Früh übt sich, wer ein Meister werden will. Okay, das ist jetzt vielleicht doch etwas arg zynisch. Aber es muss einen bei aller Unschuldsvermutung mächtig erschrecken, wer nach ersten Erkenntnissen in Hannover Steine gegen die Mitglieder einer jüdischen Tanzgruppe geworfen hat: Kinder und Jugendliche zwischen neun und 16 Jahren sollen unter den Tätern sein! So früh kann Hass beginnen. Und die Festgenommenen haben, wie es in schönem Amtsdeutsch heißt, arabischen Migrationshintergrund.
Machen wir uns nichts vor: Antisemitismus ist unter Muslimen weiter verbreitet, als es viele Multikulti-Fans wahrhaben wollen. Abwiegeln, schönreden, wegschauen – all diese Ausflüchte schaden, wenn es gilt, das Problem endlich in Angriff zu nehmen. Es ist eben kein allzu großer Schritt vom Ruf „Du Jude, du Opfer“ zum Ausüben von Gewalt. Das einzugestehen, heißt nicht, alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen. Doch mit den ewig gleichlautenden Hinweisen und hilflosen Erklärungsversuchen – Bildungsferne, sozialer Brennpunkt, ärmliche Verhältnisse – unterschätzt man die Gefahr, die von der muslimischen Judenfeindschaft ausgeht.
Sie ist real und alltäglich – in der Schule, in den Wohnzimmern, auf der Straße. Und sie wird, keine Frage, durch den Nahostkonflikt verschärft, der als antijüdische Propagandakost ungehindert durch Fernsehsender wie Al Manar frei Haus geliefert und verinnerlicht wird. Antizionismus, Antiisraelismus, Antisemitismus – sie gehen Hand in Hand.
Da tut Aufklärung und eine gute Schule mehr als not. Auch bei denjenigen, die schon seit Jahrzehnten hier leben. Wenn wie in Hannover Gewalt ausgeübt wird, ist es jedoch längst zu spät für gute Worte. Dann müssen Polizei und Staatsanwaltschaft sich der Sache annehmen.
Die Knaben fangen zeitig an zu schießen, sagt Hedwig zu ihrem Mann in Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“. Der entgegnet ihr, früh übt sich, wer ein Meister werden will. Hedwigs Antwort: Ach, wollte Gott, sie lernten’s nie!
„…Machen wir uns nichts vor: Antisemitismus ist unter Muslimen weiter verbreitet, als es viele Multikulti-Fans wahrhaben wollen…“
Leider ist diese Form von islamischem Antisemitismus bereits im Koran angelegt. Dieses Buch wird von den meisten Muslimen immer noch als das unverfälschte und direkte Wort Gottes angesehen.
Sure 5, 51:
„…Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Freunden! Sie sind untereinander Freunde (aber nicht mit euch). Wenn einer von euch sich ihnen anschließt, gehört er zu ihnen (und nicht mehr zu der Gemeinschaft der Gläubigen). Allah leitet das Volk der Frevler nicht recht…“
Ein Problem, welches – zumindest kurzfristig – nicht aufgelöst werden kann. Hier wird nur ein forcierter Aufklärungs- bzw. Bildungsprozess für muslimische Migranten(kinder) helfen können. Dieser sollte von staatlicher Seite besser strukturell und finanziell unterstützt werden, aber auch deutlicher eingefordert werden, d.h. der längerfristige Erhalt von Sozialleistungen muss an die erfolgreiche Teilnahme an Ausbildungs-, Sprach- und Weiterbildungskursen gekoppelt werden.
@Herr Möller: Es gibt genug Juden, die Großes geleistet haben, nicht nur bei der religiösen Verständigung , zwischen Protestanten und Juden, sondern auch im Dialog zwischen Muslimen und Juden.
Anzuführen wäre da z.B. Schalom Ben Chorin. Kennen Sie seinen großen Traum, wie er die Zukunft für Jerusalem sich vorstellte? Ich gehe mal eher davon, daß nein, da es scheint Sie fühlen sich wohler in der Bestätigung alter Vorurteile, als in der Bemühung auf der Hand liegende Realitäten anzuerkennen.
Damit ja niemand die jüdische Weltverschwörung im öffentlich, rechtlichen TV versäumt,
heute 22.45 im ARD „Die jüdische Lobby“.
Meine Empfehlung an …. na, die Eingewihten wissen schon, wen ich meine.
Nun, hier könnte Herr Böhme als Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen“ doch einen konstruktiven Beitrag leisten.
Es gibt in Israel ja durchaus Juden, die imstande sind, konstruktive Gespräche mit Arabern zu führen. Vielleicht macht Herr Böhme da mal eine Serie drüber, als Anregung für die hiesigen Juden („Wie spreche ich mit Arabern?“) Bei solchen Gesprächen würde sich auch Genaueres über die Seelenlage antisemitischer Araber in Deutschland herausfinden lassen, was wieder Anregungen zur weiteren Arbeit gäbe (und viel besser ist, als wenn wir hier über diese Seelenlage spekulieren).
