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Wo Netanjahu Recht hat …

Die Aufregung um Benjamin Netanjahus Aufruf an die Juden Europas, nach Israel auszuwandern, verstehe ich nicht. Es ist seit jeher die Position des Zionismus, ob linker Zionismus oder „revisionistischer“, also rechter Zionismus, dass der jüdische Staat die „Heimstätte“ – so drückte es Netanjahu in bewusster Anlehnung an die Balfour-Deklaration aus – aller Juden ist.

Das Leben im „Galut“ – im Exil, also in der Diaspora – ist nach Ansicht der Zionisten kein vollwertiges Leben, unabhängig davon übrigens, ob man – wie augenblicklich – um Leib und Leben fürchten muss, wenn man in der Kippa auf die Straße geht, die Synagoge besucht oder in einem koscheren Lebensmittelgeschäft einkauft.
Nein, der Zionismus, richtig verstanden, ist keine Fluchtbewegung; man kann auch nicht ernsthaft glauben, in Israel sicherer zu leben als in Europa. Darum geht es nicht. In seinen Memoiren („Heimliche Erinnerungen“, Siedler 2004) legt mein Vater die Gründe für den Zionismus seinem älteren Bruder Ludwig in den Mund, der tatsächlich nach Palästina auswanderte, wie mein Vater auch, im Gegensatz zu meinem Vater jedoch dort auch blieb. Das Gespräch zwischen den Brüdern findet Anfang der 1920er Jahre statt:
„Der Mensch ist, unter anderem, homo politicus“, sagt mein Onkel Ludwig. „Unsere Eltern wählen ‚deutsch-demokratisch’, obwohl sie nicht wirklich an das glauben, wofür diese Partei steht. Das ist eine ausgesprochen negative Einstellung. Sie wählen deutsch-demokratisch, weil sie mehr oder weniger liberal sind; aber selbst wenn sie es nicht wären, würden sie diese Partei trotzdem wählen, weil sie sich gegen den wachsenden Antisemitismus stemmt, ohne sich einer so linken Sache wie dem Sozialismus oder dem Kommunismus zu verschreiben. Mit anderen Worten, unsere Eltern haben ihrer Rolle als homines politici abgeschworen und sich damit abgefunden, in eine Schieflage gedrängt worden zu sein, nämlich als Juden wählen zu müssen, wo sie von Rechts wegen und ohne jede andere Erwägung als Deutsche wählen sollten. Um wieder uneingeschränkt homo politicus werden zu können, jedes Amt annehmen zu können, das einem angeboten wird, kurz gesagt, um ein aktives Mitglied seiner eigenen Gemeinschaft sein zu können, muss man Zionist sein und nach Palästina gehen.“
Mein Vater schreibt dazu: „Der Zionismus als solcher reizte mich überhaupt nicht. In der Wüste zu leben unter Palmen und Kamelen, das kam mir wie eine Einladung ins Exil vor, wie eine Art Strafe, die man sich selbst um des Prinzips willen auferlegte.“ Nun, wie gesagt, am Ende musste er doch gehen – zuerst nach Frankreich, dann, als die Franzosen entdeckten, dass es eine „jüdisch-deutsche“ Verschwörung gegen ihr Vaterland gebe, nach Palästina. Von dort rettete er sich in die britische Armee, kam nach Großbritannien und über den Umweg Kuala Lumpur schließlich nach Berlin zurück, mitsamt christlicher Ehefrau und christlichen Kindern. Der dritte, älteste Bruder, Karl, über dessen Kriegserlebnisse ich hier berichtet habe, ging nach England, wurde bei Kriegsbeginn als „enemy alien“ interniert und schließlich nach Australien verfrachtet, wo er eine Stelle als Universitätsarzt bekam, aber 1948 an den Folgen seiner Verletzungen aus dem ersten Krieg kaum fünfzigjährig starb.
Mir scheint, das Argument Ludwig Poseners hat einiges für sich. Seine Tochter brachte mir gegenüber den Zionismus auf den Begriff, als ich sie einmal fragte, warum für sie als Linke ein binationaler Staat Palästina unakzeptabel sei: „Weil es einen Staat in der Welt geben muss, in dem wir keine Minderheit sind.“ Bemerkenswert ist, dass dabei die Religion keine Rolle spielt. Die Poseners waren unreligiös – oder sagen wir: die deutsche Kultur war ihre Religion.
Natürlich kommen mir auch sofort die Gegenargumente in den Sinn – insbesondere die Tatsache, dass die Juden weder damals noch heute in Palästina respektive Israel die Möglichkeit hatten, sich rein als „homines politici“ zu fühlen; denn sie waren ja weder im Land noch in der Gegend allein da. In der Gegend zumal – und bald auch in Palästina – sind sie wieder einmal eine Minderheit, und eine bedrohte, wie eh und je.
Dennoch haben die Zionisten, wie ich meine, den Streit gewonnen. Sie haben vor der tödlichen Gefahr des Antisemitismus in Europa gewarnt, und sie bekamen recht. Wer vor 1939 nach Palästina auswanderte, konnte seine Haut retten oder sie kämpfend verteidigen; wer blieb, war verurteilt. Demgegenüber verblassen andere Argumente; darunter auch das Argument, dass ein lebensfähiger jüdischer Staat in Palästina nicht anders entstehen konnte als im Kampf gegen die Araber, die auf den Zionismus mit einem eigenen, und nachvollziehbaren, Nationalismus reagierten.
Wenn also der israelische Premierminister Europas Juden auffordert, nach Israel auszuwandern, dann zeugt es von wenig Verständnis, wenn der französische Premier Manuel Valls diese Aufforderung als Teil von Netanjahus Wahlkampf abtut. Jeder israelische Premier hätte in dieser Situation an die Staatsräson Israels erinnert, die da heißt, den Juden eine nationale Heimstätte zu bieten, wo sie zwar nicht ungefährdet leben, aber nicht um Schutz bitten müssen, sondern selbst ihren Schutz organisieren.
„Wir werden seitens der Bundesregierung, aber auch seitens der Landesregierungen und aller Verantwortlichen in Deutschland alles dafür tun, dass die Sicherheit jüdischer Einrichtungen, die Sicherheit der Bürgerinnern und Bürger, die jüdischer Herkunft sind, gewährleistet wird“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir möchten gerne mit den Juden, die heute in Deutschland sind, weiter gut zusammenleben.“ Das ist nett, und gut gemeint, aber ich könnte mir vorstellen, dass einigen Juden hierzulande die Unterscheidung zwischen „wir“ und „den Juden, die heute in Deutschland sind“ unangenehm in den Ohren klingt. In letzter Instanz bedeutet der Zionismus nämlich, dass man sich als Jude nicht fragen muss, ob man mitgemeint ist, wenn von „uns“ die Rede ist.
Ich bin, wie ich hier oft ausgeführt habe, Zionist in dem Sinne, den ich oben geschrieben habe: die Zionisten haben geschichtlich leider recht behalten. Ich bin andererseits nicht Zionist, da mein Vater es vorzog, hier zu leben, ich hier aufgewachsen bin und die uneindeutige Existenz eines „Halbjuden“, „deutsch-englischen“ Doppelstaatsbürgers und eines getauften Atheisten allen Eindeutigkeiten vorziehe. Netanjahu hat aber aus Sicht der israelischen Staatsräson Recht; und Europa sollte nicht so tun, als könne man ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben hierzulande trennen von einem eindeutigen Bekenntnis zu Israel, der selbstbestimmten Alternative zum geduldeten Leben im Galut.

