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Wie Europa Obama in den Rücken fiel

Wäre es nach den Deutschen gegangen, hätte Barack Obama mit über 90 Prozent der Stimmen gewonnen, nicht mit knapp der Hälfte, wie in Amerika. Um diesen Sachverhalt zu erklären, fehlte es hierzulande nicht an Erklärungen, die größtenteils –wie bei Kommentatoren üblich – mit der Repetiertaste geschrieben wurden.

Konservative Kommentatoren nutzten die Gelegenheit zum Deutschen-Bashing, was – im Wechsel mit Forderungen nach mehr Patriotismus – zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehört. Nach diesen Deutungen konnten die Europäer nicht mit Romney, weil er Multimillionär ist und die Deutschen als unverbesserliche Sozialdemokraten mit Leistung und Reichtum auf Kriegsfuß stehen. Oder weil sie halt unverbesserliche Pazifisten seien und deshalb Romneys martialische Töne nicht mochten. Oder weil sie unverbesserliche Antiamerikaner sind und deshalb für einen Kandidaten waren, der eigentlich unamerikanisch ist, sondern nur Frauen, Schwarze, Latinos, „Ostküstenintellektuelle“ und Liberale aus Kalifornien vertritt, nicht das eigentliche Amerika, das offensichtlich weiß, männlich, rechtsgerichtet und unintellektuell ist, wie halt Konservative in Deutschland.

Linke Kommentatoren fragten eher, warum die Amerikaner nicht auch zu 90 Prozent für Obama waren, und gaben als Antwort, die Amerikaner seien vom großen Geld manipuliert worden, seien halt Rassisten oder würden nicht begreifen, wie kaputt ihr Land ist, wie es ein „Spiegel“-Titel unmittelbar vor der Wahl suggerierte: „Der amerikanische Patient“.

Nun gehört schon Chuzpe dazu, ausgerechnet in Europa von der Krankheit Amerikas zu faseln. Ja, das Land hat ein dysfunktionales politisches System, eine marode Infrastruktur, schlechte Schulen, überfüllte Gefängnisse und immer noch kein vernünftiges System allgemeiner Gesundheitsfürsorge. Es gibt also viel zu tun.

Aber nach allen Indikatoren zu urteilen, hat das Land das Schlimmste der Großen Rezession hinter sich. Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosenzahl sinkt, wenn auch langsam, eine Firma nach der anderen, die vorübergehend in staatliche Hände übernommen wurde oder in ein Insolvenzprogramm  gehen musste, kehrt saniert an den Markt zurück.

In Europa steht uns das Schlimmste noch bevor. Die von Angela Merkel betriebene Brüning’sche Politik des prozyklischen Sparens hat mittlerweile nicht nur Griechenland, Spanien, Italien und ein paar kleinere Länder in eine Abwärtsspirale geschickt, in der die Sparwut das Wachstum abwürgt, die Schrumpfung der Wirtschaft höhere Staatsausgaben bedingt, was wiederum neue Sparauflagen nötig macht und so weiter und so fort, sondern erreicht mittlerweile auch jene Insel der Seligen, die sich Deutschland nennt, weil – nein, so was! – man halt seine Absatzmärkte nicht kaputt sparen kann, ohne selbst davon irgendwann betroffen zu werden. Derweil beschließt der Bundestag noch ein paar Wohltaten im Hinblick auf die Wahlen 2013, die stattfinden könnten in einem Jahr des – wie heißt es so schön – „Minuswachstums“, also der Rezession.

Vielleicht sind die Werte Obamas in Deutschland – und in der gesamten Eurozone – nicht zuletzt deshalb so hoch, weil die Leute sehen: Obamas keynesianische Politik, seine antizyklischen Stimulus-Pakete, haben gewirkt. OK, es widerspricht der reinen Lehre, Autofirmen zu retten. In Detroit pfeift der Arbeiter auf die reine Lehre, der mit seinem Job auch sein Haus und das Studium seiner Tochter retten kann. OK, auf lange Sicht sind die Schulden der USA nicht zu halten. Aber auf lange Sicht, sagte Keynes, sind wir alle tot. Vielleicht also bestätigt die europäische und deutsche Zustimmung zu Obama jene alte Weisheit Bill Clintons: „It’s the economy, stupid!“

Die Menschen in Europa wollten, dass Obama vier weitere Jahre bekommt. Europas Politiker haben es ihm schwerer gemacht. Denn Europas Rezession hat die Erholung der US-Wirtschaft verlangsamt und kann sie noch abwürgen. Obamas Finanzminister Timothy Geithner war wiederholt in Europa, um die hiesigen Eliten zu bitten, Vernunft anzunehmen. Bei den Rechten wurde er als Linker, bei den Linken als Agent von Goldman Sachs verschrien. Getan hat Europa nichts – oder vielmehr, es hat alles dafür getan, dass Mitt Romney gewählt wurde. Wenn man in Europa glaubt, diese Tatsache werde im Weißen Haus nicht zur Kenntnis genommen, weil Obama angeblich ein so europäischer Präsident sei, dann irrt man gewaltig.

