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Eurovisionen

Hat Peer Steinbrück mein Buch „Imperium der Zukunft“ gelesen? Man könnte es fast glauben, wenn er im Gespräch mit Thomas Schmid auf der Frankfurter Buchmesse davon sprach, dass „sich die Kommission und die europäischen Institutionen zunehmend – fast ein bisschen imperial – Zuständigkeiten anmaßen“, die ihnen nicht zustehen. (Die Welt, 16. Oktober 2012, S.7, auch online abrufbar unter www.welt.de/europa).

Wie sehr die Europäische Kommission Züge einer imperialen Behörde annimmt, wurde wenige Tage später klar, als der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble vorschlug, dem Währungskommissar das Recht zu geben, die nationalen Haushalte der Euro-Länder zu überwachen und ggf. Regierungen zu zwingen, sie gemäß europäischer Richtlinien und Vereinbarungen zu ändern, bevor sie den nationalen Parlamenten zugeleitet werden – ein Vorstoß, der unmittelbar vor dem Europagipfel ausdrücklich von Kanzlerin Angela Merkel gebilligt wurde.

Zunächst kommt in diesem Vorstoß das Eingeständnis zum, Tragen, dass der erst kürzlich beschlossene so genannte Fiskalpakt, der ein solches supranationales Eingreifen eigentlich unnötig machen sollte, wohl bereits trotz der Absegnung durch das Bundesverfassungsgericht schon tot ist. Was nicht weiter schade ist; aber in Gestalt des anvisierten Superkommissars kommt ein Verständnis von Demokratie zum Ausdruck, das einem schon den Atem verschlagen kann.

Selbst im Feudalismus war es so, dass die Exekutive (der König) einen Haushalt (einen Geldwunsch, etwa zum Führen eines Krieges) vorlegte, das Parlament (die Ständeversammlung) ihn prüfte, billigte oder ablehnte. Und so ist es bis heute geblieben. Nun wird das mit Schäubles Vorschlag auf den Kopf gestellt. Im Grunde genommen müssen die nationalen Parlamente ihre Haushalte einer nicht gewählten Exekutiven vorlegen. Denn die  jeweilige nationale Exekutive ist  in fast allen Einzelstaaten der Union eine Parlamentsregierung, das heißt die Regierung der Parlamentsmehrheit.

Die Vermischung der beiden Gewalten, Exekutive und Legislative, deren Teilung Montesquieu als entscheidend für den Bestand der liberalen Demokratie ansah, ist ein Geburtsfehler der Europäischen Union, das Ergebnis der Kompromisse, die zwischen Föderalisten und Liberalen, den Anhängern eines Bundesstaats und den Befürwortern eines Staatenbunds, geschlossen wurden. Auch Steinbrücks Vision für eine europäische Verfassung, die er im erwähnten Gespräch mit Thomas Schmid skizzierte, und die sich vollkommen mit entsprechenden Vorstellungen der Kanzlerin deckt, überwindet diese undemokratische Vermischung der Gewalten nicht, sondern verfestigt sie.

Steinbrück will die Ämter des Ratspräsidenten (gegenwärtig Van Rompuy) und des Kommissionspräsidenten (Barroso) zusammenführen. „Und der säße dann einer verkleinerten Kommission vor, die man schon als eine Art europäische Regierung bezeichnen könnte. Die wird kontrolliert von zwei Kammern: von Europäischen Parlament – das ist der Bundestag auf europäischer Ebene – und einem europäischen Rat, in dem sitzen die Ländervertreter, die Staats- und Regierungschefs. Das ist eine Art Bundesrat auf europäischer Ebene. Und damit gibt es eine klare Trennung der Zuständigkeiten.“ (Ebd.)

Eben nicht.

Wenn die europäischen Regierungschefs zusammensitzen und als europäisches Parlament agieren, wie sie es jetzt schon tun, dann ist die Versuchung nicht nur groß, die Zuständigkeiten ständig zu vermischen; das passiert auch ständig. Ein Regierungschef, der zuhause eine bestimmte Maßnahme nicht durchsetzen kann, legt sie seinen Kolleginnen vor, man einigt sich, und die Maßnahme wird anschließend als Gipfelergebnis präsentiert, der europäischen Kommission zur Ausarbeitung vorgelegt und als europäisches Gesetz anschließend vom nationalen Parlament, das die Maßnahme zuerst nicht wollte, möglicherweise unter Grummeln wegen der „Brüsseler Bürokratie“ durchgewinkt. Der Rat ist der Ort, wo im Carl Schmitt’schen Sinn Fakten geschaffen werden, in der Hoffnung, durch die normative Kraft des Faktischen die nationalen Parlamente auszuschalten, ob es nun um Ökoglühbirnen,  Handytarife, die Arbeitszeit von Polizisten und die Behandlung illegaler Einwanderer geht oder um eine Bankenunion, mit deren Hilfe die Europäische Zentralbank via Bankenhilfe faktisch unter Umgehung des Fiskalpakts – siehe oben – und des ESM schwächelnden Volkswirtschaften unter die Arme greifen kann.

Wenn man ein Europa will, in dem sich die Union – „Brüssel“ – um die Dinge kümmert, die alle angehen, und die Einzelstaaten alles andere regeln: ein Europa der von Steinbrück beschworenen „klaren Zuständigkeiten“ und der „Subsidiarität“; wenn man das will, dann muss man für eine Konkurrenz der Gewalten und der Ebenen sorgen.

Das heißt, auf europäischer Ebene soll es ruhig eine Regierung und ein Zweikammerparlament geben. Die zweite Kammer soll auch, wie es Steinbrück vorschlägt, eine Ländervertretung sein. Und als solche ein Vetorecht gegenüber den Beschlüssen der ersten haben. Aber diese zweite Kammer darf eben nicht ein Club der Staats- und Regierungschefs sein.

Joschka Fischer hat deshalb vorgeschlagen, dass dieses Organ – nennen wir es ruhig den Senat – aus Mitgliedern der nationalen Parlamente bestehen sollte. Das vermeidet den Fehler der Vermischung der Gewalten, aber um den Preis der Vermischung der Ebenen. Nein, der Senat sollte, wie der US-Senat aus je zwei direkt gewählten Senatoren von jeder Nation stammen: zwei aus Luxemburg, zwei aus Deutschland usw. Und die Beschlüsse des Europäischen Kongresses – Parlament und Senat – sollten bindend sein, so lange sie das Subsidiaritätsprinzip nicht verletzen. Darüber würden nicht nur der Europäische Gerichtshof wachen, sondern, was wichtiger ist, machtbewehrte und demokratisch legitimierte Regierungen eifrig wachen, deren Mitglieder eben nicht die Möglichkeit haben, nationale Politik „über Bande“ (Roman Herzog) in Brüssel zu spielen.

Die Zuständigkeiten und die Arbeitsteilung zwischen Einzelstaaten und Zentrale würden sich einspielen, wie es sich gehört, in einem Kampf um Macht und Einfluss zwischen Zentrum und Peripherie, oben und unten, und auch in der Auseinandersetzung zwischen den zentralen Institutionen. Es ist ein Paradoxon: Nur wenn ihre eigenen Regierungschefs nicht beteiligt sind, kann sich ein eigenes Interesse der Bürger an Europa entwickeln. Nur wenn klar ist, was in Brüssel nicht geregelt werden darf, wird man sich endlich um diese Dinge kümmern, die dringend geregelt werden müssen: Die Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik, eine konzertierte Erweiterungs- und Energiepolitik und die Wahrung des ungehinderten Austauschs von Menschen, Waren, Kapital und Dienstleistungen über die nationalen Grenzen hinweg.

Und was den Währungssuperkommissar angeht: forget it.

