Immer wieder nehme ich Anläufe, Bücher zu lesen, die meinen Vorurteilen widersprechen, auch in der Hoffnung, jene Vorurteile zu erschüttern und auf diese Weise zu Erkenntnissen zu gelangen. Eine der lohnendsten Erfahrungen in dieser Beziehung war Thomas Pikettys „Kapital im 20. Jahrhundert“. Nun habe ich mir David Graebers Buch „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ vorgenommen. Aber schon nach der Einleitung habe ich die Lust verloren. Es hat keinen Zweck, ein Buch zu lesen, bei dem man bei jeder angeblichen Tatsachenbehauptung nachschlagen muss, ob die behauptete Tatsache eine ist.
Natürlich hätte mich das überschwängliche Lob Frank Schirrmachers stutzig machen sollen, der Graebers Buch eine „Offenbarung“ nannte. Nach meiner Erfahrung bestand Schirrmachers Problem gerade darin, dass er die falschen Texte als Offenbarung und die falschen Leute als Propheten verkündete. Auch die Begründung für diese Offenbarung macht stutzig, nämlich dass man dank Graeber „endlich nicht mehr gezwungen ist, im System der scheinbar ökonomischen Rationalität auf das System selber zu reagieren“. Wieso „endlich“? Schon Karl Marx bricht aus dem „System“ des Kapitalismus aus. Wieso „gezwungen“? Wer zwingt irgendjemanden, rational auf irgendetwas zu reagieren? Wieso „scheinbar ökonomisch“? Ist nicht vielmehr gemeint: „scheinbar rational“? Nun gut, Schirrmacher kann nicht antworten, lassen wir das.
Graeber jedoch könnte antworten, ja müsste zur Rede gestellt werden wegen der Demagogie seiner Offenbarung. Und das ist schade, weil es durchaus Gründe gibt für Schuldenerlasse gegenüber manchen armen oder hoch verschuldeten Ländern, wie es sie ja auch immer wieder gibt gegenüber hoch verschuldeten Individuen.
Die Schuld der Verleiher und die Unschuld der Schuldner
Völlig zu Recht stellt Graeber fest, dass die Menschheit einer „tiefen moralischen Verwirrung“ unterliegt, weil die Mehrheit „überall gleichzeitig die Auffassung vertritt, 1. es sei ein moralisches gebot, geliehenes Geld zurückzuzahlen, und 2. das regelmäßige Verleihen von Geld sei verwerflich.“
Um es vorwegzunehmen: Graeber stimmt dem zweiten Satz zu, aber nicht dem ersten. Er ist laut eigener Auskunft für die Abschaffung des Internationalen Währungsfonds (IWF) – des wichtigsten internationalen Kreditgebers – und für die Abschaffung der Schulden der „dritten Welt“ (und der ärmeren europäischen Länder). Tatsächlich aber drücken diese beiden Sätze keineswegs eine „moralische Verwirrung“ aus, sondern nur den Standpunkt des gewöhnlichen Kreditnehmers, der sich – vermutlich weil er arm ist oder große Ausgaben hat, wie etwa früher die Adeligen – die Attitüde des moralisch Überlegenen zulegt gegenüber dem Geldverleiher.
Diese Tendenz der materiellen Verlierer, sich als moralische Sieger hinzustellen, ist allgemein menschlich und so verständlich wie dumm. Die moralische Ablehnung des Kreditgebers gibt dem Kreditnehmer außerdem die Gelegenheit, mittels Pogrome (gegen die jüdischen Geldverleiher) oder Kampagnen (gegen den IWF und andere Banken) unter Betonung der Moralität des eigenen Handelns den Kreditgeber mitsamt den Schulden verschwinden zu lassen. Es ist bezeichnend, dass das Wort „Juden“ bei Graeber nicht auftaucht, das Wort „Judentum“ nur im Zusammenhang mit dem fragwürdigen soziologischen Konzept der „Achsenzeit“ und dem Auftauchen der so genannten Weltreligionen. Vermutlich wäre Graeber beim Schauprozess gegen Jud Süß auf Seiten der Ankläger gewesen.
