avatar

Der Untergang des Abendlandes

„In der Stunde wilder Ausgelassenheit, wo jede Leidenschaft entflammt und jede Zügel entfernt war, […] wurde ein grausames Gemetzel unter den Römern angerichtet […], und die Straßen der Stadt waren mit Leichen bedeckt.“ Dies ist ein Zitat aus „History of the Decline and Fall of the Roman Empire“ von Edward Gibbon (1737-1794), dem bedeutendsten britischen Historiker der Aufklärung. Das sechsbändige Monumentalwerk umfasst  den Zeitraum  von der Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christus bis zur Einnahme Konstantinopels durch die Türken im Jahre 1453. Das Zitat beschreibt die Exzesse, die  die Westgoten unter ihrem Heerkönig  Alarich im  Jahre 410 n. Chr.  anrichteten, als sie Rom drei Tage lang plünderten. Gibbon begnügt sich nicht mit der Beschreibung der Massaker. Er will den Ursachen auf den Grund gehen, warum ein wildes Reitervolk ein bislang militärisch hocheffektives Imperium kläglich zu Fall bringen konnte. Er schildert ausführlich den Sittenverfall, der sich vor allem in der Hauptstadt des Reiches, in Rom, ausgebreitet habe. Brot und Spiele und ein üppiges Luxusleben hätten die Moral geschwächt und die Widerstandskraft vor allem der Eliten gelähmt.

Seit der Dschihad das westliche Europa als Kampffeld auserkoren hat, werden immer wieder Parallelen zum Untergang des Römischen Reiches gezogen. Ein beredter Verfechter dieser  Analogiethese ist der Harvard-Professor Niall Ferguson. In zahlreichen Aufsätzen und Büchern hat er davor gewarnt, dass „überzeugte Monotheisten“ (er meint damit den Islam) „für ein säkulares Reich eine ernsthafte Bedrohung“ seien. Es ist unschwer zu erkennen, dass er  mit dem gefährdeten Reich Europa meint. Amerika sieht er weniger dem Untergang geweiht, weil dort die Stärke des Christentums noch eine ausreichende Wehrhaftigkeit bedinge. Wenn man sich das Gebaren der Evangelikalen in den USA anschaut, ist das ein zweifelhaftes Argument.

Es braucht nicht viel Sachverstand, um in den düsteren Visionen eines Ferguson  Panikmache zu erkennen. Die Terrorgefahr ist zwar keineswegs  gebannt,  und sie kann auch noch zunehmen. Der militante Islam wird Europa jedoch nicht in die Knie zwingen. Die Gefährdung unserer europäischen Zivilisation droht  durch die Lernunfähigkeit unserer Eliten, die dabei allerdings  eine bequeme Koalition mit ihren Völkern eingegangen sind. Der Wohlstand der europäischen Länder ist in Gefahr, wenn die Regierungen (und auch die EU) die Gefahren, die ihm  drohen, nicht erkennen und wenn sie nicht bald  gegensteuern, auch auf die Gefahr hin, sich beim Wahlvolk unbeliebt zu machen.

Die Geburtenraten  in Europa kennen seit Jahren nur eine  Richtung: nach unten. In Europa werden im Schnitt pro 1.000 Menschen nur noch  10,4 Kinder geboren. Noch unter dieser Rate liegen Portugal (8,5), Griechenland und Italien (beide 9,0) und als Schlusslicht Deutschland (8,4). Besser sieht es  in Großbritannien (12,8) und Frankreich (12,6) aus. Da die Sterberate durchweg höher liegt (Italien: 9,8, Deutschland: 10,8) schrumpft die Bevölkerung kontinuierlich. Alle sozialen Sicherheitssysteme, die nach dem Umlageverfahren funktionieren (die Jungen erwirtschaften über ihre Beiträge die Leistungen für die Alten) sind deshalb schon mittelfristig  auf Sand gebaut. In Deutschland werden 2010 schon 34 Rentner auf 100 Erwerbstätige kommen (1990 waren es nur 24), 2030 werden es schon 50 sein. Zwei  Erwerbstätige müssen  dann durch ihre Beiträge einen Rentner finanzieren.

Nach der derzeit geltenden Rentenformel wird das Rentenniveau im Jahre 2030 nur noch 45% des Durchschnittseinkommens betragen. Die frisch entflammte Diskussion über Altersarmut reflektiert allerdings nur das niedrige Rentenniveau von  45%, nicht aber das künftige Zahlenverhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentnern. Wenn sich SPD und CSU durchsetzen und die Rentenformel „kippen“, um die Rente beim heutigen Satz von 48% einzufrieren, wird dies zu Lasten der jungen Generation gehen, deren Beiträge in die Rentenkasse   bis 2025 von gegenwärtig 18,7% auf   20,2% steigen müssten. Bis 2040 würde der Beitragssatz sogar auf 22,7% steigen. Damit wäre nicht nur der mühsam ausgehandelte Generationenvertrag Makulatur. Es würden auch gefährliche Risiken für den Arbeitsmarkt eingegangen. Denn jedes Prozent höherer Sozialabgaben kostet 100.000 Arbeitsplätze. Diese Menschen ohne Job fehlten dann als Beitragszahler. Damit käme genau der Teufelskreis wieder in Gang, der im Jahre 2000 die damalige rot-grüne Bundesregierung dazu veranlasst hat, den Nachhaltigkeitsfaktor einzuführen, der heute noch gilt und der die demografischen Kosten einigermaßen gerecht auf alle Generationen verteilt.

