Atheist werden ist nicht leicht. Eigentlich liegt es eher nahe, irgendwie religiös zu sein. Obwohl meine Eltern beide nicht besonders gläubig waren (mein Vater ein jüdischer Agnostiker mit Sympathien für das Christentum, meine Mutter eine anglikanische Agnostikerin mit einer Schwäche für Astrologie), war ich als Kind ein frommer Christ.
Allerdings rang ich als Neunjähriger mit folgendem Problem: Wenn ich der Sohn Gottes wäre, und ich wüsste, dass mein vorübergehender Tod die Welt erlösen würde – na, dann würde ich mich doch opfern. Ein viel größeres Opfer, schien es mir, hatten unsere tapferen britischen Soldaten gebracht, die fürs Vaterland oder für ihre Kameraden ihr Leben hingegeben hatten, ohne Gewissheit des ewigen Lebens und ohne Gewissheit, dass ihr Opfer etwas nutzen würde.
Da las ich den Bericht des Markus vom Gebet Jesu in Gethsemane: „Da ergriff ihn Furcht und Angst, und … er warf sich auf die Erde nieder und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe. Er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir!“ Mir wurde einerseits klar, dass ich es mir etwas einfach gemacht hatte. Auch ein Gott graust sich vor dem Tod. Und andererseits, dass Gott, wenn er schon die Gebete seines Sohns nicht erhört, sicher die Gebete seiner anderen Kinder nicht hört, schon gar nicht erhört. Es sei denn, man betet wie Jesus einschränkend: „Doch nicht was ich will, sondern was du willst, soll geschehen.“
Nebbich. Das geschieht ja sowieso. Dafür braucht man nicht zu beten.
Dass Gebete nicht erhört werden, wurde übrigens inzwischen wissenschaftlich – das heißt aufgrund eines wiederholbaren Versuchs – nachgewiesen.. Dr. Herbert Benson vom Mind/Body Medical Institute bei Boston ließ vor einigen Jahren 1802 Patienten, die sich einer Bypass-Operation unterzogen hatten, in drei Gruppen einteilen. Für die erste Gruppe wurde gebetet, ohne dass die Patienten davon wussten, für die zweite – die Kontrollgruppe – wurde nicht gebetet, und für die dritte wurde gebetet, und die Patienten wurden davon informiert. Das Beten übernahmen drei – ich nehme an protestantische – Kirchengemeinden in verschiedenen US-Bundesstaaten. Alle nahmen in ihr Gebet die Bitte „für eine gelungene Operation mit schneller Genesung und ohne Komplikationen“ auf. Es wird wohl niemanden überraschen zu erfahren, dass es zwischen der ersten und der zweiten Gruppe nicht den geringsten Unterschied gab. In der dritten Gruppe aber – unter den Patienten, die wussten, dass man für sie betete – war die Zahl der postoperativen Komplikationen signifikant höher. Das gibt mir zu denken, denn auf Webseiten wie „kath.net“ schreiben die Kommentatoren oft, mit zusammenbebissenen Zähnen, sie würden für mich beten. Bitte nicht! Ich habe den Beipackzettel gelesen!
Dass Beten nicht hilft, wusste allerdings schon Hiob. Und der Doppelblindversuch ist seitdem tausendmal wiederholt worden, auch in den Gaskammern von Auschwitz. Mich wundert daher, dass sich die Kirchengemeinden auf den Versuch einließen. Denn angesichts der Erfahrungstatsache, dass Gebete nicht erhört werden, hat die christliche Bibel eine Falsifizierungssperre eingebaut: „Du sollst Gott nicht auf die Probe stellen“, sagt Jesus dem Satan in der Wüste. Der hatte ihm ja gesagt, er könne Gott um alles Mögliche bitten, er werde seinem Sohn doch nichts abschlagen. Dr. Benson hat Gott auf die – wissenschaftliche – Probe gestellt.