Die Schuld der Kolonialherren und die Unschuld der Revolutionäre
Nun aber zu den Tatsachenbehauptungen. Graeber nimmt Madagaskar als Beispiel für die Willkür und Schädlichkeit von Schulden. Das Land wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Frankreich erobert und zur Kolonie erklärt. In der Folge wurden „Eisenbahnlinien, Straßen, Brücken, Plantagen und so weiter“ gebaut, so Graeber (zu den „und so weiter“ gehörten Schulen und Krankenhäuser, die natürlich nicht erwähnt werden), wobei „die Steuerzahler auf Madagaskar nie gefragt wurden, ob sie diese Eisenbahnen, Straßen, Brücken und Plantagen überhaupt wollten“ (die Schulen und Krankenhäuser nicht zu vergessen). Stimmt. Der Kolonialismus war eine undemokratische Angelegenheit, obwohl nicht so undemokratisch wie die vorangegangene Herrschaft der madagassischen Könige, die ihre Untertanen gern als Sklaven verkauften, auch ohne sie zu fragen (was Graeber aber unerwähnt lässt).
Es kam nach dem Zweiten Weltkrieg, als Frankreich, wie die anderen Kolonialmächte, geschwächt war, zu einem Aufstand gegen die Kolonialherrschaft, bei dem es, wie Graeber schreibt, „nach einigen Berichten bis zu einer halben Million tote“ gab. Welche Berichte das gewesen sein sollen, sagt Graeber nicht: Wikipedia spricht von weit divergierenden Zahlen zwischen den von den Franzosen zugegebenen 11.000 Toten und den von den Revolutionären behaupteten 100.000. Nicht dass ich 11.000 Tote für gerechtfertigt hielte, von 100.000 zu schweigen, aber selbst diese vermutlich übertriebene Zahl ist weit unter der „halben Million“, die Graeber mit geradezu Sarrazin’scher Gelassenheit gegenüber Fakten behauptet.
Von da springt Graeber in die jüngste Vergangenheit (sein Buch erschien 2011) und beschreibt eine Malaria-Epidemie, die sich im Hochland von Madagaskar einige Jahre zuvor ereignet hatte. Die sei „besonders schlimm“ gewesen, „denn die Malaria war schon vor vielen Jahren im Hochland ausgerottet“ gewesen „und nach zwei Generationen waren die meisten Menschen nicht mehr immun dagegen“. Schlimmer war, dass „das Programm zur Bekämpfung der Moskitos Geld kostete. (…) Es ging nicht um viel Geld. Aber da die Regierung einem Sparprogramm des IWF unterlag, hatte sie das Geld für die Überwachung der Moskitos gestrichen.“ 10.000 Menschen seien gestorben, „damit die Citibank nur keinen unverantwortlichen Kredit abschreiben muss(te)“. QED: Kredit geben ist unmoralisch.
Was Graeber verschweigt, ist, dass die finsteren französischen Kolonialherren allen Schülern eine verpflichtende kostenlose Impfung verpassten und Malariapillen kostenlos an die Bevölkerung abgaben, natürlich ohne die Leute zu fragen. Deshalb, und wegen eines aggressiven Chemieeinsatzes gegen die Malariamücken, war die Malaria im Hochland von Madagaskar ausgerottet worden. Die Menschen waren „nicht mehr immun“, weil die Regierungen des unabhängigen Madagaskar andere Prioritäten setzten, darunter das von Studenten und Intellektuellen wie Graeber getragene Regime des Admirals Didier Ratsiraka, der den Sozialismus einführte, sich mit der Sowjetunion und dem Warschauer Pakt verbündete, die Beziehungen zum Westen kappte und binnen weniger Jahre die Wirtschaft ruinierte, so dass es zu einem Aufstand kam, bei dem Ratsiraka „Hunderte“ niederkartätschen ließ.
Ratsiraka floh nach Frankreich, wobei er ein Reisetaschengeld von acht Millionen aus der Zentralbank mitgehen ließ, die, soweit ich weiß, bis heute nicht zurückgezahlt wurden. Sein „demokratischer“ Nachfolger Albert Zafy musste nach einigen Jahren wegen Korruption sein Amt aufgeben. Beide Politiker sind aber noch aktiv in der Politik und haben dem Staat, den sie plünderten, keinen Cent zurückgezahlt. Wer also ist schuld daran, dass die Errungenschaften der Kolonialära, darunter die Ausrottung der Malaria, verloren gingen? Der IWF, der darauf besteht, die Staatsfinanzen als Gegenleistung für einen Kredit auf eine solide Grundlage zu stellen, oder die verantwortungslosen und korrupten Politiker Madagaskars?
