Lieber Klaus Kocks,
Man weiß es ja: wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe. Und doch hat mich die – wie soll ich es sagen – Unbedenklichkeit, mit der Sie in Ihrem letzten Beitrag für „Starke Meinungen“ dieses Privileg für sich in Anspruch nehmen, ähm, verwundert.
Sie schildern, wie Sie im Erste-Klasse-Abteil eines ICE die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann vorfanden: Die gefällte Heilige aus Hannover hat diesmal einen Blumenstrauß neben sich liegen (Maiglöckchen) und zwei leere Fläschchen Schaumwein. (…) Sie schlummert. Und hört Musik von einem roten iPod, auf dessen Bildschirm man einen jungen Mann sieht, sehr attraktiv, Typ George Clooney.
Sie reisen zwar, wie die Ex-Bischöfin (die es dienstwagenmäßig nicht unter einem Phaeton tat) gern Erste Klasse, und wer täte das nicht, haben aber für Ihre Mitreisenden nichts als Verachtung übrig. Die sind „Nieten in Nadelstreifen“. Keine Ahnung, woher Sie das wissen. Wie gesagt, wenn zwei dasselbe tun, in diesem Falle ICE fahren, ist es nicht dasselbe.
Und dann: Eine der Nieten im Nadelstreifen nimmt sein Handy und fotografiert das Stillleben. Es könnte sich um einen Leserreporter einer großen Boulevardzeitung handeln, der nun mit einer vierstelligen Kurzwahl den Schnappschuss in eine Millionenauflage hebt. Muss sich die Ex-Bischöfin das alles gefallen lassen? (…) Es riecht, obwohl hier der parfümierte Teil der Gesellschaft sitzt, ein klein wenig nach Pöbel und Pogrom. Der Pöbel hier trägt zwar Nadelstreifen, was ihn aber nicht sympathischer macht. Da erhebt einer der Reisegefährten mutig seine Stimme. „Lassen Sie das!“ Lässt er vernehmen. „Wo sind wir eigentlich?“
Es „könnte sich“ um einen Bild-Leserreporter handeln, obwohl die normalerweise nicht zum „parfümierten Teil der Gesellschaft“ gehören. Es könnte aber auch sein, dass diese parfümierte Niete bloß einen privaten Schnappschuss machen wollte. Nun ist es aber gleichgültig, was dieser Beinahe-Teilnehmer eines Beinahe-„Pogroms“ machen wollte oder nicht, denn ein „mutiger“ Mitreisender interveniert, um die Privatsphäre der Schlafenden zu schützen. Meine Güte, was heutzutage alles als Mut durchgeht!
Freilich hat dieser Mut des unbekannten Helden, der im ICE gerade noch ein „Pogrom“ verhindert hat, der armen Frau Käßmann wenig genutzt, denn die Szene wird nun von Ihnen auf „Starke Meinungen“ in allen Einzelheiten ausgebreitet. Und meine Frage lautet: ist es wirklich nicht mehr oder weniger dasselbe, wenn sich eine „parfümierte Niete“ als Bild-Leserreporter betätigt, und wenn ein hochintelligenter, kritischer und rhetorisch begabter Kolumnist wie Sie seine Leser wissen lässt, dass Frau Käßmann immer noch ein Alkoholproblemchen hat?
Und weiter: Die Bild-Zeitung rückt sich zuweilen die Wirklichkeit ein wenig zurecht, das wissen wir alle. Gibt uns diese Tatsache das Recht, dasselbe zu tun, bloß weil wir kritische Intellektuelle sind, die um nichts in der Welt einen Nadelstreifen tragen, sich parfümieren, unsere Vorteile gegen den „Pöbel“ ablegen oder die Bild-Zeitung loben würden? Ist es nicht mehr oder weniger dasselbe, lieber Klaus Kocks, wenn Sie über den unfreiwilligen Rücktritt der Frau Käßmann schreiben: Die Polizei hatte sie angetrunken bei einer nächtlichen Autofahrt gestellt. Eine Boulevardzeitung im Schlepptau. Solche Zufälle gefallen mir gar nicht. Das riecht für mich immer nach Intrige.