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90 Gedanken zu “Wo Netanjahu Recht hat …;”

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    „Hoffentlich sind sie nicht zu ungehorsam, nicht wahr?“
    Das ist sicher ironisch gemeint. Aber wer ist „sie“?

    „Der olle Kalle hats ja mit dem heute ultimativ unpopulären “Kopf ab” probiert. Fällt also wohl schon mal weg.“
    Wer ist der „olle Kalle“ und finden Sie das jetzt gut oder schlecht?

    „Wie wärs mit der Ullivariante?
    Die Linke-Sachsen-SED-Nachfolgepartei ist da voll meiner Meinung und spricht sich nun für LEGIDA aus: for eternal reciprocal self containment.“

    Also Sie sind jetzt doch für LEGIDA? Oder meinen Sie die Meinungsfreiheit? Aber die ist doch gerade durch das LEGIDA-Demonstrationsverbot eingeschränkt?

    „Auf alte preußisch-morgenländische eingemauerte Zeiten! Daher!“

    ERROR INFORMATION OVERFLOW

    Lieber lucas, ich finde Ihre Links oft anregend, bei Outernet z.B. habe ich mich eingeklinkt, aber hinter Ihre Logik steige ich nicht. Naja, und hier Baldrian und Katzen, die Regierung ist doof, mit Link auf ‚Computer‘?? Irgendwie erinnert mich das an sehr gläubige Menschen, die anscheinend irgendetwas ’nehmen‘ um diese Verklärungen zu erleben. Mit meinem leichten Gefühl des Ausgeschlossenwerdens, weil sie mir nie mal etwas von dem ‚Stoff‘ abgeben.
    Sorry, Alan Posener für das erneute OT, es ist wirklch nur die Neugierde.

  2. avatar

    Noch ein Nachtrag. Wie widersprüchlich ihre Argumentation ist, erkennen Sie, wenn Sie statt von jüdischer von christlicher, moslemischer, hinduistischer oder buddhistischer „Herkunft“ sprechen.

    Was in Gottes Namen soll dies sein?

    Nein, Apo, ihre Argumentation ist tiefstes Mittelalter.

    1. avatar

      PP: Es ist völlig egal, lieber PP, ob Sie meine Argumentation „tiefstes Mittelalter“ finden oder nicht: Ihr Großvater, ein moderner Mensch und Anhänger einer modernen Weltanschauung, nämlich des nationalen Sozialismus, hätte mich wegen der „jüdischen Herkunft“ ins Gas geschickt. Ihr Vater, Anhänger einer anderen modernen Weltanschauung, des sozialistischen Antiimperialismus, hätte mich schon allein aufgrund meinen „jüdischen Namens“ in Entebbe für die palästinensischen Mordkommandos selektiert. Dass Sie heute über einen wie mich sich erheben zu müssen meinen, belegt nur Ihr bräsiges Unwissen. Und dieses Unwissen ist unverzeihlich, weil Sie weiß Gott in Deutschland Gelegenheit genug gehabt hätten, sich darüber zu informieren, was Judentum bedeutet.

  3. avatar

    @Apo
    Der Begriff Herkunft lässt eine Reihe von Interpretation zu, allerdings nicht in der von ihnen beschriebenen Weise. Mit Herkunft wird im Allgemeinen im deutschen damit auf eine regionale Zugehörigkeit verwiesen, oft wird er auch fehlerhaft mit Abstammung, also der biologischen Zugehörigkeit, gleichgesetzt. In Zusammenhang mit Religionen ist es mir bis jetzt noch nicht untergekommen.

    Es steht ihnen natürlich frei Begriffe, wie bei Kaffka, beliebig neu zu definieren, nur tragen Sie dann die Verantwortung, wenn Sie nicht mehr verstanden werden oder Menschen wie Sarrazin sich genötigt fühlen, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen.

    Ob diese Doppeldeutigkeit gewollt ist, lasse ich einmal offen.

    Die Frage, warum es mich drängt, will ich ihnen gerne beantworten, aber seien Sie nicht enttäuscht.

    Es geht um A. Merkel, deren Beiträge mindestens so wenig hilfreich sind, wie die von T. Sarrazin, die in der gleichen Gedankenwelt, wie Herr Sarrazin, gefangen ist.
    Das wollte ich herausarbeiten und es ist mir gelungen, zumindest haben Sie bis jetzt nicht den Gegenbeweis erbracht.

