Meine Herbstferien habe ich in London verbracht. Während ich den alten Koffer ausräume, räsoniere ich. Das ist, wenn mir kreuz und quer so allerlei durch den Kopf geht. Will ich in Deutschland mit Erika Steinbach und Horst Seehofer allein sein? Sie kennen doch die berühmte Frage: Wen würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen? Würde ich also in einem kleinen Paradies in der Südsee auf deutscher Leitkultur bestehen? Ach ja, das Leid mit der Leitkultur.
Da fallen mir Zeitungsausrisse aus einer englischen Tageszeitung in die Hand, die ich bei meinem London-Besuch in den Koffer gestopft hatte. Sie waren mir so wichtig, diese Dokumente einer anderen Welt, dass ich sie aufheben wollte. Jetzt halte ich sie wieder in Händen und in mir wächst der Entschluss: Ich werde auswandern! Ich migriere auf die Britischen Inseln. Drei Gründe reichen, um auch in Ihnen diesen Wunsch entstehen zu lassen. Erstens: Blitzer. Die neue britische Regierung (schwarz-gelb) hatte per Haushaltsbeschluss die Verfolgung von Temposündern durch die automatischen Blitzer abgeschafft. Noch stehen einzelne der unseligen Automaten, aber alle sind abgeschaltet und werden bald das Land nicht mehr verschandeln.
Diese Politik wurde so begründet: Es sei sinnvoller, an das Verantwortungsgefühl der Autofahrer und ihren „common sense“ zu glauben als an willkürliche Strafverfolgung und das Abkassieren. An die Stelle des Raubrittertums ist bei Unfallschwerpunkten eine Anzeige des gefahrenen Tempos getreten.
Jetzt hat man Erfahrungen, wo diese Einstellung hinführt: Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Anzahl und die Schwere der Unfälle gesunken sind. Ich halte den Zeitungsausriss in Händen und betrachte ihn wie eine Reliquie. Wem könnte man so etwas im Land von Armeegeneral Ramsauer an den Verstand bringen? Ich höre sie schon aufheulen, die Renault-Fahrer der Anti-Raser-Fraktion. Die Öko-Hedonisten stehen im Moment vor dem Stuttgarter Bahnhof und verhindern das ökologischste Verkehrssystem überhaupt. Warum, weiß kein Schwein. Deutschland als Hort des Irrationalen.
Zweiter Artikel aus meinem Koffer: Trotz aller Kampagnen von selbsternannten Umweltschützern zu Klimakatastrophen aller Art war das Vereinigte Königreich nie dichter und gesünder bewaldet als heutzutage, ist da zu lesen. Der Bewaldungsgrad entspricht dem von 1750, also den Zeiten vor der industriellen Revolution. Die Natur hat sich vom Smog des 19. Jahrhunderts erholt. Es geht ihr prächtig. Das wird dem englischen Zeitungsleser in ruhigen Worten vorgetragen, während in meinem Vaterland der Jesuit Geißler den Versuch moderiert, für eine Eisenbahnstrecke ein paar Parkbäume zu fällen.
Stuttgart 21: Das ist nicht mehr mein Land; wohlgemerkt, wegen des Widerstandes gegen den Bau eines modernen Bahnhofs. Ich werde dann später in England berichten, dass ich aus einem Land migriert bin, in dem die beseelte Schöpfung auf Straßenbäume ausgedehnt wurde. Man kann nicht in einem Land leben, in dem Schilder mit dem Satz „Auch der Baum hat eine Seele“ hochgehalten werden; in dem die Gegner des Autos den Verkehr von Zügen verhindern.
Dritter Ausriss aus der Presse meiner neuen Heimat: Weil der Ausbau der stadtnahen Flughäfen von London an seine Grenzen stößt, will der Londoner Bürgermeister Boris Johnson in die Themsemündung zwei große künstliche Inseln bauen und darauf einen neuen Flughafen errichten mit insgesamt fünf Landebahnen und zwei Schnellzuganbindungen an die City. Die Boris-Islands würden zugleich als Flutbrecher wirken können und so die Hauptstadt vor Sturmfluten beschützen. Man kalkuliert im Moment etwa 40 Milliarden Pfund für das Projekt. Der gleiche Boris hat in London ein gewaltiges System von Leih-Fahrrädern aufgebaut, mit denen man blendend durch die Stadt kommt. Beide Projekte begeistern mich. Ich will in einem Land leben, das vom Auto auf’s Rad umsteigen kann und von einem miefigen innerstädtischen Flughafen mit zwei Bahnen auf eine gigantische Insellösung mit fünf. Begründung des Großprojektes: Man müsse darauf achten, dass man wettbewerbsfähig bleibe. Der Maßstab ist Singapur oder Hongkong oder Shanghai. Man wolle die Metropole der Metropolen bleiben. Da müsse die alte Tante Heathrow halt in Pension. Das ist meine Welt. Ich bin dann mal weg.