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88 Gedanken zu “Wie Europa Obama in den Rücken fiel;”

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    Lese gerade: Eurozone jetzt offiziell in der Rezsssion. Darum habe ich geschrieben: „Brüning’sche Politik“. Wohin wollen denn Ihre amerikanischen Freunde auswandern, Parisien? Nach China?
    Die Sache mit den Grundschülern ist absolut richtig beobachtet, Moritz Berger, aber meine Frau, die gerade eine neue 1. Klasse übernommen hat (2 „biodeutsche“ Schüler dabei), bekommt keine Wutausbrüche; und das ist 90 Prozent des Geheimnisses. 90 Prozent der Lehrer haben eine falsche Einstellung zum Beruf, und so lange sich das nicht ändert, wird sich gar nichtzs ändern. Ich habe darüber geschrieben, etwa den Text „Ein Lächeln verhindert den Bürgerkrieg“, den Sie leicht ergoogeln können, vor etwa zehn Jahren…

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    @ KJN
    Danke für die Unterstützung.
    Lesen Sie „Mitt Romney’s finest hour (and a half)“ auf Weeklystandard. Er war der Repräsentant des Mittelstandes und damit auch der kleinen Leute. Hören Sie die erste Debatte an. Dann denken Sie mal nach. Und dann ziehen Sie eine Linie zu einem Ereignis, dass unmittelbar auf die Wahl folgte: Der Raketenbeschuss von Seiten der Hamas ging steil hoch.

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    KJN: Wenn ich Schnapps verkaufen will, muss ich ihn selber trinken, zumindest so tun, als ob.

    Auch wenn dbh mit seinem “Jammerlappen” kommt und auf das Glücksversprechen im Jenseits verweist..

    … werter KJN … Ihr ‚Problem‘ ist, dass Sie nicht hinter ‚Ihren Produkten‘ stehen. Panisch. Identitätslos. ‚BRD‘.

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    @Parisien
    „Man muss Arbeitsplätze für die Menschen schaffen und nicht Menschen für die Arbeitsplätze. Das hat was von Dr. Frankenstein.“
    Für solche Äußerungen erntet man üblicherweise alle mögliche Häme bezüglich Sozialromantik etc. Bei mir nicht. Ich kann auch nicht davon lassen. Auch wenn dbh mit seinem „Jammerlappen“ kommt und auf das Glücksversprechen im Jenseits verweist..

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    @Moritz Berger
    Klar, Siemens , Lahmeyer & Co beraten in Schwellenländern. Werden die hier alle (besonders unsere teuren Infrastrukturen) ernähren können? Ich frag‘ nur, ich weiß es nicht, ob diese Kernkompetenz für das D-Modell reicht. Und die Chinesen werden, wie Sie sagen, da nachziehen.
    Ich meine, mit (Aus)Bildung alleine lässt sich das nicht lösen, schon gar nicht, wenn die Ausbildungsinhalte am Bedarf vorbeigehen.

    @peeka
    Sie haben ja recht, aber SAP-Industrielösungen laufen nun mal mittlerweile auf US-amerikanischen Betriebssystemen. Und ich meinte ja, daß hier „deutsche“ Inhalte reinmüssen, dann klappt’s auch weiterhin mit dem Außenhandelsüberschuss. So gesehen könnte das ein Coup werden mit dem Beschluss zur Energiewende.
    Wenn ich Schnapps verkaufen will, muss ich ihn selber trinken, zumindest so tun, als ob.

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    @Parisien
    „Interessant wäre 2016: Condi vs. Hillary. Daran könnte man dann messen, ob sie Chancengleichheit wollen oder von Eliten unterstützte Transfers.“

    Ja – wer sind „sie“? Und wer wird wohl das Duell verhindern (wobei ich vermute, dass es weder noch wird)?

    @KJN:
    Apple: 1976 gegründet
    Microsoft: 1975 gegründet
    SAP: 1972 gegründet

    Da ist man in D nicht gefolgt, es gibt meiner Ansicht nach kaum ein „deutscheres“ Unternehmen als SAP.

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    @KJN

    >Auf Technologieberatung allgemein, z.B. Trinkwasser, Ressourcenschutz, Energiewirtschaft. Leider – und da spreche ich zugegebenermaßen pro domo – liegt das in den Händen von Gutmenschenorganisationen und/oder staatlicher Entwicklungshilfe<

    Außer den Entwicklungsländer gibt es auch eine Reihe von Schwellenländer die in den genannten Bereichen Technologieberatung aus Deutschland einkaufen.

    Und was die Chinesen betrifft, fragen Sie einmal in Polen nach wie es mit den bauingenieurstechnischen Dienstleistungen der Chinesen aussieht.

    Dennoch sollten man die Weiterentwicklung der Chinesen auch im Beratungsbereich nicht unterschätzen.

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    Lieber Herr Parisien,

    wenn Sie Minderqualifizierte mit funktionalen Anaplhabeten gleichsetzen dann stimme ich leider nicht mit Ihnen überein.

    Und eine Quote von 25 % der Grundschüler der 4. Klasse ist m.E. eine “ Fehlallokation der Hman Capital Ressourcen “

    Und wo schreibe ich dass alle auf das Gymnasium müssen.

    Mir reicht es schon wenn mein Heizungsinstallateur mir optimal die Heizung einstellt, Stichwort hydraulischer Abgleich.

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    @ Moritz Berger
    Wir hatten hier zu Hause im Laufe des Lebens mehrere Nachhilfeschüler und haben beide in unserer Schulzeit damit angefangen. Im Gegensatz zu früher checken die das nicht mehr. Es war einer aus der Volksschule dabei (autochthon), der checkte Kubik nicht, und Quadrat war schon schwierig. Man konnte ihm das stundenlang aufmalen, er kam nicht dahinter. Dann gibt es welche, die sind lost cases in Sprachen, das ist einfach so. Fazit: Die gehören nicht alle auf Gymnasien. Man kann nicht hingehen und sagen: Kommt Leute, wir machen jetzt eine Gesellschaft mit Jobs nur noch für Höherqualifizierte, und die Minderqualifizierten bringen wir dahin. Kriegen Sie nicht hin. Maschinensteuer. Da bin ich wirklich auf einer linken Position. Man muss Arbeitsplätze für die Menschen schaffen und nicht Menschen für die Arbeitsplätze. Das hat was von Dr. Frankenstein.

