Ich traf Axel Meyer im Juli 2008 am Wissenschaftskolleg Berlin. Der nicht unumstrittene Evolutionsbiologe hatte mir ein Exemplar seines Buchs „Evolution ist überall“ geschickt mit dem Hinweis, er habe „mein Interesse an der Evolutionsbiologie bemerkt“ und „meine Kolumnen in der WELT mit Gewinn“ gelesen. Wir unterhielten uns über allerlei, so über Meyers Spezialgebiet, die Evolution der Barsche in Afrika. Kurzum: Er war und ist mir sympathisch. Umso irritierender ist es, wenn er von Dingen redet, die er nicht ausreichend versteht, und dabei apodiktische Feststellungen von fragwürdiger Gültigkeit trifft.
WeiterlesenTotalitarismus
Selbstkritik im Schongang
Wie ein führender Maoist der 1970er Jahre die 68er-Bewegung erklärt
Es ist menschlich, die Zeit, die man als Jugendlicher und Heranwachsender verbracht hat, in rosiges Licht zu tauchen, Unliebsames und Peinliches auszublenden. Politische Aktivisten, die einst angetreten waren, Geschichte zu schreiben, sind davor nicht gefeit. Allzu gerne reden sie sich ihr Engagement nach dem Scheitern ihrer Ambitionen schön. Wie das funktioniert, kann man an den „Erinnerungen“ ehemaliger „68er“ sehen: Schönfärbereien und Geschichtsklitterungen zuhauf. Ein extremes Mittel der Realitätsverdrängung ist die Fälschung. Eine solche Retusche nahm z. B. der Schriftsteller Peter Schneider in seinem Buch „Rebellion und Wahn“ (2008) vor. Bei der Strategiekonferenz des SDS im Jahre 1969 habe er den Gedanken vorgetragen, es komme darauf an, „in die Betriebe [zu] gehen und die Arbeiterklasse [zu] mobilisieren.“ Vor allem aber forderte er, wie Tonbandprotokolle jener Sitzung belegen, in einem flammenden Plädoyer, „eine zentralisierte Organisation nach marxistisch-leninistischem Vorbild“ zu gründen. Joschka Fischer und Jürgen Trittin versuchten, ihr gewalttätiges Auftreten im Frankfurter Straßenkampf (Fischer) und an den Zäunen der Atomanlagen von Brokdorf, Kalkar, Grohnde (Trittin) kleinzureden, als sie Minister waren. Weiterlesen
Advocatus Dei?
Zugegeben, ich bin Atheist. Anglikanischer Atheist jüdischer Herkunft, sollte ich hinzufügen, denn es gibt so viele Sorten Atheisten, wie es verschiedene Arten gibt, Christ, Jude oder Moslem zu sein, was allzu oft vergessen wird. Hier möchte ich – sozusagen als Advocatus Dei – zwei Einwände gegen den Atheismus vorbringen. Und zwar auch deshalb, weil mir eine bestimmte Sorte Atheismus gehörig auf den Wecker geht: Der Atheismus aus Ignoranz. Der Atheismus, der nicht begreifen kann oder will, dass der Glaube an Gott – oder an Götter – nicht bloß Ausdruck unaufgeklärter Dummheit ist.