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Am Anschlag – der Terror und wir

Das Jahr 2016 begann wie es aufhörte: mit Ohnmacht und Wut. Die stundenlangen Überfälle auf überwiegend junge Frauen am Kölner Hauptbahnhof und der Anschlag vor wenigen Tagen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt macht viele ratlos und wütend. Ratlos, weil es nicht DAS eine Rezept gegen solche Angriffe auf unser freies und friedliches Leben gibt. Wütend, weil sie durch politische Fehler im Vorfeld erleichtert wurden. Die bittere Wahrheit: Deutschland ist 15 Jahre nach New York und 9/11 nicht auf Terror vorbereitet. Seit 2001 befindet sich die westliche Welt im Krieg gegen eine islamistische Bewegung, die sich mal Al Quida, Islamischer Staat oder Dash nennt.

Deutschland ist auf den neuen Terror nicht vorbereitet

Deutsche Polizei und Sicherheitsbehörden sind auch 2016 nicht in der Lage, ungefähr 500 islamistische „Gefährder“, die sich im Land aufhalten, zu beobachten, einzusperren oder in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Jeder von ihnen ist ein potenzieller Attentäter und eine tickende Zeitbombe. Der hauptverdächtige Täter von Berlin war bereits in Abschiebehaft und wurde auf Antrag einer Ausländerbehörde aus dem Niederrhein wieder entlassen. Danach verschwand er vom Radar der Polizei. Im Oktober entkam bereits ein Islamist, der einen konkreten Anschlag plante, seiner Verhaftung und wurde erst von Flüchtlingen, die ihn via Facebook erkannten, dingfest gemacht und der Polizei übergeben. Zwei Tage später erhängte er sich im Gefängnis. Mit dem Urteil, dass ein Selbstmord-Attentäter nicht selbstmordgefährdet sei, wurde ihm der Selbstmord leicht gemacht. Der mutmaßliche Attentäter von Berlin bot sich Medienberichten zufolge bereits im Sommer in Islamisten-Chats als Selbstmord-Attentäter an.

Mehr Überwachung, Personal und schnellere Abschiebungen von straffälligen Gefährdern ist eine notwendige, aber nicht ausreichende Konsequenz aus dem Terror-Jahr 2016. Deutschland ist nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich unvorbereitet, was den neuen Terror betrifft. Regierung und Politiker wollen die Bürger nicht beunruhigen und rücken lieber nicht mit der Wahrheit heraus: Wir sind längst im Krieg. Die Worte des Innenministers, gerichtet an die Presse im Sommer, sind dazu legendär „Ein Teil der Wahrheit würde Sie beunruhigen“. Weil wir nicht Teil der Lösung sind. Die Bürger sind hierzulande Betroffene, aber nicht Beteiligte im Kampf gegen den Terror.

Zivile Sicherheit ist der neue Mindset gegen den Terror

„Öffentliche Sicherheit“ bezieht sich historisch auf die Abwehr von Gefahren durch den Staat und seine Behörden. Dazu zählte zunehmend auch der Schutz der Bürger vor dem Staat. Verändert hat sich dies erst mit den Terroranschlägen der RAF in den 1970er Jahren. Seitdem geht es nicht mehr nur um den Schutz der Bürger vor dem Staat, sondern auch um den Schutz des Staates vor einzelnen Bürgern. In Zukunft wird es um den Schutz des Staates und seiner freiheitlichen Verfassung durch die Bürger gehen.