Beten hilft nichts. Und doch beten die Menschen. Menschen haben Wünsche und Ängste, und die Vorstellung, dass es keine übergeordnete Instanz gibt, an die man seine Wünsche richten und bei der man seine Ängste ablegen könnte, ist für ein Lebewesen, dessen erste Lebenslektion die totale Abhängigkeit von übergeordneten Instanzen ist, im Wortsinn widernatürlich. Wenn ich eine Kirche besuche, blättere ich immer in den dort ausliegenden Kladden, in die man seine Gebete und Wünsche eintragen kann. Mich rühren da nicht die religiös korrekten und gänzlich uneigennützigen Wünsche für den Weltfrieden oder dergleichen, die man dort immer findet, sondern die Herzensschreie. In der Kirche des Augustinerklosters in Erfurt (wo Luther Mönch war, und die Papst Benedikt XVI neulich besuchte) hatte ein Junge mit Krakelschrift geschrieben: „Bitte mach, das mir meine Eltern ein Hund schenken.“ Das rührte mich fast zu Tränen. Und dass irgendein Dauerstudienrat mit grüner Tinte die beiden grammatikalischen Fehler verbessert hatte, als ob Gott das sonst nicht lesen könnte, macht mich noch heute zornig. Es könnte mir egal sein, ist es aber nicht. Und ich frage mich, ob der Junge jetzt seinen Hund hat.
Mir ist in fast sechzig Jahren Leben nicht viel Schlimmes zugestoßen. Sicher, beide Eltern sind tot, aber Eltern sterben nun einmal. Sicher, es gab Liebesleid und Enttäuschungen und einige Dinge, die ich bereue. „But then again, too few to mention“, wie Frank Sinatra sang. Deshalb hatte ich wenig Anlass, um und für mich zu beten. Aber – um bei Haustieren zu bleiben – als meine geliebte schwarze Katze Shira eines Tages verschwand, ertappte ich mich beim Verhandeln. Ich schrieb damals in meinem Blog: „Eigentlich war der Juni ein schöner Monat. Wir haben uns zum Geburtstag meiner Frau neue Fahrräder geleistet, mein erstes seit zwanzig Jahren. Außerdem habe ich ihr eine wunderbare Stahl-Stele des Bildhauers Achim Pahle geschenkt, die wir im Garten aufstellen wollen. Ich habe die Arbeit an meinem Europa-Buch beendet, das jetzt in Druck gehen kann. Und doch: die Stele und die Räder würde ich zurückgeben, das Buch ungeschrieben machen, wenn ich dafür nur einmal morgens beim Zähneputzen am Badezimmerfenster das Klopfen hören könnte, das mir signalisiert, Shira ist da und will jetzt – sofort, nicht später – hereingelassen werden und ihren Fressnapf gefüllt bekommen. Auf dem Weg die Treppe herunter in die Küche wird sie mir wortreich von ihren nächtlichen Erlebnissen erzählen, sich aber dann dem wirklich Wichtigen zuwenden und mich keines weiteren Blickes würdigen. Vollkommenes Glück.“
Das ist die atavistische, dem Menschen wohl angeborene Haltung, man könne durch irgendein Opfer das Unabwendbare abwenden. Da ist der aufgeklärte Atheist plötzlich dabei, wie der abergläubischste Heide zu sagen: „Nimm das, und lass mir dies.“ Wem sagt er das?
Und dann gibt es den perfekten Tag. Im Skiurlaub, blauer Himmel, Neuschnee, man kann immer noch die Piste mit der Tochter herunterrasen wie früher; oder zuhause, beim Anblick der Frau, die Tee kocht, das plötzlichen Bewusstsein, wie gut, wie völlig unverdient gut man es hat. Das Leben könnte morgen vorbei sein, und es wäre gut gewesen. Spontan möchte man dafür danken. Wem?
Es ist also nicht so, dass ich die Leerstelle nicht spüren würde. Ich lerne, damit zu leben. Was ja nicht heißt, das Gefühl verdrängen, im Gegenteil. Der Gejagte, der darum bittet, nicht sterben zu müssen; der Junge, der einen Hund haben will; der erwachsene Mann, der dem Schicksal ein Gegenangebot für seine Katze macht oder plötzlich von Dankbarkeit überwältigt wird – sie scheinen mir alle etwas darüber auszusagen, was es heißt, Mensch zu sein.
