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Europa ist wichtiger als der Euro

Ein Gespenst geht um in Europa: Das Gespenst Helmut Kohls. Sein wichtigstes Werk ist nicht die deutsche Einheit, sondern die europäische Gemeinschaftswährung. Kohl meinte erstens, der Euro sei eine Frage von Krieg und Frieden, und zweitens, der Euro werde die Einigung Europas unumkehrbar machen. Diese beiden Argumente sind bis heute die Hauptargumente der Euro-Verteidiger. Meines Erachtens sind sie falsch.

1. Der Euro ist keine Frage von Krieg und Frieden. Staaten führen wegen allerlei Differenzen gegeneinander Krieg, aber nicht wegen der Wechselkurse. Die Frage von Krieg und Frieden in Europa hängt in erster Linie davon ab, dass Demokratie und Zivilgesellschaft in den einzelnen Staaten erhalten bleiben; denn die Statistik zeigt, dass liberale Demokratien selten Krieg gegeneinander führen.

Mit der Ernennung von Regierungen aus Technokraten in Griechenland und Italien, die von ehemaligen Brüsseler Funktionären geführt und auf einem Elitenkonsens beruhen, ohne durch Wahlen, Referenden oder dergleichen legitimiert zu sein, wird sogar die Demokratie durch den Euro gefährdet.

Darüber hinaus aber gibt es wirklich Fragen von Krieg und Frieden, denen sich Europa stellen muss: etwa der atomaren Rüstung des Iran und den imperialen Ambitionen Russlands gegenüber Weißrussland und der Ukraine, Georgien und anderen ehemaligen Teilen des Imperiums. Es besteht die reale Gefahr, dass die Euro-Krise von diesen Fragen ablenkt und Europa außenpolitisch lähmt.

2. Der Euro macht die Einigung Europas nicht unumkehrbar. Im Gegenteil. Augenblicklich verschärft er im Gegenteil die Gefahr einer Spaltung zwischen den Ländern, die den Euro eingeführt haben, und dem Rest der Union. Aber nicht nur das: Die Gemeinschaftswährung verschärft auch die Widersprüche zwischen den Mitgliedsländern der Eurozone. Er treibt sie auseinander, anstatt sie zusammenzuschweißen.

Ein Beispiel: Nach Berechnungen von Professor Fritz Scharpf führt die Gemeinschaftswährung dazu, dass Deutschland mit einer Währung operiert, die um etwa 20 Prozent unterbewertet ist im Verhältnis zur wirtschaftlichen Stärke des Landes, während sie für Griechenland, Irland, Spanien, Italien und andere stark überbewertet ist.

Dies hat bestehende Ungleichgewichte verschärft. Deutschlands exportorientierte Wirtschaft hat Vorteile aus dem Euro gezogen – Deutschlands Exporte wurden billiger; hingegen konnten die Exporte der schwächeren Länder nicht mithalten.

Dafür bekamen sie Kapital – bis vor kurzem – erheblich billiger, als wenn sie nicht Mitglieder der Eurozone gewesen wären. Da es unsinnig gewesen wäre, dieses Kapital in die Modernisierung einer ohnehin nicht wettbewerbsfähigen Industrie zu stecken, flüchtete es in andere Bereiche. Der Euro hat so geholfen, Immobilienbooms in vielen Ländern zu finanzieren, deren Platzen dann die ohnehin schlechte Situation dieser Länder noch verschärfte.

Kurz: der Zusammenhalt Europas wird paradoxerweise nicht durch die Erweiterung Europas gefährdet, sondern durch die „Vertiefung“.

Nun soll nicht verschwiegen werden, dass der Euro die versteckte Agenda Helmut Kohls seit dem Einsatz der Finanzkrise sehr wohl in die Tat umsetzt: nämlich die Erzwingung „deutscher“ Verhältnisse in Staat und Wirtschaft. Dies war auch, wie ich wiederholt argumentiert habe, der eigentliche – der „imperiale“ – Auftrag des Euro.

Man könnte in Analogie zum „Dollarimperialismus“ von „Euroimperialismus“ reden. Im Hinblick auf diese Agenda gibt es drei Möglichkeiten:

Es ist möglich, dass diese Agenda durchgesetzt wird; davon bin ich bisher ausgegangen. Inzwischen bin ich mir nicht so sicher. Der Widerstand gegen die von Deutschland verordnete Politik des Sparens in die Krise hinein wächst. Wie der wirtschaftsliberale „ Economist“ diese Woche in einem Leitartikel warnt: „The problem ist hat the dogmatic prescriptions of the ‚German orthodoxy’ are pushing the single currency towards collapse. … Teutonic rigidity will wreck the European project.” Deutliche Worte.

Es ist auch möglich, dass der Euro als Einheitswährung gerettet wird, sein disziplinierender oder „deutscher“ Charakter aber aufgegeben wird, etwa indem der EZB eine Lizenz zum Gelddrucken („Quantitative Easing“) erteilt wird, so wie es die Fed und die Bank von England bekommen haben (und wie es der „Economist“ empfiehlt).

Ob diese faktische Inflation in Deutschland politisch durchsetzbar sein wird, bleibt abzuwarten. Ich gehe davon aus, dass genau darin die Aufgabe der kommenden Großen Koalition – spätestens 2013, vielleicht aber schon vorher – bestehen wird.

Angela Merkel schwört die Union schon darauf ein; in Berlin hat Klaus Wowereit für die SPD Vorarbeit geleistet.

Abgesehen von den politischen Unwägbarkeiten in Deutschland (anderswo in der Eurozone würde man eine inflationäre Geldpolitik begrüßen) birgt eine solche Lösung angesichts der Versäumnisse in großen Teilen Europas, die Produktivität zu steigern, mittelfristig die Gefahr einer Stagflation wie in den 1970er Jahren.

Ich bin noch nicht davon überzeugt, halte es aber für notwendig, immerhin die Möglichkeit zu erwägen, den Euro aufzulösen. (Das wäre allemal besser als die Schaffung zweier Euros, sozusagen einen Nordstaaten-Euro unter deutscher, einen Südstaaten-Euro unter französischer Führung. Wenn man Europa dauerhaft spalten will, wäre das die Lösung.)

Kurzfristig wären die Ergebnisse einer Rückkehr zu nationalen Währungen politisch und wirtschaftlich katastrophal, gerade für Deutschland, dessen Banken riesige Verluste machen und dessen überteuerte Exporte zusammenbrechen würden; hinzu käme eine nicht abzusehende politische Krise in Europa. Langfristig wird Europa überleben, wenn klar ist, wozu die Europäische Union eigentlich da ist.

Halten wir darum fest: Europa ist wichtiger als der Euro. Sprüche wie „Scheitert der Euro, scheitert Europa!“ (Angela Merkel auf dem Leipziger Parteitag der CDU) sind darum dummes Zeug und unverantwortliches Gerede, Der Euro kann scheitern. Europa darf nicht scheitern. Europa ist wichtiger als der Euro.

Deshalb muss man die Abkehr von der Kohl-Doktrin in Erwägung ziehen.

Die Kohl-Doktrin, die Erzwingung einer „immer engeren Union“ mittels eines technischen Tricks, nämlich der Währungsunion, ist typisch für die Art und Weise, wie die Einigung Europas seit dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG)1954 vorangetrieben wurde.

Die EVG ging von der richtigen Überlegung aus, dass die Einigung Europas mit der Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – und der Institutionalisierung dieser Gemeinsamkeit in einer gemeinsamen Armee – beginnen muss; vom Primat der Außenpolitik also. Nachdem die französische Nationalversammlung überraschend gegen die EVG stimmte, wurde mit der Entwicklung der Einheit über den Gemeinsamen Markt das Pferd von hinten aufgezogen.

Man regelte etwa die Gurkenkrümmung europaweit, konnte sich aber nicht auf eine Politik etwa gegenüber Schurkenstaaten einigen. Bis heute hat die EU keine gemeinsame Außenpolitik. Das zeigte sich eklatant im Versagen Europas angesichts der Herausforderungen des arabischen Frühlings.

Dabei geht es dem europäischen Imperium längst nicht mehr darum, Kriege in seinem Inneren abzuwenden oder den Kontinent zu einigen. Die kontinentale Einigung ist weitgehend gelungen, Kriege so gut wie unmöglich. Worum es geht: Im kommenden pazifischen Jahrhundert den „Westen“ als Wertegemeinschaft gemeinsam mit den USA und nach Möglichkeit auf Augenhöhe mit Amerika zu verteidigen und zu behaupten.

Das bedeutet: Die Verteidigung von Demokratie und Wohlstand im Inneren, den Export von Demokratie und Wohlstand durch eine kluge Nachbarschafts- und Beitrittspolitik; eine offensive Politik des Freihandels in der WTO; die Verteidigung der Freiheit der Meere und anderer Handelswege; den Schutz anderer Demokratien und demokratischer Bewegungen, insbesondere im arabischen Raum und Afrika; die Förderung internationaler Sicherheit, etwa durch atomare Abrüstung; die Förderung der Unabhängigkeit von fossiler und nuklearer Energie; die Einhegung eines potenziell aggressiven China, Russland, Iran, Pakistan; den weiteren Kampf gegen alle Spielarten des internationalen Terrorismus, besonders den islamistischen Terror.