Die Alternative wäre, die Kosten für das Einfrieren des Rentenniveaus aus dem Bundeshaushalt zu bezahlen, also den Steuerzahler insgesamt zu belasten. Dabei schlägt jedes Rentenprozent mit sechs Milliarden Euro Steuergeld zu Buche. Der ausgeglichene Haushalt und die Schuldenbremse wären  dann nicht mehr zu halten und das fatale Prinzip der Vergangenheit   kehrte zurück: Heute genießen, morgen bezahlen.

Nach dieser Devise wird inzwischen in ganz Europa Politik gemacht. Die Verschuldungsquote wichtiger europäischer Länder verharrt immer noch weit über der vom Maastricht-Vertrag vorgegebenen  Marke von 60% des BIP: Italien: 133%, Spanien: 100%, Portugal 126%, Frankreich: 96% (Bericht der EU-Kommission vom 3. 5. 2016). Deutschland hat die Verschuldungsspirale immerhin unterbrochen und legt seit zwei Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vor. Ein hoffnungsloser Fall ist Griechenland mit 183%. In den 1960er Jahren betrug die durchschnittliche Staatsschuld in Europa sagenhafte 20%. An der Differenz zu heute kann man ermessen, wie sehr die Europäer auf Pump gelebt haben,  in welchem Maße ihr Wohlstand von den kommenden Generationen geborgt ist. Keines der genannten Länder macht ernsthafte Anstalten, die Verschuldung zu stoppen. Immer neue Begründungen  werden ins Feld geführt, wenn neue Staatsschulden aufgenommen werden. So  pocht Frankreich auf Ausnahmen, weil es  durch die Flüchtlingskrise besonders belastet sei. Dabei hat Frankreich von dem Flüchtlingsstrom aus Syrien im Jahre 2015 gerade mal so viele Menschen  aufgenommen wie bei uns ein Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern allein. Und die willfährige Kommission der EU winkt alle Ausnahmebegehren durch. Auch Italien, das bislang die  Flüchtlinge in den Norden Europas durchgewinkt hat, pocht auf den Flüchtlingsbonus.

Die Verschuldung der europäischen Länder wäre nicht so problematisch, wenn mit dem geborgten Geld   in die Zukunft investiert würde, in Forschung,  Bildung und  Infrastruktur. Das Geld geht jedoch überwiegend in den Konsum, vor allem um sich das  launische Wahlvolk gewogen zu halten. Die portugiesische Linksregierung hat nach ihrem Machtantritt sofort die Schuldenquote erhöht und damit überwiegend konsumtive Ausgaben getätigt. Die spanischen Linksparteien haben dieselbe Politik für den Fall in Aussicht gestellt, dass sie die Wiederholungswahl im Juni 2016  gewinnen. Schulden sind solange akzeptabel, wie sie die materiellen Grundlagen eines Staatswesens verbessern, von denen auch  noch die nächsten Generationen zehren können. Sie sind aber von Übel, wenn sie nur dazu dienen, der jetzigen Generation ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Im privaten  Leben kann man ein Erbe ausschlagen, wenn es mit hohen Schulden verbunden ist. Da man dies als Staatsbürger nicht kann, sollte es zur Fürsorgepflicht eines Staates gehören, den nachfolgenden Generationen nicht Lasten aufzubürden, die sie freiwillig nie auf sich genommen  hätten.

Die ökonomische Wissenschaft weiß seit langem um die Korrelation zwischen Wirtschaftswachstum und Staatsverschuldung. Wenn letztere einen bestimmen Wert übersteigt, nimmt das Wirtschaftswachstum ab, weil die Akteure auf dem Markt das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung  verlieren. Die Zinslasten der deutschen  Bundesschuld betragen zur Zeit 25,2 Milliarden €. Dem gegenüber belaufen sich die Ausgaben für Wissenschaft, Forschung und Bildung nur auf 16,4 Milliarden €. Selbst ein Laie kann sich vorstellen, welches Bildungsfeuerwerk man zünden  könnte, wenn die unproduktiven Schuldzinsen für Bildungsinvestitionen  ausgegeben werden könnten. Nicht ausmalen möchte man sich, welche Einschnitte in Leistungsgesetze nötig wären, wenn die Schuldzinsen wieder auf ein historisch durchschnittliches Niveau anstiegen.

Das Wachstum der europäischen Volkswirtschaften kommt über den mäßigen Durchschnittswert von 1,6% nicht hinaus. Besonders alarmierend ist, dass in den europäischen Ökonomien kein nennenswerter Produktivitätsfortschritt mehr erzielt wird, was für eine dynamische Entwicklung der Wirtschaft unverzichtbar wäre. Keines der wichtigen europäischen Krisenländer hat Wirtschaft und Verwaltung bisher so reformiert,  dass eine wirtschaftliche Dynamik entstanden wäre. Eine lobenswerte Ausnahme ist die Reform des Regierungssystems in Italien. Auf dem Felde der Wirtschaft gibt es allenfalls Tippelschritte. In Frankreich kämpfen Hunderttausende Jugendlicher gegen eine Reform des Arbeitsrechts, die ihnen zugutekommen würde, wenn sie selbst auf den Arbeitsmarkt treten. Sie handeln nach der Devise: Lieber keine Arbeit als eine unsichere. Und die schwache Regierung  von Francoise Hollande zuckt bei jeder Regung der Straße zurück.