Eine rhetorische Frage, klar. Aber die stellt Graeber nicht einmal. Ich fürchte, der Rest des Buchs ist genau so wenig solide wie die ersten Seiten. Graeber „durchbricht die Logik des Kapitalismus und befreit unser Denken vom Primat der Ökonomie“, schwärmt sein Verlag Klett-Cotta. Kann sein. Vor allem aber durchbricht er das Primat der Fakten und befreit unser Denken von der Wirklichkeit.
Erwerbsloser : „Guten Tag.“
Bankangestellter : „Guten Tag, Herr Müller! Was kann ich für Sie tun?“
Erwerbsloser : „Ich hätte gern ein Darlehen.“
Bankangestellter : „Ja gern, Herr Müller. An wieviel hätten Sie denn gedacht?“
Erwerbsloser : „Exakt 1.000.000 Euro.“
Bankangestellter : „Darf ich fragen wofür Sie soviel Geld benötigen?“
Erwerbsloser : „Um eine Bank zu gründen. Dazu benötige ich eine Banken-Lizenz. Und die bekommt jeder, der 1.000.000 Euro nachweisen kann.“
Großes Raunen wartender Kunden hinter der Diskretions-Markierung.
Bankangestellter : „Welche Sicherheiten hätten Sie denn anzubieten?“
Erwerbsloser : „Die gleichen Sicherheiten, die Sie Ihren Kunden anbieten!“
Bankangestellter : „Wie darf ich das verstehen, Herr Müller?“
Erwerbsloser : „Mit einer zulässigen Mindestreserve von 1% kann ich die 1-Million-Euro mindestens 99 mal verleihen und niemand hat etwas bemerkt. Also exakt die gleichen Sicherheiten, wie Ihre seriöse Bank. Sie sind doch eine seriöse Bank oder?“
Blankes Entsetzen aller wartender Kunden hinter der Diskretions-Markierung.
Bankangestellter : „Selbstverständlich Herr Müller, klar doch bekommen Sie die 1-Million Euro, aber seien Sie um Himmelswillen doch nicht so laut“, und telefoniert schon mit dem stellvertretendem Geschäftsstellenleiter der Bank.
Mittlerweile stehen hinter der Diskretions-Markierung schon ein halbes Dutzend neugieriger Gesichter.
Bankangestellter : „Herr Müller, Sie möchten sich bitte in das Büro 2 in die hinteren Geschäftsräume zu unserem stellvertretenden Geschäftsstellenleiter begeben.“
Erwerbsloser : „Vielen Dank“.
Bankangestellter : „Der Nächste bitte.“
Weiterlesen, weitersagen …
Erwerbsloser löst Bankrun in Frankfurt aus
https://aufgewachter.wordpress.com/2016/04/14/erwerbsloser-loest-bankrun-in-frankfurt-aus/
For Alan Posener:
„Gut 800 Seiten hat „Shakespeare und seine Welt“, aber die Zahl täuscht. Da das Buch doppelspaltig gesetzt ist, kommt man auf mehr als hundert Zeilen pro Seite, was locker der dreifachen Textmenge entspricht und damit rund 2500 Seiten ergibt. Mit diesem Buch kann man übrigens genauso gut eine Stunde verbringen wie eine ganze Woche. Ein Wahnsinnsunternehmen. Man müsste es vom Kirchturm rufen. Was zögern Sie noch? Wenn Sie nur sieben Bücher haben, sollte dieses das achte sein.“
http://www.faz.net/aktuell/feu.....ageIndex_2
Klingt nach must-have.
Frohe Pfingsten!