Den Krieg gegen den Terror werden wir nicht nur mit Polizei und Militär gewinnen. Wir brauchen einen neuen Sicherheit-Mindset und werden zwei Begriffe, die sich beim ersten Hören zu widersprechen scheinen, verbinden müssen: „zivile Sicherheit“. Ohne die Achtsamkeit und die Aufmerksamkeit der Bürgergesellschaft wird die beste Polizei- und Sicherheitsarbeit wenig ausrichten. Wenn es angeblich unmöglich ist, 500 militante Gefährder polizeilich zu überwachen, müssen weitere, ergänzende Maßnahmen diskutiert werden. Wie lassen sich islamistische Parallelgesellschaften besser kontrollieren? Welche Rolle können Bürger dabei spielen? Es reicht offensichtlich nicht aus, sie sich selbst zu überlassen. Auch Pflegefamilien, die sich um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kümmern, sind allein überfordert. Es wird die gesamte Gesellschaft brauchen, um dem neuen Terror zu begegnen. Kümmern müssen wir uns vor allem um die Gruppe der jungen alleinstehenden Männer. Nehmen sie an Integrationskursen teil? Engagieren sie sich in Vereinen? Was treiben sie in den sozialen Medien? Gehen sie einer Arbeit nach? All diese Fragen (und noch einige mehr) müssen positiv beantwortet werden. Integration kennt nicht nur Rechte, sondern muss mit Pflichten und Aufgaben einhergehen.

Von den USA und Israel lernen

In Zeiten des globalen und digitalen Terrors müssen wir soziale Kontrolle neu definieren und denken. Und dabei von anderen Ländern lernen. Woran liegt es, dass in Ländern wie den USA und Israel Terroristen schneller nach Anschlägen ergriffen werden? Wie sichern ihre Städte den öffentlichen Raum? Welche Rolle spielen dort (private) Sicherheitsdienste und Bürger? Und wie lassen sich ihre Spuren und ihre Kommunikation im Internet besser verfolgen und verbinden? Eine freie Gesellschaft muss sich wehren können, wenn sie leben will. Dafür braucht sie effektive Sicherheitsbehörden und engagierte und wachsame Bürger. Deutschland wird in Zukunft ein anderes Land sein. Hoffentlich ein sicheres. In jedem Fall ein achtsameres.

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2 Gedanken zu “Am Anschlag – der Terror und wir;”

  1. avatar

    Lieber Daniel Dettling,
    die Integration der Flüchtlinge und Prävention gegen Terro sind zwei verschiedene Dinge. Flüchtlinge fliehen vor dem terror, der nun von Schwerkriminellen auch hier verübt wird. Aber der Tatverdächtige des Berliner Anschlags war kein Flüchtling.
    Es wäre sehr hilfreich, wenn die Debatten nicht beides vermengen würden.

    Leider haben wir es bei diesem ANschlag mit den Folgen eines schweren Fehlers zu tun. Dass der NRW – Innenminister dies nicht zugibt, ist der nächaste Fehler.

    Aber er hat ja schon einen weiteren verschwoegen, nämlich den, dass Silvester in Köln die Folge eines schweren Polizeiversagens war. Ob die Fologen „stundenlange Überfälle auf überwiegend junge Frauen am Kölner Hauptbahnhof“ waren oder schlicht eine Orgie des Klauens und der Belästigung, das wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass die Media-Turm-Frauen in Köln das so sehen; denn das Buch von Alice Scharzer ist so unsäglich, dass ich gar nichts mehr glaube. Aber ich weiß nun, dass das LKA nicht adäquat reagiert hat. Sie wussten, dass an Silvester kriminelle Gangs nach Köln reisen werden, aber hatten keinen Plan:
    https://www.novo-argumente.com/rezension/falsche_lehren_aus_der_silvesternacht
    Die Innenministerien der Länder, der Bund und die Behörden der europäischen Nachbarlaänder kooperieren nichtmun unterschieden nichtmzwischen wichtig und unwichtig. Dieses Mal war es Italien; denn dort wurde der Tunesier entlassen. Bei dem Mord in Freiburg war es Griechenland. Das hat nichts mit Flüchtlingen zu tun; denn Schwerkriminelle gab und gibt es zu allen Zeiten und in allen Ländern. Kein Tunesier (schon garnicht einer, der schon dort schon auffällig war,) flieht. Sie reisen ein (unter falschen Angaben) und setzen hier ihre kriminelle Karriere fort. Das ist das Problem, nicht die Flüchtlingspolitik.

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