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    Thema Dienstleistungen /Dienstleistungsgesellschaft:
    Wenn man sich darunter in erster Linie Gastronomie (nichts gegen dt. Restaurants und deren Sterne), Nagelstudios und Finanzberatung vorstellt, ist das kein Konzept für D. In den USA hat man’s vorgemacht – Microsoft, Apple – in D folgte man – SAP. Dienstleistung auf hohem techn. Niveau: Prozessoren laufen nicht ohne Software, die Wertschöpfung bleibt hier. Das kann man ausweiten: Auf Technologieberatung allgemein, z.B. Trinkwasser, Ressourcenschutz, Energiewirtschaft. Leider – und da spreche ich zugegebenermaßen pro domo – liegt das in den Händen von Gutmenschenorganisationen und/oder staatlicher Entwicklungshilfe, die gerne mit den falschen verhandeln, nämlich mit den Machthabern der Bedarfsländer. Auch hier fällt das Geschäft an China, die die Märkte über billige Produkte erobern.

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    @ Alan Posener
    „Wer nicht begreift, dass Amerika vor allem ein Gleichheitsprojekt ist, der hat die Seele Amerikas nicht begriffen.“

    Eben. Deshalb kann man nicht von „revenge“ anfangen oder „you didn’t build that“. Und die amerikanische Gleichheit bedeutete nie Herstellung von Gleichheit über Transfers, sondern gleiche Chancen, so dass der kleine Boy, der den Kaffee trug, später Chef von Goldman wurde, Condi Außenministerin oder Textilfabrikanten Hollywood-Tycoons. Ja, oder der kleine Boy aus Hollywood Präsident. Oder besser noch: Ronald Reagan, aus ganz einfachen Verhältnissen. Mit Condi als Präsidentin wären längst nicht solche Gräben aufgerissen worden. M.E. ist das derzeit ein tief gespaltenes Land, und Sie machen die Falschen dafür verantwortlich. Mein Gott, meine Leute, meine Schicht und auch die Leute von Bibi haben Angst. Mein Gott, das habe ich noch nie erlebt. Ich bin erschüttert. Die haben alle mal Tacheles geschrieben in der letzten Woche. Ich bin richtig tief betroffen. Wissen Sie, wovor die Angst haben?: Sarrazins Buchtitel, erstes Wort ändern. Manche reden schon von Auswandern.
    Interessant wäre 2016: Condi vs. Hillary. Daran könnte man dann messen, ob sie Chancengleichheit wollen oder von Eliten unterstützte Transfers.

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    …aber jedenfalls: die Schulden werden wir nicht mehr los, die wachsen uns in den Himmel, bis sie von uns gekappt werden. In den USA werden wir sehen, dass niemand eine Klippe runterfällt, sondern die Schuldengrenze angehoben wird.

    Was wir tun können ist über verschiedene Ziele der Politik abstimmen. Gläubiger und Schuldner stehen einander gegenüber. Sollen die Gläubiger oder die Schuldner gerettet werden? Das ist die Frage. Wenn die Schuldner für die Schuldner abstimmen würden, wäre das Ergebnis klar.

  13. avatar

    @Serdar: Was dem eine seine Schulden, sind dem anderen sein Gewinn. Bevor wir nun das Geld gleich komplett abschaffen, schlage ich vor, erstmal mit der Abschaffung des Giralgeldes zu beginnen.

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    @Alan Posener

    „Da rennen Sie offene Türen bei mir ein.“

    Ich frage mich nur wue lange müssen wir noch offene Türen einrennen??

    Da wir uns in Westdeutschland seit einigen Jahren pro bono im Schulbereich engagieren, fragen wir uns oftmals warum z.B. seit über 10 Jahren kontiniuierlich versucht wird via „Förderunterricht“ bei den älteren Kindern an den weiterführenden Schulen die bereits in der Grunfschulzeit auftretenden Defizite auszugleichen.

    Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre es doch besser bereits in der Kita und der Grundschule diese Defizite zu verringern und nicht erst in den nachfolgenden Schulstufen.

    Ich vermute, dass Ihre Frau sehr oft bei Ihnen
    “ Wutausbrüche “ wenn dieses Thema berührt wird.

    Wir haben einmal ausgerechnet wieviel Kosten ein potentieller Hartz IV Empfänger verursacht (z.B. Gruppe der 25 % Grundschüler die sehr mangelhafte Kenntnisse im Schreiben, Lesen und Rechnen verfügen) und diesem Kostenblock die Kosten für eine intensive Förderung in der Kita und der Grundschule gegenüber gestellt.

    Der “ konservativ ausgerechnete “ Profit würde bei nur 2 Schulkinder uns beiden jeweils eine schöne Residenz in der Toskana finanzieren.

    Aber unsere politisch-pädagogische Nomenklatura hat leider auch erhebliche “ Rechenschwächen “ !! und weiß nicht was humancapital bedeutet

    Dennoch verraten Sie mir, ob Sie Vorschläge haben wie wir nicht immer durch offene Türen laufen müssen sondern einmal auch wenigstens eine der Türen schließen können und wenn wir als Ziel fixieren könnten, die Zahl der Grundschüler mit mangelnde Lese-, Schreib- und Rechenschwächen von 25 % auf 15 % in den nächsten 5 Jahren zu reduzieren und bis 2012 z.B. eine Quote von nur 5 % funktionaler Analphabeten zu erreichen.

