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Kaftanjuden und Meme

1. Kaftanjuden
In „Mein Kampf“ erzählt Adolf Hitler, wie er Antisemit geworden sei. Sein Vater habe den Antisemitismus als rückschrittlich abgelehnt; auf der Realschule sei der einzige jüdische Mitschüler stets rücksichtsvoll behandelt worden; und er selbst habe, als er das erste Mal Diskussionen beiwohnte, in denen antisemitisch argumentiert wurde, leicht geniert auf diese „konfessionellen Stänkereien“ reagiert.
Schließlich habe er die Juden in Linz als unauffällige Bürger unter Bürgern gekannt. Erst als ihm in Wien „eine Erscheinung in langem Kaftan mit schwarzen Locken“ erschienen sei, habe er sich gefragt, ob sich ihm in der Gestalt des ganz und gar fremden Kaftanjuden nicht das Wesen des Juden an sich, das Wesensfremde des Judentums, erschienen sei. Von da an habe er in Wien „überall Juden“ gesehen.
Wir wissen zwar längst, dass „Mein Kampf“ keine zuverlässige biografische Quelle ist, um es vorsichtig auszudrücken:
Das gilt auch für die Begegnung mit dem Kaftanjuden. Und doch enthält die Fiktion etwas Wahres: Der Kern des Antisemitismus ist das Gefühl der Wesensfremdheit „des Juden“.
Für viele ganz und gar liberale, keineswegs antisemitische, ja – wie sie bis vor kurzem dachten – philosemitische Deutsche bildete in den letzten Wochen das Kölner Urteil zur Beschneidung und die Reaktion der jüdischen Gemeinden darauf ihr „Kaftanjuden-Moment“. Hinter dem netten, Anzug und Schlips tragenden, akademisch gebildeten, Goethe zitierenden, kurz: vollständig assimilierten Mitteilhaber an der jüdisch-christlichen Leitkultur entdeckten sie den Mann mit dem Schläfenlocken und dem Kaftan, der das blutige Messer schwingt, den Bruder im Geist des integrationsunwilligen Moslems.
Ein ähnlicher Schock wie 1967 für viele Linke, als der nette israelische Kibbuznik zum Fallschirmjäger mutierte.
2. Meme
Die Reaktion auf das Kölner Urteil bildet ein interessantes Studienobjekt für das kulturelle Phänomen, das Richard Dawkins analog dem Gen das „Mem“ genannt hat. Der Begriff ist noch unbestimmter als der Begriff des Gens (vergleiche die Idee eines „jüdischen Gens“ bei Thilo Sarrazin, was ja wiederum ein Mem ist); am besten betrachtet man das Mem als Baustein einer Weltanschauung; als „Idee“, „Topos“ usw.
Mit der Idee des Mems, dessen Mutationen die kulturelle Evolution vorantreiben, so wie die Mutationen des Gens die biologische, will Dawkins, dass wir uns einen Perspektivwechsel gestatten. Erscheint das einzelne Tier in seinem Buch „Das egoistische Gen“ lediglich als Träger und Weitergeber einer Ansammlung von Replikatoren – „Genen“ – , so erscheint das Individuum in der Mem-Theorie lediglich als Träger und Weitergeber eines Sets kultureller Replikatoren – einer Anzahl von Memen.
Es ist, glaube ich, richtig zu sagen, dass das Konzept der Meme keine wissenschaftliche Theorie ist analog der Genetik, der Evolutionstheorie und der darauf aufbauenden Disziplinen der evolutionären Verhaltensforschung, Psychologie usw. Es ist nicht einmal eine Hypothese.
Dementsprechend unbestimmt ist die Vorstellung, wie Meme wirken, Daniel Dennett zum Beispiel vergleicht die Religion in einem berühmt gewordenen Bild nicht mit einem Gen, sondern mit einem Parasiten, der ein Wirtstier überfällt und dessen Verhalten gemäß seinem eigenen Reproduktionsinteresse steuert. Mir scheint auch das Bild des Virus ein ganz gutes Analogon abzugeben. Das erkennt auch die Werbeindustrie an, die von „Viralmarketing“ spricht.
60 Jahre lang war die Beschneidung in Deutschland kein Thema. Ausnahmen wie Necla Kelek bestätigen die Regel: es war kein Massenthema, es bewegte wenige Menschen außerhalb der betroffenen Gemeinden. Selbst die möglichen Schmerzen eines Tiers beim Schächten waren wichtiger als die Schmerzen eines acht Tage alten Juden oder eines zwölfjährigen Moslems.
Kaum aber hatte das Kölner Gericht das „Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit“ in Anschlag gebracht, verbreitete sich die Beschneidungskritik wie eine Grippewelle. Das perfekte Beispiel von Viralmarketing.
Die Frage aber ist folgende, und damit schließen wir an die Überlegungen zum Kaftanjuden an: Warum versagt bei manchen – bei so vielen – das  Immunsystem?
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151 Gedanken zu “Kaftanjuden und Meme;”

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    @ MB
    „Wenn sie hier schon soviel über Sex schreiben, dann doch bitte noch mehr solcher Geschichten.“

    Ich habe doch wohl kaum über Sex geredet, sondern über niedrige menschliche Verhaltensweisen. Meine Zielgruppe, Alpecin-Grau’s BUKo-Mäuschen, ist vielleicht offen für das, was immer Sie unter tinyurl versteckt haben.

    BUKo: Beischlafutensilienkoffer.
    Übrigens nie so schön präsentiert wie von Hitchcock in „Fenster zum Hof“.

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    @Parisien: Nun wollte ich nicht mein gesamtes Bücherregal ins Netz stellen, vielleicht habe ich mich hier im Blog etwas einseitig dargestellt. Ich wusste auch nicht, dass dies hier ein Literaturblog ist, doch man lernt bekanntlich nie aus. 🙂 🙂 Manchmal höre ich auch einfach nur Musik, da bin ich ausschließlich Konsument ganz ohne Lehrbefähigung.

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    @Parisien

    Sie wissen es doch als Mediziner:

    Besser einen Erguß als keinen und wenn es auch nur ein kläglicher geistiger Erguß war.

    Nebenbei:

    Wenn sie hier schon soviel über Sex schreiben, dann doch bitte noch mehr solcher Geschichten.

