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Taliban in Nadelstreifen

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Der Ausdruck entspricht vielleicht nicht der Parlamentssprache: “Taliban in Nadelstreifen.” Gesine Lötzsch von der Linken hat aber, als sie den Begriff im Bundestag verwendet hat, dennoch ziemlich genau das auf den Punkt gebracht, was im Moment auf dem internationalen politischen Parkett passiert.

Der Euro wird angegriffen – und damit unsere politische Ordnung, die Sicherheit in der Europäischen Union. Und unser Wohlstand. Die nackte Angst grassiert: Was passiert mit unseren Rentenfonds und mit unseren Sparbüchern? Wir sprechen im Krieg gegen die islamistischen Taliban von asymmetrischer Kriegsführung. Worin liegen die Parallelen zu den Finanz-Taliban?

Unser Feind ist unsichtbar: Es hieß in mehreren Meldungen am vergangenen Wochenende, dass “die Wall Street” gegen unsere Einheitswährung spekuliere. Händler wollten auf die Pleite einzelner Euro-Staaten und das Ende der Währungsunion wetten. Der Feind hat kein Gesicht, er kann überall sein. “Der Spekulant” agiert aus dem Hinterhalt.

Die Mächtigen der Welt rücken zusammen. Der Anschlag auf den Euro ist so gefährlich wie die Anschläge von 9/11. Auch hier gibt es Tote, in Athen sterben drei Menschen. Der Bündnisfall tritt ein. Grundlage hierfür ist der Artikel 122 des Vertrags von Lissabon.

Die Welt wird sich auf Jahre nicht erholen. Wir haben uns von 9/11 noch nicht erholt. Die Welt ist immer noch voller Taliban. Sie ziehen von Pakistan weiter in den Jemen. Spekulantenfreundliche Standorte wird es weiterhin geben. Die Koalition der Willigen hat sich zusammengefunden und über die Finanz-Terroristen obsiegt. Vorerst. Und nachhaltig zum Schaden der Union. Sie ist jetzt eine Transferveranstaltung mit überschuldeten Mitgliedern. Wird sie den nächsten Angriff überstehen?

Es wird sich nichts ändern. Seit Herbst 2008 folgt eine Beteuerung auf die nächste: Dem Finanzmarkt (es klingt wie eine unpersönliche Größe) werde man Ketten anlegen. Man werde ihn domestizieren. Die G20 haben gesprochen – und noch nichts geändert. Auch die Länder der Europäischen Union selbst sind nicht als die größten Aktivisten aufgefallen. Wollten sie überhaupt etwas ändern? Wäre Osama bin Laden nicht schon gefunden, wollte man ihn wirklich finden?

Es findet ein Kampf der Kulturen statt. Wer hat das Primat? Die Wirtschaft oder die Politik? Es ist ein Glaubenskampf. Die Finanz-Taliban führen den Götzen mit sich, den Fetisch des freien Marktes. Ob er am Ende des Krieges mit dem Gesicht nach unten im Staub liegen wird? In God we trust.

Wie bei dem verheerenden Bombardement in Kunduz, bei dem die Taliban nicht von den zivilen Afghanen zu unterscheiden waren, so sind auch im vorliegenden Fall nicht alle Banker Terroristen. Schuld ist individuell. Es sind nur einzelne Menschen gierig. Oder ist es doch das unmoralische System der Hedgefonds-Finanzwelt, das alles mit sich reißt? Systeme, so viel kann an dieser Stelle gesagt werden, haben die Eigenschaft, sich selbst zu erhalten, koste es, was es wolle.

zuerst erschienen in www.theeuropean.de

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7 Gedanken zu “Taliban in Nadelstreifen;”

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    merkel sagt jetzt, wir hätten jahrzehntelang über unsere Verhältnisse gelebt. Einfach unerhört !
    Immer wurde mehr exportiert als importiert und auch die Leistungsbilanz unter Einbeziehung von Urlaub usw. war meistens positiv.
    Also sind die Einkommen in Deutschland zu niedrig.
    Diese Steuerfreiheit für Großkonzerne bei Hebung der stillen Reserven. War Schröder nur dumm oder was ganz anderes ?
    http://www.bundesbank.de/stati.....howGraph=1
    http://www.bundesbank.de/stati.....howGraph=1
    Merkel als Ossi-Nutzniesser will einen Polizeistaat nach SED-Muster und auch sonst ..
    Der Spiegel-Artikel in der vorletzten Ausgabe war nicht schlecht aber auch tendenziös. Der Irakkrieg kostet den USA angeblich 160 Milliarden im nächsten Jahr. 2007 gab die USA aber über 600 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus. Im Spiegel werden Obama seine dazu lächerlich billigen sozialen Wohltaten vorgeworfen. Dann noch ein Bild, auf dem Obama Essen ausgibt wie ein Kantinenangestellter. Dann wird noch beklagt, dass nach der Wahl in Grossbritanien keine sozialen Einschnitte durchsetzbar sein werden.
    Hier noch Handelsbilanzvergleich.
    http://www.bpb.de/wissen/CCK8T.....anzen.html
    http://www.welt-in-zahlen.de/l.....ountry=228
    Verteidigungsausgaben pro Soldat: 397.340.