  4. avatar

    Lieber Lucas,

    Klaus Nick hat schon recht, wenn er Texte von Ihnen nicht versteht:-)

    „(vereinfacht, da verschiedene Nährstoffgehälter respektive Fischsorten, denke ich, Bedeutung haben).“

    http://www.lebensmittellexikon.de/n0001190.php

    http://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%A4hrstoff

    oder auch hier:

    Das Problem ist doch nicht, dass die Kohle ausgegraben wird, sondern dass sie verbrannt und damit CO2 frei wird. Die Staaten müssen also nicht verhindern, dass sie ausgegraben wird, sondern dafür sorgen dass die bei der Verbrennung Geschädigten (wer auch immer das ist) nicht enteignet werden.

    ?????????

    Also Ihrer Logik nach, ausgraben, verbrennen und dann entschädigen…

    ein etwas eigenartige Logik 🙂

    Sie kennen doch sicherlich den Begriff Prävention 🙂

    Und hier:

    Wie läuft das innerhalb der 200sm?
    Entweder alle paar hundert Seemeilen steht eine Seastead (die Idee ist von denen) für eine gute Policey.
    und/oder mit AIS-Satelliten + -bildabgleich, und Kontrolle erfasster und relevanter unbekannter Schwimmobjekte im Hafen.

    Und wo hat Ihre Seastead Organisation bereits eine seastead installiert??

    Ihre floating cities erfordern money, Knete Euros und Dollars.

    Sind Sie auch schon ambassador?

    http://www.seasteading.org/ambassadors/

    Das es vielleicht einfachere, low budget Methoden gibt, wie z.B. den Hochseefang zu beschränken, wie es z.B. bereits innerhalb Der EU Gewässer praktiziert wird, wäre doch kostengünstiger als AIS Satelliten.

    Was brauchen Sie letztlich:

    Waagen 🙂 und Personen die Daten aufschreiben.

    Und noch ein Kommentar zu Ihren favorisierten Seasteading:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Seasteading

    Dieser libertäre Ansatz wird doch bereits praktiziert.

    Schauen Sie sich einmal den grauen Finanzsektor an, oder die taxheavens in Luxemburg, den Niederlanden etc.

    Aber vielleicht erwägen Thiel, Gramlich und Friedman sich zusammmen mit Elon Musk sich auf http://de.wikipedia.org/wiki/T.....nzusiedeln.

    Aber vielleicht kann man diese Libertären auch für Alantropa begeistern:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Atlantropa

  5. avatar

    … tja, Alan Posener, das unterscheidet uns. Sie können es nicht mehr hören, an die Wahrheit nicht glauben – ich glaube an die Wahrheit. Warum?

    Jesus in Johannes 8, die Wahrheit wird euch frei machen.

    Er sagte: ‚Ich bin das Licht der Welt. Wer Mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern er wird das Licht des Lebens haben.‘

    … und Johannes schrieb: ‚Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.‘

    Daher!

  6. avatar

    Falls das dann dazu führt, dass sie nicht ausgegraben wird, ist das so. Wenn sich jemand auf meinem Grundstück die Beine bricht und ich verantwortlich bin, muss ich auch dafür haften.

    Vielleicht sind meine Vorschläge aber auch keine Lösung, sondern nur Kontrolle der Probleme. Aber bekanntlich ist Kontrolle schon mal besser als Vertrauen (wie die Fischereiminister es ja haben müssen) 😀

    Vielleicht ist die Lösung ganz einfach und wie im welt-Artikel in dem Solarenergie im Überfluss vorhanden respektive Fische im Überfluss aus Bioreaktoren kommen, dass es einfach gar nicht mehr lohnt Kohle zu verbrennen, Fische zu fangen.

  7. avatar

    @ Apo

    Was Merkel denkt, kann ich nicht sagen, deshalb ja meine Frage.

    Ich kann nur feststellen, wenn Merkel von jüdischer Herkunft oder Abstammung spricht, sie sich auf sarrazinschen Terrain bewegt. Von einer Person in ihrer Stellung darf man schon eine korrekte Aussage erwarten, gerade bei diesem Thema. Ist es nur ein freudscher Versprecher?
    Jedenfalls ist es an Merkel, ihre Aussage richtig zustellen.

    Meine Gegenfrage, woher wissen Sie, was Merkel denkt.

    Zu ihrem anderen Einwurf. Als aufgeklärter Mensch halte ich die Gleichsetzung von Religion und Staat für falsch, egal welche Religion es betrifft. Das sollte ihnen eigentlich auch klar sein.

    Und noch eine Bitte, wenn Sie zitieren, dann bitte korrekt, die Zeit muss einfach sein.

    1. avatar

      Nein, PP, Sie irren sich. Die Begriffe „jüdische Herkunft“ oder „jüdische Abstammung“ haben mit Herrn Sarrazin so was von gar nichts zu tun. Und wer setzt Religion und Staat gleich? Sie meinen vermutlich Israel, aber das ist in Israel nicht der Fall. Ich habe das Recht, in Israel einzuwandern und mich in Israel niederzulassen, weil ich „jüdischer Herkunft“ bin, also zwei jüdische Großeltern habe. Ich kann dort aber – wie fast meine gesamte Familie – als Atheist leben. Oder als Christ, oder Bahai, oder als Moslem. Null problemo. Sie wissen offensichtlich über Juden wenig und über Israel noch weniger. Das ist an sich nichts Schlimmes, aber warum drängt es Sie dann, sich ausgerechnet zu diesem Thema zu äußern?

  8. avatar

    @Moritz Berger
    Das Problem ist doch nicht, dass die Kohle ausgegraben wird, sondern dass sie verbrannt und damit CO2 frei wird. Die Staaten müssen also nicht verhindern, dass sie ausgegraben wird, sondern dafür sorgen dass die bei der Verbrennung Geschädigten (wer auch immer das ist) nicht enteignet werden.

  9. avatar

    „Wie läuft das innerhalb der 200sm?“ ist als Gegenfrage gedacht und hat mit dem „entweder … und/oder“ danach nicht direkt was zu tun.

  10. avatar

    Was sind Fischfangrechte anderes als Anteile?