    Ansonsten ziehe ich es vor gleich auf die richtige Webseite zu gehen:

    http://tinyurl.com/30o

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    @ Moritz Berger
    Hatte viel Spaß an Ihrem geistigen Erguss hier.
    Würde sagen, wenn, sagen wir, Lyoner, derblondehans, Rita, Don Camillo und ich hier ‚raus wären, würde der comment-Bereich deutlich langweiliger. Und wenn EJ und KJN Sie noch verlassen würden, würden die Leute gähnen.
    Das Problem mit einigen von uns ist, dass wir grundsätzlich unsere eigene Meinung formulieren und nicht von irgendwelchen Vorstellungen getrieben sind. Verschiedene Meinungen machen jeden blog interessanter, und dieser hat einen Namen, der zu Individualität einläd.
    Jedem Tierchen sein Plaisirchen,und jedem Bemühten seinen Anwalt! Schönes WE!

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    @Parisien

    „@ Kerstin
    Ich glaube, Lyoner und ich teilen einen gewissen bodenständigen Realismus ohne Schnörkel

    oder sollte ich besser schreiben mit einem Schwanz der leider nicht mehr trotz Viagra in der Lage ist Schwellungen zu erreichen.“

    Vielleicht sollten Sie (An) Regungen oder anderen Webseiten holen als sich hier auf dieser Webseite einen herunterzuholen.

    Wie war das noch mit den Männern und dem Gehirn und der Erbse:

    Wie kriegt man das Gehirn eines Mannes auf Erbsengröße? – Man bläst es auf!

    Und was soll Herr Parisien eigentlich dieser hingerotzte Satz:

    „Aber mit Ihnen haben wir kein Problem, keine Sorge. Sie sind ein Vorbild in Belesenheit, Spezialgebiet Bücher jüdischer Autoren. Ich glaube, Sie können bald einen kleinen Handel mit Judaika aufmachen oder vielleicht Klezmer-Kurse geben, die kommen gut, außer bei Juden.“

    Sollten Sie nicht wieder einmal dem Ratschlag Ihrer Familie folgen und Abstand von den ergu(e)ßlichen Beiträgen hier im Blog nehmen?

    Nebenbei:

    „Aber mit Ihnen haben wir kein Problem, keine Sorge.“

    Ich bekomme so langsam bei diesen Ausführungen von Ihnen und der Lyoner Knackwurst „Probleme“

    Ich hoffe dass Sie nach diesen Zeilen “ gut kommen “

    Der bodenstämmige Realismus leitet sich

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    @ Lyoner
    Da bin ich beruhigt. Sie lesen ja an einem prominenten Beispiel, dass es tendenziell nach dem Abstieg auch emotional bergab gehen kann. Umgekehrt gibt es das übrigens auch, womit Kerstins Frage beantwortet sei. So warf eine gute alte Freundin von mir den Kerl einfach ‚raus, als er sich das erste Mal in der Badewanne räkelte und wohlig stöhnte: So ein schönes Bad und so ein schönes Haus, wie wundervoll. Die Dame war auch in fortgeschrittenem Alter.

    @ Kerstin
    Ich glaube, Lyoner und ich teilen einen gewissen bodenständigen Realismus, der ihn (er würde sagen mich) nur in puncto Israel verlässt. Da wir psychologisieren, sehen wir die Natur aufgrund der durchschaubaren und abzählbaren menschlich-eigennützigen Motive nackt, wie sie ist und ohne Schnörkel. Wenn Sie ein Musterbeispiel für weiblichen Eigennutz und Eitelkeit sehen wollen, verfolgen Sie einfach den aktuellen Zank zwischen zwei Spitzenpolitikerinnen. Aber mit Ihnen haben wir kein Problem, keine Sorge. Sie sind ein Vorbild in Belesenheit, Spezialgebiet Bücher jüdischer Autoren. Ich glaube, Sie können bald einen kleinen Handel mit Judaika aufmachen oder vielleicht Klezmer-Kurse geben, die kommen gut, außer bei Juden.

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    @ Parisien

    Mit Ihren Überlegungen haben Sie meinen Elan, mit Power GRAU die Notlagen von emotional oder sexuell unglücklichen Frauen auszunutzen, abgekühlt.

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    @ Lyoner
    Ich würde die erstnmal genau durchleuchten, die auf grauhaarig stehen. Was ist, wenn das nicht die besten sind, sondern lediglich die besten Shopperinnen? Nicht umsonst hat jedes Luxushotel seine Boutiquen.
    Außerdem stelle ich die These auf, dass Frauen immer unglücklich sind, es aber oft nicht zeigen. Entweder sind sie sexuell unglücklich, weil sie den guten Kumpel suchen, den mit dem Pullover aus Naturwolle, an dem man kuscheln kann, oder sie sind emotional unglücklich, weil sie nach dem besten Ficker gucken. Also müssen alle Frauen tief gespaltene Wesen sein, in der Mitte zerteilt durch den doppelten Mann, den Kumpel-Loser und den oberflächlichen Sexual-Winner. Die glücklichsten Frauen haben vermutlich zwei davon. Der zweite ist aber nicht zwingend grauhaarig. Sie müssen da aufpassen. Wie Esther Vilar so schön ausführte, wird der Grauhaarige überflüssig, sobald frau alles hat, was sie sich schon immer wünschte. Daher haben wenig Frauen sich in die Beschneidungsdebatte eingemischt. Wichtiger als die Vorhaut ist für frau ganz sicher die Schreinerküche, die Wohnungseinrichtung, das Hotel und der Urlaub. Wenn alles passt, machen sie’s auch mit einem, der die Hälfte seiner Kostbarkeit amputiert hat. Also graue Haare als Trend zählt nur mit Goldcard. Schon immer.

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    Lyoner, (Sie grauhaariger Chancenmatador) Den Religionen muss man entgegenhalten: Erlösung den Erlösern, ihren Anhängern, Ihr braucht nicht das Licht der Welt oder der Stern zu sein, es reicht, wenn Ihr Euch selbst ein kleines Licht seid. Hier gilt die Goldene Regel.

    Jesus spricht zuerst vom Salz der Erde und dann als dem Licht der Welt. Mathäus 13: Ihr seid das Salz der Erde … ff 14: Ihr seid das Licht der Welt … ff

    … was etwa soviel heißt wie – die Grundsätze der Gerechtigkeit Gottes auf der Erde zu vertreten. Ganz ohne Alpecin. 😉

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    @ Serdar

    Danke für die Komplimente. Ich versuche lediglich, Komplexität zu reduzieren, die einfachen Gedanken, die zugrunde liegen, zu formulieren. Vielleicht wird die Sprache dadurch besser, weil die Argumente durchsichtiger sind.