Den Widerstand gegen die beiden Freihandelsabkommen CETA (EU-Kanada) und TTIP (EU-USA) kann man nur noch als irrational bezeichnen. Lautstarke kapitalismuskritische Gruppen trommeln dagegen und bezeichnen die Abkommen als Instrumente zur Durchsetzung amerikanischer Konzerninteressen. Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland zeigte sich verärgert über diese Ignoranz. Sie sagte: „In den letzten dreißig Jahren haben die Globalisierung und der Welthandel mehr für die Armutsbekämpfung getan als jedes Entwicklungsprogramm.“ (FAZ vom 16. 04. 2016) Die Ministerin  rechnete vor, dass allein das CETA-Abkommen für den deutschen Handel einen enormen  Schub bedeuten würde. Die Zölle, die jetzt noch auf technische Güter wie Autos und Maschinen erhoben werden und zwischen 6,5% und 9,5% betragen, würden auf 0% sinken. Wenn man weiß, dass jeder 4. Arbeitsplatz in Deutschland vom Export abhängt, kann man ermessen, welche Vorteile das TTIP-Abkommen für die deutsche Wirtschaft böte. Auf solche Wohlstandsgewinne aus ideologischen Gründen zu verzichten, grenzt deshalb  an ökonomische Fahrlässigkeit.

Hier ergibt sich vielleicht doch eine Parallele zur schleichenden Dekadenz der spätrömischen Gesellschaft. In unserer Gesellschaft gibt es zu  viele Lobby-Gruppen, die ihre Partikularinteressen lautstark für das Gemeinwohl ausgeben. Allerorten hört man davon, dass  Bürgerinitiativen   Bauvorhaben verzögert oder ganz verhindert haben. Selbst der dringend nötige Wohnungsbau in den Ballungszentren wird von  Pressure-Groups der Anwohnern verhindert.  In Schwaben werden aus Italien eingewanderte Zauneidechsen mit hohem finanziellen Aufwand von der neuen Bahntrasse Stuttgart – Ulm in ein neues Biotop umgesiedelt. Der Kampf um die Erhaltung der Bäume im Stuttgarter Stadtpark zur Rettung der Juchtenkäfer  gewann  traurige Berühmtheit. Wir klagen auf hohem Niveau und verbeißen uns in Konflikte, die so nebensächlich sind, dass es fast schon komisch wirkt. Was in unserem Land wirklich zu tun wäre, um die Grundlagen für Prosperiät und finanzielle Nachhaltigkeit  zu stärken, gerät dabei völlig aus dem Blick.

Einer der klügsten grünen Politiker, der Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung Ralf Fücks, beschreibt den Zustand Europas so: „Europa ist heute der zukunftsängstliche Kontinent. Nirgendwo ist die Überzeugung so verbreitet, dass die goldenen Jahre der Vergangenheit angehören. Wir fürchten uns vor allem: vor Globalisierung und Freihandel, digitaler Revolution und Gentechnik, Masseneinwanderung und Islamisierung, Terror und totaler Überwachung. Die Wachstumsdynamik ist gering, die Jugendarbeitslosigkeit in vielen Staaten dramatisch.“ (FAZ, vom 18. 04. 2016)

Es ist mit Händen zu greifen, dass im schrumpfenden  Europa das Wohlstandsversprechen für alle nicht mehr eingelöst werden kann, wenn sich die Regierungen nicht bald auf das Wesentliche besinnen. Wenn nicht in die Zukunft investiert wird, werden wir die Zukunft verlieren. Wenn die jetzige Generation nicht aufhört, auf Kosten der nachfolgenden Generationen, die vermutlich ärmer sein werden als die gegenwärtige, zu leben, werden Verteilungskämpfe ausbrechen, gegen die unsere heutigen  Tarifkämpfe laue Lüftchen sind. Der Gipfel des  Widersinns liegt darin, dass nur wenige Staaten in Europa die „Blutzufuhr“, die der Flüchtlingsstrom bietet, als Chance begreifen. Die vielen „hungrigen“ und motivierten jungen Menschen täten den erstarrten  europäischen  Gesellschaften gut.  Sich gegenüber Zuwanderung abzuschotten, um das Eigene zu bewahren, wird über kurz oder lang dazu führen, dass das Eigene in den Händen der autochthonen Völker zerbröselt.

 

 

 

 

 

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

28 Gedanken zu “Der Untergang des Abendlandes;”

  1. avatar

    @KJN, Nachtrag

    Die Annahme, Geld fließe „sowieso“, haben Linke heutzutage sowieso nicht mehr exklusiv. Fragen Sie mal bei VW, der Commerzbank, EON, Allianz und Co. Wenn’s um die Privatisierung von Gewinnen geht, vertreten alle gerne die „reine Lehre“. Für Verluste muss sich halt irgendein Depp, i.e. auch Sie und ich, finden. Zum Thema „selbstreferentielle Systeme“ fällt mir auch noch eins ein. Da muss man nur einen Blick werfen ins „Handelsblatt“ oder den Wirtschaftsteil der FAZ, die Bõrse auf ntv oder einen Parteitag der FDP auf Phoenix anschauen. Der Popanz dieses selbstreferentiellen Systems heißt „Wachstum“. „Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht leiden können.“ Der Satz ist von Pispers und der Beweis, das „linkes“ Kabarett sehr wohl zu Selbstironie fähig ist.

  2. avatar

    Lieber Stefan Trute, ich freue mich über Ihr Interesse, daher noch ein bisschen Kommentierung für Sie:

    „Ich finde, eine vernünftige Forderung wäre es, die unserem Wirtschaftssystem innewohnenden destruktiven Tendenzen – sprich: die Umverteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes in die Hände von immer weniger Leuten – abzumildern, ohne dabei das Prinzip kapitalistischen Wirtschaftens an sich außer Kraft zu setzen.“

    Sicher – aber wie spezifiziert man diese Forderung.. eine Aufgabe für die momentan orientierungslose SPD?