Hallo? Die besoffene Bischöfin hatte eine rote Ampel überfahren. Hatte das die Polizei – „eine Boulevardzeitung im Schlepptau“ – arrangiert, um die Bischöfin loszuwerden? Kann die Polizei bei uns von der Politik oder – nennen Sie doch Ross und Reiter – dem Springer-Konzern gekauft werden? Darf man so etwas öffentlich suggerieren, und gleichzeitig fest daran glauben, man habe mit den Methoden jenes Blattes nichts zu tun?
Und warum gab es diese vermeintliche „Intrige“, Ihrer Meinung nach?
Die gefällte Heilige aus Hannover hatte sich in unpatriotischer Weise zum Kriegseinsatz der Bundeswehr geäußert und sich damit als Dreifachproblem ge-outet: eine Frau, eine Linke, eine Pazifistin.
Lieber Klaus Kocks, hamse’s nich ne Nummer kleener? Frau Käßmann war und ist keine Heilige. Sie wurde nicht „gefällt“, sie stolperte. Schon gar nicht wurde sie Opfer einer „Intrige“. Mit ihrer Wahl als EKD-Ratsvorsitzende ging die Evangelische Kirche ein kalkuliertes Risiko ein. Auf der einen Seite standen ihr – in der Kirche allgemein bekanntes – Alkoholproblem, ihre erschreckende Schwäche als Theologin und ihre Publizitätssucht. Auf der anderen Seite standen ihr unbestreitbares Charisma und gerade die Tatsache, dass sie eine Frau ist, die – so der Titel Ihres neuesten Bestsellers – „mitten im Leben“ steht. Die EKD dachte in PR-Kategorien: Käßmann contra Ratzinger, das machte sich gut. (Und mir ist sie auch sympathischer als jener furchtbare Kirchenfürst, das können Sie mir glauben.) Wer aber durch die Medien lebt, wird durch die Medien fallen – das erlebt übrigens auch der Event-Papst Benedikt XVI, auch wenn ihn die Bild-Zeitung schont.
Käßmann machte den gleichen Fehler, den auch Ratzinger weiterhin macht: sie glaubte, die Gesellschaft und die Politik darüber belehren zu müssen, was gut und was böse ist. Sie glaubte, kraft der Tatsache, dass sie qua Amt zu den Guten gehörte, dazu berechtigt, ja verpflichtet zu sein. Und vergaß – wie Benedikt – die Worte des Jesus von Nazareth, der politische Enthaltsamkeit predigte, die religiösen Amtsträger seiner Zeit verachtete und seine Jünger belehrte: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Wenn zwei dasselbe tun, ist es eben doch dasselbe, denn gut ist man nicht durch das, was man denkt oder ist, sondern durch das, was man tut – oder lässt.
Und das gilt, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen, lieber Klaus Kocks, auch für Publizisten.
Entspannungsübung zum Feiertag
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Nachfolgendes habe ich von der Web von Dieter Hildebrandt geklaut, und hoffe, er nimmt es mir nicht übel, oder verklagt mich.
Informierte Journalisten
Eine knappe Vita in einer Lüneburger Heidezeitung umfasst ganze 20 Zeilen und enthält fünf Falschmeldungen.
„Dieter Hildebrandt ist ein echter Berliner“.
Falsch, ich komme aus Schlesien.
„Er erblickte 1927 in Bunzlau (heute Tschechoslowakei) …“
Falsch. Bunzlau liegt heute in Polen.
„… das Licht der Welt und wurde in Berlin bekannt.“
Falsch. Bekannt wurde ich in München.
„Dort war er einer der Mitbegründer (also in Berlin) der Münchner Lach und Schiessgesellschaft.“
Falsch, wir haben die Münchner Lach und Schiessgesellschaft in München gegründet.
