er: ‚Dem ist nichts hinzuzufügen.‘

        … das ist richtig, 68er, denn wenn Sie Stevanovic seinen Text in das BlaBlaMeter – wie viel Bullshit steckt im Text? – einfügen, beschreibt das ‚BBM‘ einen Bullshit-Index : 0.47 … ‚Ihr Text riecht schon deutlich nach heißer Luft – Sie wollen hier wohl offensichtlich etwas verkaufen oder jemanden tief beeindrucken. Für wissenschaftliche Arbeiten wäre dies aber noch ein akzeptabler Wert (leider) … ‚

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        Lieber Blonderhans, wollen wir hier wirklich auf dem Niveau miteinander umgehen?

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        … Mist, lieber Alan Posener, mein Hamster hat mich schon zusammengefaltet. Wie konnte ich?

        Ich begründe, Stevanovic schreibt … ‚Das kann man gerade bei der AfD, die immerhin einiges an Gewicht auf die Waage bringt, sehr gut studieren. Das Verstärkt die These von der Verbrüderung von Kapitalismus und Faschismus erheblich, scheint es eben genau die Bestätigung dieser These zu sein.‘ … das ist schlichtweg Quark.

        Den Faschismus haben ‚wir‘ – mit der EU in Deutschland – schon längst. Hier auf SM auch schon mehrfach begründet.

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        Nein, Blonderhans, wir haben in der Bundesrepublik weder den Faschismus noch eine Neuauflage der DDR-Diktatur, und wer das behauptet, relativiert und verharmlost die politische Unterdrückung in diesen beiden Systemen, ob mit Absicht oder ohne. Ich will ungern eine Zensur ausüben; aber ich finde, wer derart faktenreistent wie Sie die Demokratie verunglimpft, müsste sich nicht beschweren, wenn ein Blog, das sich dem demokratischen Diskurs und – wie ich es sehe – der Verbesserung der Demokratie widmet, Sie ausschließt. Sie haben die Wahl.

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        … werter APo, zunächst; meine Meinung ist meine Meinung ist meine Meinung. Ich habe keine Wahl, es liegt ausschließlich an Ihnen, wenn Sie meine Meinung hier im Blog nicht haben wollen.

        Sie selber loben die ‚Hinterzimmerpolitik‘ Deutschlands und der EU; dass damit, entgegen dem GG, die Staatsgewalt eben nicht vom Volke ausgeht, haben ‚wir‘ hier schon geschrieben. Auch Verfassungsbrüche und Rechtsverletzungen des ‚BRD‘-Establishment habe ich mehrfach nachgewiesen.

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        Das Volk übt auch bei uns die Staatsgewalt nicht unmittelbar aus. Lesen Sie mal das GG richtig. Erstens. Zweitens gibt es einen Unterschied zwischen einem Rechtsstaat, in dem es selbstverständlich zu Rechtsbrüchen kommt, die dann aufgedeckt und geahndet werden, und einem Unrechtsstaat, in dem das Unrecht nicht einmal benannt werden darf. Das ist keine Frage von „Meinungen“. Wenn Sie diesen Unterschied nicht machen wollen, will ich Sie hier nicht weiter haben, weil ich Demagogie keine Plattform bieten will. Also klare Antwort bitte: sind Sie bereit, auf die Diffamierung der Demokratie der Bundesrepublik als „Faschismus“ zu verzichten?

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        APo: ‚Also klare Antwort bitte: sind Sie bereit, auf die Diffamierung der Demokratie der Bundesrepublik als “Faschismus” zu verzichten?‘

        … genau Alan Posener, das Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik, § 220. Öffentliche Herabwürdigung. (1) Wer in der Öffentlichkeit die staatliche Ordnung oder staatliche Organe, Einrichtungen oder gesellschaftliche Organisationen oder deren Tätigkeit oder Maßnahmen herabwürdigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.‘

        NEIN, ich bin nicht bereit meine Meinung zu ändern. Mir schlottern, beim Erklingen der Deutschen Nationalhymne, auch nicht meine Knie. Ich bin frei.

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        Ja, Blonderhans, das sind Sie. Und ich auch. Ab jetzt sind Sie hier gesperrt. Genießen Sie den Rest Ihres Lebens.

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        @Stevanovic
        Etwas plakativ und provokant, zugegeben:
        Kann es sein, dass das, was Sie richtigerweise analysieren, nur die Begleitmusik ist zu etwas wesentlicherem? Der von den angestellten Politikern organisierten Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben?
        https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/usa-hoechstes-haushaltsdefizit-seit-sieben-jahren-a-1293467.html
        Da passt es gut, wenn, wie bei den Nazis von der AfD und ihren publizistischen Claqueuren „der Islam“, „der Bevölkerungsaustausch“, „die Klimalüge“, „Greta“, eine Frau Roth, eine ominöse Frau Chebli, etc. das Problem ist. Im „bürgerlichen“ Segment ist es „Russland“, „Trump“ (je nach Interessenlage), „Johnson“ (nur für „Europa“). Hauptsache, niemand stellt seriös die Verteilungsfrage.
        Solange sich niemand „standortgefährdend“ aufführt wie ein Höcke (der Stil, der Stil!), ist es,sagen wir, einer Familie Quandt herzlich egal, wer den Laden organisiert.