Eine erste Fassung des Texts erschien zuerst im „Vatican-Magazin“ 4/2009.
Hallo,
Du erwähnst diese Studie von Dr. Benson, und dass sie gezeigt habe, dass Beten nicht helfen würde.
DEM muss isch leider widersprechen. Die Studie hat das nicht gezeigt.
Du erwähnst ja selbst, dass bei denen, für die gebetet wurde, mehr Probleme auftauchten als bei jenen, für die nicht gebetet wurde.
Nun braucht man nur den Gebetstext, welcher verwendet wurde genauer zu betrachten, um zu erkennen, dass er nicht den Regeln des positiven Denkens, also ohne Negationen, formuliert war: In der Studie wurde verwendet: „… ohne Komplikationen“.
Auf dem Weg zum Göttlichen fällt ein „ohne“ heraus, weil es eine solche Negieruung auf der nicht dualen Gottebene nicht gibt.
Darum:
In der Studie wurde also eigentlich für Komplikationen gebetet – und dies ist auch laut den Ergebnissen der Studie geschehen.
Die Studie von Dr. Benson hat also sehr wohl gezeigt, dass Beten funktioniert !!!
Mehr übers Beten kann man in meinem Beten Lernen Ebook lesen.
lg von Andreas
Ganz interessant: Die Selbstmordattentäter des Martin Luther (von spon):
„Angefangen im 17. Jahrhundert und besonders im 18. Jahrhundert rollte eine Welle von Selbstmord-Morden durch Nordeuropa. Der Historiker Tyge Krogh von den Dänischen Staatsarchiven hat diese Morde untersucht und kommt zu schauerlichen Schätzungen: Im 18. Jahrhundert gab es in Kopenhagen pro 100.000 Einwohner eineinhalb Selbstmord-Morde. In Stockholm waren es 0,6 bis 0,8 Fälle pro 100.000 Bürger – und in Hamburg 0,4 bis 0,5.
Beeinflusst war die Motivation der Todeswilligen maßgeblich von Martin Luther. Er war es, der die Geschichte mit der Sündenvergebung so wörtlich auslegte. „Luther glaubte, dass wir Erlösung erlangen, wenn wir zu unseren Sünden stehen, sie ehrlich bedauern und fest an Gott glauben“, erklärt Krogh. Alles entscheidet sich so erst im letzten Augenblick des Lebens. Wer zu dem Zeitpunkt seine Sünden gesteht und bereut, der hat keine Gelegenheit mehr, neue zu begehen und fährt so mit frisch gereinigter Seele geradewegs in den Himmel. So wurden die Selbstmord-Morde zu einer Plage, die im Windschatten der evangelisch-lutherischen Reformation in Nordeuropa Einzug hielt.“
http://www.spiegel.de/wissensc.....79,00.html
Das ist das Bezaubernde an Tieren. Sie kommen nicht auf solch abartige Gedanken.
@ Rita E. Groda
„Meine absolute Lieblingskirche ist, abgesehen von der Kathedrale von Ely, St. Martin in the Field.“
Englische Kathedralen und Kirchen mit ihrem Green oder die Landkirchen mit ihrem Friedhof strahlen eine überirdische Leichtigkeit und Ruhe aus. Nirgends ist esso schön, Kirchen zu besichtigen. Mein Favorite ist Salisbury.
Opus Dei aber hat keinen Schimmer von Katzen. Ich bin mit unserer derzeitigen Katze sehr streng. Wenn ich die Küche betrete, springt sie sofort ab vom Tisch. Den Vogel, mit dem ich sie erwischte, habe ich ihr um die Ohren gehauen und sie beschimpft. Sie brachte nie wieder einen. Letztes Jahr „schenkte“ sie uns ein junges Kaninchen. Wir haben zwei Tage nicht mit ihr geredet. Damit war das erledigt. Wir bekommen nur noch Mäuse. Katzen sind bedingt erziehbar, denn sie legen großen Wert auf Zustimmung und Streicheleinheiten.
Lieber Herr Posener,
daß der Opus Dei Katzen nicht mag, das ist mir aber sehr verständlich.