    Was den neuen Focus angeht, heute bin ich durch eine Großanzeige auf der ersten Seite von BILD elektrifiziert worden. Dort steht

    „Männer-Haar. Grau sagt mehr als Geld. Die Damenwelt entdeckt die Vorzüge von grauen Haaren … Wichtig: Die Haare müssen gepflegt aussehen; lieber kurz geschnitten als lang; Gelbstich ist verpönt. „Silver“ heißt der Goldstandard. Meinungsumfragen zeigen: Graue Haare locken insbesondere emotional oder sexuell unglückliche Frauen an.“

    Power GRAU heißt das Mittel von Alpecin und kostet nur 6,99 €.

    Vielleicht könnten meine liaisons dangereuses mit emotional oder sexuell unglücklichen Frauen ein neuer Focus sein.

  11. avatar

    @ Parisien

    Ich denke, man muss sich klar machen, dass man sich weniger in einem edlen Wettstreit der Argumente und Hypothesen befindet, sondern, um im Bilde bzw. der Metapher zu bleiben, um die Rivalität von Immunsystemen (die stecken einannder an, erkranken aneinander, reagieren allergisch, versuchen sich zu immunisieren; es geht um Leben und Tod). Ich bilde mir keineswegs ein, einen der „Gläubigen“ zur Raison zu bringen, das haben Voltaire, Nietzsche, Freud & Co nicht geschafft. Paradigmen sterben aus, wenn die Anhänger eines Paradigmas aussterben. Trotzdem macht es Sinn, auf den Nutzen und Schaden von Religionen hinzuweisen und Leuten, die gerne eine neue Religion, wie Posener seine Zivilreligion, etablieren wollen, auf die Finger zu klopfen. Klar, dass man von den Adepten nicht willkommen geheißen wird. Den Religionen muss man entgegenhalten: Erlösung den Erlösern, ihren Anhängern, Ihr braucht nicht das Licht der Welt oder der Stern zu sein, es reicht, wenn Ihr Euch selbst ein kleines Licht seid. Hier gilt die Goldene Regel.

  12. avatar

    @Lyoner

    Ich überlege, ob es nicht einen besseren Focus für den Blog gibt, das kann noch dauern.

    Es muss ja nicht unbedingt Israel und Co sein. Sie können ja über das schreiben, was sie so lesen. Das klingt ja hier in ihren Beiträgen ja auch immer wieder an. Man könnte das ausführlicher machen. Also mich würde das schon sehr interessieren.
    Ob man jetzt ihre Ansichten immer teil oder nicht, aber sprachlich ist das schon ein Genuß.

  13. avatar

    @Parisien
    „..unbefangenes Verhältnis..vorbei..“
    Wenn Ihnen daran etwas liegt: Fliegen Sie nach Israel. Dann kommt das wieder. Ehrlich!

  14. avatar

    @ Lyoner
    Wenn ich den Absatz von Dershowitz, den Sie verlinkt haben, richtig interpretiere, meint er, Dershowitz, man könne über alles reden, Kinder, Tierschutz, nur sollten andere Länder das tun und nicht wir.
    Dagegen habe ich natürlich einzuwenden, dass auch in Ländern wie Frankreich (Mord an Halimi, Mord in Toulouse, ca. 50% Kollaboration WWII), Holland oder erst recht Polen oder Russland solche Diskussionen Beklemmungen erzeugen würden.
    Die einzigen Länder, in denen solche Diskussionen möglich sind, sind die USA und Israel, zumal dort ein signifikanter Prozentsatz an Juden lebt, der diese Dinge ohnehin unter sich diskutiert. Die Amerikaner allerdings sind involviert, weil sie gleichzeitig Sinn und Zweck der Beschneidung aus hygienischen Gründen debattieren.
    Unser Trieb allerdings, Kinder und Tiere wie auch generell Unschuldige und, manchmal zu großzügig, Zuwanderer und, oft viel zu generös, Mörder zu schützen, resultiert natürlich aus den Missetaten der Hitlergeneration. Genauso ist die ausgeuferte und übereilte Reaktion auf Fukushima zu betrachten.
    Ich fürchte, auf beiden Seiten, der jüdisch-deutschen und der nichtjüdisch-deutschen, wird eine Befangenheit hängen bleiben, eine Art Angst voreinander oder zumindest Scheu. Schade. Sogar an mir wird etwas davon kleben bleiben. Traurig. Ich hatte ein völlig unbefangenes Verhältnis zu unseren jüdischen Brüdern und Schwestern und zur Mutterreligion. Ich konnte alles sagen, ohne jede Scheu. Vorbei. Meine Meinungsfreiheit, die ich immer hoch hielt, die schon durch die Muslime eingeschränkt ist, ist weiter begrenzt worden. In Zeiten einer zunehmend gefühlten Diktatur der Exekutive (siehe auch Lengsfeld) beunruhigt mich das.

  15. avatar

    Lyoner > EJ: … Ihre Feindseligkeit gegen eine essentielle jüdische Differenz (nehmen Sie Spengler nicht so mit einem Schulterzucken, sondern denken Sie über seine Argumente nach) u.a. damit zu begründen und schmackhaft zu machen, dass Sie damit eine deutsche Differenz, das “deutsche Wesen” (die Hitlerei) verhindern wollen, ist nun ein ausgesuchtes intellektuelles Bubenstück. Deswegen habe ich nicht gezögert, Sie Alan Dershowitz, dem Papst der Antiantisemiten, auf den freundlicherweise Parisien hingewiesen hat, anzuzeigen. Dershowitz schreibt …

    … naja, ‚ein ausgesuchtes intellektuelles Bubenstück‘ ist, zumindest was ‚intellektuell betrifft, falsch. Ich meine – er ist schlichtweg nicht aus der Wahrheit.

  16. avatar

    @derblondeHans

    dann lassen sie doch ihr Visier herunter wie es M. Posener formulierte…..

    Wollen sie dass die Tuerken und Kurden aus Deutschland verschwinden????

    Und danach die Italiener und Griechen und Spanier und Portugiesen?

    Ich vergass die Araber?

    Und waere es mit den Franzosen, US-Amerikanern?

