So richtig gut sieht es ja nicht aus für Russlands Despoten Wladimir Putin. Wenn man die Karten betrachtet, hat die russische Armee seit zweieinhalb Jahren keine entscheidenden Gebietsgewinne mehr erzielen können. Und auch der Einsatz nordkoreanischer Söldner hat wenig bis gar nichts gebracht, denn sowohl deren Ausbildung als auch Ausrüstung haben sich in diesem zumindest von der Ukraine äußerst modern geführten Krieg als massiv veraltet erwiesen. Aber auch die regulären russischen Einheiten sind längst weit von ihrer Sollstärke entfernt.
Hohe Verluste an Mensch und Material
Geschätzt eine halbe Million russischer Soldaten sind seit dem Überfall auf die Ukraine kampfunfähig geworden – knapp die Hälfte davon ist laut internationaler Schätzungen gefallen. Dazu hat Russland eine riesige Menge an Material einbüßen müssen. Realistisch betrachtet düfte der Verlust allein an Kampfpanzern bei mehr als 5000 liegen. Im Gegenzug hat Russland massive Probleme, diese Verluste auszugleichen. 15 bis 20 neue Panzer (hauptsächlich T-90M „Proryv“) werden monatlich neu gebaut, bis zu 100 (hier schwanken die Zahlen enorm) reaktivierte und leidlich modernisierte Kampfpanzer aus Sowjetbeständen (mittlerweile viele T-55 aus der Nachkriegszeit sowie T-62 aus den 1960er-Jahren) kommen dazu. Der Wunderpanzer T-14 „Armata“ dagegen ist ein reiner Paradenpanzer – zu teuer in der Produktion, dazu massiv fehleranfällig.
Auch das Ausgleichen zerstörter Luftabwehrsysteme gelingt kaum: Zwar hat Moskau erst im Dezember das erste Regiment des neuen S-500 „Prometheus“-Systems in Dienst gestellt, ein flächendeckender Einsatz aber ist zeitnah nicht zu erwarten. Dazu befindet sich auch das S-500 nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit – der technische Stand liegt bei Anfang der 2010er-Jahre.
Ukrainische Erfolge dank modernster Kriegsführung
Im Gegenzug hat die Ukraine mit Drohnen als einem zentralen Element ihrer Kriegsführung beachtliche Erfolge erreicht. Die russische Schwarzmeerflotte ist praktisch nicht mehr existent, und mit Langstreckendrohnen wie „Bober“ oder Ukrjet“ gelangen zuletzt massive Schläge gegen die russische Infrastruktur, darunter Öldepots, Raffinerien, Flugplätze und Fabriken. Auch die russische Hauptstadt Moskau wurde bereits mehrmals von ihnen erreicht – eine peinliche Schlappe für die russische Luftabwehr.
Und die Sanktionen? Die zeigen längst Wirkung. Die hohen Militärausgaben treiben das Haushaltsdefizit in die Höhe, die steigende Inflation belastet Wirtschaft und Bevölkerung gleichermaßen. Gleichzeitig sind die überlebenswichtigen Einnahmen aus dem Rohölverkauf massiv eingebrochen – Russland kann sein Öl nur noch an eine kleine Auswahl an Staaten verkaufen, muss dabei allerdings kräftige Rabatte einräumen. Kombiniert mit den im Vergleich zu zum Beispiel Saudi-Arabien eh schon mehrfach höheren Produktionskosten bleibt so nur noch eine geringe Marge, die weit unter dem liegt, was vorher erwirtschaftet werden konnte. Weniger verkaufte Menge, weniger Gewinn – kein Wunder, dass Firmen wie Rosneft, Lukoil und Gazprom verstärkt Personal abbauen müssen und mittlerweile Fusionen im Gespräch sind.
