Es ist fast ausschließlich Häme, die in den Medien heute über das neue nationale Studienprogramm ausgekippt wird. Sie zeigt die Doppelzüngigkeit all derer, die immer mehr Ausgaben für Bildung fordern – und dann die Kanzlerin und die Bildungsministerin prügeln, wenn Bildung mehr Geld kostet. In diesem Fall das des Bundes. Er musste die Länder bestechen, damit künftig die besten zehn Prozent eines Jahrgangs 300 Euro Stipendium im Monat bekommen.
Das neue Programm müsste eigentlich ein großes Hurrah auslösen – bei den potentiellen Stipendiaten, ihren Eltern, den Universitäten, die künftig leistungsstarke Studenten noch besser fördern können. Zehn Prozent eines Jahrgangs sollen künftig gefördert werden. Statt dessen Mißmut und Anwürfe, Merkel und Schavan hätten sich ihren Erfolg erkauft! Wie schizophren ist dieses Land eigentlich?
Aber der Reihe nach: Seit einigen Jahren verlieren die Ministerpräsidenten Wahl um Wahl wegen ihrer Bildungspolitik. Jeder weiß inzwischen, wie wichtig die Wähler dieses Thema nehmen. Und doch wollen kurzsichtige Regenten mit 15 zu 1 Stimmen (nur Baden-Württemberg hätte aus Verpflichtung zu Ministerin Schavan zugestimmt) dagegen stimmen, jeden zehnten Studenten mit einem Stipendium auszustatten.
Das muss man sich doch mal auf der Zunge zergehen lassen: Wie zukunftsfeindlich kann man als Ministerpräsident sein, um so zu entscheiden? Eine zweistellige Millionensumme pro Jahr hätte der Zuschuss die Länder gekostet. Jeder Landesfinanzminister hätte diesen Betrag nach wenigen Minuten in seinem Haushalt finden können. Doch es ging gegen den Bund: Mit ihrem Nein gegen die Zukunft wollten sie den Bund erpressen und Merkel eins auswischen.
Wie kleinlich! Wie ärmlich! Wie schwachsinning! Das soll Föderalismus sein? Das ist ein Armutszeugnis.
Also mussten Merkel und Schavan die Zustimmung der Länder damit erkaufen, dass der Bund nun alle Kosten übernimmt. Die Länder zahlen nur noch die Verwaltungsgebühren. Die beiden mussten das auch deshalb tun, weil es zu vorläufig letzten Mal eine schwarz-gelbe Mehrheit in der Länderkammer gab.
Dass sie dabei dann die Bafög-Erhöhung drei gaben, ist klassisches politisches Kalkül: Sie wird nun im Vermittlungsausschuss landen, wo Linke, Grüne und die SPD sie kaum blockieren können. Also kommt natürlich, wenn auch etwas verspätet, die Bafög-Erhöhung.
Nach diesem jämmerlichen Schauspiel der Länder bleibt folgendes festzuhalten: Bis auf Stefan Mappus hat nach wie vor keiner der hiesigen Ministerpräsident gezeigt, dass ihm (oder ihr) Bildung wirklich wichtig ist. Alle verspielen die Zukunft dieses rohstoffarmen Landes. Gut, das wir zwei mutige Frauen mit Portemonnaie haben.
Liebe Frau Heckel,
Ihr Artikel mir mir sehr gut gefallen! Keinerlei Einschränkung.
Ich selber habe vier Kinder die von mir finanziert studieren. Der Alteste seit 11 Jahren (2 Studien), der Zweite seit 8 Jahren (2 Studien), der Dritte seit 6 Jahren (3 Studien, meine Tochter fängt jetzt gerade an. Bisher hieß es immer – hauptsache ich komme durch – der Rest ist egal!
Jetzt kann ein Argument verwendet werden, daß einen wirklichen Motivationsgrund bietet. Wie es nachher funktioniert vermag ich nicht zu sagen. Aber schon heute ist mir klar, dass ich etwas vergleichbar positives in Deutschland für Studenten in 30 Jahren nicht beobachten konnte.
Viele Grüße
EJ und KJN: sorry, war tatsächlich und vermutlich die Hitze.
Sollte ich, trotz Hitze, nicht falsch gelesen haben, dann sind die beiden Herren beim Thema ja einig und haben nicht nur ein J gemein.
Um der Ausgewogenheit Willen, und auch der Gerechtigkeit halber, verteile ich meine Sympathie und gleichermaßen auf beide.
Was mir bei KJN wunderbar gefallen hat, zu diesem Thema, war die total unakademische Nichtborniertheit.
Und die brodereske Höflichkeit trifft auf EJ jedenfalls zu.