  15. avatar

    @Roland Ziegler

    Geld ist genug da, um alle Schulden zu bezahlen; es befindet sich nur am falschen Ort.

    Interessant, weil das Geld ja wieder selbst von Menschen hergestellt wird. Es wächst nicht auf Bäumen oder kommt nur knapp in der Natur vor, wo man vielleicht sagen könnte es wäre „genug“ da.
    Wir setzen uns in eine künstliche Knappheit. Geld kann heute im Computer unendlich erzeugt werden. Also daran liegt es wohl nicht. Wir müssten endlich mal die Abschaffung des Geldes diskutieren. Ein System das kein nur Schaden produziert und den Planeten in Chaos stürzt.

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    Zum Fiscal cliff: Wieso dasselbe Rezept, das dem hochverschuldeten Griechenland auf die Beine helfen soll, die hochvershculdeten USA von denselben kickt, bleibt das Geheimnis unserer Chefökonomen. Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: Geld ist genug da, um alle Schulden zu bezahlen; es befindet sich nur am falschen Ort. 30 Jahre globaler Kapitalismus liegen hinter uns, welche Bilanz ziehen wir? In Deutschland hat Siemens gerade 5,2 Milliarden Gewinn gemacht ud plant, 6 Milliarden zu sparen, damit die Rendite nicht verfällt. Eon hat 3 Milliarden Gewinn gemacht.

  17. avatar

    @ Moritz Berger: D’accord. Da rennen Sie offene Türen bei mir ein.
    @ Parisien: Au contraire, Pierre: Sie haben geschrieben, Linke könnten nie proamerikanisch sein, und erklären damit die 50 Prozent Amerikaner, die für Obama stimmten, zu Antiamerikanern. Ich frage lediglich, wie tief die angebliche Amerika-Liebe so mancher neukonservativer Renegaten geht, die Amerika nur so lange lieben, wie sie es als Keule gegen ihre eigentlichen Feinde verwenden können, nämlich die Leute, die so denken wie sie selbst vor einigen Jahren noch. Ähnlich instrumentieren ja die „Antideutschen“ Israel, um Deutschen-Bashing zu inszenieren.
    Tatsächlich hat Amerika eine starke linke Tradition (wie Israel auch), von Jefferson über Jackson und Lincoln hin zu den Progressiven und Theodore Roosevelt, den Reformern Franklin Roosevelt, Harry Truman, Jon F. Kennedy und Lyndon B. Johnson, ganz zu schweigen von der militanten Bauernbewegung der 20er Jahre, der Gewerkschaftsbewegung der 30er Jahre, der Bürgerrrechtsbewegung der 50er und 60er Jahre… Der zweite Weltkrieg wurde als antifaschistischer Krieg geführt… undsoweiter undsofort. Na, ich gehe bei Glegenheit mal näher darauf ein. Wer nicht begreift, dass Amerika vor allem ein Gleichheitsprojekt ist, der hat die Seele Amerikas nicht begriffen.

  18. avatar

    … ahem, ohne Text genügt…

    Apo: Die von Angela Merkel betriebene Brüning’sche Politik des prozyklischen Sparens … in der die Sparwut das Wachstum abwürgt, die Schrumpfung der Wirtschaft höhere Staatsausgaben bedingt, was wiederum neue Sparauflagen nötig macht und so weiter und so fort, …

    … das nimmt die Ex ganz ‚chelmich‘ und im Style einer größten Vorsitzenden, wie Priol gestern in der ‚Anstalt‘ bemerkte.

    .… oh, man, man, man … Liebermann.

  19. avatar

    Apo: Die von Angela Merkel betriebene Brüning’sche Politik des prozyklischen Sparens … in der die Sparwut das Wachstum abwürgt, die Schrumpfung der Wirtschaft höhere Staatsausgaben bedingt, was wiederum neue Sparauflagen nötig macht und so weiter und so fort, …

    … das nimmt die Ex ganz ‚chelmich‘ und im Style einer größten Vorsitzenden, wie Priol gestern in der ‚Anstalt‘ bemerkte.

    .… oh, man, man, man … Liebermann.

  20. avatar

    Lieber Herr Posener,

    was Ihre Einschätzung der OECD Studie betrifft, da kann ich nur mit Ihren Ausspruch antworten:

    It’s the demographics

    Glauben Sie denn tatsächlich dass Deutschland in den nächsten 20 bis 30 Jahren immer noch weiter die
    4. größte Industrienation sein kann??

    Sie scheinen zu vergessen dass wir mit etwas über 80 Mill. Einwohner im Verhältnis zu Indien oder Indonesien ein Kleinstaat sind.

    Und glauben Sie tatsächlich, dass Schwellenländer immer Schwellenländer bleiben??

    Wenn Sie sich z.B. vergegenwärtigen , dass Brasilien schon vor 20 Jahren sehr gut funktionierende Volkswagen gebaut hat. Und dass z.B. Brasilien bereits sehr früh ATM´s gebaut als man sich in Deutschland das Geld nur am Bankschalter holen konnte.

    Was Opel betrifft, das Thema ist ganz banal unter Marktbereinigung zu sehen.

    Und dies ist leider auch ein Managementfehler von GM!