 

 

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129 Gedanken zu “Eurovisionen;”

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    @ Alan Posener
    Um Ihrem Vorwurf vorzubeugen – schon wieder Amerika . ein ehrliches statement: Europa als künstliches Konstrukt interessiert mich einfach nicht mehr. Europa als loser kulturell diverser Bund dagegen interessiert mich schon. Was Roland Ziegler andeutete, dass eine europäische Verfassung sich an den USA orientieren müsse oder solle, ist schlicht nicht machbar. Erstens muss man in den USA selbst aufpassen, dass die Verfassung nicht durch umfangreiche Überwachungsmaßnahmen ausgehöhlt wird, zweitens müssen wir uns unsere kulturelle Diversität erhalten, die aus verschiedenen Sprachen, Essgewohnheiten, Traditionen, Kulturen und Mentalitäten besteht und unsere Stärke ausmachte. Es ist m.E. nicht wünschenswert, diese zu einer unerkennbaren Masse zu verschmelzen. Selbst die USA haben inzwischen Probleme, so verschiedene Mentalitäten wie die in Kalifornien oder Arizona oder Illinois unter einen Hut zu bringen, aber immerhin haben sie eine Sprache und die Verfassung der Gründungsväter.
    Es gibt interessantere Fragen als die von Ihnen gestellte, z.B.
    1. Ist meine Apathie gegenüber Europa eine generalisierte?
    2. Werden weniger Menschen zur Wahl gehen, weil sie das Gefühl haben, sie können die Entwicklung doch nicht in ihrem Sinne beeinflussen?
    3. Ist das Überstülpen dieses Europa, das eine Mehrheit nicht will, diktatorisch?
    4. Sind die entsprechenden Eliten schon faschistoid?
    5. Werden wir denselben Weg gehen wie die UdSSR wegen zunehmender Apathie und Lähmung von Kreativität und Entwicklung?
    6. Beutet eine ältere Politikergeneration die Jungen aus (60% Jugendarbeitslosigkeit angeblich akzeptabel), um ihre Blütenträume zu verwirklichen?
    7. Ist die Spaltung, die ich beobachte zwischen mir plus Freunden in anderen Ländern, die wir durch unsere
    Freundschaften Europa viel mehr repräsentieren als der Euro, und Politik-Finanzkreisen reell, soll heißen haben sich die Bestimmenden weit von uns wegbewegt und sind wir, die wir verschieden sein wollen, auch gern mit unterschiedlicher Währung und vor allem unabhängigen Parlamenten, die wirklichen Europäer?
    8. Müssen wir Hitler trotz der Menschenvernichtung vorläufig als Schreckgespenst beerdigen, um uns im Denken zu befreien?
    9. Ist das allgemeine gewachsene Misstrauen gegenüber der Macht ganz generell inzwischen mehr als berechtigt?
    10. Wer stürzt dann diese Mächte und wie? Wird es massive Bürgerkriege geben? Diese Frage sollte sich die Regierungschefin stellen und nicht in Träumen schwelgen. Die Frage,ob sie eines Tages verantwortlich gemacht wird für Unruhen und Bürgerkriege (in Italien und Griechenland ist das schon so) sollte interessanter für sie sein als ein gescheitertes Projekt.

    Daher erscheint mir Ihre Frage nach einer europäischen Regierung fast überholt. Und vor allem haben Sie etwas Entscheidendes vergessen. Eine europäische Regierung sollte nur legitimiert sein bei mindestens 60% Wahlbeteiligung in jedem einzelnen Land. Die sehe ich nicht. Ich sehe ein Abgleiten in Apathie, ein Desinteresse. Langfristig mag das wie in der DDR zu einer Abnahme von Kreativität und Einsatz führen. Der Ausdruck „Mach mal öfter eine Fuffzehn“ stammt nicht zufällig aus der Ex-DDR. Wie auch Arbeiterdenkmal. Meiner Meinung nach wird Europa, so wie es jetzt läuft, ebfs. erstarren zu einem Denkmal. Der Euro als Zwangskorsett führt zu einer Lähmung.

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    @Moritz Berger/A. Posener: Deshalb gilt die traditionelle Dreisäulentheorie Legislative – Exekutive – Judikative auch als veraltet. Neben der freien Presse als vierter Kraft gilt gelegentlich auch die unabhängige, demokratisch kontrollierte Notenbank als fünfte Kraft („Monetative“) im Staate. Hierzu gäbe es einiges zu überdenken und zu konzipieren, denke ich.

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    @Parisien: Gegen die Kill Decision ist der bretonische Krimi allerdings wohl eher sowas wie eine Einschlafhilfe. Er kommt ohne jeden Thrill aus, und trotzdem ist er lesenswert, hat einen dezenten Humor und eine angenehme Sprache. Man riecht gelegentlich den Atlantik. Auch für den Maigret-Leser Lyoner geeignet, denke ich.

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    Für die Freunde des Krimi:
    @ Ziegler
    Den bretonischen Autor werde ich schon deswegen gern lesen, weil ich die Gegend kenne.
    Hier etwas, das man früher Science Fiction nannte. Im Prinzip ist der Ausdruck fast überholt, da reale Entwicklungen Schreckensvorstellungen einholen:

    http://www.amazon.de/Kill-Deci.....038;sr=8-1

    Kritik kommt keineswegs nur von links. Der republikanische US-Senator Rand Paul, Sohn des Ex-Präsidentschaftsbewerbers Ron Paul, sorgt sich öffentlich um die Privatsphäre der Amerikaner. „Ich möchte nicht, dass eine Drohne über meinem Haus herumschwirrt und Fotos davon macht, ob ich auch meinen Müll trenne“, schrieb Paul in einem CNN-Kommentar. Vor kurzem hat der Senat sogar einen überparteilichen Ausschuss zu dem Thema gegründet.

    http://www.spiegel.de/netzwelt.....62364.html

    Monitoring America:
    http://projects.washingtonpost.....g-america/

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    Zur EU, noch einmal: Man stelle sich einfach mal vor, in Deutschland würde die Bundesregierung durch den Bundesrat – also direkt durch die Länderregierungen – gebildet. Der Bundestag wäre zum Zuschauer degradiert und würde die Entscheidungen der Länderchefs abnicken. Dann hätten wir hier „europäische Verhältnisse“, d.h. Bayern würde über Bande seine Interessen gegen Niedersachsen ausspielen. So wie es derzeit in der EU geschieht.

    M.a.W.: Das Problem ist bei der Legislative/Exekutive falsch verortet. Eine Regierung muss vom Volk gewählt werden. Die mehrfach indirekte Regierungsbildung durch Ländervertretungen speist die Partikularinteressen der einzelnen Staaten in die oberste Ebene.

    @Jan Z. Volens: Wenn es so ist wie Sie sagen, die Miniparteien also wichtigen informellen Einfluss üben, dann ist diese Einflussnahme zumindest höchst undurchsichtig. Die Kräfte der Hefe sind unsichtbar. Mir geht es um ein Wahlsystem, das die Meinungsverhältnisse in der Bevölkerung besser abbildet. Denn ein Verhältnis ca. 50% Demokraten vs. ca. 50% Republikaner ist ein sehr ungenauer Spiegel, und wenn die Progrsmme der beiden offiziellen Kontrahenten sich auch noch auffallend ähneln, dann ist die Wahl ein Scheingefecht, eine Show mit viel Glitter, Flitter, Blendwerk, Pomp, Duck und gewedelten Fähnchen. Und genauso kommt es hier im deutschen Elfenbeinturm auch rüber. Die Abneigung gegen diesen Zirkus entstammt nicht einer anderen Mentalität, wie immer wieder eingeredet wird, sondern einem anderen Wahlsystem.

