Ich bin wütend. Ich kann nicht mehr. Ich will auch nicht mehr. Der unwidersprochene Judenhass in Deutschland hat ein neues Level erreicht. Auf einer Demonstration von am Schluß ca. 250 Menschen wurde mitten in Berlin dazu aufgerufen, Juden zu ermorden. Und niemand tut etwas. Vor allem nicht die, die medienwirksam vor dem Brandenburger Tor lächelnd vor einem neuen Faschismus warnen und die „Brandmauer“ dagegen verteidigen.
Der Hashtag #niewieder ist die Maske, hinter der sich Feigheit und Judenhass verbergen. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Während am letzten Samstag vor dem Brandenburger Tor die Großdemo „Gegen rechts“ mit Politikerselfies und Kumbaya-Gesängen ablief, fand im Hinterhof, keinen Kilometer entfernt, eine ganz andere Manifestation statt. Vom Neptunbrunnen aus lief eine „Pro-Palestina-Demonstration“ unter dem Motto: „Hands off Westbank“ in Richtung Wilhelmstraße. Die üblichen Fahnen wurden geschwenkt, die üblichen Transparente und Schilder hochgehalten: „Agressor Israel,“ Palästina ist unser Land,“ und „Nein zur Vertreibung.“ Und es waren nicht nur Araber.
Mordaufrufe
Man kennt das von Fatwas, die aus Teheran und von den religiösen Autoritäten der Moslembrüder ausgehen, dass, wer unter einer Fatwa steht, quasi vogelfrei ist. Auf dieser „Demonstration der Schande“ wurde offen dazu aufgerufen, Juden zu ermorden: „Juden töten, wer eine Waffe hat.“ Angesichts dessen, dass schon ein Messer aus dem Supermarkt eine Waffe ist, besitzt quasi jeder eine.
Die Berliner Polizei sah sich nicht genötigt einzugreifen. Die moralisch Überlegenen vor dem Brandenburger Tor nahmen keine Notiz davon, denn sie waren mit Wichtigerem beschäftigt, nämlich damit, die „Brandmauer“ zu stärken.
Im Nachgang sonderte der regierende Bürgermeister von Berlin, Wegener, mal wieder einige Textbausteine ab, die man aus den letzten Jahren reichlich kennt: „Wenn bei Demonstrationen in Berlin solche menschenfeindlichen und antisemitischen Parolen gerufen werden, erschüttert dies mich zutiefst. Die Berliner Polizei und Justiz werden auch in diesem Fall mit aller Härte des Rechtsstaates gegen die mutmaßlichen Straftäter vorgehen.“ Die Härte des Rechtsstaates erleben wir ja tagtäglich. Ich prognostiziere, dass genau NICHTS passieren wird und die Teilnehmer dieser Demonstration zurück in ihre Gegengesellschaften gehen und dort weiterhin Mordfantasien fröhnen.
Wie lange noch
Ich habe Angst, in einem Land zu leben, in dem offen und ungestraft dazu aufgerufen werden darf, mich zu ermorden. Ich habe Angst, in einem Land zu leben, in dem Politiker einer Doppelmoral huldigen, die mir das Leben kosten könnte. Ich habe Angst in einem Land zu leben, in dem es zum guten Ton gehört, sich mit einer #niewieder-Attitüde moralisch überlegen zu gerieren, aber bei Mordaufrufen gegen mich geflissentlich wegzusehen.
Ein Freund, der seit einiger Zeit aktiv seine Auswanderung aus Deutschland genau aus diesem Grund vorbereitet, sagte mir am Sonntag: „Man möchte in den Bundestag stürmen und den Abgeordneten zurufen: ‚Schämt ihr euch eigentlich nicht, so etwas zuzulassen?'“ Wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir den nächsten Angriff auf Juden in Deutschland erleben? Wie lange wird es noch dauern, bis der erste von uns ermordet wird, weil die Verantwortlichen nichts gegen den viralen Judenhass unternommen haben?