Diese Aufgaben bleiben auf der Agenda, unabhängig davon, was aus dem Währungsexperiment wird.Das ist übrigens die Kernthese meines Buchs „Imperium der Zukunft“.

Um diese Aufgaben stärker ins Bewusstsein zu rücken, sollte Europa eine Erweiterung seiner Institutionen ins Auge fassen. Ich denke konkret an einen Senat nach dem Muster der USA, bestehend aus zwei direkt gewählten Senatoren aus jedem Land, dem die Formulierung und Implementierung einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik übertragen wird.

Die Teilnahme wäre freiwillig; möglicherweise würde Großbritannien zunächst abseits stehen wollen. Andererseits könnte man einem Land wie der Türkei, ohne die es faktisch keine europäische Außenpolitik im islamischen Raum geben kann, noch vor dem EU-Beitritt Beobachterstatus einräumen, sozusagen zur Einübung europäischer Mitverantwortung.

Um verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen, könnte man ein Vetorecht der nationalen Parlamente vorsehen; machen sie von diesem Recht keinen Gebrauch, gelten die Beschlüsse des Europäischen Senats als bindend und müssen von Kommission und Rat umgesetzt werden.

In einem solchen Senat würden vermutlich vor allem „Elder Statesmen“ sitzen. Er müsste sich zunächst Autorität erkämpfen. Doch ich glaube, dass die Beratungen eines mit solchen Vollmachten und mit bedeutenden Persönlichkeiten ausgestatteten Gremiums dazu beitragen würden, eine europäische Öffentlichkeit herzustellen; eine Einigung im Senat würde den Druck auf die nationalen Parlamente und Regierungen erhöhen, nicht abseits zu stehen.

Mein Vorschlag greift übrigens einen Gedanken auf, den Joschka Fischer vor elf Jahren in seiner Humboldt-Rede ins Spiel brachte. Mir ist klar, dass er manches – vieles – unklar lässt: etwa das Verhältnis zum europäischen Parlament, zum Rat und zum europäischen Ratspräsidenten. Mir ist auch klar, dass die Europäer im Augenblick skeptisch sind gegenüber neuen Institutionen.

Deshalb hatte ich noch 2007 in meinem Buch davor zurückgeschreckt, einen solchen Vorschlag zu machen. Mir schien, Europa müsse vor allen Dingen wieder Sache der Nationalparlamente und der nationalen Diskurse werden – nur so sei zu verhindern, dass aus dem Projekt Europa ein „postdemokratisches“ werde. Mir scheint jetzt aber, dass dieses Ausweichen vor den institutionellen Erfordernissen des Primats der Außenpolitik eine Schwäche meiner Position darstellt.

Übrigens, da ich Fischers Rede erwähnt habe, möchte ich nicht versäumen, auf folgende Stelle zu verweisen:
„Aus der Vergemeinschaftung von Wirtschaft und Währung gegenüber den noch fehlenden politischen und demokratischen Strukturen ist ein Spannungsfeld entstanden, das in der EU zu inneren Krisen führen kann, wenn wir nicht die Defizite im Bereich der politischen Integration produktiv aufheben und so den Prozess der Integration vollenden.“

Vor einer solchen Krise stehen wir jetzt. „Krise“ bedeutet Entscheidung. Meines Erachtens gilt es, sich für mehr Europa zu entscheiden – auch, ja gerade wenn sich die Gemeinschaftswährung als eine Art schwarze Materie erweist, die das Universum EU auseinandertreibt.

Wer Fischers Rede nachlesen will:
http://www.europa.clio-online.de/site/lang__de/ItemID__17/mid__11373/40208215/default.aspx

Mein Resümee des Versagens europäischer Außenpolitik gegenüber dem „arabischen Frühling“:
http://www.bpb.de/publikationen/9N7J9B,0,Arabischer_Fr%FChling_Europ%E4ischer_Herbst_Essay.html

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109 Gedanken zu “Europa ist wichtiger als der Euro;”

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    @Jean-Luc Levasydas: Ich stimme Ihnen zu, insb. was die Hoffnung angeht, dass man die aktuelle Krise als Wendepunkt auf einem Weg hin zu einer echten europäischen Demokratie ansehen wird. Ich glaube, dass eine weiträumige und föderale Union in der globalen Welt der Zukunft bessere Bedingungen nicht nur für Bonzen, sondern für „uns Bürger“ bietet. Die Gefahr ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass es von hier aus auch in die Gegenrichtung gehen kann. Denn dort steht ja nicht gleich das Schreckgespenst einer Diktatur, sondern zunächst mal die probaten nationalen Demokratien, wie wir sie kennen und schätzen. An eine Unumkehrbarkeit der europäischen politischen Integration kann ich (noch) nicht glauben.

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    @Alan Posener

    entre-temps

    Was macht eigentlich das Berliner Versailles Schloß?

    Werden die Euros anderswo versenkt ??

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    @Alexander Wallasch

    Wenn ich davon ausgehe, dass sie in Deutschland leben muesste ihnen doch sicherlich aufgefallen sein, dass ihr Land eine der hoechsten Scheidungsquoten hat (30% aller Ehen werden geschieden) . Das bedeutet fuer mich auch, dass das traditionelle Familienbild Vater, berufstaetig,Mutter Hausfrau mehr oder weniger non-existent ist.
    Hier von einer Renaissance der Familie zu sprechen entspricht doch nicht den Tatsachen oder liege ich hier falsch?

    Und wenn ich sporadisch in Berlin bin, dann sehe ich oftmals auch Kinderwagen, nur werden die doch wohl mehrheitlich von ledigen Muettern geschoben, die keiner traditionellen Familie angehoeren.

    Ich sehe auch dass in saemtlichen Industrielaendern die Scheidungsquoten steigen und dass das traditionellen Familienbild durch neue Formen wie der patch-work family oder den ledigen Müttern mit Kindern ersetzt wird. Selbst in den katholischen Laendern ist ein rapides Ansteigen der Scheidungsquoten zu verzeichnen.

    Dass Fischer, Schroeder und Schily transsexuell seien ist etwas neues fuer mich 🙂

    Was die Werte betrifft, enfin da habe ich sowohl in den US wie auch in Frankreich so meine Schwierigkeiten.

    Siehe die tea-party Anhaenger oder en France DSK und andere Affaeren.

    Aber vielleicht ist Deutschland noch ein
    “ Werteparadies “ 🙂 🙂

    Vor allen dann wenn ich erfahre wie meine deutschen Freunde, rechts- und linksliberale, kritisch die Situation in Frankreich einschaetzen, dass Kinder schon im Windelalter in der crèche sind (Krippe??) Da spricht man in Deutschland oftmals von Rabeneltern 🙂

    Aber vielleicht herrscht in Deutschland immer noch ein traditioneller Paternalismus mit einem festen traditionellen Familienbild vor ??

    Mit ihren Definitionen habe ich immer noch als doofer Amerikaner mit einem franzoesischen Pass Schwierigkeiten 🙂

    Weil z.B.

    die immigrants in die US /(analog Wolfsohn) aufstiegsorientiert sind…

    waere meine Aussage zu den immigrants ihrer Terminologie nach rassistisch?

    Ich frage deswegen nach weil mir ihre Terminologie etwas zu inflationaer ist.

    Fuer mich ist der Begriff Rasse und rassistisch sehr eng mit Gobineau verbunden und in der Nachfolge mit Chamberlain und Rosenberg.

    Die ehemaligen Rassengesetze der US brauche ich hier sicherlich nicht noch weiter anfuehren.

    Aber vielleicht beruht meine Definition auf einer anderen sprachlichen Ebene, da ich in den US aufgewachsen bin.

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    …eine Bemerkung noch nachgeschoben: Es stimmt nicht, dass die EU-Gründungsväter aus Deutschland irgendwie 68er-mäßig antideutsch gewesen wären. Das Gegenteil trifft zu. Wem es nützt, sagten Sie, der habe es angeschoben. Die deutsche Wirtschaft ist es, die von der EU am meisten profitiert, so sehr, dass man sich seitens der hinterherhinkenden Politik schon zu solchen Sätzen aufbläht wie: „In Europa wird wieder deutsch gesprochen!“

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    @Jean-Luc Levasydas

    „gefährlich“ ? Was meint „gefährlich“ – für wen?
    Also gut, Sie möchen es wirklich noch einmal hören, oder? Also: Es ist rassistisch, anzunehmen, es gäbe so etwas wie ein typisch deutsches Gen (Deutscher Michel). So wie es rassistisch ist, anzunehmen, der Muselmane sein von Natur aus – also genetisch – doof wie Sarrazin. Oder der Jude sei irgendwie zum Schachern geboren wie Wolfsohn es in der FTD festzustellen glaubte: „Die Juden waren und sind – einst, heute und sicher auch morgen – in ihrer großen Mehrheit innerhalb des kapitalistischen Systems aufstiegsorientiert.“ (http://www.ftd.de/politik/deut.....68113.html)