    Und diese Zeitbombe tickt seit über 20 Jahren.

    Und Mercedes hat schon mehrmals eine Krise überstanden. Oder können Sie sich an Edzard Reuter und seinen Mischkonzern erinnern ? Und wie war es mit Schrempp und seinem Chrysler Fiasko?

    Halten Sie es doch auch in diesem Fall mit Keynes:

    „Aber auf lange Sicht, sagte Keynes, sind wir alle tot.“

    Und was heißt man kann diesem Land nicht raten eine Dienstleistungsökonomie zu werden.

    Wenn Sie Dienstleistungen nur auf die Bereiche Finanzen beziehen , stimme ich Ihnen zu und bin froh darüber dass wir nicht solche “ Luftprodukte “ wie Derivate hier in Deutschland produzieren.

    Bei den anderen traditionellen Dienstleistungsbereichen wie z.B. Hotel, Gastronomie etc. haben Sie ebenfalls recht.

    Wenn gleich ich feststellen muß, dass Deutschland was die Michelin-Stern Restaurants betrifft nach Frankreich bereits aud dem 2. Rang liegt.

    Und in Berlin kann ich persönlich feststellen, dass es immer mehr hidden champions in der Gastronomie gibt.

    Auch U.K. weist eine immer bessere Küche auf.

    Liegt es an Ricardo (comparative advantage)??

    Wenn Sie wüßten wieviele Dienstleistungen mittlerweile im deutschen Industriebereich verkauft werden.

    http://www.handelsblatt.com/un.....15302.html

    Die ganze Welt einschl. den Angelsachsen ruft nach der Reindustrialisierung und Sie fordern Dienstleistungsökonomien ein??

    Engineering heisst heute nicht mehr im Blaumann in der Fabrik zu stehen, wie es vielleicht nich zu Zeiten war als Sie bei Opel oder Ford als Revoluzzer am Fliessband standen.

    So ähnlich war es auch mit der deutschen Textilindustrie die in der bundesdeutschen Öffentlichkeit mehr oder weniger keine Bedeutung hat, weil es kommt ja alles landläufig alles aus China und anderen Billigländern.

    Das Deutschland 2009 zu den TOP 3 der Textilexporteure der Welt gehört hat, nach China und vor Italien ist vielfach nicht bekannt.

    Oder wer denkt z.B. in Deutschland daran, dass wir zu den größten 3 Agrarexportnationen gehören:

    http://www.agrarexportfoerderu.....011_02.pdf (S.36)

    Zum Thema USA:

    ich bezog mich lediglich auf Ihre Prognosen und Ihren Ausspruch:

    „Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.“

    Wie sich die US entwickeln werden können wir ganz banal jetzt noch nicht sagen.
    Auch wenn die IA z.B. einen Boom im Öl- und Gassektor vorhersagen, ob der tatsächlich aber auch wieder zu einer Reindustrialisierung der US führt, wie prognostiziert mag ich bezweifeln, wenn z.B. damit nicht eine bessere Ausbildung der Facharbeiter in den US einhergeht.

    http://www.handelsblatt.com/un.....76968.html

    Das wir hier in Deutschland uns auf eine stärkere Konkurrenz einzurichten haben, ist logisch.

    Daher sollten wir auch alles daransetzen, dass zukünftig weniger als 5% der Grundschüler an den Berliner Grundschulen nicht ausreichende Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen haben. Und nicht wie derzeit 25% !!!!!

    Ihre Frau wird Ihnen sicherlich kontinuierlich davon berichten.

  21. avatar

    Wenn Krebspatienten als „aus-therapiert“ gelten, sobald ihr Kontostand eine lebenserhaltende oder lebensverlängernde Therapie nicht mehr abdeckt, dann würde ich immer für eine Regierung votieren, die daran etwas ändern möchte.
    Selbst, wenn die Gesundheitsreform das einzige wäre, was Obama vollständig umzusetzen verspräche, wäre dies für mich ein hinreichender Grund, ihn zu wählen.
    Die zynische Haltung eines großen Teils der amerikanischen Gesellschaft zu diesem Thema erscheint bizarr, aber der Zynismus Mitt Romneys war dann wohl auch den Amerikanern eine Spur zu dick aufgetragen.Mir scheint, die Zyniker haben ausgedient. Obama verkörpert das Gegenmodell.

  22. avatar

    @ Alan Posener
    Wissen Sie, was mir Sorgen macht? Wenn zunehmend als ANTI definiert wird, wenn man Regierungen kritisiert. In diesem Punkt muss ich sogar Lyoner teilrecht geben, aber nur teilrecht, weil Israel SELEKTIV kritisiert wird. Wenn man also die jetzige amerikanische Regierung aus diversen Gründen kritisiert, ist man anti-amerikanisch, ja? Und die Amerikaner, die das zur Hälfte machen, sind anti-amerikanisch, ja? Und wenn man ein paar Sachen am Islam kritisiert, ist man islamophob, ja? Und wenn man einige Dinge in Deutschland kritisiert, ist man anti-deutsch, ja? Was für eine Entwicklung!
    Am besten gehen Sie mal unter die kalte Dusche und lesen dort „Fahrenheit 451“ von einem Amerikaner. Er hat es doch kommen sehen: Du sollst nicht denken, was du willst, du darfst nicht lesen, was du willst. Und „der gläserne Mensch“ hat er auch kommen sehen. Aber keine Sorge, ich gehe ohnehin hier ‚raus bis auf Ausnahmen. Ich nehme auch eine Dusche, um mir Ihre „Sorgen“ abzuspülen. Machen Sie sich lieber Sorgen um die Vereinigten Staaten und uns und um Israel.