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    Aus dem Interview, das derblondehans verlinkt hat (lesenswert):
    Er hatte im letzten Jahr ein Treffen mit Angela Merkel, erzählt er. Dabei habe er die Kanzlerin auf die Eurokrise angesprochen. Im Verlauf der Unterhaltung, erzählt Nigel Farage, habe er zur Kanzlerin gesagt, dass die Deutschen Bürger mit ihren Steuern und Abgaben bereits zwanzig Jahre lang die Wiedervereinigung bezahlt hätten. Und dann, so fährt er fort, „sagte ich zu ihr, es wäre doch eine freundliche Geste den deutschen Steuerzahlern gegenüber, wenn man das andauernde Unterschreiben von Blankoschecks einmal beenden würde?“ Und dass es doch eine Befreiung für Griechenland wäre, aus dem Euro zu gehen, eine Abwertung zu machen, zur Drachme zurückzukehren und zurück zu gesunden Wirtschaftsverhältnissen zu kommen? Und sie sagte, „Nein, Herr Farage, wenn Griechenland den Euro verlässt, würden alle Länder das machen, und das wäre das Ende unseres europäischen Traumes.“

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    @Alan Posener

    Wenn ich Sie richtig verstehe und Ihre obige Ausführungen geht es Ihnen um eine (verstärkte) demokratische Kontrolle auf EU-Ebene.

    Die Aufgaben und Funktionen der EZB sind analog den Notenbanken (nur bedingt)allerdings nicht einer (demokratischen)Kontrolle unterworfen.

    Sollte dies Ihrer Auffassung nach auch geschehen??

    Soll heißen die “ Bazooka policy “ von Mario Draghi müßte demnach auch durch die Parlamente der jeweiligen EU-Parlamente abgesegnet werden.

    Ist dies tatsächlich sinnvoll??

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    @Roland Ziegler: Die MINI-PARTEIEN in USA und ihre Sprecher sind wie die Hefe fuer das Backen. Es waren diese Bewegungen welche „auch“ in 1973 den U.S. Congress voller Republicans & Democrats – dazu bewegt haben die USA vom Dach der U.S. Botschaft in Saigon per Helicopter zu evakuieren. Alles was in USA zur „Bewegung“ beitragen kann – ist wichtig. Wenn der richtige Moment kommt – vielleicht noch einmal 1929 – stehen „alternative parties“ schon „am Ort“: Auch wenn man das vom Elfeinbeinturm in Germany nicht beurteilen kann…

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    Genauer gesagt: Dass die Mitglieder der europäischen Kommission von den nationalen Regierungen nominiert werden, ist das Problem. Das wäre so, als würde der BundesRAT – und nicht der BundesTAG – die Bundesregierung stellen. Dann würden die Länder ihre Vorhaben „über Bande“ regeln.

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    @A. Posener: Ich verstehe nicht, warum Sie meinen, dass im europäischen Rat keine Abgesandten der nationalen Regierungen sitzen sollen. Im deutschen Bundesrat sitzen doch auch die Vertreter der Länderregierungen (Bayern, BW, Niedersachsen…). Das Problem derzeit ist m.E., dass es eben keine legitimierte EU-Regierung gibt, die in der ersten Kammer (EU-Parlament, analog zum Bundestag) gebildet wird. Diese erste Kammer ist es, die das Problem der Verfilzung verursacht, das Sie der zweiten Kammer in die Schuhe schieben.

    Wenn Sie anderer Ansicht sind, müssten Sie erklären, warum die von Ihnen angesprochene Vermischung von Legislative und Exekutive nur auf europäischer, nicht aber auf deutscher Ebene auftritt. Oder funktioniert die deutsche Demokratie auch nicht, und wir sehen es nur nicht?

  11. avatar

    Der Ex ihre EUdSSR-Visionen:

    ‘Es ist uns vollkommen egal, ob die Jugendarbeitslosigkeit 60 % erreicht. Es ist uns vollkommen egal, ob 25 % der privaten Unternehmen in den nächsten fünf Jahren zusammenbrechen. Frei heraus gesagt, ist es uns auch völlig egal, ob ganz Griechenland zusammenbricht, solange wir das europäische Projekt halten können.‘

    Quelle (Mit Impressum)

  12. avatar

    @Silke: Ich hatte Sie vielleicht nicht richtig verstanden, aber irgendwie fordern Sie ja, dass das EU-Parlament ein echtes Parlament wie der Bundestag werden soll, und da stimme ich zu. Falls ich es jetzt richtig verstanden habe, würde ich sagen, dass ich auch in Deutshcland keinen Abgeordneten aus Bayern wählen kann, wenn ich in Berlin wohne. Allerdings würde der Abgeordnete aus Bayern in Berlin für seine Partei Wahlkampf machen, und so sollte es auch in Europa sein. Ich bin weniger daran interessiert, einen zypriotischen Abgeordneten zu wählen als eine Partei, die auch zypriotische Mitglieder hat, und damit, in direkter Folge davon, die europäische Regierung. Klappt das mit der Regierung nicht, weil andere anders gewählt, dann wäre es schön, wenn meine Stimme wenigstens zu Opposition werden würde. Wogegen ich mich also wende, ist die Gefahr, mit meiner Minderheitenstimme bei einer Repräsentantenwahl komplett unter den Tisch zu fallen.

  13. avatar

    korrektur…

    es muss heissen:

    Na mon cher Parisien

    Auch wenn Mme Groda sie als Parisienne einstuft bleiben sie bei mir immer noch masculin 🙂

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    @Silke
    natürlich ist Bürokratie an sich nichts Schlechtes – es kommt nur auf das Ausmaß an, wie bei allem. Polizei ist auch gut – nicht jedoch der Polizeistaat. Sozial ist auch gut, nicht jedoch der.. (ich hör‘ jetzt besser auf, ich sitze eh‘ schon zwischen allen Stühlen..)

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    @ Jean-Luc
    Nun ja, ein bisschen plakativ. Aber ich versteh’s einfach nicht, wie man prinzipiell immer demokratisch wählen kann, statt Wechselwähler zu sein und abzuwägen. Auch verstehe ich dieses zwanghaft erscheinende Bedürfnis nicht, immer gut sein zu wollen oder auch nur modern und Moderne oder das sagenhafte Gute, das es so nicht gibt, immer bei Demokraten zu verorten.
    Der Vater, der seine Tochter hier verteidigt, macht es ganz gut. Aber ehrlich gesagt – es ist wirklich schade, dass Sarah mit ihrem Humor und Esprit und ihrer Schönheit keine Kinder hat. Und irgendwo hat der Rabbiner nicht ganz unrecht. Politische Frauen haben oft keine oder wenig Kinder. So war ja auch Hillary Rodham lange eine primär politische Person.

    @ RZ
    Die CDU ist sowohl aus der Sicht der CSU, als auch aus der Sicht von Familien, die sich für klassische Rollenbilder entschieden haben, viel zu weit nach links gerutscht. Sie frönt einem gewissen Relativismus und mag dadurch vorübergehend in Bedeutungslosigkeit abgleiten.

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    Na mon chère Parisien.

    was holen sie da wieder aus ihrer Vorurteilskiste heraus:

    „Deshalb haben ja die meisten jüdischen Amerikaner mit ihrem Fimmel um gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Abtreibung und so’n Kram bei der letzten Wahl für Obama gestimmt.“

    Vielleicht solte ich ihnen in diesem Fall auch mit Donald Silverman antworten:

    http://www.huffingtonpost.com/.....68287.html

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    KJN und Roland Ziegler

    ich bin erstaunt über das, was ich gesagt habe.

    Was ich meinte war, daß das Parlament in Brüssel mir nicht wie ein richtiges Parlament erscheint, weil da massenweise Abgeordnete drin sitzen, bei deren Wahl ich nix zu sagen hatte, weder für noch gegen.

    Ich finde es sehr schön, daß es einen Ort gibt, wo Europäer miteinander reden und sich streiten können, doch von meinem minimalen Wissensstand her urteilend, kommt mir das Brüsseler Dingens eher wie eine Art Bundesrat vor nur mit der Variante der direkt gewählten Abgeordneten und nicht wie ein richtiges gewähltes Parlament.

    Ein richtiges aka „mehr“ Europa stelle ich mir aber so vor, daß ich bei der Wahl des zypriotischen Abgeordneten zum Parlament eine Stimme habe und dieser Abgeordnete drum in Deutschland wahlkämpfen muß und umgekehrt. (utopisch? hat mit Bayern und Schleswig-Holstein schließlich auch mal geklappt)

    Aus dem, was ich rund um Kohl’s Geburtstag gehört habe, habe ich ihn und auch Schäuble mittlerweile „in Verdacht“, daß sie auf mich so kritiklos/kompromisslos wild auf „mehr Europa“ um jeden Preis wirken, weil sie damit den Glauben an das Verschwinden der deutschen Schande verbinden.