    Zum Thema Familie – schauen sie sich um. Selbst auch in linksliberalen Kreisen. „Familie“ als Wert erlebt doch geradezu eine Renaissance. Ich weiß nicht, welcher Generation sie angehören und wie sie sozialisiert wurden. Aber Familie heute als Traditionell und überwunden anzusehen, da werden viele schnunzeln, die ihr Familienprojekt ungemein fortschrittlich finden. Mit Recht. Das Scheitern andere Formen des Zusammenlebens ist doch signifikant. Und die Idee vom transsexuellen Tralala mit solchen Greisen Wendehälsen wie Fischer, Schily, Schröder und gerne auch Langhans ad acta gelegt. Gegen sie mal nach Berlin und zählen sie an einem sonnigen Samstag morgen die Kinderwagen, die von leiblichen Eltern geschoben werden. ;))

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    @A. Wallasch: Eben das meinte ich mit „Mangel an Überzeugungskraft“: Einen Konsens (oder realistischer: eine Mehrheit) zur Aufgabe der Nationalstaatlichkeit (oder realistischer: zur Übertragung bestimmter Souveränitäten an die europäische Ebene) herzustellen war zu schwer und zu langatmig. Es hätten erst handfeste Nachteile der Nationalstaatlichkeit klar werden müssen. Ausgehend von solchen handfesten Nachteilen hätte die Erfahrung, sich in einer EU zu vereinigen, positiv werden können. Dann hätte man eine Entwicklung vom Schlimmen zum weniger Schlimmen vollzogen, und die Leute wären zufrieden. (Dies ist übrigens auch die europäische Chance, die in der aktuellen Krise steckt.) So wie es gelaufen ist, glauben die Leute, mit mehr nationaler Souveränität würde es ihnen besser gehen. NOCH besser gehen, ein Jammern auf hohem Niveau, was die Deutschen betrifft. Ich glaube, dass der alte, nationale Weg ein Irrweg ist, aber es ist schwer, die Leute davon zu überzeugen, dass das noch schlechter ist als der europäische Ist-Zustand. Denn das heißt, ihre Wirklichkeit mit der Hypothese zu vergleichen, und die Hypothese stellt immer eine Art Verführung dar. (Als Euroskeptiker werden Sie sagen, dass in umgekehrter Richtung die EU und ihre demokratisch legitimierte Zukunft auch nichts asnderes als eine verführerische Hypothese ist. Allerdings können nicht alle Hypothesen falsch sein: Wenn eine falsch ist, ist meistens ihr Gegenteil richtig.)

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    @Roland Ziegler

    Angesichts der Krise der EU und auch des Euros finde ich ihre Analyse nur in Teilen berechtigt.

    Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Vorlaeufer Montanunion war sicherlich in erster Linie auf wirtschaftliche Zusammenschluesse ausgerichtet. Wenn sie sich aber etwas eingehender mit Robert Schuhmann und Jean Monnet beschaeftigen, werden sie schnell feststellen, dass wirtschaftliche Zusammenschluesse im Rahmen eines spill-over-effects oftmals , wenn nicht gar zwingend die Voraussetzung für politische Einigungsprozesse sind.

    Und: Sie Europaer koennen stolz darauf sein, dass nach ww2 ein friedlicher Einigungsprozess stattgefunden hat.

    Ich kann mich noch gut entsinnen, als ich Europa nach meiner Collegezeit bereist habe.

    Und wenn ich mir heute anschaue, wie leicht es moeglich ist von einem europaeischen Staat in der anderen zu reisen.

    Wenn ich mir anschaue, wieviel jüngere europaeische Menschen, die z.B. in die US oftmals stolz darauf sind Europaer zu sein, so ist dass auch ein Zeichen dafuer, dass hier Veraenderungsprozesse stattgefunden.

    Vielleicht wird die heutige europaeische Krise ist einigen Jahrzehnten als Wendepunkt zu einer verstaerkten demokratischen politischen Europaeisierung angesehen.

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    @Alexander Wallasch

    Sorry ich mente nicht die Apo sondern Alan Posener, Kurzform Apo 🙂

    en passant, ich finde es ein bisschen gefaehrlich wie sie mit dem Wort rassistisch umgehen……

    Und ob das klassische Familienmodell (für sie etwas positives ??? ) tatsaechlich noch gilt??

    Wir sollten doch langsam ueber

    Travail, Famille, Patrie hinweggekommen sein.

    Aus meiner Perspektive haben doch andere Formen des Zusammenlebens diese idealisierte Form abgelöst.

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    @Roland
    Sie haben in der Sache recht (erster Satz ganz stark!). Sie vergessen aber meiner Meinung nach die Grundvoraussetzung: Es muss erst einmal einen Konsens geben, dass man überhaupt die deutsche Nationalstaatlichkeiten (für unsere völkischen Freunde: „Das Volk“) aufheben will. Und ncihts anderes bedeutet es ja seit 1992 sogar laut Verfassung. deshalb können sich doch Leute wie Ruprecht Polenz ungestraft Anti-Nationalstaatlich benehmen. Was sind das heute eigentlich? Nennen sich immer noch antiquiert „Volksvertreter“.

    EU – sind Sie gefragt worden lieber Roland Ziegler? Ich nicht. ich hätte im Übrigen auch „nein“ gesagt zu diesem Deutschscham-Versailles-II-Modell.

    Und noch mal in Kurzform: Diese ganze EU-Nummer ist doch ursprünglich konzipiert, eine deutsche Identität ein für alle Mal verschwinden zu lassen. Ob das nun gerechtfertigt ist oder nicht, entscheiden Sie selbst. Diese Deutschenhasser Ego-Shooter Fischer und Konsorten sehen es so. Andere sehen es anders. Und da könnte man dann einen Punkt machen.

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    @Alexander Wallasch: Sie haben in einem Punkt recht: Viele sind generell genervt von der Zewangsglobalisierung und speziell von der EU als ein auf reinen Wirtschaftsinteressen gegründetes Zwangskollektiv. Dies ist der Sachverhalt, aber warum ist das so?

    Weil man versäumt hat, erst die politische (über ein „echtes“ EU-Parlament), dann die wirtschaftliche (über ein „echtes“ EU-Wirtschaftsministerium) und zum Schluss die Einheit der Währung zu vollziehen. Diese Schritte sollten stattdessen in umgekehrter Reihenfolge vollzogen werden, und nun stecken wir irgendwo zwischen dem ersten (Währung) und zweiten Schritt (Wirtschaftsministerium) fest.

    Wenn dies das Versäumnis war, wie ist es entstanden? M.E. gibt es drei Antworten, die gern auch kombiniert werden dürfen: Zeitmangel („Die anderen Märkte wachsen zu schnell“), Mangel an Überzeugungskraft („Wie soll man den ersten Schritt der politischen Union bloß durchsetzen?“) und Gier.

    Der Konflikt zwischen der Zeit und der Überzeugungskraft ist dabei das interessanteste (nicht die langweilige Gier). Es gibt ein Zeitfenster und eine sperrige Struktur, die da irgendwie hindurch soll. Man hat sich dafür entschieden, die Struktur auf Biegen & Brechen durchs Zeitfenster hindurchzuquetschen. Mal sehn, ob sich die Brüche im Nachhinein reparieren lassen.

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    @Jean-Luc Levasydas

    Steht doch alles schon da, oder? ;))
    Also: Klar war die Apo rassistisch. Nicht explizit weil sie antifaschistisch war, sondern weil der Antifaschismus der 68er auf der Annahme basierte, es gäbe ein deutsches Faschismus-Gen, das man nur unterdrücken und konditionieren kann, wenn man die traditionellen Familie als Werte-Pool zerstört.
    Oder nochmal genauer: Im wesentlichen in der Auseinandersetzung mit der Nazizeit entstandene Protestbewegung der 68er-Generation führte in ihrem Verlauf eben auch zur familienfeindlichen antiautoritären Erziehung (denn es ging denen ja im Wesentlichen nicht um das Antiautoritäre als Alternative, Sondern nur um eine Zerstörung des „generativ-hierarchischen“. Indem man radikal jegliche autoritäre Methode in der Erziehung ablehnte, lehnte man auch das klassische Familienmodell ab. Der Vorwurf (Deutscher Michel) war eben gerade nicht eine „faschistoide Sozialisierung“, sondern eine Form von deutschem Selbsthass. In diesem Zusammenhang wurde dann Erziehung im Sinne von (Familie) Einwirkung überhaupt abgelehnt.

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    @ APo: Ich halte die Araber für ein sehr schlechtes Beispiel, denn die arabischen Völker leiden darunter, dass sie sich oft selbst nicht grün sind. Und Sunniten oder Schiiten haben manchmal keine Hemmungen, gegenseitig Brandsätze in Moscheen zu legen.
    Wir aber und z.B. die Franzosen bemühen uns seit über 60 Jahren, gut miteinander auszukommen. Für viele Menschen, mich z.B., war das nicht mal ein Bemühen. Ich gehöre zu den vielen Frankophilen in diesem land und denke wie U.Wickert: „Und Gott schuf Paris“. Oder: „Vom Glück, ein Franzose zu sein.“ Aber wir waren Freiwillige. Die Zwangsjacke Brüssel und Euro um jeden Preis könnte das alles zerstören. Wir haben alles aufgebaut, die Großen wie die Kleinen wie ich, und jetzt will man uns zwingen nach dem Motto: „Und bist du nicht willig, dann brauch ich Gewalt.“ Und Gewalt heißt hier für Deutschland zahlen und potentiell verarmen, der Mittelstand, die kleineren Leute. Es heißt auch, sich mit nicht gewählten Eliten abzufinden und einem Mangel an Demokratie und sich meilenweit zu entfernen von den Anfängen mit De Gaulle. Und Wallasch liegt hier nah an der Wahrheit, leider.
    Schäuble hat es selbst gesagt: „Wir waren nach 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr souverän.“
    Das Theater um den Euro hat jetzt schon vieles, was wir hatten an interkulturellem Verständnis, kaputt gemacht.
    Was Schröder betrifft: Ich konnte ihn nie leiden. heute Wiedergeburt meiner Abneigung. Jemand, der in erster Linie an sich interessiert ist. Die Gasleitung finde ich trotzdem wichtig.