Aber nehmen Sie ein konkretes Thema, das besondere Animosität ausgelöst hat: der Verdacht der heimlichen Organentnahme. Hier wäre doch investigativer Journalismus gefragt: 1. Was hat die israelische Armee eigentlich bezweckt, als sie Leichen getöteter Palästinnser aufschnitt und wieder zunähte? 2. Woher stammen die Organe der jetzt angeklagten jüdischen Organhändler in den USA? Transparenz in diesen Fragen hat sicher eine befriedende Wirkung.
Die deutsche Polizei kann keine Stimmungen ändern. Und die deutsche Schule kann jüdisches Verhalten bloß interpretieren – die Juden selber können es aber variieren (jeder für sich).
A propos zwei Worte:
Der Besitzer unseres Stamm Bistro ist ein Araber.
Sehr gebildet (von Hause aus Jurist), akzentfrei Deutsch sprechend, mehr Deutsch als anders und auch nicht besonders religiös als Muslim.
Seit Jahren sind wir gut befreundet und kürzlich machte ich auch mal bei ihm den Toleranztest, einfach nur just for fun. Bei einer privaten Feier teilte ich ihm mit ich sei Jüdin. Erst kam gar nichts, dann die Bemerkung mit halb belustigter, halb verwirrter Miene: „Nee, Du bist keine Jüdin, Juden sind anders. Auf meine Nachfrage hin, warum ich keine Jüdin sein könne, die weitere Antwort: „Du bist so weltoffen, großzügig, kommunikativ, kompromissbereit, blond usw.“.
Damit war dann auch gleich offenbart, was Juden, seiner Meinung nach nicht sein können. Ich muß jetzt aber gleich dazu bemerken, das war absolut kein islamischer Antisemitismus, das waren einfach unreflektiert übernommene Vorurteile, wie sie die restlichen und christlichen Europäer ebenfalls hegen.
Jedes Mal, wenn wir uns sehen, raunt er mir heimlich und lachend zu: „Gel, Du bist keine Jüdin?“ Und ich lasse ihn weiter fröhlich lächelnd darüber im Unklaren, ob ich es nun bin oder nicht.
Einen Nutzeffekt hat das Ganze, es wird in diesem Bistro nur noch freundlich über Juden geredet, dafür sorgt mein Freund ganz persönlich, denn man kann ja nie wissen……..
Frau Rosenzweig erhält von ihrem Gatten ein Telegramm.
„Eintreffe 17.30 Westbahnhof mitbringe Klapperschlange.“
Die Gattin ist pünktlich beim Zug, der Mann steigt aus, Begrüßung.
Die Frau mustert das Gepäck:
„Wo ist die Klapperschlange?“
„Ach was, Klapperschlange! Es waren noch zwei Worte frei – ich
werd doch der Post nix schenken!“
Korrektur: Ich meinte natürlich auch 1492, was die Vertreibung der Juden aus Spanien betrifft, nicht 42.
War nur eine persönliche und falsche Assoziation, sorry.
@Rainer Möller:
Die Juden wären sicher außerordentlich dankbar für einen konstruktiven Vorschlag von Ihnen. Wie hätten Sie`s denn gern?
In meiner Nachkriegs-Grundschulzeit, hat ein Lehrer in meiner Klasse öffentlich verkündet:“ Mit den Juden sind wir schon fertig, jetzt kommen die Katholiken dran!“.
Die Katholiken verwirklichen seinen Wunsch, leider, schon selber, mit ihren derzeitgen Repräsentanten. Daß die Juden noch nicht eindeutig auf dem selben Selbstzerstörungstrip sind – ja, das muß man ihnen natürlich übel nehmen.
@Posener: Oi, Sie trauen sich was, so eine „Irrlehre“, wie die über das judenfreundliche Osmanische Reich nach 42, unter der Deutschen Christenheid zu verkünden.
Hinzufügen möchte ich z.B., daß die Türkei, als zwar laizistischer Staat, aber mit vorwiegend muslimischer Bevölkerung, als erster Staat mit vorwiegend muslimischer Bevölkerung, Israel 1948 offiziell
anerkannt hat.
Vielleicht könnten die Juden auch selber ein weniges dazu beitragen, um den Antisemitismus zu bekämpfen? Oder ist das so ganz unzumutbar?
@ guvo: Es ging mir ähnlich, als mir mein freundlicher Grieche beim Ouzo erklärte, er komme aus Saloniki, wo alle guten Grundstücke den Juden gehörten, „die ja immer eine Nase fürs Geschäft haben“. Ich habe gequält gelächelt und ausgetrunken.