    Hic rhodus hic salta

    Soviel zu i h r e r L o g i k

  17. avatar

    @EJ
    Nochmal: Ich meinte nicht, daß man Gerichten das „Ermessen“ zugestehen soll, sondern, daß sie es sowieso schon haben („Vor Gericht und auf hoher See..“). Es geht genau dann vor Gericht, wenn etwas ermessen, abgewogen werden soll, sonst brauchten wir keine Gerichte. Und genau so ist das Kölner Urteil auch zustande gekommen. Übrigens auch nicht durch eine Klage eines Betroffenen. (Die vermisse ich sowieso: Ich höre und lese nur Stimmen von „Opfern“, die ihre „Täter“ verteidigen, was für mich die ganze Diskussion absurd erscheinen lässt.)
    Zu Ihren Befürchtungen und dem mir vorgehaltenen „Nebel„: Klar ist die Körperverletzung nicht durch die Zustimmung eines unmündigen Säuglings legalisiert werden kann. Aber glauben Sie wirklich, daß der komplizierte Vorgang der Erziehung eines Kindes im Wechselspiel von elterlicher Gewalt, kindlichem Trotz, Gruppendruck in der Schule usw. usf. komplett juristisch abgebildet werden kann?
    Und nur, weil Sie jetzt einen Punkt haben, den Sie vergleichsweise (sic!, darauf komme ich noch) einfach aufgrund des Tatbestandes der „Körperverletzung“ aburteilen können, reiten Sie Prinzipien? Ich gehe nach wie vor davon aus, es ist nicht so bei Ihnen, aber man könnte auf den Gedanken kommen, Ihnen ginge es vor allem um die Staatsraison und nicht um die beschnittenen Jungen.
    Sie machen sich also Sorgen, daß da „andere“ kommen könnten, die dann auch ihr Recht an der „Gestaltung“ Ihrer Kinder einklagen könnten, Scientologen u.a.
    Ehrlich, EJ, als ich das gelesen habe, bin ich fast vom Stuhl gerutscht, aber Sie hatten sich ja schon mal über die „Tümer“ ausgelassen, die Sie alle gleich irrational finden. Ich bin zwar nach wie vor Agnostiker, „Spreu“ statt „Weizen“, wie es ein engagierter Katholik (nicht derblondehans) hier äußerte, aber nicht zu erkennen, daß Menschen nicht nur „Körper“, wie ich hier lesen musste, sind, sondern eine Seele haben, die ziemlich stark von Sozialisation, Ritualen etc. abhängt, führt zu dieser mechanischen genialen-debilen Intelligenz eines Versicherungs-Zentralrechners, die uns der Intelligenzbolzen „erna“ hier bereits demostrierte. EJ, dieses Menschenbild haben Sie nicht, bitte!
    Wie man nun Islam und Judentum von sog. Jugendreligionen unterscheidet, ist mir erstmal ziemlich schnuppe, denn das Ei haben sich die Kölner Staatsanwälte und Richter selbst gelegt, nochmal: ohne Not, ohne Klage. Sollen diese es doch auch ausbrüten. (Einen möglichen Weg vermute ich , wie bereits gesagt, in einer seelisch-Kulturellen Würdigung der Buchreligionen o.Ä.).
    Vielleicht haben Sie ja doch recht damit: Gott muss ins Grundgesetz (und ich dachte, er wäre schon drin?). Warum? Weil unsere Denkweise, Kultur und Wissenschaft darauf aufbaut und der Staat kann nicht davon ausgehen, daß jeder ohne diesen tranzzendentalen Überbau auskommt. Das gebietet allein schon die Menschlichkeit. Vor allen juristischen Problemen.
    Interessanterweise hat unser blonder Muslimhasser den Finger auf die eigentliche Wunde gelegt: Deutschland hat durchaus Probleme mit seiner wirtschaftlichen und kulturellen Identität und Überlebensfähigkeit, und worum kümmert es sich? Um die Beschneidung..

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    @ Roland Ziegler: eigentlich

    Tja, Mensch versteht zwar noch wörtlich, mindestens biblisches „schnipp!“ und „schnapp!“, aber sprechen kann er – die verdammte Aufklärung macht’s – eher nur noch eigentlich.

    Beschneidungen fachmännisch und hygienisch

    Klarer (weil voraufklärerischer) Fall! Betäubungsspritze und Schere aus dem Sterilisationskasten hat Gott mit Bedacht nicht erwähnt. Er mag es, wenn kleine Kinder vor Schmerzen brüllen und anschließend leiden (und hoffentlich auch noch das eine oder andere Kind an einer netten kleinen Sepsis stirbt). Dann geht’s ihm göttlich gut. Amen! Halleluja!

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    @ EJ

    Sie schreiben „Und Suchbewegungen sind es auch, auf denen man sich Hitler und Kaftanjuden zur Verstärkung holt und zum Seuchenspezialisten avanciert?“

    Posener ist beileibe kein Seuchenforscher, schon gar kein „Seuchenspezialist“; hier läuft bei ihm, wenn er den Gottseibeinuns Hitler ins Spiel bringt, eine Immunabwehr mit einem Mem-Komplex ab, die er genauso leicht abrufen kann wie seine Freunde Henryk M. Broder, Hannes Stein e tutti quanti. Ob das nun genetisch oder kulturell bedingt ist, will ich hier offen lassen. Ich habe, wie Sie wissen, schon seit Menschengedenken, u.a. auf meinem Blog, darauf hingewiesen, wie leichtfüßig und instrumentell von Broder und seinen Freunden dieser Memkomplex ins Spiel gebracht wird. Durch ihn immunisieren sie sich gegen Kritik. Posener hat nur einen etwas gespreizteren Teetassenfinger.

    Sie, mein lieber EJ, gehen jedoch Alan Posener voll auf die Leimspur. Posener schreibt

    „Der Kern des Antisemitismus ist das Gefühl der Wesensfremdheit „des Juden“.“

    Und Sie schreiben

    „Es geht um einen Paradigmawechsel. Mit der Anerkennung jüdischer Identität – “Sie sind anders!” – ist notwendig die Anerkennung deutscher Identität verbunden, wird “deutsches Wesen” wiederkommen…“