Sprechen wir ganz offen. Mit der Grenzöffnung 2015 hat die Merkel-Administration religiös motivierten Judenhass importiert. Warnungen davor wurden ignoriert und sogar als rassistisch und islamophob geframed. Als sich die Probleme verschärften, wurde weiter beschwichtigt und man verlegte sich auf den „Kampf gegen rechts.“ Da waren plötzlich „Omas“ auf den Straßen, die auch schon mal antisemitische Anwandlungen haben konnten. „Fridays for future“ hat sich zu einer antisemitischen Sekte gewandelt, deren schwedische Ikone „Fuck Israel, fuck Germany“ unter dem Applaus fanatisierter Anhänger fordern darf. Keiner stellt sich diesem Judenhass entgegen, keiner der so vielen „Anständigen,“ die den „17.Juni“ bevölkerten. Den „Anständigen“ geht es eher darum, den Nebenkriegsschauplatz „Gegen rechts“ zu bespielen. Was ist in diesem Land passiert, dass religiöse Faschisten sich trauen, offensichtlich erwarten sie keine Sanktionen aus dem „Brandmauerdeutschland,“ öffentlich dazu aufzurufen, Juden zu ermorden? Welches politisch-gesellschaftliche Klima muss in diesem Land herrschen, dass das möglich ist? Es ist ein Klima, in dem gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gut gedeiht, in dem Terrorismus unter Folklore oder psychischer Einzelfall verbucht wird. Es ist ein Klima, das sich von der Zivilisation verabschiedet.
Was wäre wenn
Stellen wir uns mal kurz vor, eine jüdische Demonstration wäre durch Berlin marschiert und es wären Aufrufe zum Mord an Moslems skandiert worden. Stellen wir uns mal kurz vor, ein Redner hätte laut und vernehmlich „Fuck Palestine“ oder „Fuck Germany“ gerufen. Stellen wir uns weiter kurz mal vor, Juden hätten einen Dönerladen angegriffen, weil die, die da arbeiten und denen das Geschäft gehört, Moslems sind. Was wäre passiert? Jeder darf sich diese Frage selbst beantworten.
Ganz klar: So geht es nicht weiter! Als mir am 08.10.2023 die Mesusa an meiner Tür zertrümmert wurde, war ich zwar erschrocken, denn offensichtlich gibt es in meinem Wohnblock Judenhasser, aber ich hatte keine Angst. Als ein jüdischer Student von einem Moslem zusammengeschlagen wurde, nur weil er Jude ist, war ich besorgt, aber ich hatte noch keine Angst. Als an den Berliner Universitäten offen mit der HamaSS sympathisiert wurde und die Verantwortlichen diesen Hass einfach geschehen ließen, war ich alarmiert, aber ich hatte noch keine Angst. Aber jetzt, nach dieser Demonstration bin ich nicht mehr nur alarmiert, sondern ich habe Angst.
Bis jetzt nahm ich an, dass es genug „Anständige“ gibt, denen ein friedliches Land wichtig ist. Offensichtlich ist es das vor allem unter den Politikern der derzeitigen Regierungen im Land nicht. Eine scheinheilige Allianz aus Apeasern, sogenannten Antifaschisten, Brandmauerapologeten und Islamisten hat die Macht übernommen. Wie konnte es soweit kommen? Heißt es nicht immer: Wehret den Anfängen? Diese Anfänge haben wir bereits hinter uns und keiner will es bemerkt haben?
In diesem Land haben Juden keine Zukunft, wenn offen zu deren Ermordung aufgerufen werden darf. Das, was Hitler und Himmler angefangen haben, ist auf dem besten Weg vollendet zu werden: Ein judenreines Deutschland. Ist es das, was ihr wollt?
Daniel Anderson: Berufsausbildung zum Flugzeugmechaniker. Regiestudium an HFF „Konrad Wolf“ in Babelsberg. Berufsverbot als Filmregisseur in der DDR. Oberspielleiter, Autor und Schauspieler am Theater Senftenberg. Nach dem Mauerfall freier Regisseur, Autor (TV-Serie, Theater, Synchron), Schriftsteller und Musiker. Studium Vergleichende Religionswissenschaften in Bonn. Gründer und Leiter der „Theaterbrigade Berlin.“ Anderson lebt in Berlin und immer mal wieder in Tel Aviv.
Lieber Herr Anderson,
da ich nicht weiß, ob ich hier freigeschaltet werde, halte ich mich kurz.
Wenn jemand zu Gewalt gegen Juden aufruft, ist das schlimm und ich verstehe, dass Sie es hier nicht mehr aushalten.
Es ist allerdings nach meiner Wahrnehmung nicht ganz so wie Sie es darstellen. Deutsche Faschisten sind meist sowohl gegen Juden als auch gegen Muslime.
Schauen Sie sich mal die Reaktion nach dem Attentat in Halle an. Das Hauptziel war die Synagoge, das zweite Ziel der Dönerladen und dort waren die meisten Opfer. Dass die Hauptberichterstattung dem Anschlag auf die Synagoge galt, war OK. Dass aber die aus rassistischen Gründen Getöteten nur am Rande erwähnt wurden, auch beim Besuch des Bundespräsidenten, fand ich typisch. Es gab die sog. „Dönermorde“ vom NSU, Hanau, Halle etc. pp.