„Noch heute arbeitet er in der berühmten Kabarettistengruppe ‚Die Berliner Stachelschweine‘.“
Falsch, denn noch immer haben die Berliner Stachelschweine ihr Theater nicht in München.
Richtig wäre die Vermutung, dass es sich bei mir nicht um Dieter Hallervorden handelt.
Daß sich zwei „Edelfedern“ in ihrem eigenen Blog in die Haare geraten, stellt für mich zwar ein Novum dar, jedoch ein faszinierend befreiendes im Sinne von Meinungsfreiheit und hebt damit dieses „Produkt“ hier weit über viele andere – im Einheitsbrei versinkende – hinaus!
Daß sich jetzt einer der Beiden beleidigt zurückziehen möchte, läßt mich leider wieder am Boden der Tatsachen landen, daß es mit der Meinungsfreiheit des Andersdenkenden nicht so weit her ist.
Herr Klocks, revidieren Sie bitte Ihren Entschluß und lassen Sie die MeinungsVIELFALT über die MeinungsEINFALT siegen, womit Sie auch der Lebendigkeit dieses Blogs einen großen Dienst erweisen würden.
In diesem Sinne noch vielen Dank und LG
Silvia Berger
Alan Posener ist ein offener und ehrlicher Mensch, der kein Blatt vor dem Mund nimmt. Anders kenne ich ihn nicht und das ist gut so. Er hat einfach seine Meinung über Herrn Kocks Ansicht kundgetan, ohne Rücksicht auf Verluste. Was ist daran schlimm? Es geht ja um die Sache, nicht um das Fegefeuer der Eitelkeiten im Journalistenbetrieb.
Die Frage ist ja ob es korrekt und kollegial sein soll, wenn ein Autor eines Bloges gegen den anderen Autor desselben Bloges schießt. Wie gesagt – kommt darauf an. Normalerweise tut man so nicht. Wenn aber zwischen den beiden bekanntlich die Welten liegen (politisch, ideologisch, menschlich sogar), – warum eigentlich nicht? Ich sehe hier überhaupt kein Drama, lieber Herr Kocks, insofern finde Ihre Aufregung ein bisschen kindisch – antworten Sie doch einfach sachlich!
@ Alan Posener.
Es ist eigentlich schade, dass Sie zuletzt ausschließlich zu religiösen Themen schreiben.
@ Alan Posener & Klaus Kocks
Zwei bekannte Journalisten unterhalten sich. „Ärgerlich“, sagt der Eine, „gestern hat mein dreijähriger Sohn mein letztes Manuskript zerrissen.“
Darauf der Andere: „Erstaunlich, so jung und kann schon lesen!“
Lieber Alan Posener, jetzt hatte ich schon befürchtet, Sie könnten sich beleidigt fühlen, wegen meiner Titulierung „(Nicht)Maschinengewehr Gottes“, in meinem Beitrag von heute Mittag, der hoffentlich demnächst freigeschaltet werden kann, da der streitbare Pater ja auch für Franko Stellung bezogen hat.
Gerade habe ich aber nachgelesen, daß er auch ein „Atheisten-Brevier“ herausgegeben hat, sowie das Buch „Christus auf der Reperbahn. Auch die Telefonseelsorge hat er begründet. Paßt ja doch ganz gut zu Ihnen, finden Sie nicht?
@Alan Posener und Klaus Kocks:Da hier inzwischen der Militärjargon eingeführt wurde – merken Sie (wir) was –
muß ich mich jetzt anscheinend doch auch dem anpassen.
Wenn man die beiden “Meisterfedern”so kategorisieren möchte, dann wäre m.E.Alan Posener des “Maschinengewehr(Nicht)Gottes (Herr Posener weiss bestmmt auf welchen berühmten Pater ich hier anspiele) und Herr Kocks die “Stalinorgel” der Boulvardpresse.Wie beide polarisieren können, ergötzt “uns” einigermaßen.