    Als Seuchenspezialist darf man Sie ebenso ernst nehmen wie den „Seuchenspezialisten“ Posener. Was hat es denn mit der „Wesensfremdheit „des Juden““ auf sich? Wir alle wissen, dass er ein Lebewesen wie „wir“ ist, Augen, Nase, Glieder, Blut wie wir oder andere Säugetiere hat, dass er (inklusive Posener) jedoch auf Distinktionen, irreduziblen Differenzen besteht. Posener argumentiert hier mit einem unglückseligen Begriff „Wesen“, den wir gerne Kirchenlehrern zur Erörterung der Ousia oder Quidditas der Trinität oder Hitler überlassen, der jedoch in unserer Epoche und bei den uns zur Verfügung stehenden Methoden kontraproduktiv ist. Sie wiederum wollen entweder eine differentielle jüdische Identität nicht anerkennen oder wollen, dass die Deutschen diese differentielle Identität nicht erkennen, weil Sie befürchten, dass durch diesen Anerkennungsprozess ein ominöses „deutsches Wesen“ redivivus sich zurückmeldet. Soweit ich Sie kenne, gehen Sie nicht von einer Selbsterkenntnis aus, sondern von einer Hypothese über „die Deutschen“. Gerade deswegen, mangels Autoempathie, scheint mir dies die autoaggressive Immunreaktion eines invertierten Deutschnationalen zu sein. Wie kein anderer haben Sie hier mit unbeschnittenem Herzen, mit Leib und Seele, mit Passion gegen ein Identitätsmerkmal gestritten, dass für „die Juden“ eine conditio sine qua non ist. Ihre Feindseligkeit gegen eine essentielle jüdische Differenz (nehmen Sie Spengler nicht so mit einem Schulterzucken, sondern denken Sie über seine Argumente nach) u.a. damit zu begründen und schmackhaft zu machen, dass Sie damit eine deutsche Differenz, das „deutsche Wesen“ (die Hitlerei) verhindern wollen, ist nun ein ausgesuchtes intellektuelles Bubenstück. Deswegen habe ich nicht gezögert, Sie Alan Dershowitz, dem Papst der Antiantisemiten, auf den freundlicherweise Parisien hingewiesen hat, anzuzeigen. Dershowitz schreibt

    „Schande über jene Deutschen, die die Beschneidung verbieten wollen. Schande über jene Deutschen, deren Gleichgültigkeit es nicht zulässt, ihre Stimme zu erheben gegen diese pesudowissenschaftlichen Eiferer, die lügen, wenn sie von sich behaupten, das Wohl der Kinder liege ihnen am Herzen. Lob den Deutschen, die gegen die Intoleranz ihrer Landsleute protestieren.

    Andere Länder mit einer saubereren Geschichte müssen die Führung in der Forschung – echter wissenschaftlicher Forschung – und in der Diskussion um den Schutz der Rechte von Kindern und Tieren übernehmen. Die mörderische Vergangenheit Deutschlands disqualifiziert dieses Land für immer, bei den Versuchen, jüdische Rituale zu verbieten, Vorreiter zu sein.“

    Dershowitz wird Sie in dieser Diskussion disqualifizieren und im Goldenen Buch des Antisemitismus verewigen. Aus anderen Gründen bin auch ich der Meinung, dass die Qualität und Intensität Ihrer Interventionen der Unbewußtheit über Ihre Affekte geschuldet ist. Alan Dershowitz und ich stimmen überein, dass Ihre Beiträge nicht koscher sind.

    Ceterum censeo: Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass sowohl Christentum, Judentum und Mohammedanertum zu dekonstruieren sind.

  20. avatar

    @Wüng Wie ich darauf komme? Das ist einfach nicht zu übersehen, dass Sie sich dem Alarmismus verschrieben haben.Weiter viel Spaß dabei!

  21. avatar

    JLL: … ihrer Logik nach muesste man daher saemtliche Kurden aus Deutschland herauswerfen…

    … das ist nicht die Frage. Nicht ich muss begründen, wenn schon, müssen Sie, werter JLL, begründen warum Kurden in Deutschland sich so, wie im Link angeführt, ‚benehmen‘ dürfen oder gar sollen.

    Nun mal Butter bei die Fische.

  22. avatar

    @Marit:
    „…..In der in Deutschland geführten Auseinandersetzung spielen Saudische Gepflogenheiten ja eine eher untergeordnete Rolle, selbst wenn Sie dies bedauern sollten.“

    Wie kommen Sie denn darauf, dass ich das bedauere? Im Gegenteil. Eben weil ich sehr froh darüber bin, bin ich skeptisch gegenüber einem Gesetz, das die Beschneidung explizit erlauben würde. Welche Türen würde man damit aufstoßen? Was würde noch alles im Namen der Religionsfreiheit (die eigentlich ein Recht des Individuums, nicht der Kollektive ist) gefordert werden?

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    @EJ :Ich verstehe das so, dass Herr Posener jegliches – d.h. auch ein allgemein formuliertes – Sondergesetz eigentlich ablehnt. „Eigentlich“ bedeutet: Jetzt, im Zuge des (vermeintlichen) Fehlurteils, ist das Kind in den Brunnen gefallen und lässt sich das Sondergesetz nicht umgehen, nach dem Motto „Unrecht plus Unrecht gleich Recht“. Als eine Art Pfuschreparatur auf Zeit. Wenn irgendwann das Verfassungsgericht tätig geworden ist, vertraut Herr Posener darauf, dass dieses Sondergesetz kassiert wird und gleichzeitig die Beschneidungen umfassend verfassungsmäßig rehabiliert werden. Aber vielleicht verstehe ich ihn auch falsch.

    Derweil verbeten sich die Funktionäre (Frau Knobloch) jegliche staatliche Einmischung in die altehrwürdigen Rituale mit Empörung – und sei es auch nur die Forderung, die Beschneidungen fachmännisch und hygienisch durchzuführen.

  24. avatar

    @ 68er: Wenn man aber länger übe die Sache nachdenkt, merkt man, dass es sehr, sehr schwierig ist, hier einen Ausgleich zu finden.

    Suchbewegungen? Ja? Meinen Sie? Und Suchbewegungen sind es auch, auf denen man sich Hitler und Kaftanjuden zur Verstärkung holt und zum Seuchenspezialisten avanciert?

    68er: Daher wohl auch meine Verehrung Willy Brandts und meine Skepsis gegen Herbert Wehner. Ersterer badete nach Aussage Letzterem “gerne lau”. Letzterer scheint in seiner Zeit in Moskau wohl zu heiß oder zu kalt gebadet worden sein.

    Schön!

  25. avatar

    Ich möchte die Diskussion kurz noch mal etwas erden – und beziehe mich dabei auch auf KJNs Bemerkung, dass er die Körperliche Unversehrtheit für überinterpretiert halte:

    Jeder chirurgische Eingriff erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung. Und das ist gar keine große Angelegenheit. Warum?

    Straffrei bleibt die Körperverletzung, weil sie mit Einwilligung der Betroffenen (gegebenenfalls der gesetzlichen Vertreter) und auf der Basis einer medizinischen Indikation erfolgt. Im Extrem ersetzt die medizinische Indikation die explizite Einwilligung, wenn es um Leben und Tod geht etwa. In diesem Sinne ist die medizinische Indikation immer rational.

    Genau in diesem Rahmen bewegt sich die medizinisch indizierte Beschneidung.