(Trotz London, oh weh)
Ich vermute mal, die Lektüre von Graeber und Piketty, steht im Rahmen der (Neu-)Aneignung der (Kritik der) Politischen Ökonomie, wie diese wohl auch sich dem gesellschaftlichen Bezugsrahmen der Finanz- und Schuldenkrise verdankt (ca. 2008). In dieser Zeit wurde nach der „neoliberalen Konterrevolution“, wie man das nannte, wieder auf Keynes (und ähnliche Denker) zurückgegriffen, Geld wurde als Ausdruck oder Resultat eines Schuldverhältnisseskonzeptualisiert. Wie das überhaupt möglich ist, habe ich ja in der Darstellung des Kapitels vom Gelde bei Marx, dargelegt, der ja nicht eine alternative Geldtheorie aufstellen wollte, sondern durch Lektüre in der Londoner Bibliothek, die damaligen Theorien, die praktische Auswirkungen für die Ökonomie hatten und die sich wesentlich antinomisch zueinander verhielten, in eine dialektisches Konzept brachte. Daß dieses im Grunde offen ist, wenn man das so begreift ist klar, wir können durchaus aus dem Verhältniss von ökonomischer Theorie und Praxis, weitere Antinomien rekonstruieren und die Auswegslosigkeit kapitalistischen Wirtschaftens auch zeigen, in einer Zeit wo es andere globale Konstellation von Politik und Ökonomie gibt. Keynes ordnet sich hier auch in die Reihe von Theoretiker ein, bei denen die Prämisse ist, daß Schulden historisch dem Geld vorausgehen. Bei der Neoklassik war das Geld auf eine Mittlerrolle reduziert (bei Marx: Zirkulationsmittel genannt), wie Marx das darstellt gehen auch sie davon aus, daß die Geldmenge die Preise verändert. Die Zentralbank setzt jene exogen. Keynes und Marx denken einen komplexeren Zusammenhang, nämlich, daß die Geldmenge isch der Akkumulationsdynamik endogen anpaßt, wie sich das in der Nachfrage nach Kredit manifestiert. Für Keynes entstehen im Tauschverhältnis Zahlungsversprechen, heben sich diese nach den Transaktionen wechselseitig auf, dann gebe es auch Warentausch ohne die Notwendigkeit von Geld. Eine Rechnungseinheit (money of account) tritt bei Schulden in Erscheinung, also dem Hinausschieben der Zahlung, oder ideell in Preislisten. Der Geldstandard entsteht demnach mit dem Schuldkontrakt. Schumpeter spricht da von fiduziärem Geld.
Nun hier knüpft Graeber an, argumentiert aber nicht wie Keynes, Marx, Klassik, Neoklassik logisch oder systematisch, sondern historisch. Wie das auch bei anderen wie Christoph Türcke, G.Heinsohn usw. auch geschieht, wird der Beginn mit dem Barter (dem noch-nicht monetären Tausch verkürzt gesagt) kritisiert, weil es diesen historisch nie gegeben hat. Dann werden fortgeschritten vom Tauschhandel über die Entdeckung des Geldes und dann zum entwickelten Kreditsystem. Es wird dann behauptet, daß die Geschichte des Geldes verkehrt herum „erzählt“ werde.
Polany, auf den sich allerdings Graeber auch beruft, widersprahc dieser Vorgängigkeitsthese des Kredits, Geld werde erst Zahlungsmittel (Zahlungsversprechen,Kredit), wenn das Tauschmittel allgemein akzeptiert ist. Das Geld muß die Transaktion – also das Zahlungsversprechen – abschließen können. (der Polany von Ökonomie und Gesellschaft, nicht Great Transformation) Geld müsse eine spezifische gesellschaftliche Qualität ausdrücken, was sich mit Marx durchaus trifft. Diese Qualität gibt es erst in der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft. Wie Marx denkt sich Polany das auch so, daß Kredit in vorkapitalistischen GEsellschaften nicht mit dem kapitalistischen Kredit verwechselt werden darf. In ersteren seien es Verpflichtungen spezifischer Art und deren Erfüllung eine qualitative Angelegenheit, eine qualitative Tat, nicht eine Zahlung und führt an Brautwerbung, Eheschließung, Tanz, Gesang, Wehklagen, Fasten bis hin zum Suizid und einige Dinge mehre, die mir gerade mal nicht einfallen. Das geht dann so weit, daß ja auch Geld nicht gleich Geld ist. Fürs Mittelalter siehe J. Le Goff, der nachweist, daß es ja nicht einmal eine einheitliche Bezeichnung für Geld gab.