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    @apo

    nach längere Abstinenz wieder einmal ein Blick weg von den unsaeglichen tea-parties auf die euro-parties.

    In vielen Dingen muss ich hnen recht geben. Die Europaeische Union (eine einmalige Geschichte von Feindstaaten zu Freundstaaten) ist ein Erfolg, der verteidigt werden muss und sollte.

    Ob Frankreich tatsaechlich sich den Suedstaaten zu wenden wird??

    Haben sie sich einmal die deutsch-franzoesische balance of trade angeschaut??

    @Alexander Wallasch

    Das ist fade 68er-Dialektik, das ist also gestrig. Und in letzter Konsequent dann eben auch rassistisch.

    dass sollten sie erklaeren!!

    In Konsequenz ware Apo dann doch rassistisch??

    68er Dialektik = gestrig = rassistisch

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    @ Alt 68er

    Ganz Unrecht hat er nicht unser Kanzlerdarsteller.

    Vielleicht hat er doch mehr von Willy Brandt gelernt, als ich ihm bisher zugestehen wollte.

    Vielleicht ich er im innersten Herzen doch noch ein wenig der Sozialistischen Internationalen verpflichtet.

    Vielleicht geht es ihm aber auch hier nur um sich selbst und seine Karriere.

    Ich weiß es nicht.

    Was er vorschlägt gefällt mir auf jeden Fall besser als das Rumgeeier von Frau Merkel.

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    Ja, das ist diese alte „Ausrede und Entschuldigung“ für alles. Das hat ja auch in der Atomdiskussion jahrzehntelang blockiert und zuvor in der Abrüstungsfrage. Wir müssen – das ist meine Meinung – verstehen, das es heute nicht mehr um konfrontative Allianzen und Ränkespiele geht, sondern um Vorreiterrolle. Um Exzellenz. So wie wir den Atomausstieg (jetzt mal ganz idealisiert gesprochen) vorleben, muss es auch mit anderen Gesellschaftsrelevanzen funktionieren.

    Und last but not least und zum einhundertsten Mal an die Wand gemalt: Am Ende heißt es doch auch für die EU: Schauen wir halt mal, wem es nutzt. Derjenige hat es mit großer Wahrscheinlichkeit auch angeschoben. In der Politik passiert nichts zufällig. Und so gesehen, sehe ich nichts Vorteilhaftes für sie europäischen Nationen/Völker außer, das Souveränitäten in eine Geblide abgegeben werden, dass den Multis und dem kapital (wer immer das alles ist) nutzt: Einfachere Wege usw. halt das Coca-Cola Mc Donald prinzip. Ist ja nicht soooo schwer nachzudenken. Der von Dir hier angeteasten Nutzen basiert doch immer zu großen teilen aus einer historischen Erkenntis und einem Willen, der in der Nationalstaatlichkeit die ursächliche Schuld für die Kriege des 20.JAhrhunderts sieht. Aber eine EU, die aus so etwas geboren wird, kann ja nicht gut werden. Das wirkt auf mich nur noch wie eine 68er Doktrin, die heute keine Überzeugungskraft mehr besitzt. Schau Dich doch mal um, was die MEnschen heute nervt. Das sind alles die Ergebnisse dieser Zwangsglobalisierung. letztlich ein Hass auf geschlossene Systeme. Auf Familien.

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    @ Alan Posener

    Sie schreiben „fragen Sie mal in Südamerika, Afrika oder bei den Arabern nach, was das bedeuten kann“

    Es spricht einiges dafür, dass nur ein Vereintes Europa Kuren und Behandlungen vermeiden kann, die den Südamerikanern, Afrikanern, Arabern und den Tigerstaaten durch westliche militärischen, wirtschaftlichen und finanzpolitischen Imperialismus verordnet worden ist. Würden wir jedoch nicht weiter kommen, wenn die Energie darauf gerichtet ist, international zu Reglements zu kommen i.S. was Du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zu? Zu einfach gedacht?

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    @ Alexander Wallasch: Das hat mit dem unterstellten bösen deutschen Wesen nichts zu tun. Lesen Sie mal die „Federalist Papers“. Es ist klar, dass die Länder Europas ohne politische Union im 21. Jahrhundert bald zum Spielball anderer Mächte werden könnten, mit allem, was damit zusammenhängt (fragen Sie mal in Südamerika, Afrika oder bei den Arabern nach, was das bedeuten kann).

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    Ich sags mal in der Kurzform:
    Wer heute noch glaubt, Europa wäre wichtig um solche kriegerischen Auseinandersetzungen wie die des 20.Jahrhunderts zu verhindern, der hat nichts verstanden. Noch mehr, wenn er das dann auch noch in irgendeinem dubiosen „Deutschen Wesen“ verortet sehen will. Das ist fade 68er-Dialektik, das ist also gestrig. Und in letzter Konsequent dann eben auch rassistisch.

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    @jmb – „Vergemeinschaftung von Wirtschaft und Währung“ – fast hätte ich vor lauter Käse vergessen, diesen Beitrag zu kommentieren. „Inhaltlich leer, in der Sache bedenklich“ sei dieser von J. Fischer geprägte Begriff, sagen Sie, und meinen mit „inhaltlich“ wahrscheinlich die ungelenke Formulierung. Sonst wüsste ich gern, wie etwas, das inhaltlich leer ist, in der Sache bedenklich sein kann.

    Von Fischer „in der Sache“ gemeint ist offenbar eine europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die sich ihrer Zollschranken entledigt und eine gemeinsame Währung zugelegt hat, ohne von vergleichbaren Prozessen in anderen gesellschaftlichen Bereichen unterstützt zu werden. Ist das als Analyse eies wichtigen Aspekts der aktuellen Krise unzutreffend? Was wäre stattdessen zutreffend?

    Ich fürchte, eine Antwort habe ich wohl nicht zu erwarten, da ich noch viel unbedeutender bin als Fischer und meine Worte deshalb bei Ihnen noch viel weniger bewegen werden.

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    @BlonderHans/Alt 68 er: Sie haben ja Recht, was den schwurbelnden bzw. hinkenden Vergleich unserer Kultur mit einem Schimmelkäse unter der Glocke angeht. Auch ich bin kein Freund von einem solchen Käse, finde den Vergleich aber lustig, und die Beteiligung am Kommentariat sollte doch Spaß machen (sonst wird es mir jedenfalls zu langweilig).

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    @ Roland Ziegler

    Alle Vergleiche hinken; so ihr Vergleich mit Käse und Käseglocke, normalerweise bleibt Käse unter der Glocke länger genießber, natürlich muss man ihn zur rechten Zeit genießen; aber ich verstehe schon, worauf Sie hinauswollen. So hinkt auch mein Vergleich mit den Elementarteilchen. Ich benutze den Terminus im Sinne Michel Houellebecqs (ich hoffe, ich habe ihn richtig verstanden). Dort sind Elementarteilchen die Teile der modernen Gesellschaft, die sich aus der Geschlechterkette ausgeklinkt haben und statt Eros (Sex-)Sucht, Eigenliebe oder Apathie im Namen der Selbstverwirklichung pflegen. Konsequenterweise lässt Houellebecq die Menschheit der geschlechtlichen Fortpflanzung aussterben und seinen Helden eine neue Gattung perfekter Replikanten schaffen.

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    Kollektive, Kollektivismus – sind Vorstufe einer Diktatur.

    Ich fasse es nicht.

    Nach 100en Millionen Toten im vergangenen Jahrhundert, in direkter Verantwortung sozialistischer Verbrecher, wird immer noch von Kollektiven geschwurbelt.
    Immer wenn es irgendwo auf der Welt was zu schießen, zu morden gibt, selbst am Hindukusch, schreiten die roten Lumpen voran. Ich glaub‘ mein Hamster bohnert.

    Die Demokratie als Mutter der Sozialistischen Internationale und der Nationalsozialisten – oder?

    Pfui Teufel.

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    @Alt 68 er: Es mag ja so sein, dass der Geburtenrückgang ein schlechtes Zeichen ist. Ich glaube das zwar nicht, lege aber auf eine gegenteilige Bewertung keinen Wert. Ich schlage wie gesagt vor, nicht bei der Bewertung stehenzubleiben, sondern zu überlegen, wie man die daraus resultierenden Schwierigkeiten bewältigen kann. Über unvermeidliche Schwierigkeiten zu klagen hilft nicht.