@ Martin: Es mag wohl der deutschen Selbstentlastung dienen, sich vorzustellen, dass ein ähnlich hoher Prozentsatz von Muslimen antisemitisch sei, wie es bei den christlichen Deutschen 1933 bis 1945 (und danach plötzlich nicht mehr) war. Aber dem ist nicht so. Kein Jude wird je vergessen, dass die Türkei zur Zeit der Naziherrschaft den Verfolgten ein sicheres Exil bot – wie es das Osmanische Reich nach 1492 tat, als die Christen alle Juden aus Spanien trieben. Man soll den muslimischen Antisemitismus nicht unterschätzen. Ihn aber auch nicht überschätzen. Sondern bekämpfen. Was – siehe oben, wo es einen christlichen Griechen ging – im konkreten Fall nicht immer so leicht getan wie gesagt ist.
Der linke Antifaschismus ist eine Attitüde, die gerne auch mal wieder abgelegt werden kann.
Antisemitismus hingegen ist im Menschenbild (der Vorstellung vom Menschen an sich) des Einzelnen verhaftet. Und das sitzt sehr tief.
Die deutsche Linke stiehlt sich – auch insbesondere infolge „1968“ – aus der Verantwortung, sich mit dem rassistischen Menschenbild ihrer Eltern wirklich auseinander zu setzen.
Das muß sie ja nicht, denn sie ist ja per se antimilitaristisch und damit gleichzeitig „Antinazi“. Das Problem mit der Verstrickung der eigenen Familie mit dem Nationalsozialismus, wird als durchaus schmerzhaft empfunden, kann damit aber verdrängt werden. So kann sich eine merkkwürdige Gleichgültigkeit etablieren, infolge der der Antisemitismus z.B vieler Muslime übersehen wird.
Ich hatte mal an dieser Stelle die Frage gestellt, wieso man sich hierzulande so automatisch gegen Israel stellt. Auch das hängt wohl damit zusammen..
@Alan Posener
Ein guter Lehrer müsste wohl erst mal seine eigene Position klären und dann vor den Schülern vertreten. Da reicht die übliche political correctness beim Thema nicht aus.
lieber alan, wohl wahr. Auch Lehrer brauchen hin und wieder Nachhilfe.
Der Hass von Muslimen auf Schwule ist genauso wie der muslimischen Judenhass, ein schon seit vielen Jahren immer mehr zunehmendes Phänomen, aber viele wollen das nicht wahrhaben, sonst würde ja das so sorgsam gehätschelte Kind „Multikulturalismus“ Schaden nehmen.
Irgendwann gibt dann den großem Knall und keiner will vorher was geahnt haben.
Ich dachte immer, man hätte was aus der Geschichte der 1930er Jahre gelernt, dachte, dass man das ernst nehmen würde, was in den Schriften radikaler Bewegungen so gesagt wird, aber all das scheint vergessen.
Man sollte einfach mal nachlesen, was das klassische islamische Recht zu nicht unterworfenen Nichtmuslimen oder zu Schwulen sagt und das dann nicht einfach kleinreden, so nach dem Motto, das meinen die doch eigentlich gar nicht so.
Seit Jahren zeigen orthodoxe und fundamentalistische Muslime von Afghanistan und Pakistan über den Iran, den Gaza-Streifen und Saudi-Arabien bis hin nach Somalia dass sie es so meinen, aber man hat nicht dem Mut sich vorzustellen, was das heißt, wenn die islamische Dynamik so weitergeht, wie in den letzten Jahren.
Dass Hitler es ernst meint, wollte man sich ja auch nicht vorstellen.
Mein Bioladenhändler erklärte mir, dass die neu eingerichtete Verkaufsfläche seines Ladens einem Juden gehören würde. Ich war geschockt darüber, dass der Bio-Händler nichts besseres einfiel, als den Verpächter so zu titulieren. Hätte ihn gerne gefragt, was ihn veranlasst, das zu tun. Aber ich habe mich nicht getraut. MIST! Ein Beispiel dafür, wie schnell man als überzeugter Antifaschist in eine Situation gerät, wo man eigentlich keine gute Miene mehr auflegen sollte. Weil gerade ein böses Spiel im Gange ist. VERFLUCHT. Das ist etwa ein halbes Jahr her. Aber ich könnte immer noch auf mich kotzen.
@Gute Frage, die sich aber selbst damit beantwortet, daß die erwähnten Pädagogen größtenteils Deutsche Beamte sind.
Die besser Motivierten bekommen Teilzeitverträge und werden zu Ferienbeginn regelmäßig entlassen.
Ihre sehr verehrte Gemahlin könnte uns über dieses Thema sicherlich Romane erzählen.
Absolut richtig, Christian. Doch was machen eigentlich die Lehrer dieser Kinder? Ich vermute stark, sie sind „hilflose Antifaschisten“ (Wolfgang Fritz Haug), weil sie in Bezug auf Israel, sei’s aus Unwissen, sei’s aus moralischer Trägheit, die Vorurteile ihrer arabischen Kinder teilen.