Diese Epochenverwinschung, die Ignoranz gegenüber unterschiedlicher Semantik – also das, was bei Marx schon gerade Thema war – der Epochen, scheint mir der Grund zu sein, warum Sie bei Graeber – sagen wir mal – „alternative Fakten“ sehen. Die Äquivokationen der Begriffe werden bei Graeber schwerlich deutlich, auf Nachfrage wird er dann immer Korrekturen liefern, weil er Vorstellungen vom historischen Material hat, die er nicht mitliefert. (Man denke an Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen)
Und in 5000 Jahren ist so einiges passiert, aber auch wie Türcke (Mehr!S. 18ff, 447, 469 z.B.) Graeber kritisiert, sind es ja die letzten nicht die ersten 5000 Jahre des Geldes, da war ja vorher auch schon etwas vor der Münze. (So ist der Titel zwar genial, aber nicht ganz triftig)
Auf jeden Fall belehren uns diese Autoren alle, daß die kapitalistische Epoche des Geldes eine kleine Episode ist, ein kein Grund besteht, daß sie ewig dauern wird. Bei Marx haben wir allerdings – im Gegensatz zu Keynes, Sraffa – die Formproblematik, die beim Lösen des Geldrätsel hilft, während Keynes die Geldform voraussetzt, Sraffa nicht einmal danach fragt. Keynes weiß darum nicht, warum die gesellschaftlichen Akteure im Kapitalismus mit Unsicherheit geplagt sind und ihm blieben die Gründe des Zwangs zu immer höheren Produktivitätssteigerungen, Veränderung der Arbeits und Produktion und der Wertverhältnisse verborgen. Dadurch kommt es zur Naturalisierung des Gesellschaftlichen.
Daß die Geld und Zinskritik dann affin ist mit Antisemitismus, wie wir das ja von den Protesten gegen Weltwirtschaftsgipfel und Wahnmachen kennen, wäre mal auch in Hinsicht von Graeber zu diskutieren. Da steht ja gerade mal wieder was bevor.
Ist mir zu lang, der Kommentar. Wie so oft. Wenn Sie einen Gedanken haben, der gelesen werden soll, bringen Sie ihn bitte kurz.
Ist mir auch regelmäßig zu lang und nicht nur das: Absätze zu lang, kein Zeilenabstand zwischen Absätzen, zu viele Gedanken auf einmal, die allesamt in eine Wurstpelle gestopft werden, eine Gedankenwurst. Unlesbar.
Liest möglicherweise niemand, daher Monolog.
Ich meine es übrigens nicht böse, Martin Blumentritt. ich habe mich jetzt gezwungen, Ihren Kommentar zu lesen, und die Quintessenz lautet: Alle haben keine Ahnung, bloß Marx hat Ahnung. Nun gut, aber das sagen Sie immer, in immer neuen Wendungen. Das ist nicht abendfüllend, zumal Sie Ihre These nicht beweisen. Dass ein Kreditverhältnis ein Machtverhältnis darstellt, dazu muss man nicht Nationalökonomie studieren, dazu muss man bloß einen Kredit bei einer Bank beantragt haben.
Macht ist eine soziologisch amorphe Kategorie, wenn müßte von Herrschaftsverhältnis oder Gewaltverhältnis die Rede sein, Aber meine Kritik besagt kurz gesagt, daß der vorkapitalistische Kredit und der kapitalistische nicht miteinander zu vermengen sind. Im Kapitalismus ist der Kredit eine abgeleitete Funktion, keine Basiskategorie. Das Vermögen, die Potenz oder Macht des Bankes ist abgeleitet, was sich auch in der unterschiedlichen Macht unterschiedlich vermögenden und einnehmender potentieller Schuldner. Mit Angeboten ein Kredit zu nehmen, könnte ich das Haus heizen, weil ich keinen brauche. Das muß man ja inbesondere in Deutschland nachweisen, wenn man einen bekommen will.
