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007 – Ein elegischer Abgesang auf den weißen Mann

Wenn es einen Film gibt, der den Abgang des weißen Mannes vom Zentrum des Weltgeschehens elegisch einfängt, dann ist es der neueste – 25. und letzte – James Bond. 007 ist tot, es lebe 007: jung, weiblich, schwarz.

Klar gibt es im neuen Bond – dem vierten und letzten mit dem Erneuerer der altehrwürdigen Killergestalt im Dienste Ihrer Majestät – Actionszenen: so viele Prügel- und Schießorgien an diversen Locations zwischen Kuba, Italien, Norwegen und den Kurilen, dass man zuweilen doch verstohlen auf die Uhr schaut. Denn Bond wird ja doch nicht von irgendeinem hergelaufenen Typen mit einem Messer, einer MP oder einer Giftampulle getötet werden.

Und auch nicht von einem Superbösewicht. Das Gute siegte ja immer bei Bond. Wenn, dann opfert er sich selbst.

Der neue Bond, „No Time To Die“, räumt zunächst einmal alle die Bösewichte beiseite, die Bond in den vergangenen filmen das Leben schwer gemacht haben: die gesamte „Spectre“-Weltverschwörung mitsamt ihrem Kopf Blofeld (Christoph Waltz), und kurz vor Schluss auch den neuen Bösewicht, der „Spectre“ vernichtet hat, „Lyutsifer – tadah! – Safin“ (Rami Malek).  Nicht zufällig behaupten die Fans, Safin sei ein Wiedergänger von „Dr. No“, der im ersten Bond-Film den Erzbösewicht gab.

Doch auch die Guten müssen sterben. Zunächst muss Bonds langjähriger Freund und Kollege von der CIA, Felix Leiter, draufgehen, und schließlich Bond selbst: passenderweise wenn auch nicht absichtlich mit-erledigt von Raketen Ihrer Majestät. Das Schachbrett ist leer. Die nächste 007 kann ganz neu anfangen.

Und von diesem Ende und Neuanfang ist immer wieder die Rede. Bond ist eigentlich nicht mehr da. In einer der besten Szenen des Films wird der Pensionär in die Londoner Zentrale seines alten Arbeitgebers MI6 gebeten. An der Sicherheitsschleuse muss er seinen Namen nennen. „Bond“, sagt Craig lässig. Beim Pförtner klingelt nichts. „James Bond“, fügt Craig hilfreich hinzu. Unbewegten Gesichts tippt der Pförtner die Namen in den Computer ein, um Bonds Besucherpassierschein auszudrucken.

Die Nummer 007 ist natürlich auch längst vergeben: an die junge Schwarze Nomi (Lashana Lynch). Miss Moneypenny ist schon seit „Skyfall“ schwarz (Naomi Harris), Q ebenso lange schwul. Die Welt ist eine andere geworden, und Craig, der Bond eine Aufsteiger-Härte statt der Arrivierten-Attitüde eines Sean Connery und eine Verletzlichkeit verlieh, die Bonds Schöpfer Ian Fleming entsetzt hätte, wirkt nach nur 16 Jahren – er ist so lange als 007 im Amt wie Angela Merkel im Kanzleramt – so anachronistisch wie die Frau, die ihre Partei und ihr Land bis zur Unkenntlichkeit verändert hat.

Bond selbst ist schon länger nicht der Mann, der diverse „Gespielinnen“ auf dem Weg ins Zentrum des Bösen verbraucht. Die Frauen, mit denen er es zu tun hat, können sämtlich mit Waffen umgehen, und Sex mit einem alternden Graurücken ist – mit einer Ausnahme – nicht ihr Ding. Diese Ausnahme verstört ein wenig, ist aber nötig, damit Bond die einzige Unsterblichkeit erlangt, die ihn über den Zusammenbruch seiner Welt hinaustragen wird.