    Was mich an dem bißchen was ich davon so mitkriege am meisten stört, ist jemand wie Ashton. Innerbritisch mag es seine Vorteile haben, wenn man per Adeligsprechung Figuren auf die Bühne holen kann, die es beim Wahlkämpfen nicht so bringen. Doch daß das dann meine Außenministerin wird, beglückt mich irgendwie nicht.

    Was Bürokratie anlangt, sie wuchert immer und das nicht zuletzt, weil der/die Bürger so lauthals nach Perfektion schreit. Wäre der Bürger shit-happens-toleranter vielleicht vielleicht …

    Über Bürokratie meckern ist zwar total in und jedeR ist Experte, doch wer möchte feststellen müssen, daß mit seinem Grundbucheintrag was nicht stimmt???

    Man muß bei Bürokratie, bevor man urteilt, immer bedenken, daß jede Vorschrift veraltet und lebensfremd ist, bevor das letzte Siegel drauf ist. Das liegt in der Natur der Sache, denn die Vorschrift ist statisch und das Leben, das sie regelt/einengt/ermöglicht, (hoffentlich) das Gegenteil

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    Zur Rechtfertigung des Themas: Mir erscheint die Diskussion des amerikanischen Systems wichtig, weil es als Vorbild für das zu erschaffende europäische System genommen wird.

    @Parisien: Auch CDU und SPD unterscheiden sich „durchaus in vielen Punkten“. Wieso glauben Sie, dass die sich nicht, die Repulikaner aber schon von den Demokraten unterscheiden? Das ist ein Irrglaube. Hierzulande gibt es neben den beiden Mitte-Zwillingen noch vier weitere Parteien, die den Unterschied machen und die wir unserem Wahlsystem zu verdanken haben. Hier gilt kein gut oder schlecht, sondern nur ein besser oder schlechter. – Danke für die Empfehlung. Obwohl eigentlich entwöhnt und endlich Nichtleser, wurde ich neulich rückfällig und habe einen gerade für Sie empfehlenswerten Krimi gelesen: „Bretonische Verhältnisse“ von J.L. Bannalec.

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    @ Roland Ziegler
    Diese hochgelobte „Personenfreizügigkeit“ ist übrigens Strauss-Kahn zur Falle geworden. Mit einer gut bezahlten, eingesessenen Amerikanerin hätte er das nie gewagt und wäre heute der Président de la République Francaise. Dieses hochgelobte Elitenprojekt kann also gegen seine Protagonisten ausschlagen, weil sie nicht wirklich unrassistisch denken, sondern diverse Personen im Namen dieser „Freizügigkeit“ ausnutzen, was sie meist zu spät als Fehler bemerken. Der Mensch, insbesondere Adam, ist bekanntlich verführbar. Seine Verführbarkeit wird im Einzelfall registriert und ihm zur Falle gemacht, wenn man ihn loswerden will.

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    @ RZ
    „Darf das Wort “Ware” nicht hinter dem Wort “Mensch” stehen?“

    Nein. Das Wort Mensch sollte in dieser Auflistung eindeutig fehlen. Der Mensch gehört nicht in eine Auflistung von „Waren, Kapital und Dienstleistungen“. Und der Mensch aufgezählt zusammen mit Dienstleistungen macht einem Lust, Alice Schwarzer zu lesen oder über zu niedrige Gehälter bzw. die Aushöhlung des europäischen Lohnniveaus nachzudenken.
    Beides zusammen kriegen sie bei Camilleri: „Das kalte Lächeln des Meeres“, Krimiempfehlung.
    Wenn dann keine Arbeit da ist, müssen sie Täschchenkopien auf den Straßen Frankreichs, Italiens und Spaniens verkaufen. Da die ihnen keiner abkauft, leben sie im Endeffekt von Drogenhandel.
    Wenn man sich mit ihnen unterhält, meist auf französisch, stößt man auf teilweise gebildete, oft sehr freundliche Schwarze ohne Perspektive. Daher ist dieser „Austausch“ verkehrt. Zu Hause haben sie wenigstens Sonne, Familie und Tradition.

    @ Lyoner
    Letztere Ware (Drogen) haben Sie vergessen.

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    @ RZ
    Posener sieht es so:
    http://www.welt.de/debatte/kom.....chock.html

    Mich erinnert dieser Fatalismus an Deutsche, die immer für Obama waren und denen plötzlich dämmert, dass es auch Romney werden könnte, nachdem die persönliche Demontage des Kandidaten von Seiten der Demokraten und der ihnen hörigen Presseorgane nicht funktioniert hat, weil das, wie Romney richtig festgestelt hat, noch längst keine Agenda ist.
    Jetzt ist den Obamagläubigen plötzlich egal, wer Präsident wird, denn Amerika ist für sie so oder so schlecht.
    Das nun kann man Posener nicht unterstellen. Aber ein republikanischer Präsident mit einem republikanischen Kongress funktioniert natürlich besser.
    Und die beiden Parteien unterscheiden sich durchaus in vielen einzelnen Punkten. Deshalb haben ja die meisten jüdischen Amerikaner mit ihrem Fimmel um gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Abtreibung und so’n Kram bei der letzten Wahl für Obama gestimmt. Wenn sie das wieder tun, bedeutet das letztlich, dass ihnen solches Gedöns wichtiger ist als Israel. Damit sind wesentliche Unterschiede angedeutet, aber bitte zurück, zu des Autors Elitenprojekt.

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    @Parisien/Blondhans: Wo ist das Problem der von Ihnen beanstandeten Formulierung? Darf das Wort „Ware“ nicht hinter dem Wort „Mensch“ stehen? Wieviele Worte sollten denn Ihrer Ansicht nach dazwischen liegen? Oder liegt es am Wort „Austausch“, das an Gefangene erinnert? Gemeint ist jedenfalls Freizügigkeit.

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    Ich bin immer wieder begeistert über Alan Poseners exzellente Axiome „Dass Europa nur funktionieren kann, wenn die Gewaltenteilung und die Subsidiarität funktionieren.“ Also, wenn es funktioniert, funktionierts. Das ist ein bißchen so, wie bei Radio Eriwan, im Prinzip ja, aber die Welt ist ein büßchen absurder als in einem Wolkenkuckucksheim (Alan Posener ist ein Platoniker) gedacht, da gibt es Schlaglöcher, Geisterfahrer, fehlende Bremsen etc.

    Das übergeordnete Axiom ist, dass alles wie geschmiert läuft, wenn es zu einem „ungehinderten Austausch von Menschen, Waren, Kapital und Dienstleistungen über die nationalen Grenzen hinweg“ kommt. Lieber Alan Posener, können Sie das noch präzisieren, ist damit gemeint, dass die Griechen und Italiener ihre Kapitalien über die Schweiz nach Norden verschieben, dass die Griechen, Italiener, Franzosen in Mayfair, Westminster, Kensington ein paar „sichere“ Immobilien erwerben? Oder gar die ungehinderte Freiheit, das Kapital in Offshore-Paradiesen (mindestens die Hälfte der gesamten weltweiten Kapitalströme) vor unberechtigten Zugriffen zu schützen? Oder gar, dass Real Madrid unsere Fussballkünstler über Target 2 eingekauft hat (http://www.mmnews.de/index.php.....d-target-2)? Ist das der ungehinderte Austausch des Kapitals?