Wir hatten in den letzten Stunden endlich eine sog. local shower, wie man in Australien gern sinntflutartige Regenfälle nennt. Auch ich bin jetzt ein wenig abgekühlt, und dann klappts auch wieder mit dem Nachbarn, respektive den Mitdiskutanten bei SM.
@EJ: „…wir haben ein “J” gemein.“
Bei diesem Thema ja nicht nur das..
Grüße
KJN: Kann es sein, daß sie [Rita E. Groda] bereits ein 2. Mal mich statt EJ meinen?
Die Hitze. Und, immerhin, wir haben ein „J“ gemein.
@Rita E. Groda: Kann es sein, daß sie bereits ein 2. Mal mich statt EJ meinen? Ich gebe aber gerne Ihre freundlichen Worte an den sehr geschätzten EJ ab bzw. weiter..
@K Bledowski
Danke! Endlich mal Klartext:
Steuergeld einsetzen um die Konkurrenz der Studenten untereinander, der Unis untereinander und überhaupt in der Gesellschaft zu verschärfen.
Nur damit ist maximale Anpassung der Jugend an die vorgegebenen Lerninhalte und Planziele zu erreichen.
Überhaupt: Wer Geld zu verteilen hat, hat schließlich die Macht und einen klaren Auftrag.
Was kümmern dann die persönlichen Details der 90%, die nur Mittelmaß abzuliefern in der Lage sind, mit denen ist doch sowieso kein (deutscher) Staat zu machen.
Nur so werden wir wieder wer!
Und Politik muß auch mal wieder einfach werden – nicht wahr?
Was zum Nachdenken: Im „Vorbild“ USA gibt es bei der Vergabe von Stipendien meines Wissens eine 1/5-Regelung, nur 1/5 geht an die „besten“ „Köpfe“ – der Rest an Minderheiten und nach sozialen Aspekten, ich glaube 1/5 an gute Sportler.
Die Qualität der Unistudien wächst mit der Konkurrenz zwischen den Universitäten. Sie wächst noch weiter mit der scharfen Konkurrenz der Unis für die besten Talente. Es ist im Interesse der Unis sich um die besten Gehirne zu bemühen genauso wie es ist im Interesse der Gehirne die besten Unis to verfolgen. Um solche gesunde Konkurrenz to pflegen, beide Sorten von Stipendien sind von Nutzen: diejenigen für die besten Studenten und diejenigen für die Studenten mit mangelnder Geldmittel.
Was Margaret Heckel zu sagen scheint ist dass gleichgültig wer zahlt – der Bund oder die Länder- das wichtigste ist dass „die besten zehn Prozent eines Jahrgangs 300 Euro Stipendium im Monat bekommen.“ Ich stimme vollkommen zu.
EJ: Meiner Kenntnis nach kommt es noch wesentlich besser.
Studenten finanzieren bestimmte Seminare selber, da gute Dozenten nicht nur unzureichend, sondern schlicht saumäßig honoriert werden. Zu unserer Zeit war das noch so, daß Profs wie Pop-Stars bezahlt wurden, Vorlesungen aber nur bei Lust gehalten haben, oder von Assistenten haben halten lassen.Aber immerhin mußte dafür nicht der Student herhalten.
Zu Ihren Vorschlägen zur Verwendung von Geldern für die Unis:
Auslandssemester sind eine große Bereicherung für jeden Bildungssuchenden und somit unbedingt zu fördern.
Das amerikanische Bildungssystem hätte ich, in Teilen, ungern von Deutschland übernommen. Die enge Zusammenarbeit von Unis und Konzernen ist aber eine grundsätzlich nicht so schlechte Sache. Dabei könnten studierende und Firman profotieren. Und eben auch Gelder eingespart werden, wenn Firmen Studienprojekte sponsern.
Es gibt im „rückschrittlichen“ BW sogar einige Gymnasien, die eine rege Zusammenarbeit mit Unternehmen pflegen, Forschungsprojekte für diese durchziehen und bereits etliche Verbesserungsvorschläge erarbeitet haben, von denen die beteiligten Firmen schon in Millionenhöhe profitierten. Die Schüler wurden dadurch hoch motiviert, und habe somit begriffen, daß es in unserer Welt tatsächlich noch Möglichkeiten gibt, diese zu verbessern. Obwohl Politik und Presse ernstlich darum bemüht sind, das Gegenteil zu behaupten.
Das mit dem Konkurrenzdruck haben Sie mal wieder gut erfasst. Ist aber mal wieder eine Milchmädchenrechnung der kinderlosen Muttis.