Angesichts der Konsequenz, mit der Drehbuchautoren Purvis & Wade die von ihnen seit 1999 gestalten Bond-Welt demontierten, ist es schade, dass sie nicht an den zentralen Mythos der Filme herangehen, der – neben der antisemitischen Grundhaltung, die in Bösewichtern wie Goldfinger und Blofeld zum Ausdruck kommt – aus den Büchern des Nostalgikers Ian Fleming übernommen wurde: Die Vorstellung, Großbritannien könne trotz des Verlusts seiner Kolonien kraft Erfindungsreichtum, Tapferkeit und weltmännischem Stil eine Rolle in der Weltpolitik spielen. Als es nötig wird, Safins Insel in den Aleuten zu bombardieren, fragt M (Raph Fiennes): „Haben wir ein Schiff in der Nähe?“ Selbstverständlich hat die Royal Navy ein Schiff in der Nähe.

Schade ist es auch, dass Purvis & Wade darauf verzichten, Safin mit ausreichenden Motiven für seinen Plan auszustatten, Millionen Menschen mittels Nanobots auszurotten, die durch Tröpfchen übertragen werden und bestimmte DNA-Konstellationen angreifen. Safin ist wie alle Bond-Bösewichte (und wie Bond selbst) ein zutiefst beschädigter Mensch, der von Rachegelüsten und Allmachtsgefühlen getrieben wird. Doch es hätte nahegelegen, in ihm einen verrückten Klima- und Umweltschützer zu porträtieren, der die Welt von der Krankheit „homo sapiens“ befreien will, oder doch wenigstens so tut, als sei die Rettung der Erde – sonst eher Bonds Beritt – seine eigentliche Motivation. Eine reine Welt, bevölkert von einer erheblich verringerten Menschheit, regiert von einem Mann mit der ultimativen Lizenz zum Töten: Diese Dystopie hätte wenigstens andeuten können, welche Gestalt das Böse in der neuen, weiblichen und multiethnischen Bond-Welt annehmen könnte, so wie „Dr. No“ 1962 die dunkle Kehrseite der damals als Segen propagierten Atomkraft verkörperte.

Da allerdings sei die politische Korrektheit vor. In einer Szene des Films lobt M die neue 007 dafür, dass sie weniger draufgängerisch sei als Bond. Sie handele „strikt nach Vorschrift“, erwidert Nomi. Das ist zu befürchten.

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37 Gedanken zu “007 – Ein elegischer Abgesang auf den weißen Mann;”

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    Lieber Herr Posener,
    Entschuldigung, dass ich off topic gehe, Ihr Kommentar hat mich berührt:

    https://www.welt.de/debatte/kommentare/article234548110/Sebastian-Kurz-Trump-und-Co-Die-Anziehungskraft-der-Halbseidenen.html

    Ich arbeite seit über 20 Jahren im Beratungsumfeld, hatte es von Steuern-, über Strategie- bis zu Organisationsberatern zu tun. Ich hatte auch einen guten Einblick in die Strukturen von Industrieunternehmen. Keine dummen Leute. Die demokratische Erlebniswelt ist eine dünne Schicht. Ich kann mir vorstellen, wie das Lebensgefühl eines Mitarbeiters in der Bild-Redaktion war, ich kann mir auch vorstellen, was für eine Atmosphäre bei VW herrschte, als die Software manipuliert wurde. Die Bürgerlichen leben nicht in einer demokratischen Welt voller Diskurse, Meinungsfreiheit und standfester Überzeugungen. Per Regeln des Spiels ist eine kleine Schicht privilegiert, täglich sie selbst zu sein. Der Rest ist, wie sie selbst sagen, unzulänglich, schwach und in der Praxis ersetzbar. Und am Ende des Tages sind sie selbst schuld, weil sie wissen, dass sie weder begabt noch mutig oder reich (liberale Meritokratie – du bist immer selbst das Problem) sind. Natürlich wissen die Leute, dass jemand wie sie, der täglich im Interesse der Familie und Pflicht die Klappe hält, kaum Veränderungen durchsetzen kann, sie selbst scheitern daran doch täglich. Wen sollen die Leute den bewundern, als die Leute, die Begabt und Talentiert sind, was sich doch in der Möglichkeit, sich über Grenzen hinwegzusetzen, äußert? Die Bewunderung kann doch nur an Leute gehen, die sich über das Bürgerliche hinwegsetzen – die, wie Sie doch selbst sagen, talentiert oder mutig sind, eben Halbseiden im Vergleich zur bürgerlichen Erlebniswelt.