Jedesmal nach so einem Ereignis frage ich bei meinem nächsten Besuch in einem Dönerladen, ob es mal einen Besuch bei ihnen vom Ordnungsamt oder der Polizei gegeben habe, um die Gefahrenlage mit ihnen zu besprechen und frage sie, ob sie Angst hätten. Die erste Abtwort ist immer Nein, die zweite immer ja.
Wenn Sie sagen, es wird unterschiedlich reagiert, stimmt das die deutsche Polizei und Verwaltung ist immer nocht oft auf dem rechten Auge blind. Schauen Sie sich die Ermittlungen zum NSU an, zur Keupstrasse. Beim Katapult-Magazin kann man nachlesen, wieviele teilweise verurteilte rechtsradikale Gewalttäter in die Gemeindegremien gewählt wurden. Das interessiert niemanden.
Die Forderung Doppelstastlern, die schwere Verbrechen begehen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, wurde ursprünglich in AfD-Kreisen propagiert und dann u. a. in Potsdam von Jzristen, Identitären, CDUlern und AfDlern diskutiert. Das ist gerichtsfest. Mir, meinen Elter und meinen Kindern macht das auch Angst. Ich weiss nicht, ob sie einen zweiten Pass haben, meine Schwester hat einen und ich wäre froh, wenn ich wüsste, wo mich jemand aufnehmen würde, wenn die Braunen wieder an die Macht kommen. Einer meiner linken Freunde wollte mich letztens beruhigen mit dem Hinweis, von der Machtergreifung bis zu den Rassegesetzen hätte es mehr als 2 Jahre gedauert, bis zur Pogromnacht noch länger, die seien nicht so schnell. Das ist aber falsch, in den ersten Monaten nach der Machtergreifung verhafteten, folterten und ermordeten die Nazis ca. 100.000 Menschen, ganz überwiegend Linke, Anarchisten, Kommunisten, Gewrkschafter oder andere Aufrechte, die vor 1933 laut und entschieden gegen Hitler gekämpft hatten, darunter auch meinen Grossonkel, der im Zuchthaus angeblich „eines natürlichen Todes starb“. Der deutsche Widerstand, dem nie ausreichend Würdigung zuteil wurde, fand nicht im Juli 1944 statt sondern vor 1933.
Ich war am Samstag in Essen gegen die CDU, die Afd, die FDP und das BSW demonstrieren und stehe dazu. Sie können das finden wie Sie wollen. Ich habe auch Angst und werde mich weiter dafür engagieren, dass es nicht wieder dazu kommt, dass sich die Bürgerlichen aus Dummheit oder Überheblickeit mit den Braunen zusammen tun.
Ich verstehe nicht, wieso Sie Leute wie mich für das Erstarken der AfD und Judenhass verantwortlich machen wollen. Mich stören all meine Bekannten, die immer offener Dinge sagen wie, es gäbe so viele „Sozialschmarozer“, Ausländer könnten nicht so gut arbeiten wie Deutsche, denen sowohl die Opfer der Hamas als auch die Opfer in Gaza egal sind. Denen sind Sie egal und ich nerve sie nur. Die waschen ihre Autos.
Herzliche Grüße
68er
Noch einmal die Bitte: fassen Sie sich kürzer. Sie möchten ja wahrscheinlich, dass jemand liest, was Sie alles so von sich geben.
i.Ü.: Es ist nicht verboten, jemand für einen „Sozialschmarotzer“ (nicht selten mit Grund) oder was auch immer zu halten. Man darf auch die Ansicht haben und vertreten, es gebe zu viele Fremde im Land (oder das Gegenteil). Man darf allerdings keinen anderen Menschen angreifen oder gar töten, nur weil sie Juden, Muslime, Blauhaarige oder was auch immer sind. Selbstverständlich können Sie auch für oder gegen was Sie mögen demonstrieren. Wir leben ja – noch – in einem freien Land. Ob das im Einzelfall sinnvoll ist, müssen Sie sich selbst beantworten.
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Die Situation von 2025 mit der von 1933 zu vergleichen halte ich, in jede Richtung gedacht, für ahistorisch. Alles Gute für Sie.
Hallo Herr Anderson.
Ihr Wort in Gottes Ohren!
Ich bin hier raus.
Vielen Dank für die anregenden Diskussionen mit Ihnen.
Alkes Gute!
Ihr 68er