Ich verstehen zwar nicht ganz, was da gerade hier abgeht, freue mich aber, daß Sie Herr Posener meine Beiträge tatsächlich lesen.
Müsste ich mich hier eindeutig für einen der Beiden positionieren, würde ich es Für Herrn Posener tun. Was aber keine Aussage über reine Qualitätseinschätzung hat, eher eine Aussage über seine qualitativen Aussagen zu ganz bestimmten, mich sehr interessierenden Themen und die Einschätzung seiner Persönlichkeit. Sobald aber der Oberlehrer bei ihm durchkommt, provoziere auch ich ganz gern.
Nichts für Ungut lieber Herr Kocks und lieber Herr Posener, würde Sie beide gern weiterhin vertreten sehen.
So lerne ich in kurzer Zeit ganz viel über das Blogger(un)wesen und interaktiven Internet-Journalismus. Da schreibt Herr Kocks einen Text, der mit professioneller Absicht die Meinungen pro und contra Rekommunalisierung abklopft, wird offensichtlich mit dieser Absicht vorgeführt und schreibt eine Woche später einen gefühlstriefenden Beitrag über Nieten in ICE und Nadelstreifen und ein Plädoyer für menschlichen Umgang mit den gestolperten Autoritäten. Und ich denke jetzt beim Thema „Käßmann“ nur noch an Piccolos und George Clooney. Ja so funktioniert das wohl, mit dem Boulevard-Journalismus.
Und dann kommt der englisch-deutsche Oberstufenlehrer Posener, nimmt alles auseinander, setzt es ganz langsam wieder zusammen und erklärt uns so mal wieder die Welt. Inclusive Bewertung („Stilistisch wie immer brillant.“) Es gibt offensichtlich gute Berufskrankheiten – aber die dankbarste Aufgabe ist die des „Oberlehrers“ bestimmt nicht. Aber mehr erforderlich denn je, denn mit unseren Emotionen wird schon genug gespielt.
Jedenfalls sehe ich mich (ich, der mit Heinrich Böll – Die verlorene Ehre der Katharina Blum – aufgewachsen ist) jetzt solche Sätze schreiben, wie: „Nein, an eine Intrige gegen Frau Käßmann glaube ich nicht, man hat ihr auf Veranlassung der Politik oder des Springer-Verlages weder Alkohol eingeflößt, noch willkürlich die Ampel auf rot geschaltet – bitte – gesunder Menschenverstand hilft weiter..“
Daher glaube ich dem „modesten“ Oberlehrer 1000 mal eher, als einem Boulevard-Journalisten und PR-Berater, weil er nachvollziehbare Gedanken provoziert.
Dann habe ich mir Ihren Text (Die Ehre der Kirche..) nochmal durchgelesen, Herr Kocks: Nicht allein „stilistisch brilliant“ sondern auch Ihre Folgerungen – sympathisch, menschlich und – letztlich haben wir alle unsere Schwächen – das „Alkoholproblemchen“ von Frau Käßmann da einordnend, wo es auch hingehört, nämlich ins Private. Und das sage ich, obwohl ich mich über Ihren vorletzten Text ziemlich geärgert habe.
Bin ich jetzt manipulierbar? Bitte – wir sind hier nur im Internet und genau so, wie Rundfunk und TV nur einen sehr kleinen Teil von Absichten und Persönlichkeit der dort agierenden Personen erkennen läßt, so ist das auch beim „Texten“ im Blog. Deswegen: was auch immer die Absicht von wem sein mag – Manipulationsmöglichkeiten ist Tür & Tor geöffnet – hat das, was geschrieben wird, schon etwas Authentisches. So ausgebufft ist niemand, das immer überspielen zu können. Nicht auf dem Niveau hier. Deswegen: Würde mich freuen, wenn Sie weiter hier schreiben.