    Allerdings ist mir keine Alternative bekannt. Politiker sind zu dumm, Bänker parteiisch und Wirtschaftswissenschaftler durch den Einfluss der „Chicago-Boys“, die bezeichnernderweise auch Nobelpreisträger sind, völlig einseitig ausgerichtet undzum Denken in Alternativen unfähig.
    Adhoc-Hypothese: Alle Politiker sind gekauft.
    Also, sich nicht von Merkel verarschen lassen und in jeder Form Widerstand bis zum letzten leisten. Denn letztendlich muss der Schwächere die Zeche zahlen.
    Die veröffentlichte Meinung ist bedauerlicherweise menschenfeindlich verseucht und dieses ist wahrscheinlich der ausschlaggebende Faktor. Möglichst diese Druckerzeugnisse nicht mehr kaufen. Die Süddeutscghe steht beeits vor dem Konkurs und FAZ sowie Handelsblatt und Focus geht es auch nicht gut. Hoffentlich gehen sie bald in Konkurs. Bild und Spiegel werden nicht in Konkurs gehen . Die SPD hat fast 50% ihrer Mitglieder verloren. Sonst würde ich ja meinen, massenweise in Parteien eintreten würde hypothetisch etwas nützen können. Aber es gibt keine parteiinterne Demokratie. Steinmeier und der dicke Niedersachse („Ich wil auch zu den Nutten !“ darf straflos über ihn behauptet werden.) bestimmen.
    Es sieht ganz so aus als wenn nur die Gewerkschaften das Verhängnis noch stoppeen könnten.
    Man hätte den Reichen ihr Geld wegsteuern sollen. Dann hätten sie es nicht in den USA angelegt und müssten jetzt nicht auf Kosten der Allgemeinheit gerettet werden.

  2. avatar

    Rita E. Groda: Demokratie und Kapitalismus scheinen sich tatsächlich gegenseitig zu bedingen.

    Die Wirklichkeit ist allerdings eine andere.

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    Auch ich habe gelegentlich einen Hang zum Oberlehrer, wie der liebe Posener. Darum möchte ich gerne auch einmal ein wenig belehren, und damit eine Richtung der Kritik einschagen, die nicht nur hier, mehr oder weniger unterschlagen wird.
    Daß unsere gewählten Regierungen, auch schon vor Frau Merkel, die Gefahren des Soekulatentums und der marodieren Bankster nicht so richtig einschätzen konnten, lag auch an unseren hauseigenen Problemen.

    Die Widervereinigung, und alle damit verbundenen hausinternen Hausaufgaben, die da zu erledigen waren, hat uns grundlegend von einigen europäischen Entwicklungen abgehängt und den anderen einen längeren Wettbewerbsvorteil beschert. Das ist nun einmal Fakt.
    Das ist immer noch ein Tabuthema in unserem Lande, total zu Unrecht. Man hat uns nicht zugetraut diese Aufgabe zufriedenstellend zu erledigen, und man hat dies im Europäischen Staatenverbund eigentlich gar nicht gewünscht, daß wir das so zufriedenstellend machen.
    Trotz aller Fehler die gemacht wurden, und zwar auf beiden Seiten, und unter enormen Zeitdruck wurde da etwas geschaffen, was sich keiner von uns vorstellen konnte. Es war eine „Irrsinnsleistung“ ca. 20 Millionen übergngslos in bereits bestehende Sozialsysteme einzugliedern und enorme neue Infrastrukturen zu schaffen. Beide haben wir Federn gelassen, die Wessis ebenso, wie die Ossis. Die Ossis haben die eigene Identität verloren, viele ihre Arbeitsstellen – die Wessis mußten eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen in Kauf nehmen, was sie aber ohne Murren taten, den wir hatten ja alle diesen Traum von einem einigen Land, der uns total unerwartet sozusagen überfiel.

    Um wieder konkret zum Thema Spekulanten zu kommen. Kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, konnte man in beinahe allen beduetenden Deutschen Zeitungen auf der Titelseite lesen: „Wir haben keinen Feind, keine Feinde mehr“. Und es wurde auch die ironische Frage gestellt, wie wir uns jetzt ein neues Feinbild aufbauen können, und wer jetzt der Feind sei, da es ja keine Bedrohung aus Moskau mehr gäbe.
    Ich hatte da ganz schnell eine logische Antwort zur Hand.
    z.B. die Zocker an den Finanzmärkten.
    Meine These war damals, der Kapitalismus hätte jetzt keine“sog. natürlichen Feinde“ mehr, und würde sich in kurzer Zeit in seiner ungebändigten Form outen. Kurze Zeit später hatten wir es dann schon mit den lieben H-Fonds zu tun, folgerichtig nach meiner These, die zu dieser Zeit noch von Freund und Feind belächelt wurde.