    Was den Bocksgesang auf der A-Seite der Schallplatte betrifft, die Sie hier immer auflegen (die B-Seite spielt das Lied vom Geburtenschwund): „Elementarteilchen“ – das ist so ein seltsamer Name; er impliziert ein Kollektiv, das es gar nicht geben soll, Materie, deren Elemente die „Elementarteilchen“ sind. Genau dieses Kollektiv gibt es aber gar nicht mehr, wenn ich Sie richtig verstehe. Wir seien eigentlich nur Teilchen, ohne Verbindung.
    Dazu ist m.E. zu sagen, dass es das in Rede stehende Kollektiv durchaus noch gibt; nur ist es nicht mehr so allein. Es hat sich mit anderen Kollektiven zu vertragen. Die Käseglocke ist zerschlagen, der Käse aber noch da, er liegt jetzt neben den anderen Kulturen in der Käsetheke. Das ist doch gar nicht so schlecht, zumal er unter der Glocke furchtbar gestunken hat und zum Schluss sogar richtig toxisch geworden ist.

  24. avatar

    Das äußerst Mißliche, das, was mich am meisten ärgert an dem von Alan Posener gepriesenen Elite-Projekt der Modernisierung Europas durch Befreiung der Marktkräfte hinter dem Rücken der nicht genug aufgeschlossenen demokratischen Lümmel, ist, dass wir, sowohl die politischen und wirtschaftlichen „Eliten“ als auch wir „Demokraten“, nicht gelernt haben, die Konsequenzen und Risiken politischer und ökonomischer Entscheidungen vorausschauend zu diskutieren und zu bedenken. Unsere Skepsis haben wir zurückgedrängt und an den Zauber einer „intelligenten“ (so intelligent, dass wir sie nicht mehr verstehen) Finanzwirtschaft und der ihr dienenden Politik glauben wollen. Der Infantilität der Erwartungen, dass der Markt es schon richten bzw. der Sozialstaat schon reparieren wird, korrelieren Ergebnisse, dass wir offenbar nur noch die Wahl haben zwischen Pest und Cholera, dass wir Scheisse akzeptieren müssen, um nicht in einer noch stinkenderen Scheisse zu landen. Ich muß gestehen, dass ich zuweilen verzweifle, wenn ich die „Experten“ lese (das ist inzwischen wirklich wie auf einem Autoscooter):, z.B. Euro-Krise: die Lüge von der Systemrelevanz (http://www.faz.net/aktuell/feu.....37333.html) oder Es ist die Politik, Dummkopf (http://www.spiegel.de/wirtscha.....29,00.html) oder Euro-Rettung: Merkel gegen den Rest Europas (http://www.spiegel.de/politik/.....74,00.html). Nun ja, Niall Ferguson kann die Zukunft Europas nur noch satirisch sehen (http://www.spiegel.de/politik/.....93,00.html). Ade Imperium, Tchüss Weltmacht.

    Ich befürchte, dass wir auch auf anderen Politikfeldern, insbesondere der Bevölkerungs- und Einwanderungspolitik, ebenso vor der Wahl zwischen Pest und Cholera gestellt sind. Ich glaube inzwischen, dass nur eine andere Form des Wirtschaftens und der Ökonomie, wie sie hier z.B. Moritz Berger in die Debatte geworfen hat, aus dieser Scheisse heraushilft; wir müssen jedoch darauf hoffen, dass das jetzige Regiment nicht mit einem Knall, sondern einem Wimmern den Geist aufgibt (unserer jetzigen Bonität und Liquidität wegen müssen wir unseren Nachkommen noch mehr Schulden aufladen).

    @ parisien

    Ich gebe Ihnen recht, dass bei unseren „Investionen“ einiges auf den Prüfstand muss; m.E. müßte in einer öffentliche Debatte darum gerungen wirden, was denn die res publica ist, mit Sicherheit nicht identisch mit dem pursuit of happiness von gierigen und/oder anspruchsvollen Marktteilnehmern mit dicken Geldbeutel oder des Plebs, der sich mit Junk-Food und Talk- und Castingsshows abspeisen lässt.

    @ Roland Ziegler

    Ich gebe Ihnen recht, dass man über eine „kontrollierte Einwanderung“, die wir – als Gesellschaft – bewältigen können, nachdenken sollte. Ich will Ihnen nochmals mein ceterum censeo zur Meditation vorlegen: Eine selbstbewußte Gesellschaft, die hinsichtlich ihrers reproduktiven Verhaltens (der Hauptindikator für Zukunftsorientierung über das Individuum oder Elementarteilchen hinaus) nicht schwächelt, ist eher in der Lage, Zuwanderer zu integrieren als eine Gesellschaft, die sich nur noch im Hier und Jetzt am Laufen hält und mit der Alan-Posener-Matrix der lebens- und liebenswürdigsten Gesellschaft aller Zeiten, die sich durch den Rock´n´Roll von den „Zwängen“ der Familie, Schule, Moral, Fleiss und aufgeschobener Bedürfnisbefriedigung befreit hat, betäubt.

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    >> Vergemeinschaftung von Wirtschaft und Währung

    Abgesehen davon, dass ich J.Fischer nicht für eine Person halte, deren Worte bei mir irgend etwas auslösen könnten (dafür ist er mir einfach zu unbedeutend), ist für den verwendeten Begriff oben doch eine Bemerkung notwendig. Dieser stellt nichts anderes dar, als den heute vielfach kritisierten Begriff einer durch Fiananzmärkte korrumpierten neoliberalen Wirtschaftsethik dar, wenn man diesen Begriff überhaupt noch in den Mund nehmen möchte. Die Ursache für diese Entwicklung stellt die weitgehend angelsächsiche Verfasstheit des globalen Anlagemarktes dar, dem es in Form der Fed und dem Dollar gelungen ist, über die größte Volkswirtschaft (USA) der Erde, die Spielregeln der US-Finanzwirtschaft zu verhängen (neusprachlich auch Casinokapitalismus genannt), und diese auch als Regelwerk den anderen Volkswirtschaften anzudienen. Es wundert mich garnicht, dass ein volkswirtschaftliche Waisenknabe wie Fischer solche verbalen Vergemeinschaftungen von Wirtschaft und Währung generiert, inhaltlich leer, in der Sache bedenklich, in irgend einer Weise muss er sich ja, je nach Kontext, als marktradikaler Steinewerfer hervorheben, dieses Mal aber ganz legal, immerhin. Abschließend sollte man jedoch darauf hinweisen, dass die Alternative zur Vergemeinschaft von Wirtschaft und Währung in diesen Breiten soziale Marktwirtschaft genant wird, insofern dieser Wirtschaftsform eine gewisse Ethik vorgängig ist, die aber keine Vergemeinschaftung darstellt (Gewinne privat, Verluste vergemeinschaften) sondern den Begriff der Gemeinschaft zu entwickeln sucht. Dass dies ein nicht abgeschlossener Begriff, der sich zu dem von seiten der vergemeinschafteten Wirtschaft-Währung heftiger Angriffe ausgesetzt ist, kann man auch jeden Tag den Medien entnehmen, vornehmlich der Times oder dem Guardian. Was Fischer mit der zu vollendenden Intrgration meint ist nichts anderes, als den Euro im Sinne der Fed umzugestalten um politisch korrekt im System einer globalen (Goldman-Sachs-) Finanzwirtschaft zu werden. Diese Argumentation verwundert mich zwar nicht bei Fischer, denn er weiß ja im allgemeinen garnicht nicht wovon er spricht, bei Ihnen Herr Posener beunruhigt es mich allerdings, angesichts Ihrer vita.

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    @BlonderHans: Sie haben eine rhetorische Frage gestellt, woraufhin Sie eine rhetorische Antwort bekommen haben. Ich finde nicht, dass Sie sich beklagen müssen.

    @Alt68er: Um Ihre erste Frage zu beantworten: Nein, wir können nicht alle hineinlassen. Wie Sie selber im Anschluss erkannt haben, ging es darum, wie wir unseren Personalbedarf decken.
    Die generelle Aussage, wir wären eine zu schnell alternde Gesellschaft, ist nicht gleichbedeutend mit der Aussage, wir hätten zu wenig Akademiker. Im ersten Fall geht es um Kinder. Genauer gesagt: um ihre Anzahl. Die Kinder von Einwanderern sind weder dümmer noch sonstwie ungeeigneter als die unserer eingeborenen Bevölkerung. Wenn die Ausbildung, die wir derzeit haben und die auf die eingeborene Bevölkerung zugeschnitten ist, sich als für die Einwandererkinder der Zukunft unpassend erweist, wie Sie bzw. Ihr Kronzeuge behaupten, dann muss sie eben passend gemacht werden.

    Wenn nicht genug gut ausgebildete Leute zu uns kommen, die hier ohne Anlaufzeit unser Bruttosozialprodukt steigern (nebenbei: was für ein vermessener Anspruch…), müssen wir eben besser ausbilden. Vor einiger Zeit hieß es, wir würden zu einer „Dienstleistungsgesellschaft“ werden, nun sind wir eine „hochtechnologisierte Wissensgesellschaft“ und eine „alternde Gesellschaft“. Auf der anderen Seite haben wir zwei Abiturienten-Generationen gleichzeitig am Start, die an den Unis Schlange stehen. Vor diesem Hintergurnd werden die fehlenden Kinder beklagt. Was also liegt näher, als Familien, die hier hineinwollen, verstärkt kontrolliert einwandern zu lassen?