    „Momentan werden diese Tendenzen durch die Politik doch eher verstärkt. Stichworte: Bankenrettung, Rentenpolitik, Subventionen (E-Mobilität, z.B.),..“

    Ja klar, das Steuergeld wird in Projekte geleitet, die nicht erfolgversprechend sind.

    „..“geheime” Verhandlungen zu Freihandelsabkommen..
    Nun, um ‚leaks‘ irgendwelcher NGO-Lobbyisten zu lesen, dazu bin ich zugegebenermaßen zu überheblich und daß bei Verhandlungen konträre Positionen bzw. ‚Kulturen‘ aufeinander treffen halte ich für eine der Ursachen von Verhandlungen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß die Unterschiede der EU- zur US-Gesetzgebung, nämlich kein (letztlich die deutschen Großunternehmen schützendes) Vorsorgeprinzip zu haben und stattdessen heftige Möglichkeiten der Schadensersatzforderung den Verbrauchern einzuräumen, veritablen Interessen des deutschen staatlich-industriellen Komplexes widerspricht. Ich für meinen Teil bleibe vorsichtig gerade bei den ‚eigenen‘ Propagandisten.

    „Explizit widersprechen möchte ich Ihrer Aussage, das katholische Hochamt sei “nie selbstrefrrentiell”. Im Gegenteil: Es ist immer auch selbstrefrrentiell, wie jedes Ritual.“
    Sicher, die Rituale sind selbstreferentiell wie das ‚Schreien im Walde‘. Die Betenden reden (verhandeln?) aber (zumindest vor Vaticanum II) immerhin mit Gott. Die sprechen mit ihrem Chef und wissen nicht, wie der reagieren wird. Rituale sind da hilfreich. Die Zielrichtung ist aber nach ‚oben‘. Das ist per se nicht selbstreferentiell.

  3. avatar

    Lieber KJN,

    Ganz ironiefrei: Danke für Ihre ausführliche Antwort!

    1. Absatz: D’accord.
    2. Absatz: Kann sein, dass Linke annehmen, Geld fließe grundsätzlich „sowieso“, was natürlich Quatsch ist, wie Sie richtig bemerken. Ich finde, eine vernünftige Forderung wäre es, die unserem Wirtschaftssystem innewohnenden destruktiven Tendenzen – sprich: die Umverteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes in die Hände von immer weniger Leuten – abzumildern, ohne dabei das Prinzip kapitalistischen Wirtschaftens an sich außer Kraft zu setzen. Momentan werden diese Tendenzen durch die Politik doch eher verstärkt. Stichworte: Bankenrettung, Rentenpolitik, Subventionen (E-Mobilität, z.B.), „geheime“ Verhandlungen zu Freihandelsabkommen etc.
    Explizit widersprechen möchte ich Ihrer Aussage, das katholische Hochamt sei „nie selbstrefrrentiell“. Im Gegenteil: Es ist immer auch selbstrefrrentiell, wie jedes Ritual.

  4. avatar

    @Stefan Trute
    „das sollte man nicht so hoch hängen“
    ich bin ja, wie ich bereits erwähnte, für jeden Klamauk zu haben, aber wenn ich das mit den „Mumien“ nicht mal beispielsweise hochhänge, sieht man es ja nicht: Wir haben mit der Linken à la Heiko Maas & Co, selbsternannte Sittenwächter, die einen politisch motivierten Kulturkampf betreiben und meinen, sich damit anmaßen zu dürfen, gute von schlechter Hetze unterscheiden zu dürfen. Diese Geisteshaltung entspricht in etwa einer Sharia-Polizei.
    Begründung: Die Argumentation in diesen ‚Kreisen‘ ist vor allem selbsreferentiell und unterscheidet sich genau da nicht von der ‚Rechten‘. Axiomatik, Grundannahmen, die nicht weiter hinterfragt werden (dürfen). Beispiele: Gender-Programmatik, Klimaschutz-Politik, ‚Refugees-Welcome‘-Programmatik, Umvolkungs-These, Wallstreet-Legenden..
    Kabarettisten, wie Volker Pispers, dem ich übrigens sehr gerne zuhöre, weil ich seine Rhetorik brilliant finde und sein Gedankengebäude in sich schlüssig ist sowie auch überraschende Wendungen enthält, gehen von der linken Grundannaheme aus, Geld würde ’sowieso fließen‘ (ich hörte genau das mal von einem angehenden Lehrer). Die linke Grundannahme, Wirtschaft, unternehmerische Initiative würde ohne Gier, Streben nach Eigentum und Unabhängigkeit, persönlichen Vorteil funktionieren. Dieses Selbstreferentielle uneterscheidet eben linkes (wenn auch brilliantes) Kabarett von einem Hochamt, weil letzteres eben nie selbstreferentiell ist, sondern nach außen, bzw. oben gerichtet ist. Deswegen ist Religion „Stachel im Fleische“, wie Posener mal hier schrieb. Deswegen geriet die evangelische Kirche in Schwierigkeiten, weil ihr die Orientierung über die ‚Zuwendung zum Menschen‘ verlorengegangen ist. Deswegen ist das Abendland, um wieder zum Thema zu kommen, tatsächlich gefährdet, weil wir in einem vermeintlich geschützten Raum intellektuell um uns selber kreisen (das böse Wort von der Selbstbfriedigung, man könnte auch sagen folgenlose Anstrengung, Blindleistung). Das ist in der Tat, wie Guido Westerwelle mal sehr treffend formulierte, ’spätrömisch dekadent‘, vielleicht nicht so unterhaltsam wie damals, aber genauso selbstzerstörerisch. Spätrömisch dekadent übrigens, wie einige Protagonisten der SPD, die sich in ihrer Denkblase ähnlich eitel aufführen, wie gewisse römische Kaiser, weil ihnen eben die Selbstironie und damit jede Demut (vor der Wirklichkeit) abhanden gekommen ist. (Sie haben natürlich recht: Oliver Welke hingegen zeigt viel Selbstironie.)
    Das Selbstreferentielle gebiert das Popanzhafte und das ist auch das, was die gegenwärtige politische Debatte ausmacht: Die fehlende Bereitschaft, Grundannahmen infrage zu stellen, die fehlende Bereitschaft, sich weiter zu entwickeln. So.

