In Berlin findet in diesen Tagen der Prozess gegen einen arabischen Studenten statt, der den jüdischen Studenten Lahav Shapira. zusammengeschlagen hat. Dass es tatsächlich zu dieser Attacke kommen konnte, wirft ein grelles Schlaglicht auf die Atmosphäre, in der man meint, es wäre legitim, so einen Angriff zu starten.
In Israel ist man sich unter Politikwissenschafftlern und der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung – auch der arabischen Bevölkerung – darüber einig, dass eine Sicherheitspolitik, die auf Ausgleich und das Bestreben um eine friedliche Nachbarschaft gerichtet war, zu dem Pogrom, zu dem Desater vom 07. Oktober 2023 geführt hat. Aber gab es dazu Alternativen?
Gefährliches Paradigma
In den israelischen Medien, vor allem in den großen, eher linksgerichteten Medien wie „Ha’Aretz,“ deren kritische Berichterstattung zu der jeweiligen Regierung Teil der lebendigen Demokratie Israels ist, wurde die Doktrien zur Abkoppelung, also zur völligen Aufhebung des israelischen Einflusses auf die Autonomiegebiete, aus denen ein eigenständiger palästinensischer Staat entstehen sollte, begrüßt und befördert. So bezeichnete der Soziologe Moshe Zuckermann Israel wiederholt als „Scheindemokratie.“
In anderen Medien wurde beispielsweise die Räumung des Gazastreifens auf einen „Geldkoffer für die Hamas“ reduziert und es wurde eine weitere Kontrolle der Autonomiegebiete wegen israelischer Sicherheitsinteressen gefordert. Beides scheint falsch und richtig zugleich, weil beide Konzeptionen für Israel gefährlich sind. Solange es zur Strategie und Taktik der Hamas, der PLO und den Geldgebern aus anderen arabischen Staaten gehört, Israel in Gänze zu delegitimieren und das Märchen vom „Kolonialisationsprojekt Israel“ zu verbreiten, kann Israel nur Fehler machen.
Wandel durch Annäherung – Schwäche durch Frieden
Die Ereignisse des 7. Oktobers waren kein isoliertes Ereignis, vielmehr waren sie die direkte Konsequenz eines fortgesetzten Versagens des Staates, zu dessen Hauptaufgabe es gehört, die Bevölkerung gegen innere und äußere Feinde zu schützen.
Als die als „Oslo-Prozess“ bezeichnete Phase der gewollten Entspannung ihre Wirkung zu entfallten begann, wähnte man sich in Israel in einer trügerischen Sicherheit. Man WOLLTE den Weg der friedlichen Koexistenz mit den arabischen Nachbarn gehen. Und, ja, zunächst schien dieser Weg Früchte zu tragen. Diplomatische Bemühungen in Richtung Saudi Arabien und Marokko, Aufnahme des Flugverkehrs mit den Emiraten und nicht zuletzt die guten Kanäle in die Türkei waren anscheinend die erfolgversprechende Vorgehensweise.
Als Israel sich 2006 vollständig aus Gaza zurückzog und Milliardenwerte zurückließ, glaubte man einen bedeutenden Schritt getan zu haben. Dazu kamen die strukturellen Hilfen, die Israel bei der Versorgung mit Strom und Wasser leistete, Arbeitserlaubnisse, neue Grenzübergänge, Verbesserung der lebensverhältnisse in Gaza und vieles mehr. Die Maßgabe „Eindämmung durch Hilfe statt Eliminierung der Bedrohung von außen“ wurde als Konsensprojekt in der israelischen Gesellschaft durchgesetzt. Ähnlich wie es in Europa mit der KSZE und dem Entspannungsprzess der Regierungen seit Willi Brandt – „Wandel durch Annäherung“ – versucht worden war.
Gleichzeitig wurde aber auch, um ein sichtbares Zeichen zu setzen, die Abschreckung durch die Stärke der israelischen Armee zurückgefahren. Man wollte nicht mehr auf die auf eine langfristige militärische Präsenz in den Autonomiegebieten oder dem Gaza-Streifen vorbereitet sein. Mann wollte nicht mehr als Besatzungsmacht agieren, wie man es aus Sicherheitsinteressen jahrzehntelang gewohnt war. Die Kosten für die Verteidigung waren seit der Staatsgründung überproportional hoch. Israel kürzte die Militärausgaben und gab sich der Illusion hin, dass die Luftüberlegenheit und der „Iron Dome“ ausreichen würden, das Land zu schützen. Ein sogenanntes „kleine, intelligentes“ Heer würde genügen, um genug Abschreckung zu produzieren. Ein fataler Irrtum.
Währenddessen nahmen die Terrororganisationen diesen Prozess als „Schwäche Israels“ wahr und arbeitete, davon angespornt, umso intensiver an der Zerstörung Israels. Es gab Momente, in denen es möglich gewesen wäre, die Hamas vollständig zu zerschlagen, 2008 und 2014. Aber Israel entschied sich, das nicht zu tun. Denn man hatte erkannt, dass immer, wenn Israel sich gegen Aggressionen wehrt, man selbst als Aggressor gebrandmarkt wurde. Kein Land hat in der UNO mehr Resolutionen gegen sich kassiert, als Israel. Man nahm in Israel den fortgesetzten Raketenbeschuss aus Gaza und dem Südlibanon lieber hin. Keine direkte Konfrontation, keine Eskalationsspirale. Man gab sich der Hoffnung hin, dies würde zur Mäßigung der Hamas führen, denn sobald die Doktrien greifen würde, wäre die Hamas berechenbar. Das Gegenteil war der Fall, denn die Hamas oder die Hisbollah sind Terrorgruppen, denen Frieden die Existenzgrundlage entziehen würde.