    Zu viel Gülle und Fischefangen macht Agrarflächen kaputt. Ein übergülltes oder -fischtes Feld sinkt im Wert (vereinfacht, da verschiedene Nährstoffgehälter respektive Fischsorten, denke ich, Bedeutung haben).

    Wie läuft das innerhalb der 200sm?
    Entweder alle paar hundert Seemeilen steht eine Seastead (die Idee ist von denen) für eine gute Policey.
    und/oder mit AIS-Satelliten + -bildabgleich, und Kontrolle erfasster und relevanter unbekannter Schwimmobjekte im Hafen.

    KJN, ich finde Herr Posener hat recht, wenn alle Nerd sind, gibt’s keine Nerds mehr. 🙂 Krankenschwestern, Journalisten, Musiker, Architekten und Designer, Polizisten und Bauern (besonders dieser Link dürfte Sie interessieren).

    Welcher meiner letzten Posts war unverständlich?

  11. avatar

    zuviel Text ?

    ein erneuter Versuch:

    Teil 1:

    Sorry, da sind die Splitter nicht ins Auge, bzw. in den Text geraten:

    Am Mittwoch lief dann passenderweise ein neuer Anne-Frank-Film im Fernsehen, der für den bewährten deutschen Grauen-schafft-Wohlfühl-Effekt sorgte: Wo die Sorge um tote Juden die Sorge um lebende Juden ersetzt.

    Und am Donnerstag war zu lesen, dass die jüdische Gemeinde in Berlin ihre Zeitung nur noch in unauffälligen Umschlägen verschickt, damit die Juden nicht als Juden auffallen, auch die Kippa sollten sie vielleicht vermeiden, den Davidstern sowieso.

    Das ist nichts anderes als das Ende der Freiheit, der Würde, des Lebens, wie es sein sollte

    „Die Deutungskonflikte um Antisemitismus, der Schweregrad von Antisemitismusvorwürfen und die Uneinigkeit in Öffentlichkeit und Wissenschaft in Definitionsfragen führen zu einer Situation der Unsicherheit“, heißt es da – nur ist damit nicht die Unsicherheit der Juden gemeint, sondern derjenigen, die über Juden reden und die ihren Antiisraelismus und Antizionismus so oft in Antisemitismus hinübergleiten lassen.

    Eines zeichnet sich bei all dem jedenfalls schon mal ab: Kommissionen ohne Juden, Anne-Frank-Filme ohne Juden, Forschungsberichte ohne Juden, Trauern ohne Juden. Keine Probleme ohne Juden.

    Anne-Frank-Filme wird es auch geben, wenn die letzten Juden gegangen sind.

    Was die Kippa betrifft, wie wäre es denn mit diesem Modell bei den nächsten Fußballspielen:

    http://tinyurl.com/oebe2nu

  12. avatar

    Lieber Alan Posener,

    in welcher Welt lebt PP??

    Dass Sie immer noch auf diese “ Kommentare “ eingehen??

    PP hat es nicht begriffen und wird es nicht begreifen!!!

    Vielleicht hilft ein Arbeitseinsatz für sechs Monate in einem Kibutz 🙂

    Aufrütteln müßte uns alle auch der Artikel von Georg Diez im spon:

    http://www.spiegel.de/kultur/g.....19611.html

    Hier ein paar “ Splitter “ die doch jedem ins Auge fallen müßten:

    „Schutzjuden“ gab es ja schon früher, die für ihr Leben und ihre Sicherheit mit Steuern bezahlten und die dennoch, wie im Fall des berühmtesten unter ihnen, Joseph Süß Oppenheimer, am Galgen endeten.

    Es muß doch in unserem demokratischen Staat möglich sein mit einer Kippa und Pejes in Berlin herumzulaufen, ohne Angat zu haben, bedroht zu werden.

    Manchmal frage ich mich schon ob unsere poltische Nomenklatura (wie auch in anderen Bereichen unserer Gesellschaft) keine „Bodenhaftung“ mehr hat und was das Thema Antisemitismus betrifft, nur den üblichen bullshit Generator anwirft, statt zu handeln.

    Der Richter in Wuppertal, der keinen Anhaltspunkt für eine antisemitische Tat sieht (in Bezug auf die Molotowwürfe von drei Plästinensern auf die Synagoge in Wuppertal)

    ist vielleicht der Enkel eine Juristen des 3. Reichs ??

    Vielleicht sollten wir alle jetzt eine Kippa tragen, um Zivilcourage zu zeigen!!!

  13. avatar

    lucas sagt: blondehans, sind das keine wahren Christen?

    … hi, hi. Das ist zu einfach. Protestanten sind per se ‚Irrgläubige‘. Was hier, zu Ihrem Beispiel, sogar das q.e.d. zeigt.

    Aber! Würden Sie einen Banküberfall, ausgeführt von Tätern in Polizeiuniform, der Polizei ‚ankreiden‘?

    Daher!

    1. avatar

      Und wie werten Sie, lieber blonder Hans Faust, folgende Aussage im Bericht eines katholischen Priesters aus dem von Deutschen besetzten Polen nach Rom: „Was die jüdische Frage angeht, so ist von einer eigentümlichen Fügung göttlicher Vorsehung zu berichten. Neben so vielem Unrecht, das die Deutschen unserem Land angetan haben (…), haben sie in dieser Hinsicht einen guten Anfang gemacht und eine Möglichkeit aufgezeigt, die polnische Bevölkerung von der jüdischen Plage zu befreien, einen Weg, der natürlich weniger grausam, jedoch konsequent vom dereinst befreiten Polen selbst einzuschlagen ist.“ (Zitiert in Götz Aly, Volk ohne Mitte, S.54)
      Ich weiß, Herr Faust, das hat mit dem Christentum nichts zu tun, so wie der Terrorismus nichts mit dem Islam zu tun hat. Ich kann und will diese Rechtfertigungen nicht mehr hören. Daher!

  14. avatar

    @Lucas

    Könnte die Überfischung nicht auch mit klaren Eigentümerstrukturen geregelt werden, oder haben sie schon mal von zu viel Gülle auf Feldern gehört?