  5. avatar

    Lieber Klaus J. Nick,

    Das Bild vom Hochamt war eben ein Bild. Übrigens hat ein Hochamt fùr mich sehr viel mit Selbstbestätigung und-vergiwisserung zu tun. Selbstbefriedigung ist Ihre Wortwahl. Aber das nur am Rande. Um bei der heute-Show zu bleiben; der kann man vieles vorwerfen, jedoch nicht fehlende Selbstironie. Fùr mich ist das letztlich alles Geschmackssache, das sollte man nicht so hoch hängen.

    Selbstironie, die Fähigkeit, “ sich neben sich zu stellen“ und sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, ist eine wichtige Eigenschaft, die wir aus der Pubertät mitnehmen. Nur darf sie nicht zum Programm werden. Irgendwann ist bei jedem von uns „Haltung“ (noch so ein „linker“ Terminus!) gefragt. Da kommt man mit Ironisierung nicht mehr weiter.

  6. avatar

    Nachtrag @Stefan Trute:
    Um Ihre Frage noch etwas plakativer bzw. mglw. verständlicher zu beantworten: Menschen ohne Selbstironie fehlt die Neugierde, Weltzugewandtheit… (großes Thema übrigens).

  7. avatar

    Ehrlich gesagt, lieber Stefan Trute, sind mir Leute ohne Selbstironie suspekt. Der Lacher der (allzu) Gerechten, die sich in ihrer Gruppe gegenseitig bestätigen. Es sind die, die die ‚Wahrheit‘ dauerhaft gepachtet zu haben meinen und sich deswegen meinen, Dinge, wie z.B. billige Hetze gegen Bevölkerungsgruppen herausnehmen zu dürfen, die sie dann überflüssigerweise auch noch anderen vorwerfen, die das natürlich nicht dürfen, weil sie die ‚Wahrheit‘ eben nicht gepachtet haben. Der Diskurs, den diese Leute führen wollen ist eben nicht ergebnisoffen, sondern (diesmal links-)ideologisch. Da sind die Neu-Scholastiker („die Gegner der Aufklärung“; „Piusbrüder“) Waisenknaben gegen.
    Nunja und „kabarettistisches Hochamt wie bei Pispers oder Uthoff“.. Ich glaube (als Agnostiker) ein Hochamt ist nun wirklich etwas anderes als eine in unterhaltsame Rhetorik verpackte Selbstbestätigung (.. um nicht Selbstbefriedigung zu sagen). Soviel Profanisierung tut selbst mir als Techniker oder Naturwissenschaftler weh.

  8. avatar

    @KJN

    Habe mir nach Ihrem Verriss die letzte heute-Show bei Youtube angesehen und mich köstlich amüsiert! Nun ja, das ist kein kabarettistisches Hochamt wie bei Pispers oder Uthoff, aber doch sehenswert! Alles Geschmackssache! Selbstironie ist ne feine Sache; warum es allerdings ein beklagenswerter Zustand ist, dass “ linkes Kabarett“ davon angeblich frei sei, erschließt sich mir nicht.

  9. avatar

    @ polaroid

    Stimmt eine Mehrzahl der Europäer ihrer eigenen kognitiven Dissonanz zu, beginnt eine neue Zeit.
    Europa ist keine Idee mehr, jedenfalls keine starke. Und Schwäche wird ein Gegner immer verachten.
    Völkisch könnte auch mit ethnisch und national übersetzt werden. Eigene Interessenvertretung ist immer irgendwie auch völkisch.
    Eine moralische Grundlage läßt sich austauschen. Im Islam regiert eine Minderheit, wie überall sonst auch. Zum Nutzen oder zum Schaden.
    Und über die Gleichberechtigung entscheidet der Starke, nicht der Schwache.
    Vorstellungen sind gebunden an ihre Voraussetzungen.

  10. avatar

    hans: „Geisterfahrer“

    Ich habe mir gestern im ZDF die ‚Heute Show‘ angesehen, das soll angeblich politisches Kabarett sein: Dort wurden alte Menschen als ‚Mumien‘ tituliert (es ging um Autofahrer), sie wurden als unzurechnungsfähige Tattergreise, die für einedere eine Plage und Gefährdung sind, dargestellt und lächerlich gemacht in der Absicht, mehr Regulierung (Fahrtest für Alte) zu fordern. Ich bin bis dato davon ausgegangen, daß politisches Kabarett sich anarchistisch gegen herrschende Zustände und Regulierungen richtet, um eine Entwicklung zum Besseren zu provozieren, sowie befreiende Lacher. Das hier ist kein Kabarett, sondern Propaganda einer Verwaltungsdiktatur, die sich der Volksverhetzung (Bevölkerungsteile gegeneinander aufbringen) schuldig macht, unter Applaus geladener Gäste, auf Kosten der Gebührenzahler.