    Für den Fall straffreier Körperverletzung auf der Basis religiöser Indikation würden medizinische Indikation und religiöse Indikation gleichgesetzt. – Ich sehe ganz ab von der Gleichsetzung von Rationalität und Irrationalität, die darin enthalten ist, und den möglichen Weiterungen, die das hat. Aber man stelle sich nur vor, was unter der Voraussetzung mangelnder Rationalität möglich würde, wenn nicht entweder der zulässige chirurgische Eingriff strengstens definiert oder Religion bzw. religiöse Indikation/ Motivation allerstrengsten Einschränkungen unterworfen würde. – Was wäre mit solchen staatlichen Einschränkungen und Prüfungen religiöser Handlungen oder der Religion selbst für die Religionen an Identität und für den Staat an Liberalität gewonnen?

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    @ Roland Ziegler: Herr Posener fährt schweres Geschütz auf

    Wenn sonst eher wenig eindeutig ist in APOs Auslassungen, das ist eindeutig.

    @ Roland Ziegler: Der vorherige Artikel von Apo ging darum, dass das Kölner Urteil einen GG-Artikel beschneiden würde.

    Das ist schon klar. Aber welches praktische Ziel sollte mit dieser Verfassungsdiskussion verfolgt werden? Die bloße Diskussion verhindert ja nicht ein weiteres „Kölner Urteil“. (Und nach Stand der Diskussion dürfte weit eher das genaue Gegenteil der Fall sein.)

    Ich denke, es ging um die verfassungsrechtliche Begründung/ Legitimation des im Text angesprochen „allgemein formulierten“ Gesetzes über die Beschneidung – ein Sondergesetz für Juden und Muslime in „allgemeiner“ Formulierung.

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    @ KJN: Ermessensfrage

    Aber KJN, das ist entweder Nebel pur oder das Programm „Zurück in die Steinzeit!“

    Was ist/ wäre denn geklärt, wenn Sie das Problem per Ermessen lösen wollen? Und wie wollen Sie den Ermessensspielraum öffnen? Doch auch per Gesetz? (Bzw. gesetzlicher Rücknahme von Gesetzen?) Oder wie?

    Handelt es sich um eine individuelle Ermessensfrage? Eltern entscheiden? Welche? Alle? Oder nur religionsgebundene? Oder nur Juden und Muslime?

    Und was bedeutet Ermessen inhaltlich? Worauf bezieht es sich? Worüber entscheiden Eltern? Doch wieder (gesetzlich) begrenzt nur darüber, ob beschnitten wird oder nicht?

    Oder auch über Bluttransfusionen? Oder auch darüber, dass bettnässenden Kindern die Schneidezähne gezogen werden, um einen unter den Schneidezähnen verlaufenden Nerv, der – nach esoterischer Lehre – das Bettnässen verursacht, zu beruhigen. (Fall als schulischer Elternfunktionär selbst erlebt.)

    Eltern entscheiden qua Ermessen auch wieder darüber, ob sie ihre Kinder prügeln oder nicht? Und darüber, wie heftig sie das tun wollen? Eltern entscheiden auch darüber, in welchem Alter und wen ihre Kinder zu heiraten haben?

    Und geht es nur um Elternrechte? Warum sollte man das – freie oder religiöse? – Ermessen nicht auch auf die Realisierung sonstiger familiärer Verhältnisse ausdehnen? Sollen die katholischen „ehelichen Pflichten“ den Tatbestand der Vergewaltigung in der Ehe wieder einschränken?

    Und wenn Sie schon kein Gesetz wollen, KJN, wollen Sie dann das Ermessen wenigstens prüfbar machen (was auf ein Beschäftigungsprogramm für Jugendämter und Familiengerichte usw. hinausliefe)? Wenn ja, auf der Basis welcher Maßstäbe? Bekannte ehrwürdige Traditionen werden geduldet, obskure nicht? Legen Sie einen Katalog vor? Usw. usf.

    Oder wollen sie das Ermessen ganz frei lassen? Wollen Sie z.B. das dulden, wovon wir wenig bis nichts wissen, was wir uns aber etwa unter „Scientology“ vorstellen?

    Ich glaube, KJN, Ihr Ermessen bringt uns keinen Deut weiter. Ohne – so oder so – einschränkendes Gesetz bedeutet ermessen schlicht „Steinzeit“ (wobei ich der Steinzeit mit dieser Benamung wahrscheinlich Unrecht tue) oder bedeutet, moderner und schlimmer, die Lizenz zum (mindestens innerfamiliären) Religionskrieg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wollen.

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    Herr Posener fährt schweres Geschütz auf, um zu ermitteln, warum seine beiden Annahmen (s.o.) nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Die Rede ist von antisemitischen Erweckungserlebnissen, Hitler, Memen, metaphorischen Viren und einem versagenden Immunsystem. Es geht darum, wie man auf den abwegigen Gedanken kommen kann, dass das Urteil KEIN Fehlurteil ist (m..a.W.: dass die Beschneidungen gegen das GG verstoßen und den Kindern abträglich sind).
    Auf diesen Gedanken kann man aber ganz ohne Meme, Kaftan-Erweckung, Virus und Immunsystem kommen. Er legt sich sozusagen von selber nahe; man findet jede Menge Literatur, die das stützt, Herr Posener hat selber in vorherigen Artikeln solche Texte zitiert – und, nicht zu vergessen, es gibt dazu ein Gerichtsurteil. Herr Posener kehrt nun aber plötzlich die Beweislast um: Nicht er ist es, der das Fehlgehen des Gerichts zu beweisen hat, sondern die Beschneidungsgegner müssen darlegen, warum sie daran glauben, dass das Gerichtsurteil rechtens ist, und werden unter Generalverdacht gestellt.

    @EJ: Der vorherige Artikel von Apo ging darum, dass das Kölner Urteil einen GG-Artikel beschneiden würde. Das ist zwar nicht übermäßig einleuchtend, da in Abs. 2 ausdrücklich von der Überwachungsfunktion des Staates die Rede ist, aber Herr Posener vertritt jedenfalls in diesem Text die Auffassung, dass die Beschneidungen grundgesetzkompatibel sind, das Urteil also ein Fehlurteil ist und insofern keinerlei Nachbesserungsbedarf in Form von Sondergesetzen o.ä. besteht. Diese Auffassung ist möglich, aber sie ist, sagen wir: sehr selbstbewusst, und wenn man sie nicht teilt, muss man sich dafür nicht rechtfertigen.

    @KJN: Selbstverständlich, alle Besonderheiten sind akzeptabel, außer solche, die gegen das GG verstoßen.