Ich bleib dann auch noch ein wenig.
@EJ: „..auf starke-meinungen.de nur mehr oder weniger heftige „Kapitalisten“.“
… was aber für mich den Blog aber gerade so interessant macht – von wegen Ehrlichkeit, denn, um es mal mit Frank Zappa zu sagen: „man is born to OWN things“ als er sich allzusehr von den Linken vereinnahmt fühlte.
Ich finde aber Rainer Burchardt auch gut – andere ziehen beim Thema „Die Linke“ ja noch Gummihandschuhe an, als würde man ansonsten an der „Schweinegrippe“ sterben.
Ob „hans“ wohl noch was schreibt?
Ich verstehe die Aufregung um diese Meinungsäußerung Herrn Poseners ebensowenig wie die Androhung Herrn Kocks‘ sich zukünftig hier nicht mehr äußern zu wollen.
Diese Seite heißt Starke-Meinungen.de und lädt zum Diskutieren ein. Wer erwartet, dass sein Beitrag kritiklos abgenickt wird weiß von vorneherein, dass er hier falsch ist. Ich habe schon einige Beiträge von Herrn Kocks gelesen, denen ich nur zustimmen konnte und wieder Andere, mit denen ich inhaltlich nicht viel anfangen mochte. Das Gleiche gilt für Beiträge Herrn Poseners.
Dennoch muss die Frage erlaubt sein:
Wo ist der Unterschied zwischen dem Bild einer schlafenden (Ex)Bischöfin Käßmann, geschossen für ein unsägliches Blatt und einer, zugegebenermaßen wohlartikulierten, Textpassage eines Herrn Kocks die es ermöglicht, dass sich Menschen „ein Bild machen“.
Zwei leere Flaschen Wein suggerieren in Wort eben das, was sie auch in Bild suggerieren.
Schöner geschrieben ist nicht besser gemacht obwohl ich Herrn Kocks‘ eleganten Ausführungen sicherlich lieber folge als dem unsäglichen Geschreibsel des genannten Tageblattes.
Dennoch, diskutieren über Wertigkeiten solcher (ab)wertenden Bilder, auch sprachlich, muss erlaubt sein.
Frau Käßmann hätte in der genannten Situation sicherlich gern Privatsphäre genossen.
Und, lieber Herr Kocks, Ihr Talent sollte Sie doch sicherlich befähigen, charmanter „zurückzuschießen“ wenn Sie sich von Herrn Poseners Ausführungen getroffen fühlen.
Es wäre schade auf Ihre Meinung hier verzichten zu müssen.
Lieber Herr Kocks,
daß Sie anderen die „publizistische Lufthoheit“ überlassen wollen, ist, Ihren geneigten Lesern aus der Holzklasse gegenüber, nicht unbedingt Recht.
Darf ich mal wieder den alten Mey zitieren: „Wenn Du die Freiheit nicht nutzt, nützt sie sich ab“. So ist es. Es ist „unsere“ Demokratie, reden Sie mit uns. So steht es oben in diesem Blog.
Meinungspluralismus, Meinungsfreiheit, Rede- und Schreibfreiheit – die höchsten Werte in unserem System, die es gilt zu verteidigen, auch hier, Punkt.
Jeder von uns hat das Recht anderer Meinung zu sein, aber dann auch im Umkehrschluß die „Pflicht“ diese zu vertreten, bzw. zu verteidigen.
Ich gehe mal davon aus, daß sie so „stark“ sind und weiterhin Ihre“Meinung“ schreiben.
Sich in die Debatte zweier Meisterfedern zu mischen mag ungehörig sein, aber ich möchte deshalb doch nicht mit meinem leisen Verdacht hinter dem Berg bleiben.
Kann es sein, werter Herr Posener, dass sich Herr Kocks, aus Ihrer Sicht betrachtet, im falschen „Claim“ aufhält (im Sinne von im falschen Revier wildert)?