    Ich habe Comedy und Kabarett immer anspruchslos und dankbar aufgenommen – weil ich gerne lache und es durfte dabei auch mal grob und schenkelklopfend, wie in der ‚Titanic‘ sein. Ich mag es aber nicht, wenn es ein Opfer stets ausgespart wird: Es gerne ausgiebig und weit unter der Gürtellinie gegen AfD (alte weiße Männer, nicht wahr?), Erdogan, ‚Schlagerfuzzis‘, Männer, Rentner, Banker, Soldaten, Amerikaner, Industrie usw. gehen, aber nie z.B. gegen Finanzamt, Bürokratie, Medien (außer Bild-Zeitung), Konzerne wie Greenpeace, Heiko Maas, Angela Merkel wird nun ‚geschützt‘..
    Das linke Kabarett ist völlig frei von Selbstironie (Ausnahmen: Dieter Nuhr, aber der macht kein ‚linkes Kabarett‘, vielleicht noch Oliver Pollack).

    Ja, ich rede hier von Kleinigkeiten:
    „Wenn ein Frosch in einen Topf mit zu heißem Wasser geworfen wird, springt er sofort wieder heraus. Wenn das Wasser in sehr kleinen Schritten erwämt wird, verbrüht er, weil er die langsame Temperaturerhöhung nicht registriert.“
    (Womit ich mir das ‚Argument‘ der Klimaschutz-Lobbyisten mal ausleihe.)

    Wieso darf ein zwangsfinanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk ständig einen Teil der Bevölkerung beleidigen?
    Wieso schämen sich diese sogenannten Kabarettisten nicht?

    Nein – ich fordere keine ‚Ausgewogenheit‘, sondern Charakter.

  11. avatar

    Die Theorie von Ferguson ist Unsinn. Diese Art von Argumentation zeigt völkisches Gedankengut, zeigt, dass man immer noch ein Weltbild, dass von mit einander Kämpfenden Völkern, man könnte auch Rassen oder Kulturen, geprägt ist, hat.

    In gewisser Weise könnte man aber doch einen Aspekt seiner Theorie so umdeuten, dass da ein Schuh draus wird. Nämlich, dass das die Idee des aufgeklärten, säkularen und fortschrittlichen Europas in Gefahr ist, wenn es nicht mehr an seiner moralischen Grundlage festhält. Diese ist freilich nicht das Christentum, sondern die Vorstellung von Toleranz, Vernunft und Offenheit, die Vorstellung, dass man einen Menschen, unabhängig von seiner oder der eigenen Herkunft, Religion, unabhängig vom kulturellen Hintergrund als gleichberechtigt, als gleich wertvoll, als gleich menschlich anerkennt.

    Geht uns dieses moralisches Grundgerüst, diese Idee verloren, dann ist auch das Europa, das wir lieben und schätzen, ganz unabhängig von der Entwicklung seiner Einwohnerzahl verloren.

  12. avatar

    R.W.: ‚Der Gipfel des Widersinns liegt darin, dass nur wenige Staaten in Europa die “Blutzufuhr”, die der Flüchtlingsstrom bietet, als Chance begreifen. Die vielen “hungrigen” und motivierten jungen Menschen täten den erstarrten europäischen Gesellschaften gut.‘

    … bei ‚Blutzufuhr‘ … als Chance begreifen, werter R.W., entschlüpfte meinem Hamster ein Bäuerchen.

  13. avatar

    @S.T.

    … guckst Du: … ich bin nicht konservativ, … ich bin (römisch-)katholisch (von griechisch καθολικός, katholikós,’allumfassend‘), … somit revolutionär!

  14. avatar

    @DBH

    „Dieser ganze neue Konservativismus bringt selber die gleiche intellektuell-überhebliche Bequemlichkeit mit, die sie der Linken (-> ‘Gutmenschen’) vorwirft.“ (KJN)

    Dies bestätigt sich in Ihrem Link – soll man es „Analyse“ nennen? Oder doch eher „Wunschdenken“? – auf’s Beste! “ Untergang 3.0″ – manche erleiden schon vorher Intellektuellen Schiffbruch.

  15. avatar

    Die WeLT: ‚Ein „Ort der Kenntnisvermehrung in einem Moment der Bewahrungsprobleme“: Merkel, Juncker und Schulz besuchen eine Europa-Ausstellung in Berlin. Das Ganze erinnert ein bisschen an Erdkundeunterricht.‘

    … mhmm? Erdkundeunterricht? … mich erinnert das eher an Geschichtsunterricht, werter HMB.

  16. avatar

    Zustände wie 1989. Geisterfahrer, wohin man schaut, in den Parteizentralen, in der Regierung, in den Gewerkschaften, in der Presse, in Zeitungen und Journalen, nicht zu reden von den öffentlich rechtlichen Medien, von ARD und ZDF. Auf dem Marsch durch die Institutionen haben sich die Wasserträger ihre Verhältnisse geschaffen, Posten bezogen. Niemand kann ihnen verdenken, dass sie in der Not der historischen Zeitenwende zusammenstehen.

    Allesamt fürchten sie um ihre ausgehaltene, nicht selten staatlich alimentierte Existenz. Abzusehen ist das endgültige Scheitern einer linken Illusion, unter deren Diktat jede abweichende Auffassung dem Verdikt des Populismus und des Rechtsextremismus verfällt.