Katzen sind absolut unabhängige Wesen, tatsächlich nicht richtig zu domestizieren. Sie sind unberechenbar und eigenwillig;wie sollten dogmenhörige Kleriker das akzeptieren können.
Ich glaube übrigens, daß beten keine so schlechte Angelegenheit ist. In den Zeiten, zu denen es noch keine Psychotherapeuten gab, haben die Menschen versucht zu beten und versucht mit ihrem Gott, bzw. ihren Göttern zu kommunizieren. Beten hat eine entlastende Wirkung und kann durchaus heilsam sein, obwohl die Menschen immer wieder erfahren, daß Gebete nicht unbedingt erhört werden.
Meine absolute Lieblingskirche ist, abgesehen von der Kathedrale von Ely, St. Martin in the Field.
Dort sah ich als ganz junge Deutsche zum ersten Mal eine Pin-Wand mit Bitten an einer Kirchenwand hängen.
Ich fand das so rührend und habe viele der Tausenden Bitten gelesen; jedes Mal, wenn ich in London bin, hänge ich auch ein Zettelchen da hin, ich gestehe.
By the way, ich fand damals auch die Unbekümmerheit der Briten, wie sie mit Kirche umgehen, extraordinär; ein Cafe in der Krypta, wie in St. Martin – auf Deutsch irgendwie unvorstellbar.
Als ich 2009 einen Auszug aus Ihrem obigen Beitrag las, habe ich mir extra dieses Exemplar des Vatikan Magazin besorgt, wie ich Ihnen ja mitteilte.
Ich finde diesen Beitrag heute noch so excellent wie 2009.
Gott sei Dank
bin ich kein Atheist..
… urgh ! … beinahe vergessen … werter jan z. volens, ich höre Mexikanern gerne zu … 😉
Katzen sind ja eigentlich doof. Aber ihre Doofheit ist irgendwie subversiv, weswegen man sie liebt und sich freut, wenn sie einem schnurrend um die Beine gehen.
Was mal wieder zeigt, daß Intelligenz nicht alles ist.
… immer wenn ich was von toten Katzen lese/höre, kommen mir Tom Sawyer und Huckleberry Finn in den Sinn, mein Kindheit war ähnlich, (auch meine Lehrer waren überglücklich, als ich die Schule beendete) 😉
… die Scheinheiligkeit ist dort, wo die Sorge um die tote Katze oder die Kröte, die beidhändig über die Straße getragen wird, über ungeborenes Menschenleben steht …
Gegenseitige Resozialisierung – wie die Katze in den Knast kommt:
„Natalie kratzte, biss, fauchte, landete schließlich im Tierheim und sollte eingeschläfert werden – bis sie ins Gefängnis kam. Hier lernt die langhaarige schwarze Katze nun Manieren, hat täglich Auslauf und lebt mit Häftlingen in deren Zelle.“
http://www.spiegel.de/panorama.....31329.html
@ Alan Posener
Ja, die heutige Tierliebe ist nicht von den Kirchen ausgegangen. Diese behaupten, dass nach dem Tod Erlösung stattfände und wir alle gleich seien. Sie sehen uns im Himmel eher neben einem erlösten Hitler sitzen als neben Hund und Katze, die niemandem etwas getan haben.
Aber das entspricht nicht unbedingt den Ursprüngen, wenn man an Noahs Arche denkt oder einige Naturbetrachtungen in Psalmen oder die Bemerkungen des Jesus über die Vögel am Himmel und die Lilien auf dem Felde. Man kann auch den heiligen Franziskus bedenken, und dann fragt man sich, ob solche Einstellungen, die Sie schildern, nicht nur weltfremd sind, sondern auch Gott-fremd.
Eines meiner Kinder war in einem Steiner-KiGa. Dort sind sie näher dran, denn sie beten vor dem Essen so:
Jedes Tierlein hat sein Essen
Jedes Blümlein trinkt von dir
Hast auch unser nicht vergessen
Lieber Gott, wir danken dir.