    Da es dumme Frage nicht gibt:

    1. Wie wollen Sie “ klare Eigentümerstrukturen “ außerhalb der 200sm Zone installieren?
    (Fischfangrechte innerhalb der 200sm Zone werden vbereits “ gehandelt „)

    2. Welche Korrelation besteht zwischen zuviel Gülle auf Feldern und der Überfischung?

    3.Was haben shares mit der Hochseefischerei zu tun?

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    „Bürgerinnern und Bürger, die jüdischer Herkunft sind“

    Wie ist „jüdischer“ Herkunft gemeint? Im Sinne der NS-Rassengesetze oder eher und moderner als Jude = Israeli?

    „Wir möchten gerne mit den Juden, die heute in Deutschland sind, weiter gut zusammenleben.“

    Was sagt uns dieser Satz? Wenn die Juden uns den lassen und nicht weiter „provozieren“?

    Wie auch immer, man muss die Angela Merkel nur reden lassen, dann beantwortet sich von ganz alleine wer wir und wer die sind.

    Noch Fragen AP?

    1. avatar

      Ja, PP, eine Frage hätte ich noch: In welcher Welt leben Sie, wenn Sie „Jude = Israel“ schreiben? Oder unterstellen Sie, dass Merkel so denkt? Beides ist falsch.

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    @M.B.
    Den Artikel von Alan Posener über die ‚Nerds‘ hatte ich vor einigen Wochen schon gefunden und mich angemessen darüber aufgeregt. Ist ja schließlich auch nicht schön, wenn man für überflüssig erklärt wird. Andererseits eine gute und treffende Gegenposition zum allseits deklarierten ‚Fachkräftemangel‘, ‚Mädchen in MINT-Berufe‘ und ähnlichem unemanzipierten Gender-Quatsch, der nur bestimmter momentaner Flickschusterei in der derzeitigen Ökonomie dient. Tatsache ist jedenfalls, daß man sich in allzugroße Abhängigkeiten begibt, wenn man nicht mehr selber produziert. Ohne Erfahrung aus der Produktion keine technologische Innovation. Ohne soziale Kompetenz keine gesellschaftliche Entwicklung in Richtung Humanität. Wie wäre es aber mal ausnahmsweise mit: die Fähigkeiten, die man selber nicht hat, beim anderen wertzuschätzen..
    @lucas
    Wenn ich behaupten würde, daß ich auch nur die Hälfte Ihrer Posts verstehen würde, wäre das eine maßlose Übertreibung. Ich habe noch Phantasie genug, daß ich das schade finde.
    @Parisien
    „Der einzige Mensch, der mir mal was umsonst gegeben hat, mehrfach geholfen hat, ist ein Jude.“
    Wie würden Sie über Juden denken, wäre Ihnen das nicht so widerfahren? So wie über Araber?

  17. avatar

    APo: ‚Es ist wahr, dass der Zionismus produkt seiner Zeit ist. Ihr galt der ethnisch homogene Nationalstaat als der Höhepunkt der politischen Entwicklung.‘

    … ich möchte Ihnen widersprechen. Die ‚homogene Nationalität‘ entspricht/entstand durch eine Perversion, den ‚Sozial-Darwinismus‘. (Ohne eine Anklage gegenüber Darwin zu unterstellen.)

    Die Nation gibt es nicht erst seit dem 19.Jahrhundert.

    … Volk, Nation, dürfte nicht strittig sein. Grob dargestellt, wikidef.: größere Gruppen oder Kollektive von Menschen, denen gemeinsame Merkmale wie Sprache, Tradition, Sitten, Gebräuche oder Abstammung. Plus geregelter Zuwanderung. Das gibt es, mit den Höhlenbewohnern, seit anno Schnee.

    … eine Kultur können Sie nicht formen, Sie ist gewachsen. Kulturen können auch nicht zusammen wachsen. Jedenfalls nicht ohne Aufgabe oder Dominanz einer Kultur.

    Aller ‚Imperienzerfall‘, angefangen mit den Griechen, den Römern, das Reich der Mongolen, das osmanische Reich, in der Gegenwart die UdSSR, Jugoslawien, usw. belegen die Sehnsucht der Völker nach Eigenständigkeit, Souveränität und Sicherheit. Nicht zuletzt die Historie Israels, das noch nach 2‘000 Jahren. Oder nehmen Sie die polnische Geschichte.

    Daher! Völkerrecht.

    Einzig das Christentum ermöglicht ein zusammenleben, die Toleranz, zwischen den verschiedensten Kulturen. Das braucht Jahrhunderte. Als Beispiel wären, ganz vorsichtig, mit vielen Abstrichen, die USA oder Australien.

    Meine ich.

  18. avatar

    @Parisien

    ….weil fast 90 Prozent von uns Versager sind,

    „Das ganze Vorurteilgemurcks kotzt mich unsäglich an“

    ????????

    1. avatar

      Jean-Luc, der Titel war von vornherein als ironische Reverenz an Zola gemeint. Aber mit Ironie tun sich Franzosen fast so schwer wie Deutsche.

  19. avatar

    Könnte die Überfischung nicht auch mit klaren Eigentümerstrukturen geregelt werden, oder haben sie schon mal von zu viel Gülle auf Feldern gehört?

    😀

    Und schließlich heißen Aktien auf Englisch teilen.