    Der kapitalistisch finanzierte Sozialismus ist am Ende.

  17. avatar

    Lieber GUDE, ich setze mal Ihr Einverständnis voraus und ’seziere Sie‘ mal ein bisschen:

    „Dieses System ist nicht reformierbar; es ist ideologisch dermaßen verseucht und durch Nichtwissen der Zusammenhänge geprägt, daß es mit Korrekturbedürfnisbefriedigungen allein nicht gerettet werden kann.“

    Dieses „Nichtwissen von Zusammenhängen“ deutet genau auf eine Reformierbarkeit, bzw. Möglichkeit zur Weiterentwicklung hin: Nämlich die Möglichkeit, zu lernen. Naja – und wer „nicht weiß“ ist also „ideologisch verseucht“. Sollte man diesem Nichtwissenden aber nicht eher die Chance geben, zu verstehen, zu differenzieren, statt einen Systemwechsel „ohne Diskussion“ zu fordern? Haben Sie die Wahrheit? Ist das AfD-Parteiprogramm wirklich eine Alternative? Putin? Erdogan? (Oder argumentieren Sie: Putin-Erdogan-Netanyahu – dann hätten Sie die Nöte Israels nicht verstanden.)

    Was soll es sonst geben (in der Evolution), als „Korrektur“. Revolution? Wohin? Sind Sie Träumer? Ideologe?

    Ich stimme ja zu: Wir verlieren (im Westen) unseren gesunden Menschenverstand. Aber genau dieser ist nicht politisch-ideologisch definierbar – bestenfalls religiegiös-kulturell (wo ich bei hans wäre).

    (Oder bei einem konservativem Wissenschaftsverständnis, wo ich bei mir wäre.)

    Ob aber Ihre Wahrnehmung

    „Schon die grandiose Idee, die Migranten Wohlstand erzeugen zu lassen, während die Einheimischen die Migrantenvollversorgung unter Hintanstellung der eigenen Familiengründung erarbeiten müssen, ist an Dreistheit nicht zu übertreffen.“

    der tatsächlichen Losung deutscher Politik entspricht, meine ich, bezweifeln zu müssen. Was sollte sonst der teure Deal mit Erdogan – z.B.

    Nein – lieber GUDE – Rainer Werner hat schon hier die richtige Ahnung: Dieser ganze neue Konservativismus bringt selber die gleiche intellektuell-überhebliche Bequemlichkeit mit, die sie der Linken (-> ‚Gutmenschen‘) vorwirft.

    Tatsächlich sind die ‚Flüchtlinge‘ ein Konjunkturprogramm und eine Chance, überkommene, zentralisierte, verkrustete, veraltete Vorstellungen des ‚Rheinischen Kapitalismus‘ zu überwinden. Jean Raspail (ich nehme an, Sie kennen sein Buch ‚Das Heerlager der Heiligen‘) und Houellebeq haben recht: ‚Abschaffen‘ tun wir uns selber. Vor allen Dingen durch Realitätsverweigerung: Wir erschaffen uns im Westen ein Menschenbild, das uns selber (andere sowieso) überfordert.

    Daraus aber zu folgern: ‚Früher war alles besser‘ – ja damit würden wir uns wirklich selber verleugnen.

  18. avatar

    Dieses System ist nicht reformierbar; es ist ideologisch dermaßen verseucht und durch Nichtwissen der Zusammenhänge geprägt, daß es mit Korrekturbedürfnisbefriedigungen allein nicht gerettet werden kann. Daher erübrigt sich eine Diskussion.
    Schon die grandiose Idee, die Migranten Wohlstand erzeugen zu lassen, während die Einheimischen die Migrantenvollversorgung unter Hintanstellung der eigenen Familiengründung erarbeiten müssen, ist an Dreistheit nicht zu übertreffen.
    In der Realität gilt: „Proximus sum egomet mihi.“

  19. avatar

    „Es ist mit Händen zu greifen, dass im schrumpfenden  Europa das Wohlstandsversprechen für alle nicht mehr eingelöst werden kann, wenn sich die Regierungen nicht bald auf das Wesentliche besinnen.“

    Da fällt mir der Satz eines Kabarettisten ein (Pispers oder Uthoff?): „Kapitalismus ist wie Lotto. Jeder kann Millionär werden. Aber nicht alle! Diesen Unterschied intellektuell zu durchdringen, schaffen nicht viele!“ Hinzuzufügen wäre noch, dass eine kleine Minderheit mit „gezinkten“ Scheinen spielt.

  20. avatar

    Die Quintessenz der ganzen langen Ausführungen ist wohl, daß „wir“ „die “Blutzufuhr”, die der Flüchtlingsstrom bietet, als Chance begreifen“ sollen.

    Ich denke dabei allerdings eher an die „Ströme von Blut“, vor denen ein kluger englischer Politiker schon vor Jahrzehnten gewarnt hatte.

    Alle geschilderten Probleme sind die Folge falschen politischen Handelns, und die Völker Europas sind immer mehr bereit, die dafür verantwortlichen politischen Gruppierungen zur Hölle zu schicken und stattdessen Alternativen zu wählen.