Erfreue mich immer wieder an Ihrem scharfen Geist und Ihrer beinahe schon broderesk zu nennenden Höflichkeit.
Liebe Frau Heckel,
das musste ich wohl jetzt erst mal verdauen.
Sie beschweren sich wohlfeil über die Undurchsetzbarkeit von Politik zur Bildungsförderung durch die hinreichend bekannte Interessenkollision zwischen Bund und Ländern. Sollte ein leichtes sein, Zustimmung zu erhalten – da kann man sich ja immer mal wieder dekorativ drüber aufregen..
Frau Heckel! Haben Sie sich eigentlich auch nur andeutungsweise mal Gedanken darüber gemacht, was die Aufstockung von 300 € überhaupt bringen soll? Also Studenten strengen sich jetzt besonders an, bessere Noten zu bekommen, weil, sie dann 300 € mehr kriegen? Ist der Abstand zur Wahrnehmung ihrer eigenen studentischen Vergangenheit wirklich schon so so groß?
Oder wollen Sie so unseren „Führungsnachwuchs“ konditioniert sehen. Bei der Vorstellung einer solchen Proletarisierung unserer zukünftigen sogenannten akademischen Elite schaudert’s mich. Gut, das ist der Zeitgeist unserer feminisierten Arbeitswelt: Alles kleinteilig regeln und kontrollieren.
Und dann zwei Matronen „mit Portemonaie“, die die Braven und Dressierten mit einem Leckerchen belohnen. Nein Danke!
Das kann nicht sein, daß Sie so denken, bitte, ich habe Sie im Presseclub reden hören.
Aber ich vermute bei Ihnen und Ihren Pressekollegen, die sich, wie die meisten Politiker, vorwiegend auf einer Meta-Ebene, weitab vom Konkreten bewegen, vermehrt eine berufsbedingte Oberflächlichkeit, die sie für Ihre journalistische Aufgabe der „vierten Gewalt“ offensichtlich völlig unfähig werden lassen.
Gut, sie mögen in der Sachfrage hier anderer Meinung sein als ich jetzt – dann müssen Sie das aber begründen und nicht in dieser überheblichen, feministisch verbrämten Schnoddrigkeit das Thema meinen abhandeln zu können.
Es ist schon schlimm genug, wenn in der Vergangenheit Müntefering von „Hochleistungs-Universitäten“ schwadroniert, oder wie hier Schavan die belohnende und bestrafende Mutter auslebt, alles weitgehend unwidersprochen von der unkundigen Presse und einer Professorenschaft, die sich am liebsten konfuzianisch in Mimikry übt und nur unter vorgehaltener Hand ein wenig mosert.
Aber was ich mir nicht antun muß, ist, wenn hier Argumente ausprobiert werden, weil man zur Recherche zu faul ist. Solches muß ich ja wohl hier vermuten, sonst würde hier so was nicht geschrieben.
Haben Sie bitte eine fundierte Meinung bevor Sie so was schreiben!
Vielleicht habe ich auch jetzt was in den falschen Hals bekommen, aber z.B. bei A. Posener glaube ich direkt erkennen zu können, wenn mal was nicht so ganz ernst gemeint ist. Vielleicht ist das ja jetzt bei Ihnen auch so..
PS: Vorschlag zur Verwendung von Geld für die Unis, wenn überhaupt:
1) Jedem, der will, ein Auslandssemester unterstützen
2) Studenten einen Praktikumsplatz an der Uni oder sonst wo organisieren
3) keine Anfangsvorlesungen mit Teilnehmerzahlen > 300 (!), z.B. dann die Vorlesung 2x /Woche halten
4) Schluss mit der Abschaffung des akademischen Mittelbaus an den Unis usw. usf., die Liste kann man beliebig ergänzen
Aber Sie wollen lieber den Konkurenzdruck erhöht sehen – nicht wahr?? Es herrscht sich dann leichter über die studentischen Quälgeister..
Omnibus56 hat bereits das Nötige zu Sache gesagt. Ohne einen erheblich verbreiterten BAFöG-Zugang geschaffen zu haben, dient das Stipendienprogramm zu nichts anderem als der exklusiven – deutsch: ausschließenden – Klassenbildung. Und das erst recht unter den gegenwärtigen Studienbedingungen.
Bei meinen Kindern habe ich immer großen Wert darauf gelegt, dass sie in engen Kontakt zur Arbeitswelt kommen. Bei meinen beiden jüngeren Kindern tue ich es noch. Meinen studierenden Sohn, der – Studienbedingungen! – in den Semesterferien 5 Klausuren, die letzte am 24. September, schreiben muss, habe ich gebeten, vom Jobben nicht mal zu träumen.