    Was ist mit dem ungehinderten Austausch von Menschen? Meinen Sie Buschkowskys Neukölln ist überall oder diese Bewegungen http://www.spiegel.de/politik/.....62059.html? In der globalisierten Welt wird es nur wenige Regionen geben, die im Wettbewerb an der Spitze mithalten können; sollen wir Deutsche einerseits unsere Wettbewerbsvorteile, die auf gewachsenen industriellen Kultur beruhen, aufgeben, andererseits sollen wir die anderen abschreiben oder (und da sehe ich eine europäische Aufgabe) Regionalstrukturen zu schaffen, fördern, die ihren Bürgern eine nachhaltige Lebensgrundlage geben? „Die Vorstellung, dass die ganze Welt vernetzt ist, bedeutet Massensterben. Jeder Biologe weiß, das sich kleine Gruppen in Isolation am schnellsten entwickeln. Setzt man 1000 Vögel auf eine Insel im Ozean. Aber setzt man 10 000 Vögel auf einen großen Kontinent, verlangsamt sich ihre Entwicklung. Was unsere Spezies angeht, so vollzieht sich bei uns die Evolution vorwiegend über das Verhalten. Anpassung bedeutet bei uns Verhaltensinnovation. Und jeder auf Erden weiß, dass es nur in kleinen Gruppen zu Innovationen kommt.“ (Michael Chrichton, Vergessene Welt: Jurassic Park) Was meinen Sie, lieber Alan Posener, hic Rhodos, hic salta, sonst mache ich noch den bei Ihnen nicht sehr geschätzten Umweg über Israel und postuliere, dass es dort zu einem ungehinderten Austausch von Menschen kommt.

    Damit das nicht untergeht: http://starke-meinungen.de/blo.....ment-16863

    Zum Schluß noch eine Leseempfehlung: Denken hilft zwar, aber nützt nichts – Warum wir immer wieder unvernünftige Entscheidungen treffen des israelisch-amerikanischen Verhaltensökonomen Dan Ariely. In dem Kapitel „Wie schlägt es sich psychologisch nieder, dass wir nicht verstehen, was zum >!$%&/ auf den Märkten vor sich geht?“ schreibt er u.a.

    „Stellen Sie sich vor, Sie wären der Versuchshund, allerings in einem wirtschaftlichen Kontext. An einem Tag sagt man Ihnen, dass Sie Ihr Geld am besten in Hightech-Aktien investieren, und im nächsten Augenblick, ohne Vorwarnung – Stromschlag – platzt die Dotcom-Blase. Dann heißt es, am besten investieren Sie Ihr Geld in eine Immobilie, und wieder – Stromschlag ohne Vorwarnung – stürzt der Wert Ihres Hauses ins Bodenlose. Dann, von heute auf morgen – Stromschlag – steigt der Benzipreis auf ein historisches Maximum, vermutlich wegen des Irakkrieges, doch wenige Monate später, obwohl im Irak immer noch Krieg geführt wird, sinkt er – Stromschlag – auf ein viel niedrigeres Niveau als zuvor.
    Als nächstes erleben Sie, wie große Finanzinstitute, die das Rückgrat des bislang so verläßlich funktionierenden amerikanischen Finanzsystems waren, abstürzen und Ihre Geldanlagen mit in den Abgrund reißen – heftiger Stromschlag. Aus nicht weiter erläterten Gründen werden manche dieser Institute gerettet – Stromschlag -, und Sie erfahren, dass dies mit dem von Ihnen verdienten und versteuerten Geld geschieht – Stromschlag -, andere Institute hingegen nicht – Stromschlag. Dann erkennen die großen drei Autohersteller, dass sie am Rande des Bankrotts stehen (keine große Überraschung), aber ihnen wird nicht die gleiche großzügige Behandlung zuteil wie den Banken, obwohl sie um viel weniger Unterstützung baten und viele Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Am Ende erscheinen diese diese horrend kostspieligen Rettungsversuche alle wie eine willkürliche, planlose Flickschusterei. STROMSCHLAG.“ (a.a.O., S. 404f)

  24. avatar

    Auch wert, gelesen zu werden (widerlegt auch Jan z.volens‘ euphemistische Machtphantasien bezüglich der Americas):

    High-tech communications of the 21st century are a force multiplier, in real time conveying the failures of redistributionist schemes, through cable news, Internet blogs and tabloids, and downloaded videos. A nurse in Des Moines has the power in the palm of her hand to read the Wall Street Journal, watch a YouTube video, or browse a news site at Google, accessing more information than what the aristocratic class was privileged to obtain just a few decades ago. The result is that we see and hear instantaneously what “They” do and say, even though we rarely meet them any more in our daily lives. They have become Orwellian visages on our collective screens, whose empty platitudes seem instantaneously familiar and yet irrelevant to the people we live, work, and enjoy our leisure with.

    As those who run the nation state become ever more estranged, we yearn for the safety and security of our own neighbors, who seem to think, speak, and live more as we do. In other words, we are unhappy residents of Hellenistic Greece who dream of the romance of the lost face-to-face city state, or the bread-and-circuses turba of fourth-century Rome, who feel that their fellow citizens in Gaul, Numidia, and Pontus seem hardly Roman. These days the problem is not just that an Italian wants to leave the EU, but that a Florentine or Venetian would prefer to leave Italy itself. A Texan not only wants us out of the U.N., but may feel he is already out of the U.S. Britain may want no part of the EU, but Scotland wants no part of Britain.
    http://www.nationalreview.com/.....vis-hanson

  25. avatar

    Dieses gescheiterte Elitenprojekt kann man an den Gesichtern ablesen. Draghi weiß, dass er unbeliebt ist. Barroso und van Rompuy sehen nicht glücklich aus. Keiner dieser Leute ist angetreten zu seiner Karriere, um im Endeffekt unbeliebt zu sein, und trotzdem geht der Budenzauber weiter. Vergleichen Sie mal die Gesichter mit denen von Romney oder Obama, die einer Nation vorstehen, während es hier um die Destruktion von Nationen geht. Und Obama will mehr nationbuilding zuhause. Dieses Projekt der Auflösung von Nationen wird hoffentlich scheitern. Kleine Staaten können durchaus leisten, siehe Israel, oder etwas aufbauen, siehe Türkei. Und freier Wettbewerb würde eher dazu führen, dass die Griechen sich etwas einfallen lassen.
    Alan Posener scheint an dieses Elitenprojekt zu glauben, so wie er einst an Mao geglaubt hat. Gläubige tauschen nur den Mantel aus, nicht aber die Mentalität.

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    @ Alan Posener
    Bis auf dieses:
    „Nein, der Senat sollte, wie der US-Senat aus je zwei direkt gewählten Senatoren von jeder Nation stammen: zwei aus Luxemburg, zwei aus Deutschland usw.“

    Wieso zwei aus Deutschland (80 Mio) und zwei aus allen anderern Ländern bis hin zum Zwergenstaat Malta?
    Da hilft nur eins: Abspaltungen. Südtirol, dann hätte Italien zwei mehr, Katalonien, Baskenland, Bayern, Schottland, you name it. Es geht doch wohl nicht an, dass Zwergstaaten den gleichen Stimmanteil hätten.
    Das andere wäre, die Senatoren international wählen zu lassen. Entsprechend hätte man dann in bevölkerungsreichen, großen Staaten mehr Stimmen.
    Im übrigen interessiert Europa wenige Leute. Wenn ich italienische, englische, französische Freunde besuche, interessiere ich mich wie sie nur für ihr Land. Europa ist ein misslungenes Elitenprojekt. Volksabstimmungen über den Vertrag von Lissabon wurden mit nein beantwortet und umgehend, in diktatorischer Manier, angehalten. Europa als friedliche Vereinigung kultureller Diversität ist nicht tot, aber Brüssels Zwangseuropa will fast keiner. Und wenn Sie Fischer bringen, dann bringen Sie ja letztlich einen typischen Elitisten, einen Mann, der viel geschenkt bekam, z.B. eine Gastprofessur an Cornell ohne Studium. Dagegen ist von Guttenbergs und Schavans Abkupfern Kiki.

    Und ehrlich gesagt: Noch sind die meisten von uns moralisch auf Vordermann, so dass wir keinen Menschenhandel wollen, weder eingeschmuggelte Immigranten noch osteuropäische Mädchen, die oft nicht wissen, was auf sie zukommt. Und bei geschlossenen Grenzen wäre Madeleine McCann möglicherweise noch am Leben oder zumindest gefunden worden. Erklären Sie sich bitte zu Ihrer Formulierung, die derblondehans noch negativer einordnet als ich, zumal dahinter gleich das Wort Ware folgt.