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    @ Alt 68 er: ad Lampedusa. Es wird nie genug betont, dass Schleuser dahinter stecken. Wenn man alle aufnimmt, werden die Schleuser ermutigt. Die Perspektiven für die Geschleusten sind nicht rosig. Gunnar Heinsohn ist realistisch. Dabei nicht rassistisch. Er betonte immer, dass es den Maghreb-Ländern besser ging und entsprechend die Geburtenrate gesunken war. Dass ausgerechnet die Tunesier zuerst auf der Straße waren, ist ein schlechtes Zeichen. Es bedeutet, dass zu wenig Arbeit da ist. Von Apple, Google und Facebook wird keiner satt. Heinsohn beweist durch Beispiele, dass Malthus Recht hatte, doch das will niemand hören. Realisten werden heute gern geschmäht. China: Ohne die ein Kind-Politik wäre China nicht da, wo es heute ist. China: weitgehend frei von missionierenden Religionen. Realisten werden auch in der Klimadebatte beschimpft. Sie wiesen rechtzeitig auf gestiegene Getreidepreise hin, wenn Getreideflächen für die Tankfüllung verwendet werden. Folge: Die „Revolution“ in Ägypten mit der Konsequenz – so sieht’s aus – einer Militärdiktatur.
    Heinsohn ist intelligent. Intelligenz wird gern angefeindet. Ideologie ist das Ding, oft wie Ersatzreligion gehandhabt und drogenartig. Plus Gesinnungspolizei – siehe ‚endweder broder‘, Staffel 2, wo Schüler andere Schüler und Lehrer kontrollieren. Intelligenz in den Schulen?: Auslaufmodell. Lehrer sollten den Angestelltenstatus bekommen und kündbar sein. Schüler an sich auch 😉
    Und manche Eltern verdienen nichts weiter als einen Tritt in den A….
    Oder Kindergeldentzug. Sanktionen sollen helfen, außer beim Iran.

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    @ Alan Posener

    Ich will Sie ja nicht, schon gar nicht böswillig mißverstehen. Aber was Sie so ein „büschen ambivalent“ nennen! Noch vor kurzer Zeit haben Sie sich in Ihrer Post über Griechenland und das Imperium höchst ambivalent zitiert

    „… „Es stellt sich die Frage, ob man die Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch uneingeschränkt als eine parlamentarische Demokratie bezeichnen kann.“

    Man kann es nicht. Deutschland ist Teil – Kernland, wenn man so will – eines Imperiums; eines „benevolent empire“ zwar, dessen Exekutive gerade in den letzten Jahren, man kann es nicht oft genug betonen, mit der Befreiung der Marktkräfte in Europa den Kontinent in einem Tempo modernisiert hat, wie es die nationalen Regierungen weder gekonnt noch gewollt hätten – aber eines Imperiums nichtsdestotrotz.“

    Und bist Du nicht willig, bin ich benevolent, nicht wahr? Heißt das nicht vergewohltätigen? Die europäischen demokratischen Luder sollen sich nicht so anstellen, sondern einwilligen.

    Ein büschen eigenartig finde ich, dass Sie die „große, junge Bevölkerung“ der Türkei für erfrischend, gar einen Jungbrunnen für Europa halten, aber Rassismus und Nationalismus wittern, wenn jemand es fragwürdig bis beklagenswert findet, dass die europäischen Jungs und Mädels, durch den Rock´n´Roll zu besseren Menschen erzogen, nicht mehr in der Lage sind, ihre Hausaufgaben zu erledigen und sich mit den Grundlagen des Oikos und der Öko-Nomie vertraut zu machen. – Nun, vielleicht ist das die Lösung: Europäisches Imperium Türkischer Nation, cum grano salis.

    @ Roland Ziegler

    Ich finde Ihre Zeilen putzig, habe dabei gerne geschmunzelt. Trotzdem eine kleine, vielleicht auch relevante Berichtigung: ich habe die Geburtenrate nicht zur Wurzel allen Übels erklärt, sondern hier zu einem limitierenden Faktor für Großmachtsträume. – Wie Sie halte ich die Zustände, für die „Lampedusa“ steht, für einen Skandal; aber jetzt werden Sie bitte mal konkret: wollen Sie alle „hoffnungsvollen, unausgebildeten jungen Leute“, die ante portas stehen, hereinlassen? Wie wollen Sie die Ressourcen für die Ausbildung dieser jungen Leute freimachen? Und welche Positionen in unserer Wirtschaft wollen Sie ihnen bieten? Sweatshops oder die Vorstandsetagen oder die Positionen der Couchpotatoes, die „fressen bis sie fett werden, fernsehen, bis ihre Augäpfel erstarren“? Und wird dies durch die von ihren Regulierungen befreiten Marktkräfte hinter dem Rücken der ignoranten autochthonen Bevölkerung gemeistert? – Zeigen Sie bitte, dass Sie nicht nur ein Mensch guten Willens und der political correctness, sondern ein Analytiker sind. Gunnar Heinsohn, nicht Thilo Sarrazin, hat geschrieben:

    „Denn selbst bei einer extrem liberalen Öffnung der Grenzen können Einwanderer eines nicht sonderlich gut – nämlich viele begabte junge Leute bereitstellen, die von klein auf in einer hochtechnologisierten Gesellschaft heranwachsen, souverän mit ihr umgehen lernen und dann die kritische Masse bilden, die sie ideenreich auf neue Höhen führt. Diese Voraussetzung für ein Verbeleiben Europas im Spitzensegment der Weltwirtschaft kann womöglich mit direkt in der Wissensgesellschaft aufgewachsenem eigenem Nachwuchs leichter erreicht werden als mit wie auch immer motivierten Zuzüglern aus Afrika und der muslimischen Welt. Selbst Kinder aus zugewanderten Familien, die ihre gesamte Schulausbildung in Deutschland erhalten, scheinen keine Garantie für das Halten eins hohen Niveaus zu geben. Im Gegenteil, sowie der Migrantenanteil in Schulklassen bei 20 Prozent liegt, rutscht das Leistungsniveau aller Kinder in diesen Klassen ab, wird allerdings selbst bei 40 oder mehr Prozent Migrantenkindern nicht mehr schlechter. Hier wird Gewaltiges gelingen müssen.“ (Söhne und Weltmacht, S. 160).

    Was ist daran falsch, Roland Ziegler? Hic Rhodos, hic salta.

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    Damit Sie sehen, wo das Geld sonst noch so versackt, vor allem auch EU-Geld:
    Huesca, Flughafen (link ist in deutsch):
    http://www.dna.fr/actualite/20.....lt-gesucht
    Eine Zubringerstraße zur Autobahn wurde auch gebaut. Der Flughafen Zaragoza ist 70 km entfernt. Damit niemand „Blöde Spanier“ sagt, zwei Beispiele aus D. Der erste Link ist nur ein kleiner Hinweis, es gibt ausführlichere Artikel:
    Die überflüssigsten Thermen Schleswig-Holsteins:
    http://www.tropenbad.de/keitum.....keitum.htm
    13 Mio allein in Keitum in die Palme gesetzt. Damit die grüne Seite nicht jubelt: Der Rest vom Zaster steckt in Windparks on-und off-shore.
    Zweites Beispiel: Hafenstadt Hamburg: Büros und Wohnungen für überaus Wohlhabende. Sowohl tagsüber als auch abends tote Hose, keine Familien, keine Studenten. Sterile Atmosphäre. Altona wird auch „gentrifiziert“. Allein der Ausdruck.
    Berlin Mitte: Status idem, abends tote Hose.
    London: Abramowitsch baut sich ca. vier Wohnungen als Luxusdomizil aus, in Kensington. Ich gönne ihm das (bin kein neidischer Mensch!), man muss nur bedenken, dass durch solche Sachen nur noch ein Viertel der Konsumenten im Viertel ist und nicht täglich, also auch kein Geld ausgibt, nicht zum Arzt geht etc. David Cameron will in den Green Belt bauen, heute im Telegraph. Einen Think-Tank, wow.
    Portugal: Zwei Autobahnen ausgebaut für die EM, teilweise durch Naturschutzgebiet, Fischerdörfer zugekleistert mit Beton, wo nur Billigreisende hingehen, Marinas für Rothkopfs „Super Class“ usw.
    Griechenland? Vermutlich genauso.
    Dann steckt noch viel in den Sozialetats, darauf wird fokussiert. Falls Protest kommt, kommt zur Not der Wasserwerfer.
    Das sind keine haltbaren Zustände. Wenn Wirtschaftswachstum Betonverkleistern bedeutet ohne Sinn und Verstand und das Herstellen von Waren auswandert in Billigländer, kann das nicht gut gehen. In den USA ging das auch schief. Was ich an den USA bewundere: Dass die „Super-Class“ Bildung und Kultur großzügig sponsert. Aber der Rest geht kaputt. 270 m Straße sind vor ein paar Tagen in Kalifornien in den Pazifik gerauscht. Bei einem Tsunami würden (Prognose) alle Brücken am Puget Sound baden gehen.
    Honestly: Das ist ein System auf sehr schwachen Beinen, und Heiner Geisler, den Sie vermutlich auch nicht abkönnen (attac), Herr Posener, hat das schon vor zehn Jahren geäußert.
    Ich will Paris nicht ganz vergessen: Sie bauen ein neues Verteidigungsministerium, wow, haben aber laut Hollande 60.000 Lehrer zu wenig.