Wir hatten mal zwei Katzen, Geschwister. Die eine fand mein Sohn, der danch den ganzen Tag weinte, sterbend, das Gehirn herausquellend, angefahren, auf der Straße. Die andere verschwand daraufhin spurlos. Sie muss auf die Suche gegangen sein und sich verirrt haben. Das war desolat. Ich empfehle Ihnen als Ersatz einen Hund. Das ist bedeutend leichter. Wenn sie aus dem Welpen- und Trotzalter sind, gehen sie nicht von einem weg (und btw, es gibt exzellente Hundepensionen).
Ich gehöre zu den Menschen, die glauben, das das Ewige Leben ohnehin in uns ist: Wenn wir unsere Katze nicht vergessen, unseren Hund, unsere Eltern, unsere Dichter, das Gute und wir selbst nicht vergessen werden. Ich brauche keinen Himmel, wo nicht vorgesehen ist, dass ich meinen Hund wiedersehe, sondern erlöst neben einem von seinen Sünden erlösten Hitler sitzen darf.
Deswegen natürlich Agnostiker. Manches an den Kirchen geht schlechter durch ein Nadelöhr als ein Kamel.
Feldforschung
http://www.heise.de/tp/blogs/10/151904
@Apo: Offensichtlich dem Zölibatären Tierliebe so fremd wie manche andere menschliche Regung. Ich sagte ihm, ein Himmel, in dem es keine Katzen gäbe, wäre mir die Sache nicht wert. Er verstand weiterhin nicht, worum es ging. Ein hoffnungsloser Fall.
… er wird wohl ‚Ihre Regungen‘ nicht verstanden haben.
Ansonsten:
Jesaja 11, 6-8:
Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten.
Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind.
Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange.
Jesaja 65, 25:
Wolf und Lamm weiden zusammen, der Löwe frisst Stroh wie das Rind [doch die Schlange nährt sich von Staub]. Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg, spricht der Herr.
@ Parisien: Als ich mein Buch über die Jungfrau Maria veröffentlicht hatte, das übrigens von keinem Theologen kritisiert wurde, sondern sogar, wie ich kürzlich erfuhr, bei der Erstellung eines Lexikons der Evangelischen (!) Theologie zu Rate gezogen wurde, bemühte sich der Opus Dei sehr um mich. Erste zweifel an deren Kompetenz kamen mir, als ich den mir zugeteilten Agenten fragte, ob ich im Himmel meine Katze wiedersehen würde. er verstand die Frage gar nicht. Offensichtlich dem Zölibatären Tierliebe so fremd wie manche andere menschliche Regung. Ich sagte ihm, ein Himmel, in dem es keine Katzen gäbe, wäre mir die Sache nicht wert. Er verstand weiterhin nicht, worum es ging. Ein hoffnungsloser Fall.
Feldforschung
http://www.sueddeutsche.de/dig.....-1.1347234
@ Parisien
Es gibt eine Haltung, die durchaus nicht nur den Intellekt anspricht, wenn sie auf Gott und Glauben verzichtet. Habe ich auch erst jetzt kennengelernt; lohnt sich anzusehen:
http://videos.arte.tv/de/video.....14516.html
Was für ein schön geschriebener Artikel! Danke dafür
@ Alan Posener
Dass Sie nun wirklich ein full time-Atheist sind wie z.B. Christopher Hitchens, daran habe ich so meine Zweifel. Die Fakten: Vater jüdischer Agnostiker, Mutter hin-und hergerissen zwischen anglikanischer Kirche und Astrologie, also gemischte Prägung von Seiten der Eltern. Lyoner schwankt zwischen anglikanischem Atheisten und „Kryptoreligiösem“. Ich schildere Ihnen mal die Einstellung von Pastoren und Priestern zu voll von sich selbst und ihrem Unglauben überzeugten Atheisten: Schmunzeln. Die nehmen keinen davon ernst, wissend, dass schon die härtesten Atheisten zurückgekommen sind. Dafür gibt es die überaus prägnante Geschichte vom Verlorenen Sohn.