Waage neigt sich langsam zugunsten der Ukraine
Diese Listen könnten noch seitenweise ausformuliert werden. Was unterm Strich bleibt: Putin hat sich bei seiner „Spezialoperation“ verkalkuliert. Anstatt wenige Wochen dauert sein Krieg mitten in Europa bereits drei Jahre an. Die Ukraine hält dank modernster Militärtaktiken, effizientem Einsatz ihrer Mittel sowie der wichtigen Unterstützung aus dem (westlichen) Ausland mehr als nur durch. Im Gegenteil, Analysten sehen Kiew seit einigen Monaten sogar im Vorteil. Zwar ist der Krieg noch längst nicht entschieden, die Waage neigt sich aber immer mehr zugunsten der Ukraine. Es wird immer deutlicher, dass Russlands Militär stark überschätzt wurde. Ja, das Land hat eine numerisch große Armee. Aber das ist heutzutage nur noch ein einzelner Aspekt und nicht mehr automatisch kriegsentscheidend. Dazu kommt im Fall Russlands, dass nicht nur das Material oft veraltet ist, auch die Strukturen der Armee selbst sind ein riesiges Problem: Die Moral der Truppe ist traditionell mies. Offiziere sehen in Mannschaften oft keine wertvollen Menschen, sondern nur Massen – Kanonenfutter. Die Soldaten sind schlecht ausgerüstet, werden unzureichend verpflegt und oft sogar misshandelt.
Es müsste also schon ein Wunder geschehen, wenn Russland aus diesem Krieg irgendetwas als Erfolg verkünden können sollte. Und dieses Wunder geschieht gerade – in Person des neuen us-amerikanischen Präsidenten Donald Trump und seiner Regierungsmannschaft. Denn der verfolgt derzeit nichts anderes als einen Paradigmenwechsel, nicht nur in Bezug auf Putins Krieg in der Ukraine. Trumps Philosophie einer starken, letztlich aber auf sich selbst konzentrierten USA, gefährdet die westliche Einheit, davon bin ich überzeugt. Natürlich haben die europäischen Staaten es sich in den vergangenen Jahrzehnten bequem gemacht, die eigenen Hausaufgaben nicht mehr erledigt und sich bei allem auf die Vereinigten Staaten konzentriert, die so auch faktisch die Hauptlasten der NATO tragen mussten. Dass ein Präsident Trump hier für eine saubere Verteilung der Kosten drängt, ist deshalb auch nicht verwunderlich.
Steilpass für Putin
Allerdings fällt Trump seinen europäischen Partnern gerade massiv in den Rücken. Bisher galt es als gesetzt, dass Russland aus seinem Krieg keine Gewinne erlangen dürfe – die Signalwirkung wäre fatal: „Seht her, wir überfallen unsere Nachbarn und dürfen das besetzte Gebiet behalten!“ Wenn sich Donald Trump oder US-Verteidigungsminister Pete Hegseth aber dahingehend äußern, dass diese Maxime nicht mehr gilt, indem man es unrealistisch nennt, zu den Vorkriegsgrenzen zurückzukehren, dann ist das natürlich ein Steilpass für Putin, den er in den kommenden Wochen aufnehmen und nutzen wird. Trump und Hegseth haben Putin hier ohne Not einen wichtigen Trumpf in die Hände gespielt. Gleichzeitig haben sie die Position der Ukraine – und damit auch der europäischen Unterstützer – geschwächt. Warum?
Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich kann nur erahnen, dass Trump sich Vorteile für die USA verspricht, wenn er die Ergebnisse auf diese Weise beeinflusst. Aus reiner Dummheit jedenfalls macht Donald Trump nichts, auch wenn man ihn bevorzugt in Deutschland gern als Vollidioten darstellt. Aber egal, wie diese Vorteile aussehen mögen, der Preis ist hoch – und bezahlen müssen ihn andere: Die Ukraine mit erzwungenen völkerrechtswidrigen (die UN-Charta (Artikel 2, Absatz 4) verbietet die Annexion von Territorien durch Gewalt, dazu sichert die Helsinki-Schlussakte von 1975 die bestehenden Grenzen in Europa) Gebietsabtretungen, dazu werden die verschleppten Ukrainer sicherlich nicht zurückkehren dürfen. Europa zahlt mit seiner Sicherheit, denn Russland bleibt ein unkalkulierbarer Agressor, der sich noch dazu bestätigt fühlen darf, weil er mit seinem Krieg tatsächlich Gebietsgewinne eingefahren hat und mittelfristig weitere Konflikte provozieren wird – hier hat sich Putin bisher unmissverständlich geäußert und bereits das Baltikum ins Visier genommen.