    Ungefähr 10 Jahre später, als die Zocker schon fröhlichst am werken waren, hat diese, meine These, und zwar beinahe wörtlich, mein Freud im Geiste Prof. Slotterd., in seinem philosophischen Quartet verkündet.
    Nun ja, Philosophen brauchen halt etwas länger, um alle Aspekte zu überdenken.
    Ich denke, an meiner (unserer) These muß schon etwas dran sein. Der Kapitalismus hat keine Konkurrenz mehr, und wenn es nur so eine verhältnis miese, wie der Sozialismus ist. Und es gibt keine Mechanismen, die in wirkungsvoll eindämmen, zumindest momentan nicht.

    Die Gründerväter unserer Republik waren verhältnismäßig kluge Leute. Die freie und“soziale“ Marktwirtschaft haben sie so begründet, daß es ein Konkurrenzmodell zum Sozialismus sein sollte. Als diese schon von Herrn Schröder, und ebenso beim Amtsantritt von Frau Merkel, als nicht mehr zeitgemäß ebgeschafft wurde, war dies der Untergang eines halbwegs verantwortungsvollen Gesellschaftsmodells. Welches um so vehementer nicht nur von Frau Merkel, sondern auch von Staaten, die die soziale Marktwirtschaft gar nicht kannten, wie GB, wieder eingefordert wurde.
    Demokratie und Kapitalismus scheinen sich tatsächlich gegenseitig zu bedingen. Das Modell ist momentan konkurenzlos, daher wird es so wie gehabt weiter gehen, leider.

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    Soros hat schon zweimal mutwillig eine Währung ruiniert.

    In der Wikipedia kann am ausgehend von seinem Namen nachlesen, dass Banken in Steueroasen Geld in beliebiger Höhe schöpfen können.
    Sie leihen sich das Geld gegenseitig und das ist nicht einfach zu verstehen , in Wikipedia aber erklärt.
    Sie haben sich also gegenseitig verschuldet und können sich nicht einfach Hochseeyachten kaufen sondern sie müssen das Geld so anlegen, dass ein Schuldner ihnen Geld zuführt.
    Im Falle des Misserfolgs haben sie so wenig Verlust und im Falle des Erfolges hohen Gewinn.
    Bei der Pfundkrise hat die Euroäische Zentralbank gezahlt und jetzt zahlt der Deutsche Steuerzahler direkt. Und da hört der Spass auf.
    Normalerweise steht in den Zeitungen, die Spekulanten leihen sich etwas. Sie leihen sich aber etwas nichtexistenes. Auch wenn da steht, sie leihen sich Aktien, so leihen sie sich meistens keine Aktien sondern tun nur so (naked).
    Es werden Milliarden frisch in Steueroasen geschöpfte Euro auf den Markt geworfen und im Falle eines Misserfolges (der Ezurokurs fällt incht stark genug) entstehen den Spekulanten nur Kosten in Millionenhöhe.

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    @Herr Görlach: Einige „Eingeweihte“, wie ich inzwischen auch schon öffentlich hörte, sind sich darüber einig, daß der angekündigte Angriffskrieg der Spekulanten ein geschicktes Ablenkungsmanöver der Verantwortlichen in der Währungsunion war. Sie geben inzwischen öffentlich zu, „man habe halt nicht genau hingekuckt“ bei den Zugangsvoraussetzungen und der Einhaltung der hinzugekommenen Staaten. Eine hübsche Verniedlichung der Situation „nicht genau hingekuckt“. Wäre die Angelegenheit nicht so dramatisch, könnte man darüber lachen!
    Ich gehe jetzt auch einmal davon aus, daß die Taliban ironisch gemeint waren. Es spielt sich tatsächlich ein Glaubenskrieg ab, allerdings anders, als bei den Taliban.
    Es geht, wie immer im Kapitalismus, um Gewinnmaximierung.
    Nicht aber um einen Krieg der Kapitalisten gegen ?, Europa? die Demokratie? die Währungsunion??????
    Den Gegner kann ich bei Ihnen nicht klar ausmachen. In meinen Augen sind die Gegener unzureichend vorbereitete
    absolut blauäugige Währungsunionler, die aus ihrem Schönheitsschlaf aufgewacht sind.
    Richtig drakonische Strafen, bei Zuwiderhandlung gegen die Währungsunionskriterien, werden die ersten Kriegshandlungen auf der Staatenseite sein – tatsächliche Regulierung der Finanzmärkte, auch auf inzwischen Druck der Bürger, werden die flankierenden Maßnahmen sein.

    Bei aller gebotener Unruhe und Skepsis – bitte nicht so melodramatisch. Wie Sie schon sagten“ In God we trust – all other`s pay cash. Und bisher bekommt unser Land, God be thanked, noch Kredit.

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    Der deutsche Dackel scnueffelt verwirrt in allen Ecken – seine „Herrchen“ haben ihm zugerufen: „Such‘ den Spekulant!“ Aber der deutsche Dackel hat keinen guten „Riecher“. Den guten „Riecher“ hat „Hugo“ (von Suedamerika) – der kam nach NEW YORK und hat „allen“ erklaert: „Hier ist der Teufel und es riecht nach Schwefel!“

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