Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:
Die Türkei kontrolliert über die Ditib und das türkische Religionsministerium Diyanet alle Moscheen ihrer Landsleute in Deutschland. Soll sie jetzt noch türkischsprachige Schulen kontrollieren? Nein.
Deswegen wehren sich Spitzenpolitiker von SPD und CDU zu Recht gegen eine entsprechende Forderung aus Ankara. Türkisch als Fremdsprache spielt in Deutschland keine Rolle, und das, obwohl 2,3 Millionen türkisch stämmige Menschen in Deutschland leben. Wer den Deutschen vorwirft, sie haben ein Problem mit der Türkei oder dem Türkischen, der hat damit sicher nicht Unrecht. Das muss offen benannt werden.
Wir sehen es bei den Namen der Kinder: Deutsche Eltern vergeben nordische und südeuropäische Namen an ihre Sprösslinge, aber niemals hat ein Kind deutscher Eltern Ali oder Mohamed geheißen.
Das ist die eine Seite der Türkei-Debatte. Die andere ist die Frage nach dem Beitritt der laizistischen Republik zur Gemeinschaft der Europäischen Union. Hier ist – man verzeihe mir den Vergleich, wo es sich doch um ein islamisches Land handelt – die Messe schon längst gesungen: Die Türkei wird, wenn sie die Kopenhagener Kriterien erfüllt, eines Tages Vollmitglied der EU werden. Der Prozess dazu läuft, das Land auf der Grenze zwischen Asien und Europa verändert sich im Rekordtempo, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell.
Die Bundeskanzlerin spricht mit dem Vorschlag der „privilegierten Partnerschaft“ schon lange nicht mehr in Richtung Türkei, sondern nach Deutschland hinein, wo diese Botschaft bei der eigenen Klientel den Eindruck erwecken soll, dass der Beitritt der Türkei nie kommen werde.
Gibt es etwas, was den Beitritt in letzter Sekunde verhindern kann? Ja. Es gibt drei Punkte, aber keinen davon könnten die Beitrittsgegner von außen beeinflussen:
Die Türkei muss sich ihrer Vergangenheit stellen, nicht nur, was den Genozid an den Armeniern betrifft. Aus dem Osmanischen Reich hervorgegangen, kann sie in der islamischen Welt nicht den Vermittler spielen, den sie uns so gerne anbietet. Aufgrund ihrer Vergangenheit sind die Türken in weiten Teilen der arabisch-islamischen Welt unbeliebt.
Der Nationalismus, der gepaart mit der Behauptung militärischer Dominanz eine gefährliche Melange ergibt, die nie verschmelzen wird können mit dem „Nie wieder Krieg“, das nach dem Ende des verheerenden Zweiten Weltkrieges die Grundlage für den europäischen Werteverbund gestiftet hat.
Der Rassismus, mit dem ethnische und religiöse Minderheiten in der Türkei gegängelt und benachteiligt werden. In Europa gilt Religionsfreiheit, sowohl für den einzelnen als auch für Religionsgemeinschaften. Gerade deshalb und weil in Deutschland Repräsentanten des türkischen Staates die Moscheen bauen, können wir in Sachen Kirchenbau und verfolgte Christen in der Türkei eine starke Meinung gegenüber Ankara vertreten.
Diese drei Punkte sind heikel. In allen dreien bewegt sich die islamisch-demokratische AKP unter Premierminister Erdogan auf die europäischen Maßgaben zu. Langsam zwar, aber sie bewegt sich. Und mit ihr die türkische Gesellschaft.
Wie wird die Türkei in 20 Jahren aussehen, wenn sie endlich beitreten wird, wie die Europäische Union? Das wissen wir nicht. Der Beitritt wird gut für Europa. Er ist so sicher wie das Amen in der Kirche, in scha’allah.
zuerst erschienen in www.theeuropean.de
Natürlich ist der Beitritt zu verhindern.
Die Wähler die dies nicht wollen, müssen nur Parteien bzw. Politiker wählen, die in diesem Punkt auch ihre Interessen vertreten.
Das Problem für viele Wähler ist, daß man bei SPD, FDP, LINKE, Grüne weiß was man bekommt.
CDU/CSU verarschen dagegen ihre Wähler, predigen gegen den Beitritt und forcieren in dabei.
Wer in Punkto Beitritt auf Nummer sicher gehen will muß irgendwas rechts der Union wählen. wer dazu nicht bereit ist sol auch aufhören zu jammern. Punkt.
