Die Berufung Sarrazins in die Bundesbank war ein Fehler der Politik, wie sich jetzt herausstellt. Den Schaden haben daher auch die Verfassungsorgane Bundespräsident und Bundesregierung. Jedem Verantwortlichen war klar, dass Thilo Sarrazin nicht zum Stillsitzen und Geldzählen zur Bundesbank wechseln wird. Das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Buchautor ist irreversibel beschädigt. Beide müssen sich voneinander trennen. Sarrazin hätte es nicht soweit kommen lassen müssen. Warum hat er den Job überhaupt angetreten? Aus Angst vor Langeweile im Alter?
Damit sind wir bei der SPD, seiner Noch-Partei. Warum hat sie keine bessere Alternative für ihn versucht als einen der repräsentativsten Posten der Republik? Das Thema „Geld und Genen“ ist kein Gewinnerthema, für keine der existierenden Parteien. Daher schadet die Debatte beiden „Volks“parteien. Union und SPD sind angetreten, ein breitestmögliches Spektrum an Milieus und Menschen abzubilden und (!) zu integrieren. Meinungsfreiheit ist das Lebenselixier einer demokratischen Bürgergesellschaft. Steile Thesen und zugespitzte Aussagen muss eine Partei aushalten können. Sicher gibt es Grenzen, die aber müssen gut begründet sein. Biologismus („Intelligenz und Dummheit sind vererbbar“) allein rechtfertigt eine Exkommunizierung aus der Partei nicht. Für die Aussage „jüdische Gene“ hat sich Sarrazin entschuldigt. Ein wenig mehr Gelassenheit hilft auch hier. Selbst in Israel wird wissenschaftlich über das Thema gestritten, ohne es zu tabuisieren. Und selbst der beliebteste noch lebende Politiker der Deutschen verwendet den Begriff „Gen“ in Verbindung mit einer Nation bzw. Ethnie – die deutsche, wie Alan Posener auf diesem Blog jüngst berichtete.
Die SPD und wir alle machen es uns zu leicht, Sarrazin als Sündenbock aus dem Verkehr zu ziehen. Er hat eine wichtige Debatte erneut angestoßen. Dafür verdient er Respekt und demokratischen Dank. Die SPD sollte ihn behalten und eine sinnvolle Aufgabe für ihn finden. Sie hat Vor- und Querdenker wie ihn bitter nötig. Und Sarrazin hat es nötig, dass er seine Thesen im Streit zur Debatte stellt und nicht nur auf Lesungen und in Talkshows. Eine Partei, die eine solche Integrationsfähigkeit nicht aufbringt, sollte beim Thema Integration besser schweigen.
@Daniel Dettling: Für so viel Scharfsinn und Demokratieverständnis sollte man Sie küssen. Leider bin ich nur gut erhalten, aber nicht mehr taufrisch.
Ob Sie es glauben, oder nicht – viele Bundesbürger meinen allen Ernstes, er gehöre der CDU an. Schon daher sollte er der SPD als Strafe Gottes erhalten bleiben, bzw. bei noch längerer Parteimitgliedschaft in der SPD, deren sehr langjähriges Mitglied er ja ist, könnten doch einige zum Nachdenken darüber angeregt werden, was nun die SPD eigentlich für eine Haltung zum Menschenbild hat und welche Interessen sie tatsächlich vertritt!
Wenn Konformität das einzige Markenzeichen der Sozis ist, dann sind sie (leider) keine Alternative zur momentanen Koalition. Die SPD, wäre sie denn einmal klug gewesen, hätte aus der Sarrazin-Debatte das Beste machen können, und sie in die Richtung Verbesserung der Lebensbedingungen für alle, auch Migranten, lenken können, wie es viele vernünftige Leute, auch hier, bereits tun. Den Sozis aber, in ihrer ideologisch verbohrten Selbstgerechtigkeit, haben die roten Tränen die Sicht vernebelt. M.E. ist es himmelschreiend undemokratisch, einen Nichtkonformen aus der Partei auszuschließen – selbst Herr Sarrazin. Obendrein hat sie ihn jetzt auch noch zum Märtyrer gemacht, dem immer mehr Symphatien zuströmen. Ob diese Leute dann SPD wählen werden, bei der nächsten Wahl. Das ist zu bezweifeln. Glänzender Schachzug, liebe SPD – man kann da nur beglückwünchen!
Zuletzt, einen Teil der Presse kann man wirklich ebenfalls beglückwünschen – den Teil, der meint heute Umfragewerte der Sarrazin-Befürworter veröffentlichen zu müßen – diesem Teil sollte man das Bundesverdienstkreuz überreichen, für besondere Verantwortungslosigkeit
Ein wenig ÖL noch ins bereits entfachte Feuer gießen, ein wenig suggestiv wirken, im Sinne nicht nur von Herrn Sarrazin – und das natürlich im Interesse der Pressefreiheit, nicht als Interessenvertretung von ?????
Ich freue mich sehr Herr Dettling, daß wenigstens Sie, genau wie Herr Posener, so wohltuend zur Deeskalation beitragen und Schlüsse ziehen, zu denen andere einfach zu feige sind.
Es ist schön, daß Sie so eine starke Meinung haben.