Das ist allerdings ein Sachverhalt, der mit dem Begründungsverhältnis von Geld und Kredit oder Kredit und Geld gar nichts zu tun hat. Und auf Marx kann man sich da auch nur methodisch berufen, um die nach wie vor antinomische Praxis und Theorie, die Auswegslosigkeit des Kapitalismus auch heute zu zeigen. So wie die Bankingtheorie, die Marx rezipierte und die Currency-Theorie, verhalten sich auch heute die Extrempositionen „Zurück zum Metall“ und Liquidierung des Goldes antinomisch. Die gegenseitigen Einwände sind korrekt.
etwas offtopic:
die Hauspreise könnten 40% niedriger sein:
http://apis-cor.com/en/
Alan Posener,
soviel übrigens zur Architektur in Russland, die schließlich nicht nur aus gutem Design, sondern auch avantgardistischen Produktionsmitteln besteht.
„These were the destructive forces in operation:
• Irresponsible, leftist-sponsored government legislation designed to
increase home ownership by forcing banks to provide
mortgage loans to people without documented sufficient
income or employment history (the “sub-prime” market).
• Irresponsible and entitled masses of people who believed that they
could assume loans without having the necessary financial
resources to fulfill their debt. Many of these people were
allowed to purchase a home with minimal or no money down.“
Seite 36 http://orgonomy.org/journal/TJOG_44_1.pdf
etwas offtopic:
Ich glaube, die Zeichen stehen auf verkaufen:
http://www.daxjaeger-blog.de/p.....kator.html
Hoffentlich wird das noch ne Gaudi im Zusammenhang mit der Deutschlandwahl.
Nichts für ungut, aber wenn man jemandem mit einem Verweis auf Wikipedia mangelnde Faktentreue vorwirft, begibt man sich auf recht dünnes Eis. Da die LSE eher nicht als anitikapitalistische Kaderschmiede bekannt ist, kann man sich auch einfach mal auf die Scientific Community verlassen oder man muss sich vielleicht die Mühe machen und selbst recherchieren. Ohne jetzt in klappentexthafte Hymnen ausbrechen zu müssen, kann ich das Buch gerne empfehlen, auch und gerade weil es sich an ein großes Publikum richtet und große Fragen dennoch, wie ich finde, angemessen behandelt.
Lieber David Schüssele, Ihr Argument lautet, der Graeber ist Professor, das wird schon richtig sein, was er schreibt. Die LSE ist übrigens selbstverständlich seit ihrer Gründung als „antikapitalistische Kaderschmiede bekannt“. Merkwürdig, dass Sie nicht einmal das wissen. Beweisen Sie erstmal, dass meine Fakten nicht stimmen, bevor Sie die einfach vom Tisch wischen.
Vorbildlich im Vergleich zu französischen oder belgischen Kolonien.
Apropos Mufti:
Mohammed selbst kommt in dem Stück, das Sie interessieren dürfte, übrigens bedeutend besser weg, was ich korrekt finde, als dieser politische Agitateur und H-Freund, der viel getan hat, um den Wurm in den Islam zu bringen:
http://www.americanthinker.com.....igion.html
Außerdem sehen Sie hier etwas, das Sie auf dem ganzen Planeten regelmäßig wiederfinden: Die Reste einer miserabel verwalteten französischen Kolonie. Sie brauchen nur ca. 1000 km von dieser Insel nach Osten zu schwimmen, dann finden Sie die sehr gut funktionierenden Reste einer britischen Kolonie, die von den Briten penibel auf ihre Unabhängigkeit vorbereitet wurde und nur in der letzten Dekade einige Probleme bekam durch verfallende Zucker- und Textilpreise. Für den heutigen Zustand von Zimbabwe können die Briten nichts, denn sie sahen nicht voraus, dass sich Mugabe zum Diktator entwickeln würde. Ansonsten kann man festhalten, dass so gut wie alle ehemaligen britischen Kolonien in einem erheblich besseren Zustand sind als französische oder gar belgische.