Den Beitritt verhindern kann man immer, auch in letzter Sekunde. Wenn man ihn politisch nicht will, verhindert man ihn man solange, bis die Türkei hinwirft. Will man ihn unbedingt, so zieht man ihn durch, auch wenn die Faktenlage das gar nicht hergibt. Das ist bewährte EU-Politik.
Auf absehbare Zeit sehe ich einen Beitritt aber nicht. Die Aussicht nochmals mehrere Millionen Anatolier nicht integrieren zu können läßt selbst den härtesten Multikulturalisten erschauern. Wirtschafts- und Finanzpolitik denken unter Schmerzen an den immensen Geldtransfer, der der Türkei bei einem Beitritt zustehen würde. Man spricht von 45 Milliarden. Wer bringt die auf?
Alles in allem, der Beitritt der Türkei zur EU oder gar zum € sprengt die ganze Veranstaltung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Profiteure des jetzigen Status das zulassen werden. Also bleibt die Türkei draußen, Kopenhagen hin oder her.
Alexander Görlach: Deutsche Eltern vergeben nordische und südeuropäische Namen an ihre Sprösslinge, aber niemals hat ein Kind deutscher Eltern Ali oder Mohamed geheißen.
In welchem Wolkenkuckucksheim leben sie denn? Für sie gehören offensichtlich die vielen Deutschen türkischer Herkunft nicht dazu, die sehr wohl ihre Kinder so nennen. Eine Schande ist dieser Satz!
Alexander Görlach: Wer den Deutschen vorwirft, sie haben ein Problem mit der Türkei oder dem Türkischen, der hat damit sicher nicht Unrecht. Das muss offen benannt werden.
Türkisch ist eine sehr schwierige Sprache, die man zudem selten gebrauchen kann. Viel vernünftiger ist es, wenn Türken und Deutsche gutes Englisch lernen, weil sie damit dann weltweit gut zurechtkommen :-). Sich aber dewegen zu dem Satz zu versteigen die Deutschen haben ein Problem mit dem Türkischen oder gar mit der Türkei halte ich für reichlich belämmert.
Soviel zum 1. April!
Also nach meiner bescheidenen Meinung sind die drei aufgeführten Hindernisse für einen EU-Beitritt ziemlich fette Hindernisse. Sicher ist da gar nichts.
Noch nicht genug Sorgen in „old Europe“ ? Nur die USA und Israel koennen von weiteren „Erweiterungen“ profitieren! Das Europa wie es jetzt ist, hat genuegend Probleme fuer die naechsten Jahrzehnte – und kein Alexander wird wieder den Hellenismus bis zum Indus durchstreiten. Die Tuerkei hat eine Rolle entdeckt als „grosse Nation“ im oestlichen Mittelmeer, Mittleren Osten und Zentralasien — und diese neue Rolle ist heute fuer die Tuerken interessanter und nicht die Rolle als geduldetes Schlusslicht in „old Europe“…
„Wir sehen es bei den Namen der Kinder: Deutsche Eltern vergeben nordische und südeuropäische Namen an ihre Sprösslinge, aber niemals hat ein Kind deutscher Eltern Ali oder Mohamed geheißen.“
naja- aber daran festmachen zu wollen, dass dies ein Indiz dafür ist, dass Deutsche ein Problem mit „dem Türkischen“ haben scheint mir denn doch ein bissel weit hergeholt (wenngleich man sicherlich zustimmen kann, dass „türkisch“ derzeit kein attraktives Image hat, wie beispielsweise „spanisch“)- dennoch, betrachtet man die Vornamensvorliebe müssten die Deutschen beispielsweise Juden über alles lieben- niemals zuvor streiften soviele Jonathans, Davids, Leas und sogar Noahs und Joels über die Spielplätze…und sie müssten- dieser Logik zufolge – ein Riesenproblem auch mit Italienern haben: ich kenne keine kleinen Luigis, Giacomos oder Guiseppes…oder auch mit Russen, denn deutsche Eltern nennen ihren Sohn nicht Wladimir oder Olga…will sagen:das Vornamenargument zieht hier nicht wirklich.
Und noch einen Punkt:
Sie schreiben:“Gibt es etwas, was den Beitritt in letzter Sekunde verhindern kann? Ja. Es gibt drei Punkte, aber keinen davon könnten die Beitrittsgegner von außen beeinflussen“
Das würde ich auch bestreiten- und zwar unabhängig von dem Beitrittsprozeß! Man kann von außen auf alle Bereiche einwirken,- wie effektiv- ist natürlich eine andere Frage, aber man ist bei diesen Prozessen nicht zum zuschauen verdammt…