    PS: Nein, ich plädiere nicht für Arbeiterselbstverwaltung. Aber die bürgerlichen Spielregeln produzieren nun mal die Ergebnisse, die sie produzieren. Wenn Freiheit die Freiheit ist, Poschardts Ferrari zu bewundern und seine Pflicht zu tun, wächst die Bewunderung für unbürgerliches.

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      Stevanovic.. ja. Die, die nicht aus der Rolle fallen dürfen, bewundern, die, die es tun. Und als Trostpflaster für die Existenz als Schmerzensgeldempfänger gibt‘s dann freie Fahrt ohne Tempolimit (ab und an) auf der Autobahn und Geschlechtsfreiheit ab 14. Freiheits-Simulation für für den Wähler*innen-Plebs, die im Winter für das Klima frierenden und das Steuerzahler-Vieh zum Nulltarif a la Ampel und Vorgänger. Aber: Die Betrogenen, Verarschten, tragen in ihrem grenzenlosen Schutzbedürfnis auch immer eine gehörige Mitschuld, was ich in der ‚Coronakrise‘ endlich, endlich begriffen habe: Machiavelli.

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      @Stevanovic

      … aus Wiki;

      … die Nichterwiderung des Hitlergrußes konnte zu erheblichem Ärger führen und wurde in den letzten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft sogar bestraft. Aus dem Gebrauch oder Nichtgebrauch dieses Grußes wurden Rückschlüsse auf Stimmung und Haltung in der Bevölkerung gezogen. So schrieb z. B. Victor Klemperer am 9. Juni 1941 in sein Tagebuch: ‚Die Stimmung ist sehr schlecht. Die Arbeiter drehen ab. Sie sagten früher ‚Heil Hitler‘, jetzt sagen sie ‚Guten Tag‘.‘ Und am 2. September 1941: ‚Man zählt, wie viele Leute in den Geschäften ‚Heil Hitler‘, wie viele ‚Guten Tag‘ sagen. Das ‚Guten Tag‘ soll zunehmen.‘

      … mir scheint, der ‚Deutsche Gruß‘ ist bei Nichtdeutschen, warum auch immer, ‚beliebter‘, als bei den Deutschen selber. Wa‘? Versoffene Rheinländer und Staatsnazis nach ’45 mal ausgenommen.

      … ‚weia!

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        @APo

        … Sie machen sich doch nicht über meine Legasthenie lustig. Oder? Das wäre rassistisch. Außerdem steht ‚James Bond‘ für ‚James-Bond-Figuren‘ – dann ist ‚den‘ richtig. 😉

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    PS: Einer der besten Verfilmungen eines Comics war und ist bis heute Blade mit Wesley Snipes. Nicht, weil es black power war, sondern weil Snipes die Rolle eingefangen hat, wie vor ihm vielleicht nur Schwarzenegger mit Conan. Und in dem Film war alles drin, was die woke Seele heute bewegt…und keiner hat es gemerkt. Mit Chris Christopherson einer der stilvollsten Abgesänge auf den harten, alten, weißen Underdog-Hillbilly. Der alte Weiße stirbt, der Schwarze übernimmt die Staffel und gibt sie an eine Schwarze Frau weiter. Die Bösen sind hauptsächlich blasierte, reiche Säcke…und werden von jungen weißen Oberbösewicht entsorgt. Der hatte eine Instagram-Ästhetik noch vor Instagram (die böse Bande war Rave-Kultur) und wurde vom schwarzen street fighter platt gemacht. Das war 1998. Blade hat heute Kultstatus, bei allen Fans der seichten Unterhaltung, weil er einfach gut war.

    Verglichen damit ist Black Panther, der enpowerment Film unserer Zeit –staatstragend, langweilig. Popcorn-Müll. Nach dem Abspann vergessen. Alle durchtrainiert und alle würden zu rich-kids-on-Instagram passen. Das einzige, was da hängenbleibt, ist der erste Schwarze Superheld. Was nicht mal stimmt, was man wissen könnte, da Blade auch von Marvel war.
    Wenig woke, ganz viel cash. Mit Schwarzen Körpern…ist das schon Ironie?