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    @R. Ziegler

    … eigentlich war meine Frage mehr rhetorisch. Ich wollte eher was schreiben, als eine Antwort. Ihre Antwort aber, ist die eines (fiktiven) ‚Langzeithäftlings‘ der ‚draußen‘ nicht mehr zu recht kommt und sich wieder hinter Mauern wünscht.

    Alles was Sie aufzählen, darf er, der ‚Häftling‘, auch: die ‚Sonne‘ auf Zuteilung sehen.

    Müßig mehr zu schreiben, Sie sehen nix mehr. Egal auf welcher Seite Sie ’stehen‘

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    @BlonderHans: Die Deutschen können im eigenen Land regelmäßig darüber abstimmen, wer mit welchen Konzepten ihnen ihre Probleme lösen soll. Sie können neben dem Staat auch jeden Mitbürger beliebig verklagen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt fühlen, und in der Regel – nicht immer – können sie dabei einen fairen Prozess erwarten. Sie können sich im Internet unabhängig und in anderen Medien abhängig vom persönlichen Talent beliebig ausdrücken. Sie können sich mit Gleichgesinnten zusammenschließen, solange sie dabei nicht gleich zu den Waffen greifen. Sie können kaufen, was sie wollen, und da meistens noch Geld übrig bleibt, können sie es investieren, wo immer es ihnen beliebt: Bausparverträge, Aktien, Staatsanleihen; wenn ihnen die nicht passen: Gold, Silber, seltene Erden, Häuser; sie können ihr Geld in den Sparstrumpf stecken, bis es verrottet. Hier bleibt nichts zu wünschen. Was gibt es sonst? Sie können fressen, bis sie fett sind, fernsehen, bis ihre Augäpfel erstarren, Sport machen, bis der Arzt kommt – der dann auch zuverlässich kommt. Es ist immer noch unerträglich hier? Dann können Sie reisen, wohin Sie wollen. „Freiheit“ fehlt hier, sagen Sie? Welche Freiheit? Meinen Sie Geld? Oder Unfreiheit?

    Gleich wird der Alt68er wieder das Märchen vom Rotkäppchen erzählen, und wie schwer es ist, das Fremde zu integrieren, das helfen könnte, aber dem man nichts zu bieten hätte. Die Geburtenrate als Wurzel allen Übels? Solange Flüchtlingsboote voll hoffnungsvoller, unausgebildeter junger Leute vor Lampedusa kentern, weil sie hineinwollen, aber nicht dürfen, ist das absurd.

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    @ Alan Posener: Mir schien, Europa müsse vor allen Dingen wieder Sache der Nationalparlamente und der nationalen Diskurse werden […] Mir scheint jetzt aber …

    Manche brauchen halt ’n bisschen länger. Hoffentlich haben Sie/sie inzwischen nicht schon zu(!) lange gebraucht.

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    @ APo: Lesen Sie doch mal Ihren Arbeitgeber: „Londoner Banker bekommen ein dickes Lohn-Plus.“ (Tina Kaiser) Danach Kerzenlicht zum Üben ohne den „Gasmann“ und ohne Atomkraft. Übrigens wohnen im reichen leeren Kensington hauptsächlich (gelegentlich) Russen, Saudis, Emiratis, neuerdings vermutlich Griechen und Chinesen. Keine kleinen Muslime oder Afrikaner, falls es Ihnen darum ging.

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    @ APo:1.Ich bewundere Schröder nicht, gönne ihm aber seine Verdienste.
    2. Es wäre wünschenswert, wenn die FDP über die 5%-Hürde käme. Finden Sie nicht?
    3. Die FDP ist für Atomkraft.
    Summary: Wenn bei Ihnen der „Gasmann“ und die Atompartei ausfallen, womit heizen Sie? Holz? Fäkalien?

    „Überfremdung“ ist harter Tobak. Meine Freundin wohnt in einem eigenen Haus hinter Harrod’s. Die Makler hausieren. Die neuen Besitzer in der Nachbarschaft sind selten da. Von Überfremdung kann keine Rede sein, sondern von Leere.

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    @ Othmar Kaufmann: Das Zitat aus meinem Buch (immerhin haben Sie es gelesen! Chapeau!) steht, wie Sie wissen, auf derselben Seite wie die Schlusfolgerung, dass dieses geräuschlose imperiale Agieren an seine Grenzen stößt, dass man Imperium und Demokratie versöhnen muss. Weil ich aber damals davor zurückschreckte, auch noch institutionelle Vorschläge zu machen, aus den in meinem Beitrag hier dargelegten Gründen, bleibt das buch, das gestehe ich, ein wenig ambivalent. Aber missverständlich nur, wenn man es missverstehen will.
    Wass Gunnar Heinsohn angeht, so ist er, obwohl bewundersnswert, leider von seinen demografischen Theorien besessen, wie die Meisterdenker des 19. Jahrhunderts von den ihren. Nicht alles ist jedoch eine Funktion der Geburtenrate. Ich gebe aber gern zu, dass ich auch wegen solcher Rücksichten die Türkei mit ihrer großen, jungen Bevölkerung, ihrer schlagkräftigen Armee und stark wachsenden Wirtschaft lieber in der EU als draußen sehe.

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    @ Parisien: Dass ein Bewunderer des Gasmanns und Neutralisten Schröder und Gegner der Überfremdung (jedenfalls der Überfremdung Kensingtons) wie Sie nun erwägt, FDP zu wählen, zeugt deutlicher als alles andere, wohin diese haltlose Partei, deren Mitglied ich einst war, nun treibt. Und was die Attac-Steuer angeht: LOL: Die reichenb die Banken an die Bankkunden weiter. Also an uns. Vielen Dank für diesen tollen Vorschlag.
    @ Alle: Dass ich nicht missverstanden werrde: ich bin für den Euro. Ich bin aber dagegen, seinem Weiterleben die Einheit Europas zu opfern; und wäre, falls er scheitert, unbedingt dafür, aus den Trümmern ein stärkeres Europa zu bauen. Für Nationalismus bin ich nicht zu haben.

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    Wenn Sie hier den Euro als die „versteckte Agenda“ und das (mißlungene) Werk Helmut Kohls darstellen, vergessen Sie nicht darzustellen, dass der € auch eine Konzession Kohls für die Wiedervereinigung war, dass es dabei hauptsächlich um die Einhegung deutscher wirtschaftlicher Dominanz, die Dominanz der DM gegangen ist? (http://www.spiegel.de/politik/.....08,00.html)

    Ich freue mich, dass Sie jetzt als vehementer Protektor der Demokratrie in Europa auftreten; der wollen Sie bereits in Ihrem epochalen Werk „Imperium der Zukunft“ gewesen sein; dort haben Sie z.B. geschrieben

    „Wer nämlich mit ansehen muss, wie die lebendige, kritische – und extrem kurzatmige – Demokratie der USA immer wieder die Projekte der ‚imperialen Präsidentschaft‘ torpediert, ob es sich um die Verteidigung Vietnams gegen die Kommunisten, die Befriedung Somalias oder die Demokratisierung des Irak handelt, lernt die europäischen Zustände schätzen, bei denen die Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik weitgehend geräuschlos von einer imperialen Funktionselite erledigt wird, die sich keinem Wahlvolk stellen muss.“

    Ich möchte Ihnen zwei Einwände vortragen, warum Europa auf keinen Fall die imperiale Macht sein wird, von der Sie träumen. Den ersten Einwand haben Sie selbst dargelegt. Sie schreiben hier:

    „Da es unsinnig gewesen wäre, dieses Kapital (das die wirtschaftlich schwächeren Mitglieder der Euro-Zone erhalten haben) in die Modernisierung einer ohnehin nicht wettbewerbsfähigen Industrie zu stecken, flüchtete es in andere Bereiche.“ und hier: „… Versäumnisse in großen Teilen Europas, die Produktivität zu steigern“. Ja, wat denn nun Alan Posener, sollen sie auf Modernisierung und Produktivitätssteigerung verzichten oder nicht? – Wie auch immer, der erste Einwand ist die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Weltmarkt. Und das wird nicht besser, wenn auch das noch stärkste Glied ind der Kette Deutschland auf dem Weg zur Vision Europa kurzfristig zusammenkracht
    „Kurzfristig wären die Ergebnisse einer Rückkehr zu nationalen Währungen politisch und wirtschaftlich katastrophal, gerade für Deutschland, dessen Banken riesige Verluste machen und dessen überteuerte Exporte zusammenbrechen würden; hinzu käme eine nicht abzusehende politische Krise in Europa. Langfristig wird Europa überleben, wenn klar ist, wozu die Europäische Union eigentlich da ist.“

    Der zweite Einwand ist die demographische Entwicklung Europas. Gunnar Heinsohn hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die Expansion Europas (oder dessen, was man heute den Westen nennt) und ihre vielgliedrige imperiale Politik einer wachsenden Bevölkerung korreliert war. Der jetzige Prozess wird unweigerlich zu schrumpfenden Märkten und anschwellenden Bocksgesängen führen.