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    Marit: @Wüng Ja, ich ahnte Ihre Erwiderung.In der in Deutschland geführten Auseinandersetzung spielen Saudische Gepflogenheiten ja eine eher untergeordnete Rolle, selbst wenn Sie dies bedauern sollten.

    … wen wollen Sie eigentlich veralbern?

    Tausende Menschen werden in Deutschland jährlich in Zwangsehen getrieben. Ein Drittel der von Zwangsheirat Betroffenen – in der Mehrzahl Frauen – seien jünger als 17 Jahre …

    Fast zwei Drittel der Zwangsehen finden bei Deutschen mit religiösem Migrationshintergrund statt.

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    KJN: ‚Und deswegen die Frage: Sind WIR Deutsche bereit, Muslime und Juden mit ihren Besonderheiten als DEUTSCHE zu akzeptieren, oder nicht?‘

    … eine falsche Frage. Ich wünsche mir ein bescheideneres, in der Außenpolitik neutrales Deutschland ala (bessere) Schweiz. Wer mit uns arbeiten und leben will, ist willkommen. Nur in dieser Reihenfolge kann es funktionieren. Einwanderung auf Kosten der Gemeinschaft darf es nicht geben.

    Wer anderes will – will Deutschlands Zerstörung.

    Dementsprechend ein vielfältiges Europa. Kein einfältiges Europa.

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    Das Ende aller Messianismen (von „Judentum“ bis „(Pseudo)Wissenschaft“):

    Wann werde ich endlich in einer intelligenten Welt (IQ > 200) leben können ohne diesen jahrtausendealten messianisch-beschnittenen-traumatisierten Terror überall, d.h. ohne diesen jüdisch-christlich-muslimisch-kapitalistisch-kommunistisch-faschistisch-nationalsozialistisch-hypersozial-hypermedial-politisch-juristisch-pseudowissenschaftlichen Schwachsinn überall?

    Wenn also ein heutiger Körper sich immer noch als „Jude“ bezeichnet, so ist er letztlich „selber schuld“, denn:
    Hätte es keine „Juden“ gegeben, so hätte es auch keine „Muslime“ und „Christen“ gegeben; ohne Christen hätte es aber keine Protestanten gegeben, ohne Protestanten (laut Max Weber [!]) aber keine Kapitalisten; ohne Kapitalisten aber keine Marxisten-Kommunisten, ohne Kommunisten aber keine Faschisten und Nationalsozialisten (etc. etc. etc.)…

    Und zum Angriff Israels („Juden“) auf den Iran („Arier“):
    Geht lieber Karotten und Bäume pflanzen, ihr verdammten Idioten überall, die mir tagtäglich meine Welt kaputt machen!

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    @Roland Ziegler
    „Ich bin zugegebenermaßen “Entscheidern” gegenüber misstrauisch und verlasse mich auch sonst nur ungern auf das Augenmaß von Leuten, die ich nicht kenne.“
    100% d’accord.
    „Je eindeutiger die Texte sind, desto besser für alle.“
    Auch hier folge ich Ihnen.
    „Das Augenmaß dagegen ist das der Entscheider, der Obrigkeit, auf die ich mich nicht verlassen möchte.“
    Und auch da empfinde ich ganz genauso, wie Sie. Nur ist meine Sichtweise auf das Urteil eine andere: Ich halte die „körperliche Unversehrtheit“ für völlig überinterpretiert.
    (Andere „Phimotiker“ werden das sicher bestätigen.)
    (Und bei der öffentlichen Sezierung der ultraorthodoxen Praxis frage ich mich schon mittlerweile, welchem Ansinnen das wirklich dient..)

    Wie heißt es so schön? Vor Gericht und auf hoher See sind wir.. in welcher Hand denn nun eigentlich?
    Genau – in der Hand des Gerichts, der Obrigkeit, was man so sehen kann und leider vermehrt so sehen muss.

    Ich nenne das Problem, über das wir beide hier diskutieren, mal als Arbeitstitel „Gerechtigkeitsparadoxon“: Jeder, der Chef ist oder war, kennt das: Schreibe ich zuwenig vor, tanzen nicht nur die Mäuse auf dem Tisch, sondern die /der Eine fängt selbst zwecks Machtausübung an, Vorschriften zu machen (bedeutet hier: Gefahr oder Angst vor der „Parallelgesellschaft“).
    Schreibe ich aber zuviel vor, fühlen sich (werden faktisch) alle gegängelt; die berühmte „Rote Ampel“ bei Nacht ohne Verkehr.) Gerecht, im Sinne von „dem-Menschen-gerecht-werdend“ ist beides nicht.

    Was ist das beim Thema hier also sonst, als eine Ermessensfrage? Und welche Obrigkeit ist in der Lage, die zu beantworten? Keine! Es ist eine unabgewägte, in diesem Land undiskutierte Frage, die dadurch aufkam, daß Deutsche eben etwas gründlicher bei allem sind und sich dadurch das Leben etwas zu schwer machen. (Zustimmung @Jan Z. Volenz!)

    Und deswegen die Frage: Sind WIR Deutsche bereit, Muslime und Juden mit ihren Besonderheiten als DEUTSCHE zu akzeptieren, oder nicht?

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    Den Absatz sollte man lesen:
    „Meanwhile, Ya’acov Malkin, the academic director of the College of Judaism as Culture in Israel, who circumcised his own son 50 years before „because of habit, because it was a custom, it is a custom of the Jews“, says of circumcision: „I don’t regard it as a religious act at all… if it’s medically not necessary, it’s not necessary.“ Humanistic Judaism argues that „circumcision is not required for Jewish identity.“
    http://en.wikipedia.org/wiki/B.....rit_shalom

    Wenn wir also gegen Zirkumzision argumentieren, argumentieren wir a) für humanistischen Judaismus und b) NICHT GEGEN JÜDISCHE IDENTITÄT.

    Es empfiehlt sich daher für alle, die dagegen votieren, dabei zu bleiben und zu verhindern, dass wir in Deutschland in mittelalterliche Sitten gezwungen werden, während in Israel und Amerika Reformbewegungen am Werk sind.

    @ 68er: Die Herpesfälle (11) werden weiter oben auch erwähnt.

    Eine Passage findet sich über Frühgeburten. Tatsache: Wenn man es bei Frühgeburten nicht am 8. Tag machen muss, muss man es im Grunde gar nicht am 8. Tag machen.