  23. avatar

    ca. 1990 habe ich mal ne Maschinenvorführung für irakische Einkäufer gedolmetscht. Die haben mir erzählt, für Maschinen kauften sie in Deutschland, für Logistik in den USA oder Japan.

    Zu wem die wohl heute gehen (würden)

  24. avatar

    wo bitte genau können die Angelsachsen das mit der Dienstleisterei denn so toll? Ich jedenfalls kriege von der gleichen Ing-Diba entschieden bessere Entscheidungshilfen, als die den Amis zur Verfügung stellen.

    Walter Russell Mead war’s glaube ich, der schrieb, die guten Jobs fielen weg und würden durch McJobs ersetzt. Und selbst die Schaffung derselben verhindert nicht über 14 % Arbeitslosigkeit bei Schwarzen.

    Nirgendwo kriegte man so unwilliges und muffliges Büropersonal ans Telefon wie bei den Amis. Niemand war so ausgeschlafen wie die Südkoreaner.

  25. avatar

    Jean-Luc

    keine Ahnung, ich bin immer dem Wein treu geblieben

    aber es gab mal vor Jahren einen Richter in Lübeck, der jetzt bei Der Linken rumturnt, der in einem viel kommentierten Urteil ein Recht auf Rausch dekretierte.

    Ich hatte mal ne Nachbarin, die züchtete das Kraut auf’m Balkon und war sonntags morgens schon immer recht glasig guckend – hat mich irgendwie wohl etwas demotiviert.

    Und jetzt die Nähe zu Der Linken – 😉

    Herr Posener
    ich bleibe dabei, jedeR, der mir in der augenblicklichen Situation erzählt, er wüßte sicher, wo’s langgehen sollte, den nehme ich nicht zu dem Thema nicht mehr ernst.

    Was Merkel will, erschließt sich mir nicht, aber bei Greenspan war das ja angeblich ne Tugend und George Soros scheint sich grün und blau drum zu ärgern.

    ——-

    Andreas Rödder erzählte bei der LSE in Euro- und/oder EU-Kreisen gebe es ein Bonmot (zitiert nach Erinnerung, meine Übersetzung)

    Die Italiener haben eine Idee, die Franzosen formen sie in eine Vorschrift und die Deutschen halten sich dran (obey it).

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    @ Peeka: Sie haben Recht. Ich sehe auch bei manchen Neo-Konservativen (nicht zu verwechseln mit Neocons) eine gewisse Amerikamüdigkeit, seit Amerika nicht so tickt wie sie es gerne hätten.
    @ Parisien: Sie machen mir Sorgen. Jetzt behaupten Sie, ich würde „nach amerikanischen Vorgaben“ schreiben. Eine Verschwörungstheorie, wie man sie sonst eher auf der Linken antrifft. Sie sind ein Beispiel für jenes Symptom, das Peeka nennt. Bitte, kriegen Sie sich ein.
    @ Silke & Jean-Luc: Ich kritisiere nicht die „ach so dämlichen Deutschen“. Ich kritisiere (und nicht erst seit gestern) die Politik der Kanzlerin. Schauen Sie meine bisherigen Postings zum Thema an.
    @ Moritz Berger: Schauen Sie sich die OECD-Prognose an. Da steht es nicht gut um Deutschland. Opel ist eine tickende Zeitbombe. Mercedes auch. Was ich anders als 2009 sehe: Man kann dem Land nicht raten, eine Dienstleistungsökonomie zu werden, weil die Deutschen das nicht so gut können wie die Angelsachsen. Das heißt, man muss auf „comparative advantage“ (Ricardo) setzen, und das ist bei Deutschland hauptsächlich der Mittelstand mit seinen technischen Innovationen. Was das aber mit den USA zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

  27. avatar

    Jean-Luc

    hoffentlich ist wenigstens ein Teil Ihres Weinbergs für Kartoffeln geeignet, denn Andreas Rödder hat in seinen Q&A mal ganz lässig aus den PIIGS PFIIGS gemacht i.e. Frankreich ohne auch nur den kleinsten hörbaren Vorbehalt in einem Atemzug mit den notleidenden Mittelmeerländern genannt.

    und damit ich nicht der Anglophobie beschuldigt werde, hier ist David Starkey temperamentvoll wie immer, warum im Königreich alles besser ist.

    Ich liebe es, wie Engländer über Franzosen lästern

    http://podbay.fm/show/35034397.....utostart=1

  28. avatar

    Jean-Luc

    ich „kenne“ die US nicht – ich hatte nur mal das Glück ein paar Jahre lang unter Ami-Bossen in Deutschland zu arbeiten und das hat mir sehr konveniert.

    Ein Buch zu Finanzkrisen, das mich aus dem Staunen nicht mehr rauskommen ließ ist Lords of Finance – absolut irre – da gab es ne Zeit, da waren die Franzosen (offenbar auch ein Volk, das zum Sparen neigt-e?) die Reichen und weigerten sich, die Kohle rauszurücken.

    Lt. dem Buch war sich übrigens der All-Weise Keynes bei Ausbruch von WW1 absolut sicher, daß es schnell vorbei sein würde, nämlich dann wenn den Kombattanten das Geld ausgegangen wäre.

    Keynes der heilige war vermutlich wirklich ein sehr kluger Mann, doch habe ich sein Economic Consquences of the Peace nach der Hälfte erstmal beiseite gelegt, um mich von dem Schreck zu erholen, wie unreif der damals rund 35-jährige auf mich wirkt.