Aber so leicht kann man es sich auch damit nicht machen, denn besagte Insel im Osten ist erheblich kleiner und war somit leichter zu verwalten. Außerdem wurde sie vornehmlich mit indischen Arbeitskräften ausgestattet. Die Kreolen, die auch fleißig sind und sehr freundlich, sind ein Erbe der Franzosen, Als die Briten auf die Insel kamen, mussten sie angeblich die verängstigten Schwarzen mit Megaphonen von den Bergen holen, Megaphone, durch die sie ansagten, dass sie die Sklaverei abschafften. Die Franzosen wollten immer nur haben. Wenn sie hatten, holten sie Sklaven, und danach waren sie unfähig, funktionierende Entitäten aufzubauen. Die Briten waren meisterhaft in der Verwaltung im Vergleich zu den Franzosen. Die französischen Dummheiten reichen bis in die Neuzeit: Griechische Staatsanleihen en masse. Haben. Bestimmen. Ein Hexagon bauen. Bin gespannt, was jetzt Macron daraus macht. Jedenfalls sollte die EU milde mit den Briten umgehen. Wir brauchen sie. Sie waren immer moderat, und alles, was auf der Welt besser funktioniert, ist von den Briten, ob das jetzt die USA sind oder Indien.
Die Franzosen waren so borniert, dass sie Albert Schweitzer im Ersten Weltkrieg aus Gabun entfernten, weil er, ein Elsässer, einen deutschen Pass hatte. Sie packten ihn in ein Internierungslager in Südfrankreich, wo seine Frau, eine Jüdin aus Breslau, sich mit Tuberkulose infizierte, woran sie lebenslang litt, das nur nebenbei. Wer einen Arzt, der sich um Lepra verdient macht, in ein Internierungslager steckt, hat nicht alle Tassen im Schrank. Aber was verlangen sie von Leuten, deren Könige regelmäßig um die fünfzehn bis zwanzig illegitime Kinder zeugten, während sie plotteten, wie sie einen Krieg anfangen konnten, nur um Franche Conté zu bekommen.
Jetzt gibt’s ja eine neue Chance. Keiner glaubt dran. Wenn’s gleich losgeht mit viel Pomp in Taormina und Versailles, tritt Ungläubigkeit ein. In Taormina ist mir vor allem das todtraurige Gesicht von Theresa May aufgefallen. God save the Queen.
Es ist ärgerlich, dass alles immer auf Kreditgeber geschoben wird, während solch durch und durch unmoralische Staaten wie Frankreich (lass doch den Boche zahlen) ungeschoren davon kommen.
Danke sehr. Bedenkenswerte Worte…
Nun ja:
Aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig schwachem Wirtschaftswachstum sank das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von der Unabhängigkeit 1960 bis zum Jahr 2014 um 42 %.
Von Malaria steht dort gar nichts. Im Jahr 2012 120 Pesterkrankungen, Pest!, herrjeh, 50 Todesfälle, im Jahre 2014 an die 1500 Lepra-Neuerkrankungen, herrjeh, die AIDS-Rate auch erschreckend hoch. 90 Prozent von der Bevölkerung abgeholzt, erinnert an Haiti. Eher hat Jared Diamond Recht.
Das ist von Wikipedia, findet jeder selbst.
Es ergibt sich daraus: Wenn man die Pest endemisch im Land hat und dann noch die Lepra, außerdem Malaria und AIDS, kann man auch keinen signifikanten Wirtschaftszweig Tourismus aufbauen. Die brauchen zuerst Bevölkerungspolitik und sanitäre Anlagen und die Vernichtung aller Mücken und Ratten mit DDT.
Herrlich.
Wann gibt es endlich ein Buch über korrupte Staatschefs oder Clanchefs und ihre Witwen? Da dürfte weder Arafats Witwe fehlen noch der Ben Ali-Clan, auch nicht die Geschenke an Giscard d’Estaing, die dessen Ende einleiteten.
Und ich würde mal vermuten, dass an der Malaria-Epidemie das plötzliche Verbot von DDT schuld war. Eine Impfung gegen Malaria gibt es übrigens nicht, was das Hauptproblem ist, aber ich nehme an, dass Sie andere Impfungen meinten.
Die Afrikaner scheinen nicht mit Geld umgehen zu können, ein paar Ausnahmen gibt es. Das spricht nur gegen das afrikanische Clanwesen, nicht gegen den Kapitalismus. Ein Musterbeispiel ist Zimbabwe, eine von Großbritannien einst vorbildlich geführte Kolonie.