Wenn Sie klerikale Realsatiriker aufs Korn nehmen, bekommt der Umstand auch angemessene theolgische Unterfütterung, wenn Herr Kocks sich der Betrachtung Frau Käßmanns im IEC hingibt, treibt kleinbürgerliche Spießigkeit ihr Unwesen ?
Also bitte Herr Posener, bleiben Sie gelassen, gönnen Sie uns trivialen „Leservieh“ die lustvoll geschwungene Feder Ihres feuilletonistischen Kollegen Kocks. Wir möchten Sie doch beide nicht missen. Vorschlag, holen Sie zu einem Rundumschlag aus gegen Augustinus und lassen Sie uns das Resultat in Buchform wissen, davon würde sich die spätrömische Dekadenz nicht so leicht erholen. Unterstützung finden Sie bei meinem Freund Wilhelm von Ockham (Occam).
@ Klaus Kocks: Stilistisch wie immer brillant. Und vollkommen an der Sache vorbei. Ich will Ihnen den Mund nicht verbieten. Dass man auf „anderen Blogs“ nicht mit mir reden will, gereicht mir, meine ich, zur Ehre, handelt es sich um ein ganz spezifisches Blog jener, die sich qua Weltanschauung für die Guten halten. (Mein Fehler bestand darin, diesen Titel für eine modeste Selbstironie zu halten.) Dass jemand, der sich über den „Pöbel“ im ICE ergeht, Menschen umstandslos zu „Nieten in Nadelstreifen“ erklärt usw., anderen Leuten „Überheblichkeit“ vorwirft, nun, das buche ich unter „kennen wir schon“. Und warum „Volkspädagogik“ etwas Schlechtes sein soll, will mir nicht einleuchten. Aber nichts für Ungut. Provokation gelungen, Reaktion wie erwartet. Als Engländer kann ich austeilen UND einstecken – eine Fähigkeit, die hierzulande, wie ich immer wieder feststelle, wenig ausgeprägt ist.
Naja, ich versteh’s als Salutschüsse zum Untergang des Holzmediums (und zugehöriger Holz-Blogs): plop, plop, plop!
Tagesordnung? Mittagessen!
In dankbarer Einfachheit steht Posener nicht nur für einen Namen, sondern auch für ein Programm. Posen ist etwas, dass Bodybuilder tun, wenn sie ihre ohnehin schon künstlich aufgepumpten Muskeln noch weiter aufpumpen. Posener wagt sich an die größeren Themen, wie „Bullshit über Gott“, aber noch nicht an die ganz großen Poser-Themen. Hier könnte er sich vom Inhalt von Nietzsches Ecce homo inspirieren lassen. Kapitel sind dort überschrieben mit:
„Warum ich so weise bin.
Warum ich so klug bin.
Warum ich so gute Bücher schreibe.
Warum ich ein Schicksal bin.“
Das wäre doch – in aller angemessenen Bescheidenheit – eine echte Aufgabe für einen Pose(ne)r.
OK., das ganz nochmal auf Ebene der Holzklasse gelesen: Da hätten wir dann das Duell der individuellen Stalin-Orgeln: plop, plop, plop => <= plop, plop, plop – fertig unser klassisches Skandälchen! Und?
Bis auf Rainer Burchard (unter diesem Aspekt etwas wie ein Irrläufer), blöllern (plop, plop, plop) auf starke-meinungen.de nur mehr oder weniger heftige „Kapitalisten“. Ausgerechnet die verzichten auf die Generierung und Abschöpfung allen kommunikativen Mehrwerts? Wirklich seltsam.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Mit „Stalin-Orgel der Meiungen“ meinte ich das „Blog“ starke-meinungen.de. Keine Einzelpersonen.
Dass man Poseners – zugegeben: heftige – Bemühungen, aus starke-meinungen.de ein Blog zu machen (kommunizierende Röhren: Web2.0, social networking und so), auch anders verstehen könnte, fällt mir erst bei Kocks‘ Reaktion auf.