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      Und wo ich schon mal mitten in der Tirade des alten Sackes bin: Was für ein Unsinn! Mit schwulen Superhelden Akzeptanz für schwule Themen suchen!? Was stimmt nicht mit den Leuten?
      „Mein wunderbarer Waschsalon“ aus dem Jahr 1985. Das waren schwule Superhelden! Ein Pakistani aus konservativer Familie und ein Engländer aus einer rechten Clique. Der Pakistani macht sich mit dem Waschsalon selbstständig (Thatcher-Ära) und der Rechte arbeitet für ihn. Die Jungs gingen ohne Pathos ihren Weg. Einer der schönsten Liebesfilme überhaupt, ohne Kitsch, sehr männlich und schwul. Kein Stuhlkreis, keine Seelenschau – put it in your pipe and smoke it, kein Bedarf an Rechtfertigung. Das lief Ende 80 im deutschen Fernsehen. Meine Gang wollte so cool und stark sein wie die beiden.

      Im Jahr 2020 rechtfertigt sich ein weinerlicher schwuler Superheld bei seinem alttestamentarisch-comichaften Vater und erntet Mitleid, Stuhlkreisalarm! Das soll das woke setzen von schwulen Themen sein, gar enpowerment? Ich glaube nicht.

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        Ein super Film, 80er Atmo und Daniel Day Lewis.
        Ich erinnere mich an den Satz, als der pakistanische Onkel sich einpudert:
        „Und er kommt hier trotzdem nicht in die Nachtclubs rein.“
        Der andere 80er Film von Hanif Kureishi ist auch legendär, Sammi and Rosie get laid. Da gibt es den Satz: „Wir sind keine Engländer, wir sind Londoner.“

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      Natürlich gelten auch im Kulturbetrieb immer noch die Marktgesetze, Angebot und Nachfrage. Also wer die – zusammengefasst – pädagogisch absichtsvollen, unverspielten, entsprechend verkrampften und uncharmanten Machwerke nicht mag, guckt sie halt nicht. Viele Jüngere – und nicht die Dümmsten – weichen ja schon seit längerem aus in Computer Games. Die Abstimmung mit den Füßen verläuft in der Regel unregistriert, weswegen die politisch korrekten Blasen erst mal weiterwächst, zumindest so lange meine Generation noch geduldig weiterkonsumiert. Und natürlich gibt es auch immer die Handvoll gehorsamer Jugendlicher, die zu ‚meiner Zeit‘ in der Jungen Union waren und heute das ö.-r. -Format ‚Funk‘ gucken, wo ganz doll und mutig gegen ‚Rassismus‘ Stellung bezogen und Gendern erklärt wird. Über die dann wiederum in den ‚Altblasen‘ berichtet wird usw. (Wie Börse und Berichterstattung über Börse.. Telekom-Aktie..). Das ist alles nichts Neues und nach der Sauregurkenzeit, in der wir alte Bond-Filme gucken oder immer noch Beatles oder/und Stones hören kommt eben – irgendwann – etwas Neues. Ob eine PoC-Agentin (..besser?) es sein wird, da habe ich meine Zweifel, denn das Neue ist selten das, was Alte sich als Neues wünschen.

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    APo: ‚Wenn es einen Film gibt, der den Abgang des weißen Mannes vom Zentrum des Weltgeschehens elegisch einfängt, dann ist es der neueste – 25. und letzte – James Bond. 007 ist tot, es lebe 007: jung, weiblich, schwarz.‘

    … jahaaaa … und Daniel Craig im rosaroten Blazer ist der Hinweis auf das ‚M‘ und die neue MI6-Gang … I remember when, I remember, I remember when I lost my mind. *rofl*

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    Wenn einem kapitalistischen Heilsbringer die Macht zu Kopfe stieg, gab es schalgedämpft, pft,pft, zwei Kugeln vom letzten Helden der Sozialdemokratie und das Primat von Politik und Staat war wieder hergestellt.

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      Eine interessante Interpretation. Aber Bond ist ein merkwürdiger Sozialdemokrat mit ausgesprochen aristokratischem Geschmack. Oder war es, bis Daniel Craig das Image den Wirklichkeiten der Post-Thatcher-Meritokratie anpasste.