Auch der Geldgeber der Terrorgruppen, das Regime in Teheran und Quatar, nahmen Israels Handeln als Schwäche wahr. Teheran schob seine Front nach Syrien vor, von wo aus die Hisbollah mit Waffen versorgt wurde, die Hamas als Proxy Quatars wurde von dort großzügig aufgerüstet.
Der 7.Oktober 2023 – ein Staatsversagen
Die rational erscheinende Idee einer Zwei-Staaten-Lösung funktioniert in ihrer Umsetzung jedoch nur, wenn beide Seiten das auch wollen. Aber die Hamas will genau diese Lösung nicht. Die Hamas handelt nicht nach rationalem Staatsinteresse zum Wohle der Bevölkerung. Die Bevölkerung ist der Hamas schlichtweg egal. Sie verfolgt vielmehr eine islamistische Ideologie, die sie bei vielen linken Bewegungen in Europa und Amerika als Befreiungskampf und Widerstand propagandistisch zu framen weiß, tatsächlich aber unvermindert weiter an der Kolonialisation Israels und der Auslöschung des Judentums weltweit arbeitet.
Wenn die Hamas am 07.Oktober erfolgreich war, konnte sie das nur dank der romantischen Vorstellungen eines Großteils der israelischen Gesellschaft, man könne der Hamas durch Wohlgefallen Herr werden. Diese Vorstellungen wurden über viele Jahre von den USA unter Obama und Biden belohnt. Und auch diese Belohnunge waren indirekt ein Geschenk an den Terror.
Der israelische Staat hat am 07.Oktober 2023 versagt. Das Frühwarnsystem am Grenzzaun zu Gaza war nicht in Betrieb, die Alarmkette der Armee war unterbrochen und um Geheimdienstinformationen hatte man sich entweder gar nicht erst bemüht oder, falls sie existierten, sie schlichtweg ignoriert. Junge Frauen, die an den Sicherungsposten zur Grenze Dienst taten, erreichten ihre Vorgesetzten nicht, in den Kibbuzim versuchten Menschen verzweifelt wenigstens die Polizei zu alarmieren, doch auch hier liefen viele dieser Versuche ins Leere. Die Ideologie des „Wird-schon-nichts-passieren-wo-wir-doch-so-zivilisiert-mit-den-Nachbarn-umgehen“ hat sich als Irrweg erwiesen.
Seitdem rollt eine Welle des Judenhasses um die Welt, so wie es die Hamas und ihre Auftraggeber geplant haben. Je mehr Opfer durch die militärische Reaktion Israels produziert werden, desto besser für die Hamas und ihre linken Alliierten in Europa und Amerika. „Globalize the Intifada“ ist zum neuen „Heil Hitler“ geworden. Auf deutschen Straßen darf inzwischen wieder, nahezu ungestraft, zum Judenmord aufgerufen werden. Jüdische Menschen werden weltweit attackiert, Universitäten in den USA, Kanada und Europa besetzt. In den USA und Kanada werden Synagogen in Brand gesetzt und jüdische Einrichtungen attackiert. In Berlin werden jüdische Studenten zusammengeschlagen oder am Zugang zu Hochschulen und Universitäten gehindert. Und die westlichen Medien assistieren fleißig diesem zynischen und menschenverachtenden Vorgehen der Terrorgruppen. Besonders in Deutschland wird von den großen Leitmedien das Narrativ verbreitet, wenn auch meist unterschwellig, dass Israel nicht das Recht habe, sich zu wehren. Aber auch die westlichen Regierungen sind islamistischen Ideologie in die Falle gegangen. Wenn Deutschland weiterhin die UNWRA, die nachweislich von der Hamas unterwandert ist, weiterhin mitfinaziert, die deutsche Außenministerin weiterhin Millionen an die Hamas und die PLO überweist und das islamistische Regime in Syrien und Afghanistan mit Millionen beschenkt, haben die islamistischen Hardliner alles erreicht, was sie wollten.
https://starke-meinungen.de/blog/2025/03/12/terrorismus-fuer-den-guten-zweck/
https://starke-meinungen.de/blog/2025/01/09/israelfeindliche-slogans-und-ihre-bedeutung/
Daniel Anderson: Berufsausbildung zum Flugzeugmechaniker. Regiestudium an HFF „Konrad Wolf“ in Babelsberg. Berufsverbot als Filmregisseur in der DDR. Oberspielleiter, Autor und Schauspieler am Theater Senftenberg. Nach dem Mauerfall freier Regisseur, Autor (TV-Serie, Theater, Synchron), Schriftsteller und Musiker. Studium Vergleichende Religionswissenschaften in Bonn. Gründer und Leiter der „Theaterbrigade Berlin.“ Anderson lebt in Berlin und immer mal wieder in Tel Aviv.
Danke für Ihre Zeilen,Daniel Anderson.
Und doch sagt meine Beamtenehre: Delegieren Sie nicht alles Tun und alle Verantwortung an den Staat und seine Beamten aus.
Lieber Bodo Walther,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Es war nicht meine Absicht, jegliche Verantwortung an den Staat und seine Beamten zu delegieren. Dazu ist der Vorgang auch zu komplex. Um es mal mit Winston Churchill zu sagen: „Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, aber es gibt keine Bessere.“