Für Sie wäre für einen solchen Sinneswandel nötig, dass Shira eines Tages putzmunter in Ihr Haus spaziert à la Verlorene Katze. Ansonsten hilft nur, daran zu glauben, dass sie im Katzenparadies ist und sich mit Garfield unterhält, was sie vielleicht noch lustiger findet als ein Dasein in der McNair-Siedlung. Aber sie erzählt Kater Garfield gewiss von dem guten Whiskas, dass es bei APo’s gab. Ein Heilmittel für so was wäre eine neue Katze. Manchmal sieht man in einem neuen Tier exakt das alte, da Tiere sich etwas ähneln im Verhalten. Einen Menschen kann niemand ersetzen, ein Tier dagegen schon.
Aber man muss annehmen, da Sie gern verreisen, dass Sie die Freiheit ohne Shira auch schätzen. Ich meine, Shira kann nicht mit auf die Skipiste, nicht wahr? Selbst die hartgesottensten Deutschen stopfen keine Katze in den Rucksack, sondern höchstens ihr Baby. Ich treffe haufenweise alte Leute, die über ihren verstorbenen Hund/ihre Katze jammern, aber noch ein Tier wollen sie nicht, weil verreisen doch auch schön ist. So betrachtet, haben Sie ein „heiliges“ Factum in Ihrem Stück konstatiert: Sie haben es recht gut. Und da Sie kein reiner Deutscher sind (selig, die da meckern), ist Ihnen das zum Glück bewusst.
Ein schöner Text ist Ihnen da gelungen, Herr Posener, den ich nicht zerpflücken möchte.
Das Interessante an der oben angeschnittenen Fragestellung ist die Frage, ob sowohl die Mitglieder der Gruppe, die nichts wusste als auch die der Gruppe, für die nicht gebetet wurde, für sich selbst gebetet haben, eine Frage, die mir in einem religionsnahen Land wie den USA berechtigt erscheint. Meine These: Wenn überhaupt, nutzt nur das Beten, auf das man im nachfolgenden Verhalten, in diesem Fall Kooperation mit den Ärzten und Schwestern, selbst Einfluss hat, also das Beten um das eigene Schicksal, während Fremdbeten völlig sinnlos erscheint.
So kann auch der Junge seinen Hund bekommen haben, weil er seine Bitte an die Eltern noch mal neu und anders formuliert haben mag. Und der Hund – irgendeiner – existiert ja irgendwo schon für ihn, während die Katze Shira, falls sie überfahren wurde, nicht mehr existiert.
Das ist aus Sicht der Kirchen voll atheistisch, was ich hier formuliere: Der Mensch als Erfüllungsgehilfe seines Gebets. Aber wie man auch in einer Psychoanalyse nur sich selbst ändern kann, nicht aber seine Umgebung, so kann man auch mit einem Gebet nur sein eigenes Verhalten in die erbetene Fahrtrichtung lenken, nicht aber das einer ganzen anderen Gruppe.
Und die Leerstelle: Ja, das ist die, die Religionsnahe nicht haben. Es ist diese letzte Instanz für Danke oder ein sinnvolles Bitte, um die jeder Atheist den Gläubigeren, dem diese Instanz mehr Selbstvertrauen gibt, beneidet. In der Konsequenz muss der Atheist, um dieses Selbstvertrauen und alles, was darauf aufbaut, zu zerstören, am Ast der Kirchen ständig sägen. Inzwischen hat er selbst seine Götter von Hitchens bis Dawkins, aber in der Leerstelle helfen sie ihm nicht weiter, weil sie lediglich den Intellekt bedienen.
„Dem Menschen sollte man zwei Dinge wegnehmen: Den Alkohol und die Religion!“ Die Meinung von Benito Juarez, Praesident von Mexiko in den 1860ziger. Geboren als Zapotec-Indianer der erst als Jugendlicher die nationale Sprache, das Spanisch lernte. Dann Jurastudium, Politikkarriere. Am Ende Sieg ueber das Kaiserreich Frankreich welches die Fremdenlegion nach Mexiko gesandt hatte um den oestreichischen Erzherzog Maximillian als Kaiser von Mexiko einzusetzen – 1861. 1867 wurde Frankreich und Oestreich besiegt – von Mexikanern. —-Der Braunauer schreibt 1925 in seinem Buch: „Haetten die Franzosen nicht ihre Truppen von Mexiko abgezogen und den Maximillian allein gelassen (die Mexikaner fuesilierten ihn!) – dann haette moechligerweise Oestreich 1870 auf der Seite Frankreichs gegen Preussen gestanden.“—————————— ( Wie waere dann die Geschichte Europas nach 1870 geworden ? )
P.S.