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    Was ich noch erwähnen möchte bezüglich Rassismus, ist dies: Die Sache mit Henry Louis Gates wurde sofort rassistisch ausgelegt und ausgeschlachtet.
    Die Vorverurteilung von Dominique Strauss-Kahn dagegen und die höhnische Bebilderung seines „Perp-Walks“ wurde nie rassistisch ausgelegt, obwohl sie das gewesen sein könnte, ohne weiteres.
    Ich will jedenfalls erstmal sehen, wie die Regierung Obama ohne das Ehepaar Clinton arbeitet, dann sehen wir mehr.

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    @Silke

    einer muss doch immer Schuld haben. haetten die Deutschen schon frueher den Finanzmarkt liberalisiert, dann waere sicherlich Lehman nicht ruiniert worden 🙂 🙂

    Aber sie kennen doch die US:

    Bei uns heisst consume or die

    Bei den Deutschen erhaelt man schon in der Schule ein Sparbuch und dann gibt es auch den Weltspartag!!!

    Hier ein link aus dem Jahr 2009:

    http://de.ibtimes.com/articles.....gleich.htm

    Und zu Mary Beard:

    http://timesonline.typepad.com.....prise.html

    Diese Gruende:

    /Eins wundert mich, daß es so wenig zu stören scheint – die amerikanische Finanzwelt (privat und Regierung) scheint in einer Art und Weise verknäult, daß es da vor Conflicts of Interest nur so wimmelt/

    haben auch dazu gefuehrt, dass ich mich in case of immer noch ins Lubéron zurueckziehen kann…. um meinen Wein zu ernten…..

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    Walter Russell Mead hat ein gruseliges Post zur Arbeitslosigkeit unter Schwarzen

    http://blogs.the-american-inte.....epression/

    aber wenn die, die’s gerade auf die Leiter geschafft haben, wieder abstürzen, dann hat das ja auch seine Vorteile, denn dann wird der Service bei McDonalds bestimmt besser werden.

    Wer es gewagt hätte zu sagen, daß der gefälligst freudigst zu begrüßende Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft zur Wiederkehr des Themas Altersarmut führen würde, wäre als Schwarzmaler an die Wand geklebt worden.

    Experten, Theoretiker ich habe sie rundum dicke

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    Jean-Luc

    Sie vergaßen zu erwähnen, daß mit a bisserl Einsatz von Hirnschmalz und gutem Erinnerungsvermögen und Kreativität durchaus Deutschland die Schuld an Lehman trägt.

    i.e. bin ich die einzige, die sich an das Dauer-Deutschland-Bashing erinnert, weil der Deutsche an sich wohl immer noch gern erst spart und dann kauft – da wurde Dauer-gegen-die-Konsumzurückhaltung-der-Deutschen gefeuert und wir waren der kranke Mann Europas, der es nie wieder, wenn er nicht usw. usw. usw.

    Alles vergessen …

    Noch ein hübsches Beispielchen ist übrigens die seinerzeitige Verehrung für Alan Greenspan weil der so schön wie die Pythia orakeln konnte, da ging der gesamten publizierenden Zunft regelmäßig einer ab, der gleichen Zunft, die heute energischst verlangt, Merkel möge verständlich reden/erklären/sagen was Sache ist.

    Anderen, die ähnlich schlicht gestrickt sind, wie ich schlage ich vor, mal auf die Website der deutschen Ing-Diba zu gehen und zu gucken, was ihn/sie ein Kredit unterm Strich kostet und dann mache er das Gleiche auf der US-Seite der gleichen Bank. Ich bin sicher, er/sie wird dem amerikanischen Info-System in allen Punkten den Vorzug geben. (sarc intended) Mary Beard bloged ab und zu über Konto-Abenteuer in England – mir scheint in dem Punkt leben wir in Deutschland IMHO im Paradies, aber es verstärkt natürlich diese fatale Neigung zum erst Sparen dann Kaufen.

    Und um mich gänzlich unbeliebt zu machen, hier ist auch noch ein schön Marx inspirierter Vortrag (hat genauso viele Argumentationslöcher wie die Keynes oder Hayek Pur Promoter ist aber gut gemacht und ziemlich interessant)

    http://www2.lse.ac.uk/publicEv.....30vOT.aspx

    Auch interessant bei der LSE Andreas Rödder zum Euro

    und last but not least Mario Draghi holt sich mit einer keynesianisch inspirierten Spitze gegen Merkel und/oder Weidmann (iss nich ganz klar) einen Lacher beim offenbar sehr willigen Publikum. Weidmann haut zurück und wen verhaut Schäuble? Weidmann! Jörg Assmussen, der seinerzeit Schäuble mal vertrag, als der krank war, ist für Draghi’s Volten, Weidmann dagegen. Schmeichelhaftes IMHO über Assmussen findet sich bei Michael Lewis Bericht über Deutschland bei Vanity Fair (wohl auch im Buch Boomerang) enthalten.

    Alles sehr verwirrend, aber der ansonsten mich als klug beeindruckende Wirtschaftsweise im Haupt- oder Nebenberuf Alan Posener weiß natürlich, was die beste Action wäre.

    Eins wundert mich, daß es so wenig zu stören scheint – die amerikanische Finanzwelt (privat und Regierung) scheint in einer Art und Weise verknäult, daß es da vor Conflicts of Interest nur so wimmelt und das in nem Land, wo jeder Journalist wundervollerweise alles offen legt. Außerdem werden angeblich gerade all die too-big-too-fail „Lehmans“ noch too-bigger-to-fail – und das soll wünschenswert sein?