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    @Parisien: Nach meiner Wahrnehmung entspricht das Verhältnis der amerikanischen Republikaner vs. Demokraten in etwa dem der CDU vs. SPD. Wenn Sie also CDU=SPD setzen, können Sie getrost auch gleich Republikaner=Demokraten setzen. Und dann gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen dem US-System und unserem: Dort gäbe es dann gar keine Opposition, hier demnächst zwei: eine linke und eine direktdemokratische. Auch mir wäre es lieber, wenn sich die „etablierten Parteien“ konzeptuell mehr unterscheiden würden, statt die Ideen der Grünen einfach verbal abzulehnen und unter der Hand aufzusaugen. Aber das ist ihr Glaubwürdigkeitsproblem, nicht das der Grünen (die bekommen dadurch nur ein prozentuales Problem).

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    @Silke
    „nur die Möglichkeit … Abgeordneten meines eigenen Staates meine Stimme zu geben?“
    Eben. Früher hieß es: Hast du einen Opa, schick‘ ihn nach Europa. Inzwischen hat sich da aber eine veritable Bürokratie eingerichtet, die sich bekanntermaßen selber neue Aufgaben schafft. Die setzt Standards in allen möglichen Bereichen und kann nicht von jedem kontrolliert werden. Grundsätzlich kann zwar jeder versuchen, über Gremien und Anhörungen Einfluss zu nehmen, aber nur größere Organisationen können sich leisten, sachverständige Leute in diese Gremien zu schicken. So kann diese Bürokratie instrumentalisiert werden => Oligarchisierung.
    PS: Freut mich, daß Sie meiner „Einladung“ gefolgt sind.

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    Europa hat noch keine Verfassung. Somit agiert es (also „Brüssel“) so irregulär. Die Regierungen (Exekutiven) der Länder fürchten um ihre Souveränitäten und handeln pfründlerisch. Freigegeben werden nur Glühbirnen, denn die sind nicht „systemrelevant“.
    my fifty cent.

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    @Jan Z. Volens: Diese Kandidaten sind reine Ornamente auf dem Stimmzettel. Das Problem ist, dass jede Stimme, die für solche chancenlosen Kandidaten abgegeben wird, vollkommen verpufft. Als hätte es sie nie gegeben. Als sich hier der Herr Westerwelle zum Kanzlerkandidat ausgerufen hat, hätte ich, um ein etwas abwegiges Beispiel zu geben, meine Stimme seiner Splitterpartei FDP geben können, ohne dass sie verpufft wäre. Dies ermöglicht das Verhältniswahlrecht hierzulande. (Die geopolitische Bedeutung des europäischen Re-Demokratisierungsprozesses würde ich übrigens – gerade im Erfolgsfall – nicht unterschätzen.)

    Silke hat recht: Auch ich will nicht einen Abgeordneten meines Landes wählen, der dann für mich für den Rest der Legislaturperiode seine Stimme einsetzt, während ich im Fernsehen Superbowl gucke. Mich interessieren keine Personen. Das Familienleben der Abgeordneten und ihre lebensweltlichen oder religiösen Einstellungen sind mir egal. Stattdessen will ich bestimmte Entscheidungen haben, indem ich mich für ein inhaltlich definiertes Wahlprogramm einer Partei entscheide. Noch besser wäre es, direkt auf einige der anstehenden Entscheidungen Einfluss nehmen zu können, zumindest auf die großen, wegweisenden. Wenn das Programm und die damit verbundene Partei sich dann nicht durchsetzt, soll außerdem meine Stimme nicht einfach verpuffen wie ein Tropfen auf eienr heißen Herdplatte, sondern dazu beitragen, dass die entsprechende Oppositionspartei, die das Programm und die damit verbundenen Entscheidungsvorhaben gestärkt und gehört wird. Dies alles geht nur mit einem echten Verhältniswahlrecht und einer echten parlamentarischen Demokratie (statt einem Kontrollgremium).

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    @Alan Posener
    Was Sie ansonsten beklagen, abgesehen von scheinbar mangelndem Respekt gegenüber Ihrem Stück hier, was irgendwie an einen Lehrer erinnert, lasse ich die Spezialisten sprechen (der Artikel wird Sie vermutlich interessieren – was Sie weiter unten Relativismus nannten, wird hier als Nihilismus bezeichnet):

    Andrew Bostom, The Legacy of Islamic Anti-Semitism: From Sacred Texts to Solemn History

    These collections, featuring accounts of Islam in word and deed for over a millennium, as well as the critiques of scholars of Islam — Muslim and non-Muslim — over the centuries, put the lie to conventional wisdom. Jihad, despite assiduous efforts to reinterpret its meaning and bleach away its history, originated as the mission to spread Islam by forcible conquest. Strains of Jew hatred inhere in Islamic scripture and tradition — neither were they inculcated in Muslims by shameful anti-Semitic chapters in the history of Christendom, nor are they strictly a byproduct of Israel’s modern establishment as a nation-state in the Promised Land inhabited by Jews for many centuries before the birth of Mohammed.
    http://www.nationalreview.com/.....rthy?pg=2#

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    @ KJN
    „die Gegenwart hat andere Gefahren als anno ’33, und vollmundig Widerstand im Nachhinein zu leisten kann jeder.“

    Nein. Angesprochen im Weltartikel. Boykott der Produkte des Staates Israel stellt dasselbe dar, nur in einer internationalisierten Form. Die Protagonisten sind teilweise ähnliche, was dazu einläd, zu vergleichen und nach hinten (anno ’33) auszuholen, um nach vorn ( Antisemitismus in Gestalt von Antizionismus) zu schlagen. Ähnlich wie ein Tennisschlag. Holen Sie nicht aus, kriegen Sie den Ball nicht scharf knapp über’s Netz.

    @ RZ
    „Alan Posener: Was soll man zu Ihrer recht allgemeinen These denn diskutieren? Sie stimmt.“

    Genau. Posener klagt, weil er nicht kritisiert wird und man sich auf sein zweites Stück zurückzieht oder auf amerikanischen Wahlkampf. Übrigens gibt es mehr Parteien in den USA, die aber ohne großen Einfluss sind. Wenn aber, wie hier bei uns, sich die wesentlichen Parteien aneinander angleichen, was doch wohl in erster Linie an der Vergrünung der CDU liegt, bekommt man den Eindruck, dass man sich in einem Einparteienstaat aus CDU, SPD, FDP und Grünen befindet mit marginalem Widerstand der Dunkelroten und Piraten. Da ist mir der Zweiparteienstaat der USA immer noch lieber.

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    APo: …. und die Wahrung des ungehinderten Austauschs von Menschen, … über die nationalen Grenzen hinweg.

    … ja, das ist es. Was für eine Offenbarung. Keine unglückliche Formulierung wie Parisien meint. Das ist ein Bekenntnis.

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    Wer interessiert sich denn fuer „Europa“? In USA nur der Wall Street. Obama and Romney erwaehnten nur Polen und Britanien. Russland sieht man von USA nicht als ein Teil Europas. In erster Linie sprach man immer wieder nur ueber Israel. Zur Jahrhundertwende 2000 habe ich einem Verwandten geschrieben: „Israel will be the geopolitical Vietnam of the United States in the 21st century!“ -Eine Anzahl von politischen Parteien in USA haben ihre Praesidentschaftkandidaten auf dem Stimmzetteln einiger Staate. Die Linken: GREEN PARTY, SOCIALISM & LIBERATION PARTY, SOCIALIST PARTY USA, PEACE & FREEDOM PARTY, AMERICA’S PARTY. Auch rechte Parteien wie die LIBERTARIAN PARTY.

  35. avatar

    dumme Frage:

    wie kann es etwas Bundestags-Gleiches oder Ähnliches in Brüssel geben, so lange ich nur die Möglichkeit habe, Abgeordneten meines eigenen Staates meine Stimme zu geben?