Neben dem Gesundbeten könnte man das Beten auch für Kriegszwecke einsetzen: Beten für den Sieg über die Achse des Bösen.
Die Mittel für solche Studien wurden ja unter der Administration Bush flüssig gemacht. Und Norman Podhoretz hat für eine Kampagne „Pray for Bombing Iran“ aufgerufen.
Gott mit uns.
Nach einem phantastischen 1. Mai will ich nicht vergessen, den Tag zu loben und hoffe, dass alle hier die Gelegenheit ergriffen haben, zur Sonne zur Freiheit zu streben. Ein kleines Andenken:
Brüder zur Sonne zur Freiheit
Brüder zum Lichte empor
Hell aus dem dunklen Vergangen
leuchtet die Zukunft hervor
Der gute alte Herbert Benson (http://www.sueddeutsche.de/wis.....t-1.615106). Mit ihm und seinem relaxation response habe ich mich bereits in den 70er Jahren beschäftigt, als ich meine Diplomarbeit „Phänomenologie der Meditationssysteme“ schrieb. An ihm und seiner Studie lässt sich vorzüglich zeigen, wie eine intrumentale Vernunft auf den Hund kommt, indem sie Phänomene nach ihrem eigenen Maßstab definiert, in diesem Falle Gebete als ein technisches instrumentelles Mittel zu einem Zweck. Wir wissen, dass magische Praktiken, seien es Segnungen, Gebete oder Verfluchungen, wirksam sein können. Damit sind sie jedoch noch kein Beweis für die Intervention eines höheren Wesens. Ich denke, wir sind uns hier einig, dass man gerade auch gegenüber der „modernen“ Wissenschaft gut beraten ist, auf sie mit Descartes methodischem Zweifel zu reagieren, „Tatsachen“ (=Messergebnisse einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung) weiter und weiter in Frage zu stellen. Sicherlich kann man zwischen good and bad science unterscheiden. Und es gibt einen Geltungsbereich der Wissenschaft, mithin also auch Grenzen. An welcher Stelle wollen Sie mit dem Terminus „Heiligkeit der Tatsachen“ operieren?
Der Artikel zeigt, dass es eine anthropologische Konstante gibt, die auch dem Atheisten ein spürbares Defizit hinterlässt. Wir sind nun mal – nolens volens – auf etwas verwiesen, was außerhalb unserer greifbaren Welt liegt. In ehrlicheren Zeiten nannte man es Gott, zu dem man sich bekannte, heute nennen wir es, wie Posener, eine Leerstelle, die wir analysieren und sezieren, und die uns doch weiterhin schmerzt.
Glücksratgeber und Lebenshilfen sind die Katechismen unserer Tage; auch wenn sie nicht das Leben zu meistern helfen, beweisen sie, dass Gott, selbst noch in seiner Negation, uns nicht loslässt.
Apo: Allerdings rang ich als Neunjähriger mit folgendem Problem: Wenn ich der Sohn Gottes wäre, …
… ist in Hollywood verfilmt worden.
Ansonsten Prov.26 12. : ‚Hast du einen Menschen gesehen, der sich für weise hielt – an einem Toren ist mehr Hoffnung als an ihm.‘
‚Dein Wille geschehe‘, werter Apo, hat etwas mit Demut zu tun. (Buchempfehlung: Katechismus des heiligen Kirchenlehrers Thomas von Aquin. U.a..)
APO: Mir ist in fast sechzig Jahren Leben nicht viel Schlimmes zugestoßen.
Genau. Sie haben zwar Ihre Katze nicht zurück bekommen. Sie haben aber etwas anderes bekommen. Sie sind jünger geworden. Ist doch auch was.
Cher Apo
Chapeau….
Ein Text unter das Kopfkissen zu legen
P.S. Hat beten nicht auch einen placebo effect ?