  20. avatar

    Vielleicht nicht wirklich binational, aber ähnlich aufgebaut funktioniert teilweise die Eigentümerstruktur des Hongkonger, aber in Shenzhen gelegenen Atomkraftwerks:
    „Two private companies supply electricity to Hong Kong and each has a monopolized area. In addition to the generated electricity in its 3 fossil-fuel power stations, Hong Kong imports electricity from China, including from the Daya Bay atomic power station, a Chinese government-Hong Kong joint venture . The power generation capacity of the 2 private companies (9,590 megawatts [mw] in 1998) is well above the demand (8,620 mw in 1998). This guarantees a continuous supply of uninterrupted power.“ – http://www.nationsencyclopedia.....TIONS.html

  21. avatar

    Nicht zu vergessen Rumänien:
    Tzara ist zwar nicht nach Israel ausgewandert, aber sein Contimporanul-Kollege Janco.
    Und weil Marinetti im selben Magazin veröffentlicht hat, passts sogar doppelt, weil Stevanovic dessen Manifest kennt. 😀

    und auch: Enrepreneurial Peace Fund, was zu Moritz‘ und vor allem Mazzucatos Entrepreneurial State passt.
    Wie komme ich darauf? Weil Posthumanismus (siehe Titel des verlinkten Buches) im selben Themenkomplex wabert wie Kurzweil über technologische Singularität.
    Weil es dort wirklich viel Sonne gibt und ich wissen wollte, ob der Solarfan Kurzweil was dazu zu sagen hat.
    Und ich glaubte mich zu erinnern mal gehört zu haben, dass Kurzweil und Netanjahu zusammen studiert hätten … TADA!

    Ach, und zu Voltaire passts auch.

    Ok, vielleicht alles etwas arg konstruiert, aber ich finde jetzt passt mein Kommentar 😀
    Ehrlich gesagt ärgerte ich mich erst und hätte ihn lieber hierhin abgeschoben.

  22. avatar

    @ Stevanovic

    Diesem muss ich widersprechen:
    „Man kann sich ein jüdisches Leben in Europa doch ganz prima ohne Israel vorstellen, wie die letzten 2000 Jahre auch. Israel wurde nach dem Holocaust gegründet, d.h. im Grunde war Israel nie die Bedingung für das Überleben, selbst heute würde die Vernichtung Israels nicht das Ende der Juden bedeuten.“

    Und zwar haben längst nicht alle überlebt, und deshlab finde ich, dass das Kappes ist. Außer den 6 Mio Opfern der Nazis vergessen Sie die Opfer der Inquisition in Spanien und der unzähligen Pogrome. Und ohne die Besiedlung Nordamerikas und Ellis Island hätten noch weniger überlebt. Es gibt also im Prinzip zwei Häfen: Israel und die Vereinigten Staaten. Europa ist immer noch zu blöd dafür, wirkliche Minderheiten zu schützen. Europa guckt lange weg, wenn es gegen Jesiden, Kurden, Armenier, Tutsi geht; Deutschland hat die Herrero auf dem Gewissen, Frankreich wusste angeblich vorher vom Genozid an den Tutsi.
    Mann, Stevanovic, Worms? Oder die jüdischen Opfer der Kreuzüge? Die Babylonier? Die Scheiße der Römer? Ein durchgehend bestehendes Israel ohne Tempelzerstörung hätte sehr viel verhindert. Oder, Stevanovic, Marc Chagall. Der Mann wollte zurück nach Russland, machte eine Reise, beobachtete, wie aus seinen Erinnerungen hervorgeht, ein Pogrom und beschloss, in Paris zu bleiben, vorläufig. Vor den Nazis flüchtete er nach New York City.
    Mit Israel als Staat seit Rom, unzerstört: Wäre alles besser.
    Und wie Posener sagt, sie können Staat. Und Bildung.
    Die Leute waren regelmäßig hinter den Juden her, weil fast 90 Prozent von uns Versager sind, let’s face it. Und um sich dem nicht zu stellen, hat man den ewigen Sündenbock erfunden. Wissen Sie, was das größte Trauma für Europa und den Nahen Osten wäre? Wenn China ihnen einen Staat geben würde. Alles, aber auch alles, würde von Asien ausgehen. Wir würden in Bedeutungslosigkeit versinken. Aber wir sind nicht dazu in der Lage, anzuerkennen, wie mittelmäßig wir sind, auch wenn die Mathematikleistungen im internationalen Vergleich Bände sprechen. Nein, wir haben ja diesen schönen anderen scapegoat Bankenwesen.
    Der Antisemitismus ist m.E. in der Mittelmäßigkeit und im Versagen der anderen Völker geboren. Sie ertragen nicht, wenn welche herausragen, nicht mal Nichtjuden werden leicht toleriert.
    Deshalb brauchen sie den Staat, in dem sie keiner jagt.
    P.S. Der einzige Mensch, der mir mal was umsonst gegeben hat, mehrfach geholfen hat, ist ein Jude. Der einzige, der mir eine Ware geliefert hat und gelassen sagte, zahlen Sie irgendwann, ist ein Jude. Das ganze Vorurteilgemurcks kotzt mich unsäglich an, die ganze Geschichte, diese heute frei herumlaufenden arabischen Molotow-Cocktails, ihre Mikos, ihre Mufti-Tour.
    Bloß nicht ohne Heimstatt. Netanyahu kennt das so genau wie sonst kaum einer. Das Buch seines Vaters Ben Zion über die Inquisition hat ca. tausend Seiten.
    Und Obama hatte keinen Schimmer, obwohl es ihm langsam dämmert.

  23. avatar

    APo: ‚Sie (Juden) sind nun einmal das von den Christen zum Vorzeige-Opfer auserwählte Volk gewesen, … ‚

    … gäääähn, die Wiederholung der Wiederholung. Judenfeindschaft, Antijudaismus gab es schon Jahrhunderte vor Jesus Christus. Und das wissen Sie!

    … und außerdem, mein Schwippschwager ist kein Vorzeigeopfer. Er bescheißt beim Doppelkopf. Deswegen würde ich nie behaupten, alle Schwippschwäger bescheißen beim Doppelkopf.

  24. avatar

    Dear EJ

    ..So kann man sich täuschen: Ich dachte, Sie schreiben irgendwann mal “Unter Rechten”. Laut Verlagswerbung schreiben Sie jetzt unter Rechten….