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    „Beschneidung“ ist eigentlich ein Thema der Anthropologie, nicht der Politik ! Die Verstuemmelung des Koerpers stammt aus der Vorzeit. Jetzt auf der Spur einer NATO „Operation“ in Suedamerika, bei der wahrscheinlich eine hysterische deutsche Karl-May-Romantikerin fuer den BND dient als geopolitische Provokationsagentin: Da musste ich Orlando Villas Boas in der Presse erwaehnen – er hatte kurz for seinem Tod, 2002 gewarnt, dass die USA die Indianer zur Zersetzung der nationalen Souveranitaeten in Suedamerika vorbereitet. (Sieh „Profecia Orlando Villas Boas“). Dabei bin ich auf ein Video gestossen der Expedition 1953. Und da erscheinen die Indianer mit ihren Lippenflocken, Lippentellern, durchbohrten Nasen, verzerrten Ohren und durchstochenen Gesichtern. (Aber ohne „Beschneidung“ – im Dickicht ist es besser die Roehre durch eine Schicht Haut vor Kratzern zu schuetzen!). Aber die „Beschneidung“ aus Stammestradition – sicherlich hat den Ursprung in der Neolitik: Die Maya-Koenige mussten ihre Penise zum Bluten verletzen – als Teil des Traditionsrituals, ihre Priester mussten sich nur ihre Ohren anschneiden fuer das Bluten. Als die Priester der Spanier mit ihren symbolischen katholische Blut-Trinken nach Mexiko kamen – stellten sie die Indianerpriester an als Messdiener – und dann wunderten sich beide ueber die Bedeutung des Blutes im „Glauben“. Also – im Grunde ist das Beschneiden wahrscheinlich von der primitiven Vorstellung, dass „Gott“ ein Blutopfer erwartet. Es kann sogar weiter in die Urzeit deuten – als Kannibalismus noch zeitweilig ein Ueberlebenszwang war und das Opfer von Kindern oder Untergeordneten verlangte. Das Video ist „Expediciao Irmaos Villas Boas 1953“ .

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    @EJ Verniedlichend mag mein Kommentar wirken, wenn man die überbordenden Polemiken zum Thema bevorzugt.Ich habe nur noch am Skelett der Auseinandersetzung Interesse und verfolge, was sich auf dieser Ebene noch bewegt.Der Rest wurde schon tausendfach wiederholt.

    @Wüng Ja, ich ahnte Ihre Erwiderung.In der in Deutschland geführten Auseinandersetzung spielen Saudische Gepflogenheiten ja eine eher untergeordnete Rolle, selbst wenn Sie dies bedauern sollten.

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    @ Roland Ziegler: Doch, im Prinzip verstehe ich Apos Texte so.

    Naja.

    Von einer Verfassungsgerichtsentscheidung (die ähnliche künftige Gerichtsurteile verhindern könnte) war bis heute eher nicht die Rede. Bestrebungen, ein Sondergesetz für Juden und Muslime zu schaffen, unterstützt APO nicht. Er nimmt vielmehr an, das geplante Gesetz über die Beschneidung wird allgemein formuliert sein und dennoch fast ausschließlich von Juden und Muslimen in Anspruch genommen werden. Und der Tatbestand der Körperverletzung bzw. die Frage nach einem Elternrecht auf Körperverletzung ist inzwischen im Nebel des Kindeswohls verschwunden.

    Auch wenn ich mir Mühe gebe …

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    @ EJ @ Roland Ziegler

    Ich hatte den die erste Äußerung von Herrn Posener zum Thema zunächst auch so gelesen, als würde er das Urteil im Ergebnis eigentlich begrüßen und er sei der Meinung man müsse irgend einen Weg finden, einen Rechtsfrieden herzustellen.

    Wenn man aber länger übe die Sache nachdenkt, merkt man, dass es sehr, sehr schwierig ist, hier einen Ausgleich zu finden. Das habe ich bei mir selbst auch gemerkt. Je mehr man darüber nachdenkt, gerät man in eine Lage, sich grundsätzlich zu entscheiden: Für das einzelne Kind, gegen die Schmerzen, die dieses Erleidet oder für die Autonomie der Religionsgemeinschaften, das Recht der Eltern auf eine von ihnen selbst bestimmte Erziehung etc.

    Wie die Entscheidung dabei ausgeht, hängt oft von gesellschaftlichen Prägungen ab (Herr Posener würde wohl wieder mit seinen Memen kommen). Bei Herrn Posener wirken – wie bei mir – wahrscheinlich mehrere Meme gegeneinander. Bei mir siegt dummerweise immer das Mitgefühl mit den neugeborenen oder heranwachsenden Jungen gegen religöse oder gesellschaftliche Zwänge. Wahrscheinlich hat man mich als Kind immer zu lau gebadet.

    Daher wohl auch meine Verehrung Willy Brandts und meine Skepsis gegen Herbert Wehner. Ersterer badete nach Aussage Letzterem „gerne lau“. Letzterer scheint in seiner Zeit in Moskau wohl zu heiß oder zu kalt gebadet worden sein.

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    @KJN: Immerhin werden wir in diesem Sicherheitswahn z.B. durch die angeblich so freiheitsliebenden und risikofreudigen Amis noch übertroffen. Wenn dort nicht an jedem Messer der Hinweis steht, dass man sich schneiden kann, oder an jedem Kaffeeautomat, dass der Output heißt ist und man sich daran verbrühen kann, stehen saftige Entschädigungszahlungen ins Haus.

    Ich bin zugegebenermaßen „Entscheidern“ gegenüber misstrauisch und verlasse mich auch sonst nur ungern auf das Augenmaß von Leuten, die ich nicht kenne. Die Gesetzestexte, insb. das GG, rechne ich uns Bürgern zu; sie sind unser Eigentum, das wird eifersüchtig bewachen und gegen jedes Verbiegen verteidigen sollten, solange unser Staat in dieser Form besteht. Je eindeutiger die Texte sind, desto besser für alle. Das Augenmaß dagegen ist das der Entscheider, der Obrigkeit, auf die ich mich nicht verlassen möchte.

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    Nur zur Erläuterung: Annahme 2 hat Herr Posener noch nicht explizit zugegeben, aber sie ist eine Voraussetzung für Annahme 1. D.h. wenn die Beschneidungen dem Kindeswohl abträglich sein sollten, dann wird es wahrscheinlich, dass das Kölner Urteil KEIN Fehlurteil ist. Ein Ausrufezeichen hinter Annahme 1 kann man dann jedenfalls nicht mehr setzen; man wäre gezwungen, sich mit der anderen Möglichkeit – dass es eben kein Fehlurteil ist – näher auseinanderzusetzen.

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