Lieber Kocks, entweder sind Sie nicht so oft im guten alten UK, oder Sie haben ganz bewußt selektiv gewertet, oder …. keine Ahnung!
Ökologisch waren die Briten schon vor 35 Jahren wesentlich weiter, als die Grünen in unserem Land heute.
Unter der Leitung von Prinz Charly Henkelohr(keine Despektierlichkeit, es gibt so schöne Tassen in GB zu kaufen, mit den Konterfei des Prince of Wales und seinen Ohren als Henkel) und dem National Trust, wurde z.B. die verdreckte Themse renaturiert und ein wunderbares Naturschutzgebiet geschaffen, beinahe von der Quelle in Lechlade bis nach London. Die berühmte biologische Kläranlage, die der Prinz in Sandringham entwickelt hat, wurde inzwischen weltweit erfolgreich nachgebaut und verkauft. Die baulichen Scheußlichkeiten neben St. Pauls wurden abgerissen und, und, und ………….
Ökologen gibt es da wahrlich mehr, als in unserem schaurigen Vaterland, wir haben jahrelang unseren Urlaub auf unserem Boot auf der Themse verbracht und konnten das genau beobachten.Dort gab es – in Ihren sehr verehrten Augen – mehr ökologisch Irrationales, als sich die Deutschen überhaupt trauen würden.
Weiterhin haben wir „bloß“ einen Sarrazin, der zwar irgendwo sehr peinlich ist, aber lediglich eine etwas verquere Genprädisponierung propagiert, aber wenigstens nicht den Holocaust leugnet – im Gegenteil, er spricht den Juden einen wesentlich höheren IQ zu, als den muslimischen Brüdern.
Dagegen in GB ein Mr. Griffin, der bei seinem spektakulären Auftritt, im letzten Jahr, bei der BBC den Holocaust nicht direkt geleugnet hat, aber auch nicht sich dazu bekannt. Die rechtnsationale Front, die sich da unter diesem Herrn in GB auftut, wäre mir in unserer Republik sehr unangenehm. Ebenso ein Archbishop von Canterbury, der es nicht schlimm fände, die Scharia in die Gesetzgebung zu übernehmen.
Die Flughafeninsel finde ich gedanklich gut – ansonsten gefällt mir in meinem ehemeligen „Traumland“ nicht mehr alles und ausschließlich, so wie Ihnen.
Seit die Banker in der City isoliert fungieren und sich einen Dreck um die Bevölkerung kümmern, hat dieses Land viel verloren. Und gerade Sie, sollten das ganz genau wissen.
Was die Metropole der Metropolen betrifft – da hat sich London beim Silvester der Jahrtausendwende sehr „metropol“ blamiert. Einige Millionen Menschen waren in dieser Nacht in London unterwegs – und alle Toiletten in der Stadt, abgesehen von einigen am Rad, waren bis 6.00 Uhr morgens geschlossen.
Wir waren dabei und haben nicht wenige gesehen, die sich einfach mitten auf die Straße gesetzt haben und ……..
Weniger ideale Projekte und mehr Toiletten, wären manchmal auch nicht schlecht.
Innerlich saß ich jetzt lange Zeit auf schon gepackten Koffern. Im Gegensatz zu Ihnen packe ich sie langsam wieder aus. In unserem schaurigen Vaterland tut sich nämlich etwas, es wird wieder geredet. Auch wenn es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte, Deutschland schwimmt gerade gegen den europäischen Strom, und das ist gut so.