Das andere Problem, dessen man sich ja in Griechenland schnell gewahr wurde, ist mangelnde Steuermoral. Wenn Kredite zu Wirtschaftswachstum führen und entsprechende Steuern erhoben werden, können Kredite bedient werden. Nur hapert es meistens beim letzten Punkt. Die Moral ist also oft genug schwach beim Kreditnehmer, aber die Mode will von jeher, den Kreditgeber (jüdischen Geldverleiher aus dem Mittelalter) zu beschuldigen.
Ich meinte Prophylaxe-Pillen, lieber Oleander. Die und DDT gab es unter französischer Herrschaft umsonst. Unter den Nationalisten nicht. Ihre Art, alles auf „die Afrikaner“ zu schieben, statt auf die europäisch ausgebildeten Cliquen, die anstelle kolonialer Ausbeutung postkoloniale Ausbeutung setzen, ist so wissenschaftlich wie die Feststellung, „die Europäer“ neigten zum Kolonialismus.
Ich schiebe es nicht auf „die“ Afrikaner, die mir oft leid tun, sonst würde ich kein Wort über Pest und Lepra verlieren, (und einer der von mir bewunderten Menschen war Schweitzer, Dr.med.,) nein einzelne Staatschefs und ihre Clans sind auf keinen Fall „der Afrikaner“, den es so nicht gibt, es sei denn, man würfe alle mit dunkler Haut in einen Topf. Zwischen einem Senegalesen und jemandem aus Mozambique gibt es Unterschiede reichlich. Die Bereicherungsmentalität einzelner Clans – sagen wir Mugabe – ist jedoch so legendär wie die der Cosa Nostra.
Ich würde aber sagen, Sie sollten das Buch ruhig weiterlesen. Da werden Sie viel Stoff zum Nachdenken finden, denn Ideologen vergessen gern wesentliche Fakten, tropisches Klima zum Beispiel, Stürme, Krankheiten, wie gesagt.
Ich habe das übrigens leid, mit Unterstellungen bedacht zu werden, ohne diese zu verdienen. Was haben Sie von einem weniger? Nichts. Mehr Langeweile.
Lieber Oleander, ich will Ihnen nichts unterstellen. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, tut es mir Leid.
Wenn es bestimmte Verhaltensmuster in ganz Afrika gibt ist es durchaus angebracht, von „den Afrikanern“ zu sprechen.
Wenn sie das auf „die europäisch ausgebildeten Cliquen“ reduzieren sind ja dann wieder die bösen Kolonialmächte schuld an allen Problemen, die sich seit oder nach der Entkolonialisierung ergeben haben.
Nein, Don Geraldo, das können Sie nur behaupten, wenn Sie (a) den Artikel nicht gelesen haben, über den wir hier angeblich diskutieren, und (b) mein Buch über Imperien, mit dem Lob der Mission civilatrice, nicht kennen. Es ist aber nun einmal eine Tatsache, dass die Stalinisten, die in Vietnam, Laos und Kambodscha die Macht übernahmen und sich als Völkermörder betätigten, ebenso wie die Nationalisten und Sozialisten, die das in Afrika taten, ihre schwachsinnigen Ideen aus Europa importiert hatten, ebenso wie der Großmufti von Jerusalem seinen Rassenantisemitismus. Es handelte sich, wenn man so will, um eine innereuropäische Auseinandersetzung um die Zukunft der Kolonien, und leider gewannen die Nationalisten. Graeber schlägt sich auf deren Seite, obwohl längst klar ist, dass sie ihre Länder in den Ruin getrieben haben. Ich wehre mich nur dagegen, die Unfähigkeit zur Staatenbildung, die Hitler den Juden nachsagte, nun den Arabern oder Afrikanern nachsagt. Eine allzu bequeme „Erklärung“ für ein komplexes Problem.
Zimbabwe war nicht nur als britische Kolonie, sondern auch als Apartheid-Staat Rhodesien vorbildlich geführt. Südafrika geb ich noch maximal 20 Jahre, dann wird es dort ebenso aussehen.
ich war 1989 und 1990 für mehrere Wochen in Simbabwe, Oleander, und zwar nicht in der Hauptstadt, sondern auf dem Land. Dass der Staat von Ian Smith und Co. „vorbildlich geführt“ worden sei, kann man nicht ernsthaft behaupten. Dass er besser geführt wurde als von der ZANU/PF unter Robert Mugabe allerdings schon.