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      James Bond ist im Auftrag Ihrer Majestät unterwegs, wie es mal Postboten und Ärzte auch waren. M ist Beamter, der MI6 ein Beamtenladen und alle müssen Rechenschaft ablegen. Natürlich hat die Navy ein Schiff in der Nähe, eine Rakete am Start oder einen Agenten vor Ort. Niemand kommt auf die Idee, dass der Markt es schon regeln würde. Keine NGO, kein Philanthrop und auch kein genialer Unternehmer, an deren Wohlwollen das Schicksal der Welt hängen würde, am Ende sind es Beamten mit Besoldungsstufe und Pflichtbewusstsein. Natürlich hat Bond einen aristokratischen Geschmack, er hat es nicht nötig, sich so zu schinden und trotzdem dient er seiner Majestät, also uns. Ein stiller Idealist. Er gründet kein Start-Up (eine Figur wie Q wäre heute undenkbar), arbeitet nicht für Soros oder Gates und die wichtigen Sachen regelt seine Faust und nicht eine unsichtbare Hand. Er bügelt aus, was die Großen verbocken, er schiebt Überstunden, schont sich nicht und bekommt dafür vielleicht ein Schulterklopfen, selten von Vorgesetzten. James Bond, auch auf Skiern im mondänem Schweizer Urlaubsressort, ist der Lehrerin einer Brennpunktschule näher als Bezos, Musk oder Zuckerberg. Seine Gegner waren noch vor Thatcher die Soziopathen, deren entfesseltes Eigeninteresse ja eben das Markenzeichen unserer Meritokratie ist, neben maßgeschneiderten Finanzprodukten für Emire und Oligarchen. James Bond ist der, der pft,pft für uns alle macht, wenn diese Jungs glauben, dass Regeln für sie gar nicht mehr gelten würden Ich kann mir kein sozialdemokratischeres Märchen vorstellen.

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        Überzeugt. Fast. Allerdings ist ein Staat, der „für uns pft, pft macht“, nicht notwendig sozialdemokratisch. Er ist auf jeden Fall paternalistisch, wie es die Konservativen vor Thatcher waren und unter Johnson wohl wieder werden.
        Allerdings ist interessant, dass Bond der Adoptivbruder Blofelds ist. Blofelds Vater Hannes Oberhauser wollte den jungen Waisen Bond adoptieren. Rasend vor Eifersucht hat Franz Oberhauser (= Blofeld) seinen Vater getötet und spielt seitdem mit Bond Katz und Maus.

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        Naja.. ein paternalistischer Staat, der aber auch seine Grenzen kannte. Nur Bond hatte eine Sonderlizenz..

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        Blofeld ist der ja auch der, der sich einen armen Staat leisten kann. Spectre ist die materialisierte unsichtbare Hand. Und sie arbeitet nicht für Ihre Majestät, also uns. Kein Wunder, dass er sich von Bond bedrängt und betrogen fühlt, um sein Geburtsrecht gebracht. Schließlich ist er reich, da stört der MI6 (oder der NHS oder die BBC). So könnte man seinen Vater als die humanistische Tradition der gelehrten und wohlhabenden Schicht sehen, die den Staat zum Schützer der Schwachen umgebaut haben (das geschah ja in den 50ern und 60ern und wäre ohne die humanistisch orientierte Elite so ja nicht passiert) und der die ganzen Aufsteiger hervorgebracht hat, die ihm nun Konkurrenz machen (ja, die gute Seite des Empire, der Paternalismus). Tatsächlich war der Anteil an Arbeiterkindern in britischen Gymnasien in den 50ern höher als heute an den Weiterführenden (Zitat Peter Hitchens, ich weiß es nicht wirklich). Blofeld ermordet seinen Vater (den Pater) und kämpft gegen diesen Staat, gegen Bond. Schlechte öffentliche Schulen = Aufstieg durch teure private Institutionen = keine Bonds mehr, außer als Minions von Spectre. Wenn das keine gelungene Allegorie auf den Neoliberalismus ist…die gebildete Oberschicht, der die Verbesserung der Welt ein Anliegen war (der Vater) wurde von einer neureichen Bande ohne Prinzipien ermordet (Blofeld), die ihre Konkurrenz, den Staat, der immer ein ihre Pläne einschränkendes Schiff in der Nähe hat, mit eifersüchtig/manischem Trieb bekämpft (Bond).
        Ich habe die Bücher von Flemming nicht gelesen. Aber, bis auf den letzten, habe ich alle Filme gesehen, viele mehrmals. Mein erster Bond war Goldfinger. Bond muss kein weißer Mann sein, er (oder sie) sollte nur nicht den Dienst quittieren und eine Sicherheitsfirma in Dubai gründen, um mit einer NGO die Welt zu verbessern. Solange Bond im Dienste Ihrer Majestät, also uns, unterwegs ist, bleibt er mein Held, oder halt Heldin (do I look like I give a damn)?

