Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:
Jetzt also schwarz-grün. Dafür gibt es eine Option. Schon bald in Nordrhein-Westfalen. Und dann im Bund. Dass das lähmende schwarz-gelbe Debakel sich noch dreieinhalb Jahre hinziehen wird, glaubt keiner mehr der Kommentatoren. Für die Union entsteht nun die Möglichkeit einer Koalition mit der Ökopartei. Sie wird diese Chance nutzen.
Denn die Grünen sind die Rettung der Union – aus zwei Gründen. Erstens: Die Union kann wieder Werte geleitete Politik machen ohne sich dafür zu schämen. Die Grünen haben immer darauf hingewiesen, dass auch sie sich als eine auf Werte gegründete Bewegung sehen. In einer Koalition bekommt die CDU in einer Koalition ihr Nein zur Abtreibung, ihr Nein zur Stammzellforschung und ihr Ja für eine besondere Liaison mit den christlichen Kirchen. Die Grünen dürfen gegen Gen-Kartoffeln sein, gegen einen Ausstieg aus dem Atomausstieg und für einen Umbau unserer Wirtschaft in eine klimaneutrale. Werte! Endlich! Reflektierte Werte! Regieren werden die beiden nicht ideologisch, sondern pragmatisch. Und sie werden Respekt vor den Werten des Anderen haben.
Zweitens: Die Union hat eine Lücke in der Mitte der Gesellschaft geschaffen. Sie ist nach links gerückt oder in der Mitte indifferent geworden. Diese freie Mitte besetzen nun die Grünen. Ihre 16 Prozent in den Umfragen belegen das. Die Botschaft: Ökologie und Ökonomie können zusammen gehen. Wir müssen nachhaltig leben, zum Wohl kommender Generationen. Gleiche Bildungschancen für alle. Das sind Sätze sowohl der Grünen als auch der Schwarzen. Beide zusammen treffen den Zeitgeist der Deutschen: Die Sehnsucht nach Beharrung und Wandel gleichermaßen: konservativ, aber nicht zu krass und altbacken, nachhaltig, aber dabei nicht übers Ziel hinaus.
Die Gegenstimmen: In der Union heißt es, die CSU würde einer Koalition mit den Grünen nicht zustimmen. Die Christsozialen heute sind nicht mehr die Christsozialen von 2005. Damals konnte ein Edmund Stoiber Gedankenspiele, die etwas mit Sonnenblumen zu tun hatten, sofort im Keim ersticken. Die Konservativen in der Union sprechen sich ebenfalls gegen eine solche Option aus. Deren Meinung wird sich sehr schnell ändern, wenn Nordrhein-Westfalen für die Union nur in einer Koalition mit den Grünen zu halten sein wird.
„Wir sind eine Partei links der Mitte“, sagen die Grünenpolitiker, die gegen eine Koalition mit der CDU sind. Na super, muss man ihnen entgegen rufen: Dann passt ihr doch gut zur CDU! Die ist mittlerweile auch links der Mitte, gar nicht mehr rechts. Ihr passt zusammen.
Aus zwei Fehlern der FDP sollten die Grünen schon unbedingt jetzt lernen: Sie müssen schon heute dafür sorgen, dass ihnen für die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl genügend geeignetes Personal zur Verfügung steht. Holen sie so viele Sitze, wie es im Moment aussieht, dann wird es knapp was gutes Personal angeht, sowohl auf den Landeslisten als auch für die Ministerien.
Und die Grünen müssen uns vor der Wahl beweisen, dass sie nach der Wahl auch regierungsfähig sind. Wir hätten nie gedacht, dass die FDP das Regieren so verlernt hat. Wir sind skeptisch, ob fünf bis acht Jahre ohne Regierungsbeteiligung im Bund die Grünen nicht auch regierungsuntauglich gemacht haben. Sorry, aber hier wollen wir sicher sein. Noch mal so ein Flop können wir uns nicht leisten.
Ich weiß nicht, was schwarz-grün macht. Ich weiß, was christlich-ökologisch macht: Sich auf die gemeinsame Regierungszeit im Bund vorbereiten.
zuerst erschienen in www.theeuropean.de
Die Grünen sollen den rechts der CDU freigewordenen Raum als quasi allerneuste Mitte besetzen ?
Selten so einen Nonsens gelesen.
Die CDU ist nach links gerückt, um den Abstand zu den noch weiter links stehenden Grünen nicht zu groß werden zu lassen. Man verläßt sich darauf, das die heimatlos gewordenen konservativen Wähler zu Hause bleiben, im Notfall hilft der Verfassungsschutz und die Autonome Antifa gegen NPD/DVU/REP/PRO.
Wenn man sich da nicht täuscht.