Trump schwächt die Vereinten Nationen, die NATO und erklärt die Ukraine zur Beute
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Trumps Handlungsweise im Ukrainekrieg ist ein Sündenfall für den westlichen Wertekanon. Bestenfalls handelt er aus amerikanischem Egoismus, aber auch ihm müsste klar sein, dass das einzige Ergebnis, das die Welt wirklich sicherer macht, eine Niederlage Russlands ist. Denn, derzeit mag Russland geschwächt sein. Aber solange sich in Moskau nichts ändert, solange Putin und seine Nomenklatura an der Macht bleiben und sich wieder berappeln dürfen, solange geht eine Gefahr von Russland aus.
Und was ist mit den Sanktionen? Unvorstellbar, Putin nach territorialen Zugeständnissen auch noch mit deren Aufhebung zu belohnen. Er dürfte sich dann, zumal der Blutzoll Russland nicht interessiert, vollends als Sieger fühlen und auch entsprechend auftreten. Zurück blieben zahnlose Vereinte Nationen und eine inhaltlich entkernte, geschwächte NATO – von der Ukraine ganz zu schweigen, die als leichte Beute, zumal ohne Perspektive für einen NATO-Beitritt, jederzeit mit neuen Überfällen rechnen müsste. Für das Jahr 2025 sind das beschämende Ergebnisse. Es scheint, als würde die Welt zurückfallen in schlechtere Zeiten.
Trump handelt nicht patriotisch, sondern nationalistisch
Was Donald Trump allerdings unfreiwillig bestätigt: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus. Der US-Präsident handelt nicht patriotisch, sondern nationalistisch – und damit egoistisch. Ich bezweifle, dass ein solches Verhalten in einer globalisierten Welt auf Dauer erfolgreich sein kann.
Dass Trump so handelt, wie er es tut, kann man in Bezug auf eine globalisierte Welt infrage stellen. Doch offensichtlich will die Mehrzahl der US-Bürger genau das. Trumps Nationalismus ist den US-Bürgern näher als die Geldverschwendung durch USAID für queerfeministische Projekte in Uganda. Das mag man bedauern, aber es ist eine Tatsache mit der man umgehen muss.
Als ich 1993 wieder zurückfuhr aus St. Petersburg …
https://starke-meinungen.de/blog/2024/12/08/1993-bei-putins/
… gönnte ich mir noch einen Zwischenstop in Talinn. Die estnische Krone war damals von der Bundesbank „huckepack“ genommen. 3 estnische Kronen für eine D-Mark. Garantiert. München hatte die neuen Geldscheine gedruckt.
Eine stabile Währung in Estland mit seinen damals 1.500 000 Einwohnern garantierte einen sozialen Frieden, auch einen Frieden der 25 % igen russischsprachigen Minderheit dort mit dem neuen Staat. Verblies alle Wünsche dieser Menschen nach einer Herrschaft Moskaus. Dort in Moskau galoppierte damals nämlich die Inflation mit 1000 % (!) im Jahr.
Warum nimmt nicht Europa, nicht die USA die Ukraine „huckepack“ ? Weil das Land 37 Millionen Einwohner hat.
Mag sein. Es scheint mir aber auch so zu sein, dass die sich US-Bürger einen Präsidenten wünschen, der sich um seinen eigenen Verwaltungsbezirk kümmert. Und ich kann das nur zu gut verstehen, denn auch ich wünsche mir eine Bundesregierung, die sich in erster Linie um die Belange der Bevölkerung kümmert, die sie gewählt hat. Der „westliche Wertekanon“ müsste dazu erst mal wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Nach dem Motto ‚Jeder kehre erstmal vor der eigenen Tür‘. Danach kann man gerne wieder über gemeinsame Moral und Projekte reden. Danach.