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        @ Truthe

        Das könnte man meinen. Die USA fahren ein unglaubliches Defizit, die Konservativen in UK wollen angeblich sogar Krankenhäuser und Europa vielleicht Flugzeugträger bauen. Der Glaube, es sei kein Geld für Probleme da, hat sich doch als großer Trugschluss herausgestellt.

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    „Auch dieses manichäische Bild ist nun nach rechts gewandert übrigens …“ Sie sind ein ernsthafterer Mensch als ich und werden es – so vermute ich – nicht verstehen, dass mich diese völlig korrekte Beobachtung als selbsternannten Beobachter von Menschheitsgeschichte ziemlich amüsiert.

    Die sogenannte amerikanische „Tea-Party“ – aus meiner beschränkten Sicht der wichtigste Vorläufer rechtspopulistischer und rechtsradikaler europäischer Bewegungen – hat diese Verschiebung schon vor vielen Jahren hinbekommen, Trump ist eine der langfristigen Folgen.

    Und mich amüsiert daran, dass auch hochintelligenten Menschen die Gabe abgeht, strukturell und prinzipiell zu denken und zu argumentieren, sobald sie sich zum Gefangenen einer Ideologie gemacht haben. Was den deutschen Linken irgendwann zwischen meiner Geburt 1961 und meinem Erwachsenwerden passiert sein muss?

    Gruss,
    Thorsten Haupts

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    „Das Ermittlungsverfahren gegen Globke wurde im Mai 1961 nach einer Intervention Adenauers wegen Beweismangels eingestellt.“

    Abgesehen davon, dass das natürlich keine antideutsche Trope ist, haben Sie natürlich wie immer recht.

    Herzlichen Glückwunsch!

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      Lieber 68er, ich weiß, dass Sie mein Insistieren auf die Fortdauer des Antisemitismus nervt, zumal ich Ihrer Meinung nach andere Formen des Rassismus wie Antiziganismus vernachlässige. Als ich im Zusammenhang mit Heers Darstellung des Eichmann-Prozesses von einer antisemitischen Trope sprach, da meinte ich nicht die Behauptung an sich, Israel habe sozusagen gegen Zahlung auf eine Vorladung von Globke verzichtet; ich meinte die Wertung, dieser Verzicht habe die Aufklärung über die Rolle westdeutscher Funktionseliten während des Dritten Reichs be- oder gar verhindert. Also die Schuldverschiebung. Im übrigen habe ich jetzt noch einmal die Darstellung des Eichmann-Prozesses in Tom Segevs kritischer Ben Gurion-Biographie gelesen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Segev einen solchen Hinweis nicht aufgegriffen hätte, wenn er etwas Belastbares gefunden hätte, aber ich fand bei ihm nichts. Oder fast nichts. Adenauer wollte die vereinbarten Zahlungen, mit denen unter anderem die Atomforschungsanlage in Dimona finanziert wurde, bis nach dem Eichmann-Prozess aussetzen. Ben Gurion informierte ihn, dass die Gelder bereits ausgegeben würden und bestand auf Zahlung. Mag sein, dass Adenauer mit der Aussetzung die Israelis unter Druck setzen wollte. Aber deutscher „Druck“ ist etwas anderes als ein deutsch-israelischer „Deal“, finden Sie nicht?

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    Kluge Analyse Alan. Sie erklärt für mich Vieles von dem, was ich als junger Mann in Achtzigern seitens der linken Friedens- und Umweltbewegung erleben mußte. Antikapitalismus und Antifaschismus schienen für viele ein- und dasselbe zu sein. Das machte es schwer, mit solchen Leuten zu diskutieren, da ständig Kapitalismus als „notwendige“ Grundlage für den Nazi-Faschismus angesehen wurde, dementsprechend NATO und USA also nicht für die Freiheit, sondern für ein, wie auch immer geartetes, nebulöses „protofaschistisches“ System stehen würden, welches in seiner Gier nach Geld und Macht lieber den Atom-Holocaust auslösen würde, als unterzugehen. So wurde mir gegenüber damals tatsächlich argumentiert. Man faßt es nicht. Und du hast völlig Recht, wir leiden heute noch daran.

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      Heruntergebrochen auf eine rhythmisch zu rufende Demo-Losung lautete das: „Kapi- talismus führt zum Faschis- mus – Kapi- talismus – MUSS WEG!“

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