    Wenn Apo den täglichen Alarmismus kritisiert, dann sollte er vielleicht auch seine J´accuse column einstellen 🙂

  25. avatar

    „Weil es einen Staat in der Welt geben muss, in dem wir keine Minderheit sind.“ Nein, das muss es nicht. Aber ein Staat muss funktionieren und ein binationaler würde es nicht. Ganz egal, ob der jüdische Teil dem freudig oder mürrisch zustimmen würde. Deswegen wäre es gesünder für alle Seiten, dieses Experiment zu lassen.
    Der Satz: „Um wieder uneingeschränkt homo politicus werden zu können“ ist auch so einer Sache. Es gibt viele Menschen auf dieser Welt, die es noch weniger konnten und können, als jüdische Landsleute Anfang der 20er. Diskriminierung gab, gibt es und wird es geben und das ist letztlich keine ausreichende Begründung für eine eigene Staatlichkeit. Vater Posener hat das schon aus einem gesunden Blickwinkel gesehen. Welche kranken Blickwinkel die christlichen Kulturnationen noch entwickeln würden, war in den 20ern so nicht vorhersehbar. Und selbst dann, es gibt wichtigere Dinge im Leben, als ein homo politicus zu sein.

    „Die Zionisten haben geschichtlich leider recht behalten.“ Nicht wirklich. Israel hat keinen europäischen Juden gerettet, vermutlich jedoch viele aus dem Mittlerem Osten und Afrika, für die wurde der Zionismus jedoch nicht gemacht. Was Netanjahu gesagt hat, war also nicht zionistisch im Sinne einer originären Idee. Was er gesagt hat, hat die Russland-Deutschen heimgeholt und die rumänischen Ungarn die ungarische Pässe beschafft. Alles normal.

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      Lieber Stevanovic, gewohnt scharf, gewohnt klar gesehen. Und dennoch. Es ist wahr, dass der Zionismus produkt seiner Zeit ist. Ihr galt der ethnisch homogene Nationalstaat als der Höhepunkt der politischen Entwicklung. Wir sehen das heute anders. Aber von allen europäischen Nationalismen, von allen Utopien des 19. Jahrhunderts hat allein der Zionismus eine positive Bilanz vorzuweisen. Es stimmt übrigens überhaupt nicht, dass der Zionismus keine europäischen Juden gerettet hat. Jeder, der aus Russland, der Ukraine, Polen, Ungarn, Deutschland, Frankreich usw. dort eingewandert ist zwischen 1900 und 1940, wäre sonst einb potenzielles Opfer geworden.

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    „Europa sollte nicht so tun, als könne man ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben hierzulande trennen von einem eindeutigen Bekenntnis zu Israel, der selbstbestimmten Alternative zum geduldeten Leben im Galut.“

    Das verstehe ich nicht so ganz. Man kann sich ein jüdisches Leben in Europa doch ganz prima ohne Israel vorstellen, wie die letzten 2000Jahre auch. Israel wurde nach dem Holocaust gegründet, d.h. im Grunde war Israel nie die Bedingung für das Überleben, selbst heute würde die Vernichtung Israels nicht das Ende der Juden bedeuten. Viele Völker haben keine selbstbestimmte Alternative, viele hatten nie eine. Nein, der Zionismus im Sinne einer Heimstatt ist nicht zwingend. Aber das muss er auch nicht, er muss nur Sinn machen und die Völkerfamilie Europas hat viel getan, dass er es tut.

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      Lieber Stevanovic, israel wurde 1948 gegründet, aber schon 1918 bekam die Mandatsmacht Großbritannien vom Völkerbund den Auftrag, in Palästina eine „nationale Heimstätte“ für die Juden zu etablieren; und schon zuvor hatte Ben Gurion mit dem Osmanischen Reich darüber verhandelt. Die Einwanderung nach Palästina begann ja schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zu sagen, es sei 2000 Jahre in Europa mit den Juden auch ohne eigenen Staat gut gegangen, heißt, die Geschichte der Pogrome, Verfolgungen und Vertreibungen einfach zu unterschlagen. Sie sind nun einmal das von den Christen zum Vorzeige-Opfer auserwählte Volk gewesen, die Minderheit par excellence; und darum war ihre Bestrebung nach der von Woodrow Wilson versprochenen nationalen Selbstbestimmung von ganz anderer Dringlichkeit als jene etwa der Kurden. Im übrigen verfügten die Juden im besonderen Maße über die Fähigkeiten, die man brauchte, um einen Staat aufzubauen, die vielen anderen Völkern leider abgingen; nicht, weil sie dazu konstitutionell unfähig wären, sondern weil sie von ihren korrupten Eliten in Unwissenheit und Unterdrückung gehalten worden waren, während die Juden in Europa jedenfalls eine eigene Parallelgesellschaft aufgebaut hatten und von der Emanzipation profitieren konnten.

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    Naja, was soll Valls denn auch sagen? Die Europäer, für die es kein wir und ihr in Bezug auf jüdische Landsleute gibt, werden sich mit der Option Zionismus nie anfreunden können. Franzosen, die aus Frankreich fliehen, denn nichts anderes heißt das. Ein französischer Premier muss dieses Blödsinn nennen. Dass nicht jeder jüdischer Franzose Lust hat, Märtyrer der französischen Nation zu werden, ist auch mehr als verständlich. Die Geschichte der europäischen Juden hatte genug davon. Nur, was wäre in so einer Situation angemessen? Netanjahu will sie haben, Valls will sie nicht geben, etwas verkürzt. Beide machen ihren Job.

    Solange die Kausalkette beachtet wird (es sollte jedem klar sein, dass Netanjahu nicht lockt, sondern der Antisemitismus drückt) finde ich ein grundsätzliches Fremdeln mit dem Zionismus vollkommen in Ordnung. Aus einem Gefühl der Schicksalsgemeinschaft heraus, fühlt man sich verlassen. Ich sage nicht, dass das Gefühl rational ist, auch verstehe ich, dass manch einer sich denkt, seine Familie hätte den Wert der Schicksalsgemeinschaft schon genug getestet (und dann halt nein danke sagt).

    „In letzter Instanz bedeutet der Zionismus nämlich, dass man sich als Jude nicht fragen muss, ob man mitgemeint ist, wenn von „uns“ die Rede ist.“
    Weswegen Migranten gerne den alten Pass behalten… durchaus keine spezifisch jüdische Fragestellung. Die ungarische Minderheit in der Slowakei hat auch den ungarischen Pass, bosnische Kroaten den kroatischen… das Bedürfnis nach einem Ort, an dem man ohne Erklärung zum „wir“ gehört, ist universal. Ebenso das Misstrauen gegen die, die sich einen Notausgang offen halten.