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        Im neuen Film bestellt er einen Martini: „Shaken, not stirred“.
        Das mit dem Anteil der Arbeiterkinder ist so eine Sache, weil deren Anteil an der Gesamtbevölkerung abnimmt.
        https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61698/erwerbstaetige-nach-wirtschaftssektoren
        Deutlicher noch hier:
        https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61694/erwerbstaetige-nach-stellung-im-beruf

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        @KJN
        Zugegeben: Es ist die Interpretation eines Märchenfilms, da müssen die Prämissen nicht den realen Gegebenheiten entsprechen. Der Teil, der Based on a true story ist, ist der Teil mit der „Ihrer Majestät“. Der Rest dürfte seit den 90ern und der Informationstechnologie, seit den Drohnen spätestens, nur noch Fantasy sein. Die Whistleblower haben den Geheimdiensten den Charme genommen.
        Ich freue mich ihn am Wochenende zu sehen. Was Bond schafft (und Marvel eben nicht), ist mich tatsächlich in eine andere Welt mitzunehmen. Craig ist in seiner Körperlichkeit absolut menschlich (eine klasse Wahl), ich glaube ihm, wenn es nach Schmerz aussehen soll. Bond gibt sich einen Defibrillator (er braucht sogar Hilfe, er ist am Limit) und geht Karten spielen, da habe ich den Mund nicht mehr zubekommen. Das war realy cool.

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        @Stevanovic
        „ich glaube ihm, wenn es nach Schmerz aussehen soll.“
        Ja klar.. ich denke auch, dass sich die Story nicht beliebig interpretieren lässt.. aber Ihr Coup mit „Sozialdemokratie“ war echt gut. Es setzte verschüttete Erinnerungen frei, wie es (auf weniger unterhaltsame Weise) bislang nur Sarah Wagenknecht vermochte.
        Ich habe (glaube ich) alle James Bond -Filme gesehen aber ich weiß nicht, ob ich ihn sterben sehen will. Wahrscheinlich wird die Neugier siegen und ihn mir auch ansehen, vielleicht Neugierde auch auf die Zeit, wo die Negerin die Rolle übernehmen wird. Bislang bin ich noch eher bei Alain Finkielkraut, der Frauen nicht „so“ sehen will..
        https://www.welt.de/kultur/plus234139562/Alain-Finkielkraut-Man-liest-nicht-mehr-man-korrigiert-und-klagt-an.html
        (weil ich Frauen liebe..?).
        Nun.. solange mich niemand dazu zwingt, bleibe ich neugierig..

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        Lieber KJN, „Negerin“ haben Sie sicher mit Absicht gesetzt, um zu sehen, ob mich das „triggert“. Tut es. Ich finde, man kann seine Originalität und Freiheit von politischer Korrektheit anders als beleidigend zum Ausdruck bringen.