    Ihre Vision eines imperialen Europas ist das eines sklerotischen Kontinents, der sich mit einem Exo-Skelett der militärischen Stärke in die international affairs einmischen soll. Ein Superman ohne Saft und Kraft, ein Alt-Rocker, der es noch mal wissen will (soll) und den Verstärker bis zum Anschlag aufdreht. Ich hoffe, dass dieser Zombie sich mit einem Wimmern, nicht mit einem Knall verabschiedet.

    Es gibt vieles, warum man um Europa trauern muss, nicht jedoch Ihre Agenda.

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    Sehr treffender und scharfsinniger Essay! Der für mich wichtigste Gedanke ist die Feststellung, das die Randstaaten ihr Kapital nicht in die Modernisierung gesteckt und damit (u.a.) die Immobilienblase incl. Folgen geradezu befördert haben. Ich ahne schon den Spruch, der da auf den Demos in südlichen Hauptstädten bald zu hören sein wird: „Am deutschen Wesen wird Europa genesen“ – Also nö Leute, das müssen wir uns nicht auch noch antun …

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    Roland Ziegler sagt: ….achso: den Vorschlag, einen direkt gewählten Senat für die Außenpolitik zu konstuituieren, finde ich übrigens gut; er würde dazu beitragen, die Demokratie von der nationalen auf die europäische Ebene zu heben.

    … ad absurdum was Sie schreiben oder wie gehen Sie mit der Aussage des ‚BRD‘-Finanzministers [sic!] um? >‘Wir sind seit 8. Mai 45 zu keiner Zeit mehr voll souverän gewesen.’

    Oder anders: was für Rechte werden die Deutschen in Europa haben, wenn ihnen schon im eigenem Land das Selbstbestimmungsrecht verwehrt wird? Mensch 2.r Klasse? Sklave? Diener?

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    Lesen Sie von König Krösus in Richistan, dann können Sie annehmen, dass Frau Merkel in einem Punkt halb Recht hat: Finanztransaktionssteuer. Aber PM Cameron hat auch Recht, denn sie müsste global sein. Außerdem hat sie Recht, wenn sie die EZB nicht zum Ausverkauf hergeben will. In Kensington, wo eine Freundin von mir wohnt, wohnt kaum noch ein Londoner.
    http://www.telegraph.co.uk/fin.....itics.html

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    Sicherlich scheitert „Europa“ – was immer das auch sein mag – nicht, wenn der Euro wieder abgeschafft werden würde. Ich bezweifle allerdings genauso, dass die Rückkehr zu nationalen Währungen die Schuldenprobleme der Staaten lösen würde. Bei einem System der festen Wechselkurse, welches wir vor dem Euro schon hatten, wären die Probleme kaum geringer. Außerdem sehen wir doch, dass auch ein Land wie Ungarn strauchelt, welches gar nicht der Euro-Zone angehört.

    Meiner Ansicht nach wurde das Pferd von hinten aufgezäumt, weil man keine einhitliche europäische Innen-, Finanz- und Sozialpolitik definiert und durchführt. Damit würde man zwar massiv die Rechte der nationalen Parlamente beschneiden, jedoch erinnere ich mich daran, dass es einmal „Europa der Regionen“ und nicht „Europa der Nationen“ heißen sollte. Und wenn man z.B. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern (aber auch die Ostseeküste und die Uckermark) vergleicht, stellt man fest, dass die wirtschaftlichen Disparitäten nicht zwangsläufig an den Grenzen nationaler Staaten festgemacht werden müssen. Wir würden aber kaum eine D-Mark-Brandenburg vs. einer D-Mark-Bayern fordern.

    Das Problem der Staatsverschuldung hängt sicherlich mit der Aufkündigung des Gold-Dollar-Standards schon 1971 zusammen. Seitdem gibt es de facto kein Äquivalent mehr, wie „Geld“ überhaupt zu bewerten ist. Somit würde ich auch nicht mitgehen zu sagen, dass wegen Wechselkursen keine Kriege geführt würden:
    Was wäre denn, wenn die USA ihre Schuldenkrise durch den Druck von 15 Billionen USD löste?
    Würden die Gläubiger das einfach akzeptieren?

    Was wir bräuchten nach meiner Ansicht wäre ein One-man-one-voice-EU-Parlament mit tatsächlich demokratischen Rechten. Allerdings sehe ich noch keine Partei, die sich tatsächlich europäisch organisiert hätte.

    Somit stellt sich nicht die Frage Euro vs. Aufgabe der EU. Die Antipoden sind Nationalstaat vs. Europastaat.

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    @ APo: In einem Abschnitt beschreiben sie die Große Koalition ab 2013, als wäre sie ausgemachte Sache. Was ist, wenn die CDU außer mir noch erheblich mehr Stammwähler verliert? Richtig, es gibt sonst nichts. Aber es gibt die FDP. Obwohl die FDP im Moment schwach ist und auch schwach geschrieben wird!, gibt es zwei Gründe, die FDP zu wählen: Sie hat noch einen demokratischen Charakter und Reaktanz, ein Phänomen, dass von Martenstein in der Zeit beschrieben wurde.
    Außerdem machen Sie den üblichen Fehler mit Russland: Warum sollte Russland tolerieren, dass die USA, gesprochen „wir“, ihren Einfluss in Russlands Nachbarländer ausdehnt? Wie legitim ist es, wenn eine amerikanische Marionette in Georgien regiert? Wie kommt es bei den Russen an, wenn der Westen mit China flirtet und Russland so in die Klemme nimmt? So was hatten wir schon mal. Da wurde Polen von Deutschland und Russland eingeklemmt. Die Folgen kennen wir. Die „Das böse Russland“-Masche zieht bei mir nicht mehr. Und jeder weiß, welches Land das einzige ist, das bislang zwei Atombomben abgeworfen hat. Und Sie sind ganz sicher, dass die USA nicht gegen uns Krieg führen würden, wenn wir ihnen aus dem Ruder laufen würden? Ganz sicher? Sie meinen, die lieben uns hier? Diese ganze Liebe kam zum Ausdruck, als Frankreich und Deutschland nicht mit in den Irak zogen. So viele höhnische Sprüche über das „Alte Europa“ hörte man selten. Schröder hat uns unterdessen mit russischer Energie versorgt. Klug. Merkel hat’s kürzlich angeschaltet, strahlend. Wieder etwas, das Schröder ihr hingelegt hat. Und die im Vergleich zu anderen Ländern geringere Verschuldung wie auch gut kaschierte Arbeitslosenzahlen sind Schröders Verdienst.

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    @APo: In Ihren Ausführungen sind gute Vorschläge, z.B. der eines Senats. Europa, wie es jetzt ist, empfinde ich wie viele Menschen als abgekettet von mir, als Eliteprojekt ohne Einbeziehung des Bürgers. Dieses Europa war schon gescheitert, als nach dem Non der Franzosen und dem Nein der Holländer die übrigen Referenden vorsichtshalber umgangen wurden. Angela Merkel hat sich nur versprochen. Sie meinte: „Scheitert der Euro, scheitere ich.“ Aber wir haben das trotzdem verstanden. Europa scheitert nicht, wenn der Euro aufgelöst würde, im Gegenteil, es würde sich aus seiner Starrheit befreien. Wie kommt es eigentlich, dass wir gegängelt werden von einem Kommissionspräsidenten aus einem der kleinsten Länder Europas, von einem Ratspräsidenten aus einem gescheiterten Land, dass zwei Jahre lang keine Regierung bilden konnte, einem französischen Präsidenten, der in Frankreich als kalt, korrupt und gefährlich verschrien ist und einer Deutschen, die in ihrem eigenen Parlament Demokratie unterdrückt? Alle zusammen haben Papandreou unter Druck gesetzt, der einen demokratischen Reflex hatte, ein letztes Aufflackern vielleicht, bevor wir in einer Art Diktatur versinken, die niemand in der Presse rechtzeitig bemerkt hat? Evtl. passt noch etwas dazu, denn es gibt kaum Zufälle: Ist Strauss-Kahn, dessen „Schwächen“ bekannt waren, in NYC eine Falle gestellt worden, am Tag, bevor er Merkel treffen wollte?

  44. avatar

    ….achso: den Vorschlag, einen direkt gewählten Senat für die Außenpolitik zu konstuituieren, finde ich übrigens gut; er würde dazu beitragen, die Demokratie von der nationalen auf die europäische Ebene zu heben.

  45. avatar

    Kohl wollte ja nicht nur Europa mit dem Euro zusammenführen, sondern auch Deutschland mit der D-Mark. Die deutsche Vereinigung war ein Prototyp für Europa: Die ehemalige DDR bekam die DM und war begeistert; die ehemalige BRD zahlte bzw. zahlt zähneknirschend bis heute. Das funktionierte einigermaßen, man war bereit, für dieses Projekt zu zahlen, aber die Übertragung auf Europa ist aus heutiger Sicht gescheitert. Nicht weil das prinzipiell nicht gehen würde. Aber weil Europa viel weniger Solidarität aufzubringen in der Lage ist. Nationaldemokraten wie der blondeHans akzeptieren eben nicht, wenn sie Transfers nach „außerhalb“ zahlen, selbst wenn man ihnen vorrechnet, dass sie damit besser fahren. Für die vermeintliche „Freiheit“ nimmt man eben auch gern Einkommenseinbußen in Kauf.

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