    Als wir 1871 ein „Reich“ wurden, hatten wir da nicht bereits eine gemeinsame Sprache, die es einem Westfalen ermöglichte, in Niederbayern auf Wahlkampf zu gehen?

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    @Alan Posener: Was soll man zu Ihrer recht allgemeinen These denn diskutieren? Sie stimmt.

    @KJN: Wenn die 6 das Gleiche formulieren würden, hätten Sie Recht. Aber zumindest die Linke und die Piraten formulieren nicht das Gleiche. Die Linke bietet eine inhaltliche Alternative, die Piraten eine formale Alternative, weil sie nach Art eines Troyanischen Pferdes die direkte Demokratie in den Parlamentarismus einschmuggeln. (Ob bzw. wie weit das funktioniert, bleibt abzuwarten.)
    Und die Tea Party ist keine Partei, sondern eine außerparlamentarische Protestbewegung gegen die politische Alternativlosigkeit, was schon mit Abstand das beste ist, was man über sie sagen kann.

    @Parisien: die Gegenwart hat andere Gefahren als anno ’33, und vollmundig Widerstand im Nachhinein zu leisten kann jeder.

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    @Roland Ziegler
    „Nein danke, so nicht, das ist eine rudimentäre Form von Demokratie, eher eine Oligarchie mit demokratischen Eigenschaften.“
    Was nützen mir 6 Parteien, wenn alle letztlich das Gleiche formulieren?
    Man muss als Europäer die Tea Party nicht mögen, aber daß viele die in erster Linie wählen, weil sie staatlichen Systemen misstrauen, übersteigt zumindest hierzulande das Vorstellungsvermögen.

  38. avatar

    Ich stimme Roland Ziegler zu, dass man zurück zum Thema sollte. Mir wäre es lieb, wenn man weder darüber diskutiert, wer undemokratischer und antisemitischer ist, Katholiken oder Protestanten (und von Muslimen redet wieder keiner!), noch darüber, ob Amerikas Wahlsystem besser oder schlechter ist als das europäische (nimmt sich nicht viel, würde ich sagen), sondern über meine These: Dass Europa nur funktionieren kann, wenn die Gewaltenteilung und die Subsidiarität funktionieren. Ist zwar kein Aufregerthema, es geht weder um Vorhäute noch um den Papst, sondern nur um unsere Demokratie, aber die ist mir jedenfalls wichtig. Und wichtig ist mir auch das Niveau der Diskussion hier.

  39. avatar

    Die wohlmeinenden Inspektoren der EG:
    A joint undercover investigation with the British Medical Journal has exposed loopholes in the “woeful” EU system to approve devices including replacement hips, knees and other joints.

    Regulatory bodies were prepared to approve a “toxic” hip replacement, meaning that it could be sold to the NHS and legally used in British patients.

    The hip – designed by experts for the purposes of the investigation – had specifications similar to a banned product suspected of poisoning thousands of health service patients.
    http://www.telegraph.co.uk/hea.....ators.html

    Giftig auch die neuen Beleuchtungskörper. Aber macht ja nichts, in diktatorischen Systemen sind Menschen egal.

    @ Alan Posener
    Die Formulierung erscheint mir unglücklich:
    „Wahrung des ungehinderten Austauschs von Menschen“

  40. avatar

    @ Roland Ziegler
    Sie fragen:
    „Alle schimpfen hier auf Luther und die Protestanten, warum eigentlich?“

    Nur drei. Posener (nicht Bayern oder NRW), KJN und ich.
    Warum – das steht doch da. Ehrlich gesagt, wusste ich immer, dass Sie latente Fähigkeiten haben, Antisemitismus zumindest zu übersehen. Die Hauptfeinde der Juden und Israelis waren und sind die Angepassten. Seit Ihren Argumenten in der Beschneidungsdebatte weiß ich, dass dieser Instinkt nicht ganz verkehrt war.
    Ich fürchte, die meisten Deutschen wussten vor ’33 auch nicht, dass eines Tages der antisemitische Wurm aus ihnen klettern würde und sie sonntags in der Kirche andächtig den antisemitischen Ausführungen ihres Pfaffen lauschen, montags das „nicht erwünscht“-Schild ‚raushängen und dienstags auf Schnäppchenjagd in jüdische Wohnungen gehen würden.

  41. avatar

    Zurück zum Thema: Von den USA kann man schon was lernen, nämlich wie man es NICHT macht. Dort liegt die Wahlbeteiligung bei 51-52 %, was bedeutet, dass die Hälfte der Leute an der Wahl kein Interesse hat bzw. sie boykottiert. Warum? Weil es nichts zu wählen gibt. Es gibt exakt zwei Möglichkeiten, die zur Wahl stehen, und die sich in vielen Punkten nur minimal unterscheiden. Wenn man in einem Staat wie Texas lebt, gibt es de facto nur eine Möglichkeit, wodurch die Wahl zur kompletten Farce wird. Vor der Wahl muss man sich registrieren, wozu keiner Lust hat. Bei der Wahl muss man u.U. eine absurde Wahlmaschine bedienen, die obendrein noch manipuliert wird. Und am Ende gewinnt nicht mal der, der die meisten Stimmen gewonnen hat.

    Nein danke, so nicht, das ist eine rudimentäre Form von Demokratie, eher eine Oligarchie mit demokratischen Eigenschaften. Sowas kann man nicht wollen, jedenfalls nicht als „einfacher Wähler“. Und wenn das System einmal installiert ist, lässt es sich nur extrem schwer reformieren. Deshalb muss man bei der Reformatierung der Demokratie in Europa aufpassen.
    Das Wichtigste ist, dass es echte Alternativen gibt, die zur Wahl stehen. In Deutschland sind das inzwischen 6 relevante Parteien, und jede Stimme – auch aus dem Bayern der 80er Jahre – hat aufgrund des Verhältniswahlrechts Bedeutung.

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    Alle schimpfen hier auf Luther und die Protestanten, warum eigentlich? Weil sie sich um Rechtschaffenheit bemühen? Tun das die Katholiken nicht? Die Protestanten haben den Vorteil, dass sie sich ihrem Gewissen verpflichtet fühlen oder fühlen sollten. Das ist doch nicht schlecht, eine erwachsenere Haltung. Die Katholiken glauben, mit ihren Zauberhüten und dem ganzen Brimborium beeindrucken zu können. Immerhin sind sie dabei unterhaltsamer.

  43. avatar

    Hier hat Lyoner vermutlich Recht:
    „Ich finde, mit dem Deutschen Papst und dem Katholizismus haben Sie sich den wohlfeilsten und leichtesten Lukas auf der Kirmes der Religionen ausgesucht“

    Allerdings kommt er im zweiten Teil des Satzes schnell auf sein Lieblingsthema und vergisst manch andere Religion, hier unter anderem die von Luther gegründete, die von Anfang an einem mit antisemitischer Tunke vollgesogenem Schwamm glich und hierbei genau solche Gestalten hervorbringt wie von Posener in der „Welt“ beschrieben. Über deren geistigen Überbau sollte man sich vielleicht derzeit mindestens genauso viele Gedanken machen wie über den Papst, wenn nicht eher mehr, wenn man bedenkt, dass Käßmann mit Taliban beten will, der Vorgänger und Freund des Papstes dagegen zum Sturz eines unterdrückenden Systems beigetragen hat.

  44. avatar

    Die USA hat ein Wahlsystem, das an der untersten Grenze der Demokratie rangiert. Es ist lächerlich, exakt zwei Wahloptionen – Demokraten oder Republikaner – zu haben. Das ist beides Sülze mit Fähnchen, und wer am meisten Fähnchen in die Sülze gesteckt hat, gewinnt die Wahl. Entsprechend gering ist die Wahlbeteiligung, entsprechend groß das Spektakel. Wahltechnisch haben wir hier nichts zu lernen.

    Steinbrücks europäische Regierung würde vom europäischen Parlament und vom Rat „kontrolliert“ werden. Wieso aber wird sie nur „kontrolliert“, nicht vom Parlament gewählt? Als Wähler möchte ich keine Kontrollinstanz, sondern eine Regierung wählen. Sonst wähle ich gar nicht.