Das Stipendienprogramm der Bundesregierung gießt Hohn und Spott über die Lage derjenigen Studenten, die sich (ganz oder teilweise) aus eigener Kraft durch die Misere unserer Universitäten hindurchbeißen müssen, gießt Hohn und Spott über die Tüchtigsten.
@ Margaret Heckel.
„Wie schizophren ist dieses Land eigentlich?“
Ich würde noch eine Frage stellen: wie unabhängig (wenn überhaupt) und wie korrupt sind die Medien in Deutschland?
Wenn man nur verfolgt hat wie die Medien sich in diesem Fall bzw. vor und nach der Wahl des Bundespräsidenten verhalten haben (und zwar fast ausnahmslos!), dann müsste die Antwort auf beide Fragen eigentlich absolut klar sein.
Ich kann Omnibus56 nur zustimmen. Eine Bekannte von mir musste gerade ihr Studium aufgeben, da sie die Doppelbelastung des Studierens und Arbeitens um das Studium zu finanzieren nicht gemeistert hat. Sie kommt aus schwierigen Verhältnissen, aus denen heraus man es sowieso nur schwer bis zum Studium schafft. Nichts gegen Stipendien. Förderung für Leistung ist erstrebenswert. Aber einer bestimmten Schicht Leistung erst gar nicht möglich zu machen ist verantwortungslos und führt die so oft beschworene Chancengleichheit ad absurdum. Die Umverteilung von arm zu reich, die diese Regierung mit ihren „Reformen“ durchdrückt sollte eigentlich einen größeren Aufschrei auslösen als es derzeit der Fall ist.
Hier in Hannover gibt die Uni z.b. ihr durch Studiengebühren erhaltenes Geld für das alljährliche Drachenbootrennen aus. Unter anderem. Wenn das nicht den Sinn verfehlt… Bildung muss allen zugänglich gemacht werden. Das sollte der erste Schritt sein. Erst dann ist auch ein Stipendium etwas wert. Alle meine Hoffnungen ruhen derzeit auf die Rot-Grünen Pläne in NRW, die Studiengebühren dort wieder zu kippen. Und in naher Zukunft hoffentlich auch wieder hier. Aber was kümmern solche Problemchen schon diejenigen, die bequem emotional und finanziell abgesichert durchs Studium segeln und dafür nun doppelt belohnt werden.
Das ist ein Witz! Das Stipendienprogramm hat mit Bildungsförderung nur dem Schein nach zu tun. Das Geld wäre viel besser in der Breitenförderung des BAFöG aufgehoben.
Denn dieses Stipendienprogramm fördert nicht etwa die Besten sondern nur die mit den besten Noten.
Nein, das ist kein Widerspruch. Wer aufgrund mangelnder elterlicher Förderung, z. B. weil die Eltern ein geringes Einkommen haben (dass es solche Fälle gibt, sollte auch Frau Heckel schon gehört haben), neben dem Studium arbeiten gehen muss, um sich dieses Studium überhaupt leisten zu können, kann keine optimalen Leistungen erbringen. Und aufgrund der Doppelbelastung wird die Studienzeit in der Regel auch länger sein.
Geringes Einkommen der Eltern geht zumeist mit deren Bildungsferne einher. Eltern, die selbst keinen hohen Bildungsstand haben, neigen, wenn das Einkommen gerade soeben zu einem halbwegs erträglichen Leben reicht, überwiegend nicht dazu, dieses geringe Niveau für sich selbst bis an die Erträglichkeitsgrenze oder gar darunter zu senken, um ihrem Nachwuchs ein einigermaßen ungestörtes Studium ohne allzu große finanzielle Sorgen zu ermöglichen.
Das Stipendienprogramm fördert nun aber gerade diejenigen, die in Ruhe und sozialer Sicherheit sich voll auf das Studium konzentrieren können. Und welche Studenten werden das also weit überwiegend sein? Die aus „gutbetuchtem Hause“!
Dieses Stipendienprogramm als Bildungsprogramm zu bezeichnen, statt als Klientel-Förderung, zeugt von wenig sozialem Sachverstand!
Omnibus56
PS: Ich weiß, wie sehr sich meine („bildungsfernen“) Eltern krumm legen mussten, um mir das Studium zu ermöglichen – und ich musste trotzdem nebenher dazu arbeiten. Hätte es damals schon Studiengebühren gegeben, hätte ich nie studiert. (Und wahrscheinlich würden meine Kinder heute nicht studieren.) Dieses Land war kein wirklich die breite Bildung förderndes Land, wurde es noch weniger durch die Studiengebühren, und wird es durch dieses Stipendienprogramm auch nicht werden!