  21. avatar

    Schon skandalös, dass das „launische Wahlvolk“ auch ein paar Almosen bekommt, nachdem wir den Banken mit Billionen von Euro geholfen haben, die Resultate ihrer kriminellen Machenschaften zu beseitigen. Am Juchtenkäfer geht das Abendland zugrunde! Putzig! Zum Thema Pressure Groups fallen mir noch andere ein: Die Autolobby, die Pharmalobby, die Bankenlobby, die Beamtenlobby, die Landwirtschaftslobby, kurz: das Heer von Lobbyisten, das Brüssel und Berlin bevölkert und faulen oder korrupten Regierungsmitarbeitern die Gesetzentwürfe diktiert, bis auf Punkt und Komma. Aber die sind natürlich garnichts gegen das Wirken von Bürgerinitiativen, nicht wahr? Zu TTIP habe ich inhaltlich gar keine Meinung, Lehne es aber bisher ab, da ein solches Abkommen nicht in „Geheimverhandlungen“ vorbereitet werden sollte. Wer hat da was zu verbergen? Zum Thema „Altersvorsorge“ hat der Opa das nötige gesagt.

  22. avatar

    Herr Werner, es ist schön, daß Sie die These von Niall Ferguson als das bezeichnen, was sie ist: Panikmache. Schade ist nur, daß Sie der Panikmache anderer aufsitzen, was die Demographie und die Rentenversicherungen angehen. Denn praktisch jedes der Argumente, die Sie hier vorbringen, kann man entkräften. Bevor ich in die Details gehe, möchte ich eines festhalten: Es ist unerheblich, ob eine gesetzliche Rentenversicherung für die Altersvorsorge herangezogen wird oder eine kapitalgedeckte privatrechtliche; letztendlich hängen beide Formen davon ab, daß nicht dauerhaft mehr an Leistungen gezahlt wird als an Beiträgen eingenommen wird. – und da ist die staatliche Rente mit etwa 4% Kosten deutlich effizienter als die privatrechtlichen, bei denen gut 20% der Beiträge nicht in die Kapitaldeckung gehen, sondern in Provisionen für die Vermittler und Bezüge für die Vorstände.

    1. Geburtenrate: Diese ist kein Naturgesetz, sondern liegt sehr wohl im Rahmen dessen, was die Politik beeinflussen kann, etwa durch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und wenn man sich nicht nur auf die Geburtenrate verlassen möchte, hat die Politik auch das Instrument der gezielten Anwerbung von Ausländern zur Hand (im letzten Absatz dankenswerterweise erwähnt).
    2. Auch die Schuldenbremse ist letztendlich nichts als eine politische Willenserklärung. Und wenn man eine kapitalgedeckte Altersvorsorge anstrebt, bedeutet das Kapital, das A anspart, nichts anderes als eine Verbindlichkeit, die B aufnimmt. Wenn jeder seine Schulden abbauen möchte, kann nichts gespart werden. Auch die Investitionen in Bildung, die Sie dem Schuldendienst entgegenstellen, sind letztlich Ausdruck des politischen Willens.
    3. Das Klima für Investitionen wird nicht durch den Staat und dessen Verschuldung bestimmt, sondern durch finanz- und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen sowie die rechtsstaatliche Lage in dem betreffenden Staat.
    4. Der Widerstand in Europa gegen TTIP und CETA richtet sich vor allem gegen das, wofür die Abkommen stehen: die Demokratie den Bedingungen des Marktes unterzuordnen. Würden die Abkommen auch nur ansatzweise den Regeln der Demokratie unterworfen, d.h. das Volk als Souverän wäre in die Verhandlungen mit eingebunden, gäbe es keinen nennenswerten Widerstand.

    Der Fairneß halber sei allerdings hervorgehoben, daß der letzte Absatz Ihren Kommentar wiederum rettet.

  23. avatar

    Wenn die Wirtschaft nicht schrumpft, obwohl immer weniger Leute arbeiten, dann heißt das doch, dass irgendjemand immer mehr verdient. Und das bedeutet wiederrum, dass die Rente, solange der Sozialstaat nur von den Arbeitenden mit stagnierenden Einkommen gezahlt wird, natürlich immer schwerer zu finanzieren ist. Wenn die Rente aus dem Steueraufkommen finanziert wird, dann bedeutet das nur dann Schulden, wenn auf die veränderte gesellschaftliche Situation nicht reagiert wird. Wenn wir die Kohle nicht von dort nehmen, wo sie ist, sind wir pleite. Das hat dann aber wenig mit Staat/Privat oder Umlage/Kapitaldeckung zu tun. Und wem Schulden die Staaten eigentlich das Geld? Sollten es Banken und Versicherungen sein, dann ist es doch genau die Kohle, die wir zur privaten Alterssicherung zurücklegen. D.h. es ist egal, wie wir die Rente organisieren, ob durch Umlage oder durch Kapitalstock – am Ende müssen Ansprüche erfüllt werden und dann steht es immer noch 2:1 – egal wie. Dann wird der Angestellte nicht durch Sozialabgaben belastet, dann muss er verzichten, damit die Firma die Dividende für die Eigentümer der privaten Ansprüche zahlen kann. Wir drehen uns im Kreis.

    „In unserer Gesellschaft gibt es zu viele Lobby-Gruppen, die ihre Partikularinteressen lautstark für das Gemeinwohl ausgeben.“

    Stimmt, wir haben keine Vermögensabgabe und fast keine Erbschaftssteuer, wer mehr als eine Million hat, zahlt fast gar nichts mehr. Ich glaube mich zu erinnern, dass die Steuern im späten römischen Reich für eine Region festgesetzt wurden, d.h. nicht das Vermögen wurde besteuert, sondern die Provinz als Ganzes. Make an educatet guess, wer da keine Steuern bezahlt hat und warum die Mittelschicht das Reich nicht mehr verteidigte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top