    Es sind ja alle Zutaten für den demokratischen Eintopf beisammen, da muss gar nichts neu erfunden werden. Es gibt ein Parlament, in dem demokratisch gewählte Abgeordneten aus einer gesamteuropäischen Wahl sitzen, und einen Rat, in dem die demokratisch gewählten Landesregierungen sitzen. Wenn man mit der Demokratie Ernst machen will, müsste jetzt eigentlich das Parlament eine Regierungskoalition bilden, die dann die Gesetze verabschiedet, welche vom Rat „rat“ifiziert und irgendeinem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden. Die Vertreter der anderen Instanzen gehen nach hause. Das wäre am einfachsten, weil alles schon da sind, und es hat sich in Deutschland bewährt. Was spricht dagegen?

  45. avatar

    Der Sinn für Bedrohungen der persönlichen Freiheit ist hierzulande nicht entwickelt. Sonst müsste es täglich Demonstrationen geben. Daß die Brüsseler Bürokratie Mittel zum Zweck der Machtausübung werden kann, wird dann richtig unangenehm, wenn sie von machthungrigen Politikern instrumentalisiert wird. Derzeit sind es nur die Glühbirnen, die verboten werden. Brüssel wird in Zukunft umfassend regeln, wie wir uns zu organisieren und zu leben haben. Siehe derzeit Griechenland.

    @Parisien
    „Rechthaberei und eine aus wichtigtuerischer, staubfreier Rechtschaffenheit bestehende Überlegenheits-Rhetorik sind Evangelen eigen.“
    Sehr schön gesagt!

  46. avatar

    Vielleicht sollte man dieses:

    „Wie sehr die Europäische Kommission Züge einer imperialen Behörde annimmt, wurde wenige Tage später klar, als der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble vorschlug, dem Währungskommissar das Recht zu geben, die nationalen Haushalte der Euro-Länder zu überwachen und ggf. Regierungen zu zwingen, sie gemäß europäischer Richtlinien und Vereinbarungen zu ändern, bevor sie den nationalen Parlamenten zugeleitet werden – ein Vorstoß, der unmittelbar vor dem Europagipfel ausdrücklich von Kanzlerin Angela Merkel gebilligt wurde.“

    und dieses:

    „Nur, das schreibt sie nicht so. Von Boykott redet die „Solidarische Kirche“ nicht, weil – so blöd sind die nun auch wieder nicht – sie sich vage erinnern, dass da früher etwas war. Vielleicht weiß Frau Schmidt nicht, dass schon 1921 der evangelische Pfarrer Friedrich Wilhelm Auer zum Boykott jüdischer Geschäfte aufrief; dass der Evangelische Bund 1924 den „Abwehrkampf gegen rassische und geistige Überfremdung“ zur „christlichen Pflicht“ erhob; dass das evangelische Wochenblatt „Licht und Leben“ 1927 meinte, Arier dürften nicht bei Juden kaufen; dass, als 1933 schließlich die Nazis diesem christlichen Drängen Raum verschafften, die evangelischen „Deutschen Christen“ freudig vorneweg dabei waren.“
    http://www.welt.de/print/die_w.....angen.html
    http://www.achgut.com/dadgdx/i.....fverzicht/

    zusammen lesen und dann überlegen, woher die Mentalität in leitenden deutschen Köpfen kommt und ob tatsächlich der Papst das geringste Problem ist. Rechthaberei und eine aus wichtigtuerischer, staubfreier Rechtschaffenheit bestehende Überlegenheits-Rhetorik sind Evangelen eigen.
    Katholiken im Mittelmeerraum und Israelis, wehrt Euch! Leistet „Kaufverzicht“ bei evangelischen Produkten!

  47. avatar

    Ohne eine neue Wissenschaft wird Europa keine vernünftigen Lösungen zeitigen können. Ich schlage hiermit die Gründung der Eurotik vor. Mittels dieser neuen Wissenschaft lassen sich Klassenbeschränkungen, wie sie Momogamie und Polygamie nahelegen, kinderleicht durch eurogame Elemente mit Erfahrungen aus Taka-Tuka-Land anreichern und um den neuen Bezirk der „Eurogamie“ erweitern. Eurotische Bindungen, die die gesamte Blockflötenspannweite ehemaliger Volkskammeraktivitäten weit in den Schatten stellen und fast das gesamte zerebrale System des modernen Eurotikers in Anspruch nehmen, werden der neuen Wissenschaft rasch die erforderliche Unterstützung garantieren, die sie in den Stand einer notwendigen Institution versetzt. Die öffentlichen Medien leisten in der Sache bereits erstaunliches, aber das genügt für eine erfolgreichere Eurorhetorik noch nicht (die Bertelsmann-Stiftung oder andere „weitsichtige“ Einrichtungen werden mir dies vermutlich gerne bestätigen).
    Die Fragen, die man Steinbrück gerne stellen würde, die er aber nicht beantworten kann, können dann sicher durch wissenschaftlichere Kaffeesatzleserei entziffert werden. Die Mitarbeit bedeutender Wissenschaftsgläubiger kann vorausgesetzt werden. Astrid Lindgren, als Sachverständige für jenes sagenhafte Land der Selbstverwirklichung Pippi’scher Gedankentiefe, steht uns allerdings leider nicht mehr zur Verfügung, aber zur Not werden aber ein souveräner Habermas, zusammen mit Schmidt-Stuyvesant, in gewohnt umsichtiger Manier die letzten materiellen Bedenken zugunsten allgemeiner kommunikationstheoretischer Binsen- und Volkswahrheiten beseitigen können. In diesem Sinn, verehrter APo, bleibem Sie am Ball und halten Sie uns auch weiterhin kritisch auf dem Laufenden.
    Sollte der Eurotik kein eigenes wissenschaftliches Feld zugewiesen werden können, verbleibt immer noch die Möglichkeit, sie in der Geschichte für politischen Dilettantismus aufgehen zu lassen und ihr eine eigene Epoche zuzubilligen. Man diskutiert dann weniger über bloße Theorien (Faschismus, Sozialismus, Demokratie oder dergleichen) sondern akzeptiert einfach einen allseits alimentierenden Euro-Feudalismus, der bereits die Dynastien an Euphrat und Tigris in der zivilisatorischen Frühgeschichte als „moderne“ Gesellschaften ausweist und China zum Land der politischen Vernunft („Mitte“) zu stilisieren weiß. Die EU mag ja eine Reihe vernünftiger argumentativer Ansätze beinhalten, sonst wären die Briten darin wohl kaum vertreten, jedoch eine Währungszone als Überlebensgemeinschaft zu postulieren weist nicht über infantile Taka-Tuka-Land-Vorstellungen hinaus und garantiert auch nicht das Weiterbestehen eines finanztechnischen Weltbildes der segensreichen Kapitalakkumulation und einer daraus abgeleiteten allgemeinen Wohlfahrt.
    Eine Priorisierung von geopolitischen, bzw. strategischen gegenüber explizit finanzmarkttechnischen Zielsetzungen in der EU wäre ein wünschenswerter Ansatz um das Auseinanderbrechen der bisherigen EU nicht weiterhin durch den Euro zu vertiefen. APo stimme ich hier gerne zu, habe jedoch nur wenig Hoffnung, dass man sich in Brüssel, Berlin oder Paris eines Besseren besinnen wird. Dass UK mit der Auflösung des Commonwealth den Preis zweier kontinentaler Weltkriege bezahlt hat und Europa zeitweilig uneigennützig vor undemokratischen Regimen („Reichen“) bewahrt hat, scheint in den genannten Metropolen vergessen worden zu sein, sonst erschiene das diplomatische Versagen der Eurozone bezüglich UK nicht nachvollziehbar. Die Rolle Griechenlands wird dagegen maßlos überzeichnet, gerade auch kürzlich erst von Steinbrück im BT (ohne merklichen Widerspruch wohlgemerkt).

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