    Wegen des historisch/antisemitischen Zusammenhangs fällt es gerade in Frankreich auf, aber im Grunde ist es ein universelles Muster. Beide Seiten sind emotional nachvollziehbar.

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    Die empörte Republik. Rowohlt E-Book Only: Ein Plädoyer gegen den täglichen Alarmismus

    … EUR 0,99 Inkl. MwSt.

    … mhmm?

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    @Alan Posener

    Nachtrag:

    Ich lasse lesen, sprich der Algorithmus weist mich immer wieder auf Ihre Artikel in der Welt hin, von Ebola wo Sie der Auffassung sind, dass 2015 diese Krankheit besiegt wird ??? Über die innere Sicherheit von der Sie auch glauben, dass Sie angesichts der Terroranschläge machbar ist,über Turing, der nicht den Computer erfunden hat, sondern die Turingmaschine (Im Gegensatz zu einem realen Computer ist eine Turingmaschine damit ein mathematisches Objekt und kann mit mathematischen Methoden untersucht werden.)

    Bis hin zum Wolf der Wall Street, der wohl auch in Deutschland den “ Schafen “ mit seinen teuren Vorträge das Fell über die Ohren zieht.

    In Deutschland verkaufen gescheiterte Finanzgenies Bratwürste im Frankfurter Börsenviertel:
    http://www.spiegel.de/video/cu.....21594.html

    In den US macht man es wie Jordan Belfort oder auch Donald Trump.

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    Lieber Alan Posener,

    es war sucherlich ein bisschen “ viel off topic “ Aber das lag vielleicht auch an der “ emotionalen Intelligenz “ 🙂 da einmal wieder Verlangen an“ nichtislamischen Themen“ hat.
    Da Sie bereits Ägypten erwähnt haben, wie “ kapitalistisch “ sind eigentlich die “ Islamisten “ dort?

    Islamic banking ist meiner Erfahrung und die von meinen Kollegen nach auch nur eine Worthülse oder ein Mogelpaket.

  31. avatar

    O.T.

    Lieber Alan Posener,

    habe gerade Ihren Artikel:
    http://www.welt.de/kultur/arti.....erden.html

    vom 31.12.2014 gelesen.

    Leider vergessen Sie die white collars 🙂 wie z.B. auch die Journalisten (Edelfedern ausgenommen)

    Vielleicht wird das Thema wieder einmal hier in den Blog gebracht.

    Im Zusammenhang mit der Zukunft unserer Arbeitswelt, hier ein Zitat von Sedlacek
    Früher war die Wirtschaftswissenschaft auf die Ruhezeit ausgerichtet. Die Ökonomen dachten, wenn die Menschen durch den Kapitalismus zu Wohlstand gekommen sind, könnten sie sich ausruhen, tanzen, sich den schönen Künsten widmen, anderen helfen. Heute ist uns diese Idee verloren gegangen.

    http://www.spiegel.de/wirtscha.....16975.html

    Und hier der Hinweis auf sein neues Buch:
    http://www.perlentaucher.de/bu.....ution.html

    Wie schreiben Sie in Ihrem Artikel in der Welt so treffend:
    Einzig Kreativität und soziale Intelligenz können – noch – nicht von Maschinen ersetzt werden

    Was die Kreativität betrifft, Sie schreiben > noch nicht durch Maschinen ersetzt werden <

    Das noch würde ich heute bereits streichen 🙂

  32. avatar

    „Die Aufregung um Benjamin Netanjahus Aufruf an die Juden Europas, nach Israel auszuwandern, verstehe ich nicht. Es ist seit jeher die Position des Zionismus, ob linker Zionismus oder „revisionistischer“, also rechter Zionismus, dass der jüdische Staat die „Heimstätte“ – so drückte es Netanjahu in bewusster Anlehnung an die Balfour-Deklaration aus – aller Juden ist.“

    Oder auch „A safe Haven“, Ron Radosh.

    Weiß nicht genau, wer sich aufregt. Auf jeden Fall kann es passieren: Ein Hebrexit aus Europa, danach Verhältnisse wie von Houellebecq geschildert. Daher ist klar, wer sich echauffieren sollte: Die Frauen. Teilweise dieselben Frauen, die uns die Suppe eingebrockt haben. Denke hier mehr an „Sonne, Mond und Sterne.“

    Merkels Satz:
    „Wir möchten gerne mit den Juden, die heute in Deutschland sind, weiter gut zusammenleben.“
    Aha.
    Tatsache: „Wir“ leben mit ihnen ganz gut zusammen. Wer das nicht will, ist nicht „wir“.

    @ Posi:
    Antwort vom vorigen Post kopieren, macht keine Arbeit.

  33. avatar

    Nicht immer bin ich mit Ihnen einverstanden, lieber Herr Posener, aber mit diesem Beitrag 100%. So, wie ich mit Ihrem Buch über Benedikt XVI 100% einverstanden war.
    Wäre ich nicht so alt (84) und gesund, wäre ich längst nicht mehr da. Die Quatscherei der (allermeisten) Politiker finde ich so ziemlich unerträglich.
    lg
    caruso

  34. avatar

    … oops, noch eine Korrektur, auch wenn K.D. sich wieder aufregen sollte.

    Apo: ‚Der Satz der Kanzlerin ist weitgehend aussagefrei, Clemens Haas, deshalb werde ich ihn nicht umformulieren.‘

    … nein werter Alan Posener, was die Ex von sich gibt, ist pure Heuchelei. Schon immer.

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    „Wir möchten gerne mit den Juden, die heute in Deutschland sind, weiter gut zusammenleben.“ Wie würden Sie die Aussage dieses Satzes formulieren, ohne dass man da (mit hinreichend schlechtem Willen) eine unangenehme Unterscheidung zwischen „wir“ und „den Juden“ hineininterpretieren kann?

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