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        Lieber Herr Posener,

        Sie haben Recht mit Ihrem Einwand gegen KJN, ich verstehe aber, warum manchmal genau dieser beleidigende Humor notwendig ist.
        Star Treck Discovery war eine Katastrophe. Nicht weil fast alle LBTQ+ waren, sondern weil es eine vorhersehbare Seifenoper war. Dr Who war eine Katastrophe. Nicht weil Frau Whittaker als Frau keinen Dr Who spielen konnte, sondern weil die Staffel ein Vehikel zur Deutung der Weltgeschichte nach LBTQ+ war und zudem vorhersehbar. Walking Dead hatte plötzlich mehr LBTQ+ als Zombies und hat eine vorhersehbare Handlung. Das sind nur die, die mir spontan einfallen. Ach ja, so eine Superheldenserie von Marvel, bei der der Superheld schwul ist und sein Vater ihn (es war eine Rückblende in unsere Zeit) alttestamentarisch verstößt, vorhersehbar so, wie sich Progressive einen alttestamentarischen Vater vorstellen, der mir aber so noch nie begegnet ist und der es schon vor 20 Jahren damit in jede Zeitung geschafft hätte.
        Wenn schlechte Drehbuchautoren mit schlechten Schauspielern mir Müll servieren, damit eine Gruppe als eine Gruppe dargestellt wird, dann ist es manchmal auch notwendig zu zeigen, dass es sich hier nicht um eine Normalisierung eines unnormalen Zustandes handelt, sondern um Exploitation Machwerke, die die Gruppenzugehörigkeit (und nur die Gruppenzugehörigkeit) ausbeuten. Dabei waren auch die Exploitation Filme der 70er viel, viel weiter – die waren nämlich unterhaltsam. Ich bin ein Popkultur-Junkie und ich schlucke wirklich vieles. Popkultur ist ein mächtiger Treiber von Veränderungen. Und wie mächtig die waren! Es war nicht das Richtige, Platten von 2 Tone Records zu haben, die Musik war fantastisch und hat nebenbei Rassismus lächerlich aussehen lassen. Die drei Lieblingsbands waren es nicht, weil es das Richtige war, sie zu hören, sondern weil die Musik begeisterte. Danach war es lächerlich, Schwule als unnormal zu sehen, wenn man ihre Musik nonstop hörte.
        Was wir jetzt erleben, ist eine Welle von progressivem Style über künstlerischer Substance. Zuerst ist die Botschaft und dann wird eine passende künstlerische Idee dafür entwickelt. Das kann gut gehen, natürlich. Tut es aber meistens nicht und ich bin echt ein geduldiger Konsument. Es ist eine Form des Wiederstandes gegen die schlechte Kunst, wenn man die Botschaft, um die es ja ausschließlich geht, parodiert, in Bezug auf diese Kunst. Die Faulheit durchschauen. In Bezug auf Bond gingen die Diskussionen tatsächlich um die Frage, warum nicht mal einen Schwarzen oder eine Frau, statt eine künstlerische Idee zu entwickeln, die dann von einer Künstlerin und eben nicht von einer Schwarzen transportiert wird. Herrgott, wir reden da von Märchenfilmen, das ist doch machbar.

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        Lieber Alan Posener.. ganz ehrlich: nein. Ich habe das geschrieben, um den (nunja, es ist ein Film..) ‚Paradigmenwechsel‘ sozusagen in knalligen Farben darzustellen. Nun kenne ich ja einige – jetzt wird’s gestelzt – ‚mit dieser mehr oder weniger Hauttönung‘ ganz gut persönlich und zumindest bei den Älteren ist ‚dieses Wort‘ eher ein Wort von anno dunnemals, ähnlich, wie Bube, Bursche oder eine dralle Maid und entsprechend zum Schmunzeln. Ich glaube zumindest von denen, von denen ich gerade spreche, wären die meisten wirklich beleidigt, wenn ich sie von heute auf morgen nur auf ihre Hauttönung reduzieren würde und da ist es ziemlich wurscht, ob ich ‚Neger‘ oder ‚Person of Colour‘ sagen würde. Eine junge Dame, die ich kenne, ist allerdings sehr stolz auf ihre Hautfarbe, ihre afrikanische Herkunft, ihre – (ohje..) ‚Rasse‘ und auch das muss sein dürfen, denn es hilft bei der Selbstfindung. Das einengende, übergriffige, bisweilen Beleidigende ist zwar stets die Zuschreibung von außen, das wer auf alles auf sich bezieht, sozusagen sich jede ‚Beleidigung‘ heranholt, muss sich auch nicht über seinen/ihren Seelenszustand wundern. Wer völlig humorfrei durch’s Leben geht, den rettet weder Politik, noch political correctness, sondern nur ein Psychiater. Nun gut, ich will Sie und Ihre Leser nicht durch meine „Originalität“ (..ich halte mich nicht für originell, ich benehme mich einfach bisweilen schlecht, mit Gründen) abschrecken oder gar verletzen und werde, wenn ich hier etwas loslasse, in Zukunft alle bösen Worte zu vermeiden versuchen.