Bleibt also alles im Kontext der Zelluose-Zeitung, der Einweg-Zeitung (plop, plop, plop) zu verstehen? Aus dem Zeitalter des Holzes (und Holzens) kommen wir nicht raus?
Frau Pluralis Majestatis Groda,
ich und nicht wir stimmen dem Artikel von Alan Posener zu.
Spielen Sie weiter auf Ihrer Stalinorgel mit Herrn Kocks im Duo.
Lieber Alan Posener,
Sie als Leser gewonnen zu haben, ist sicher eine Ehre. Sie sind anderer Meinung, gut so. Sie sind gleich mehrerer anderer Meinungen, wohl denn. Sie kommen selten begrifflich auf den Punkt, verzeihlich. Sie fühlen eine Venia Legendi zu publizistischen Grundsatzfragen in sich, kann nur nützen. Sie halten sich wie alle Laien-Exegeten für bibelfest, darauf sollte man nicht als Schriftgelehrter reagieren. Sie versuchen durch Unterstellungen zu provozieren, ein bewährtes satirisches Verfahren. Sie suggerieren Wissen, das Sie nicht haben, weil Sie es nicht haben können. Vergeben. Aber Sie wollen mir den Mund verbieten, ja? Ach, Herr Posener. Ich überlassen Ihnen, wenn es Ihnen denn wichtig ist, die publizistische Lufthoheit über diese Blog. Zum Abschied einen Rat: Von der Autorität für andere zu entscheiden, was im ethischen Sinne „gut“ sei und was nicht, da könnten Sie einen sparsameren Gebrauch machen. Dieser Fundamentalismus, das wissen Sie doch aus anderen Blogs, in denen niemand mehr mit Ihnen redet, ist unter aufgeklärten Menschen diskursiv unangemessen. Auch zum selbsternannten Papstkritiker passt diese Hybris des Inquisitors doch nicht so recht, oder? Die für Sie typische Verbindung von Weitschweifigkeit und Überheblichkeit, dieser volkspädagogische Suadenstil, der erhellt so wenig und wirkt so angestrengt wie anstrengend. Da kann ich nicht mit Spielkameradentum dienen. The floor is yours, Sir!
@ Alan Posener
Ach, lohnt doch alle Provokation nicht! Ihre Abrüstungsbemühungen sind vergeblich! Sie kriegen diese Stalin-Orgel der Meinungen – plop, plop, plop aus allen Rohren (Reichweite in Zentimetern zu messen!) – nicht in ein System kommunizierender Röhren konvertiert bzw. zivilisiert! Der Rosthaufen taugt allenfalls noch zur Volksbelustigung: plop, plop, plop. Genau so gut kann man Zeitung lesen.
Korrektur: Selbstverständlich halte ich Sie für einen „Liberalen“, nicht für einen „Lieberalen“. War bestimmt eine Freudsche Fehlleistung, da Sie mir immer noch lieb und teuer sind, trotz aller Belehrungen.
Lieber Alan Posener: Wäre ich nur früher schlafen gegangen, dann hätte ich jetzt kein Problem!
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach hat der gute Kocks natürlich ganz schön dicke aufgetragen. Und er hat sich aller erlaubten Stilmitel eines Journalisten bedient.
Selbstverständlich ist „uns“ das aufgefallen, um in der Sprache des Event-Kirchenfürsten zu bleiben. Aber, „wir“ sind auch gut informiert und sind damit durchaus in der Lage den Beitrag von Herr Kocks richtig einzuordnen.
Seit wann geriert sich der Lieberale und Freigeist Posener als kleinbürgerlicher Oberlehrer, der uns belehren möchte, wer die Guten und wer die Bösen sind?
Kritik ist absolut o.k., solche Belehrungen beleidigen aber „unsere“ Intelligenz.
Nichts für Ungut, lieber Posener, aber bitte, werden nicht auch noch Sie so modest.