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Was „geht kreuz und quer und allerlei“ durch den Kopf – der Anderen – wenn sie ueber „England“ denken? Indien: Winston Churchill meinte noch 1947: „Den Indern die Unabhaengigkeit zu erlauben ist ein Verbrechen gegen die Zivilisation!“ Heute kaufen Tata und Mital was nach Thatcher an Industrie noch in „Great Britain“ uebrig bleibt. Aber noch lauert Tony Bliar im Heiligen Land denn der britische Loewe will immer „the great game“ spielen als Geopolitikmacht: Jetzt muss ich erst mal den Lateinamerikanern erklaeren warum die Tories keinerlei Verminderung fuer die „Entwicklungshilfe“ (Development aid) in dem drakonischen Sparprogramm einfuegen: Die Sozialhilfe wird halbiert, sogar das Militaer wird um 8% gekuerzt – aber „Entwicklungshilfe“ bleibt ungeschoren! Wie erklaert sich das ? Die Englaender sind so gute Menschen dass sie lieber sozialen Krawall in den farbigen Elendsvierteln ihrer bankrotten Industriestaedte riskieren – um auf jeden Fall weiter zur „Entwicklung“ weltweit zu wirken ? Vielleicht verstehen das die Lateinamerikaner auch ohne meinen kluge Aufklaerung: Die britischen NROs (wie die der USA und BRD) sind „multifacetic“: Intelligence contractors, Propagandisten gegen nationale Infrastrukturprojekte, Infiltration in die Gesellschaft und Politik, Freundschaft mit flexiblen Militaer und Sicherheitselementen. Zum Beispiel der „World Wildlife Fund“ -gegruendet von Prince Charles Phillip und seinen Millardaercroonies – wird von den Militaernachrichtendiensten der Nationen Suedamerikas als der gefaehrlichste geopolitische Gegner beobachtet, welcher sogar eine Gefahr fuer die territoriale Souveranitaet werden koennte. Also von M16 ist heute der elegante 007 von einem „Entwicklungshelfer“ ersetzt worden: „Money is no object!“
Keine Sorge,auch dort wird sie die Normaltät einholen.
England hat kein Geld mehr und muß die härtesten Sparmaßnahmen durchziehen die es je hatte.
Wer also immer noch die rosrote Brille der Zukunft in den Augen hat ,wird eines besseren belehrt werden müßen.
Das Geld wird nie mehr reichen um solche Utopien zu bauen.
Es wird in den nächsten Jahren immer weniger Geld zur Verfügung stehen ,in allen Ländern.
Das Geld wird nur noch ausreichen um zu erhalten was da ist.
Sie haben Herrn Ramsauer erwähnt,
der die Unternehmer ermahnte ,
sie sollen sich bei Stuttgart21 mehr angagieren.
Wer zwischen den zeilen lesen kann ,kann lesen,dass die Finanzierung dramatisch aussieht bei Stuttgart 21.
1 Million soll die Bahn stämmen,
2 Millionen das Land Baden Württemberg
und der ganze Rest auch alle Mehrkosten
soll der Bund stämmen?
Merken sie nicht was sich da anbahnt?
Da verschlucken sich alle an den falsch berechneten Kosten?
Da werden alle Probleme haben die nächsten 10 Jahre mit den Zahlen.
Darf ich eine Replik darauf schreiben?
Ich komme gerade zurück aus einem Quartal in London, erneut kulturgeschockt, aber gesammelt genug, um in Bälde einen Text über deutsch-englische Metropolemotionen zu verfassen.
Wunderbar…
@Klaus Kocks
„Ich migriere!“
Naja schon, wenn’s nur nicht so viel regnen würde..
Diese Öko-Fanatiker wollen die Welt retten, um jeden Preis (sprich auch gegen die Mehrheit), das ist eine Internationale der Regression, also nach Britain auszuwandern, hilft nicht, Herr Kocks, in 10 Jahren haben Sie sie dort auch an der Backe.
Dann geh doch. In GB ist alles schlechter als in D.
„We’ve had running water for 20 years and we invented the cat.“: Die besten Argumente für einen Umzug nach UK liefert immer noch Little Britain. And let’s not forget Lembit Opik. Ein Land, das ihn politische Karriere machen lässt, ist ein gutes Land.
Was hat denn bitte ein unterirdischer Bahnhof mit dem Verhindern eines ökologischen Verkehrssystems zu tun? Also so ganz allgemein, unabhängig, ob man dafür ist oder nicht (und ich glaube, den Demonstranten geht es auch um was anderes).
Beim Umzug nach GB solltest du auch noch bedenken, dass dort auch nur mit Wasser gekocht wird. Das Wahlsystem ist behämmert, überwacht wird man auch an jeder Ecke und die Polizei nimmt es mit der Pressefreiheit nicht so genau. So ein Traumland ist das da drüben auch nicht 🙂
Dann migrieren Sie doch…. die Britten wollen doch wieder industrialisieren und mit Ihrer Erfahrung bei VW ist es doch ein Klacks wieder wettbewerbsfähig zu werden 🙂