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        Ja, „Neger“ war wohl mal ein höfliches, zumindest akzeptiertes Wort. Aber irgendwie auch merkwürdig, irgendwo zwischen „nigger“ und „negro“. Egal, es stößt heute merkwürdig auf. Ansonsten haben Sie natürlich Recht.

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        „Was wir jetzt erleben, ist eine Welle von progressivem Style über künstlerischer Substance. Zuerst ist die Botschaft und dann wird eine passende künstlerische Idee dafür entwickelt. Das kann gut gehen, natürlich. Tut es aber meistens nicht und ich bin echt ein geduldiger Konsument.“

        Ja, Stevanovic. Es wird grau. LGTBQ+ – Star Trek ist eine entsetzlich langweilige Feier von Gesinnungen und keine Unterhaltung. ‚Indie Pop‘ – Singsang eine Daueranklage von um sich selbst kreisenden Aktivistinnen gegen psychisch Gesunde bzw. Leute mit anderen Problemen..

      12. avatar

        „Craig ist in seiner Körperlichkeit absolut menschlich (eine klasse Wahl)“
        Ich finde, er sieht aus wie ein russischer Zuhälter und ist eine Fehlbesetzung.
        Roger Moore war mein Bond, er verkörperte den arroganten Upper-Class Briten, der mit hochgezogener Augenbraue die Dinge regelt.
        Pierce Brosnan hätte toll sein können, wenn er wie in Remington Steele geblieben wäre, ist er aber leider nicht.

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        @ Weller

        „Roger Moore war mein Bond, er verkörperte den arroganten Upper-Class Briten, der mit hochgezogener Augenbraue die Dinge regelt.“

        Ja, meiner auch. Nur, der starb nicht jetzt, nicht durch die Hand der ihm nachfolgenden Frau 007, der wurde 1987 durch Timothy Daltons „Living Daylights“ ersetzt, der zwar nicht die Vitalität eines Craig, dafür eine finstere Entschlossenheit hatte. Pierce Brosnan war ja ein Zurück zur alten Bond Figur, diese wurde jedoch aus guten Gründen aufgegeben. Die Zeit der stiffer upper lip war vorbei. Thatcher, Blair…da war ja was. In einer Meritokratie wird geschwitzt. Und Craig schwitz.
        Wenn ein Bond nicht gut war, dann war er dies eigentlich nie, weil die Wahl der Darsteller schlecht gewesen wäre. Es hing an den Geschichten. Ian Flemmings Bond ist aus erzählt, ohne Geschichtsunterricht nicht mehr zu verstehen. Ja, als die Gummistiefel noch Leder waren, war alles besser. Das habe ich als Junger gehört, weil nicht mehr Filme wie die „10 Gebote“ gedreht werden. Ich glaube, wir müssen unseren Bond los lassen und schön ist daran gar nichts. Moore war der coolste, keine Frage.

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    „Doch es hätte nahegelegen, in ihm einen verrückten Klima- und Umweltschützer zu porträtieren, der die Welt von der Krankheit „homo sapiens“ befreien will, oder doch wenigstens so tut, als sei die Rettung der Erde – sonst eher Bonds Beritt – seine eigentliche Motivation. Eine reine Welt, bevölkert von einer erheblich verringerten Menschheit, regiert von einem Mann mit der ultimativen Lizenz zum Töten: Diese Dystopie hätte wenigstens andeuten können, welche Gestalt das Böse in der neuen, weiblichen und multiethnischen Bond-Welt annehmen könnte, so wie „Dr. No“ 1962 die dunkle Kehrseite der damals als Segen propagierten Atomkraft verkörperte.“

    Da verweise ich nochmal auf Liu, Cixin: „Die drei Sonnen“ (und folgende): Würde sich da nahtlos anschließen.

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