    Übrigens, wenn ich zurückdenke an das Geheul bei Einführung des Euros, wie „wir“ nu binnen ganz kurzem den Dollar in die Bedeutungslosigkeit entthronen werden, hätte ich auch einen gesunden Zorn auf „uns“.

    Doch hier genau wie in der Climate-Debatte gilt, wer behauptet, er/sie kenne den Königsweg, dem ist nicht (mehr) zu trauen, der hat sich dem Glauben verschrieben.

  33. avatar

    @ JLL
    Ich weiß nicht mehr, was die Deutschen gesagt haben (wahrscheinlich sowas wie „dieser furchtbare Bush“), aber die Engländer: Barclays wollte die kaufen. Der englische Finanzminister – verschweigen wir lieber schamhaft seinen Namen – sagte im letzten Moment nein. Er begründete das angeblich damit, dass man den amerikanischen „Krebs“ nicht importieren wolle. Einen Tag später war die jüdische Bank hin. Merill Lynch, BofA, Morgan Stanley und die anderen Morgans sowie Goldman Sachs, die aber besser aufgestellt war, haben überlebt.
    Das war „peeka“, sehe ich gerade, nicht Silke, mit der Antiamerikanismus-Unterstellung.
    @ Herrn Heuer
    Wir leben doch nicht mehr in der Wüste, wo man kein pork aß, weil es zu leicht verderblich war. Wie wir heute Kühlschränke haben, haben wir Versicherungen. Bei einem Schuldenschnitt gehen die Versicherungen pleite, vielleicht nicht ganz, denn die sind „too big to fail“. Alle würden dafür zahlen, die Alten mit ihrer Rente, die Mittleren mit ihrer Lebensversicherung. Das geht nicht. Das kann man nicht machen wegen einigen Zockern und einigen, die über ihre Verhältnisse Kredite aufgenommen haben. Man kann nicht die Leute zwingen, Versicherungen zu zahlen, oft für andere solidarisch mit und dann für Misswirtschaft bestrafen. Die logische Konsequenz wäre, die Versicherungen gleich mit abzuschaffen, damit niemand mehr unfreiwillig verschuldet wird und selbst seines Glückes Schmied ist. Also Schuldenschnitt – warum nicht, wenn wir dafür nichts mehr einzahlen müssen.

  34. avatar

    Lieber Herr Posener,

    hier eine Fundsache aus dem Guarduan von 2009:

    http://www.guardian.co.uk/comm.....-coalition

    >Goodness knows, the country needs a shake-up. The economic crisis has exposed Germany’s vulnerability to international markets. The social safety net may have cushioned the impact of the industrial downturn, but the costs are horrific, and the Opel fiasco illustrates the dangers of relying too much on engineering skills and industrial prowess.>

    Wo wäre Deutschland heute ohne den “ famed Facharbeiter “ und wenn .de ihren “ Ratschlag “ befolgt hätte sich nicht zu sehr auf „engineering skills and industrial prowess“ zu verlassen.

    “So kann man sich irren. Und nun kommentiere ich wieder in den Tag hinein. 3 Jahre älter und trotz allem ein wenig weiser geworden, sage ich nur: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.”

    http://www.welt.de/print/die_w.....n-lag.html

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    @ Alan Posener
    Etwas muss ich noch ergänzen: Zu diesem suburbia gehören keineswegs nur Weiße, sondern inzwischen auch fleißige, begabte Schwarze, einige Latinos und Asiaten. Hierzu gehört z.B. Henry Louis Gates, der in Cambridge lebt und mal von der Polizei versehentlich als Einbrecher (in seinem eigenen Haus) verhaftet wurde. Das Theater danach war eine Lachnummer. Die Nachbarn passten also auf Gates‘ auf und riefen die Polizei, weil dort jemand ‚rumschlich. Die Polizei kannte Gates nicht und nahm ihn kurz fest. Wenn Gates ein weißer John Doe gewesen wäre, hätte kein Hahn danach gekräht. Aus diesem Suburbia stammt auch die gut erzogene Pianistin und former secretary of state Condi Rice, hochbegabt. Die meisten Juden, die hochkamen, stammten aus einfachsten Verhältnissen. Weder die Ostjuden, die Ende des 19.Jh wegen Pogromen einwanderten, noch die Ost- und Westjuden, die später wegen der Nazis kamen, hatten irgendwas. Später zogen Einzelne auch in das Suburbia. Von wegen heute noch rein weiß oder rein christlich. Das hätten Sie vielleicht gerne, weil Sie gerne Sachen auf die Christen schieben.
    Was Sie verteidigen, nennt sich dagegen Utopia. Und wenn selbst Ihr Freund Jean-Luc Sie warnt und alle, die Amerika immer geliebt haben, aufwachen, müssen Sie noch einmal nachdenken. So eine blöde „Rhetorik“ wie oben von ‚Silke‘ kannitverstahn können Sie vergessen. Die Liebe zu Amerika sitzt tief. Und Konservative sind tief. Und wenn sie Amerika mit Bremen ohne Bayern vergleichen wie Heinssohn auf achgut, dann ist das die Nachtigall: Ein Weckruf und ohne jegliche Häme. Linke haben Amerika nie geliebt und holen sich jetzt einen ‚runter. Antiamerikanismus lassen wir uns nicht unterstellen, nur weil die Regierung nicht richtig funktioniert. Falls er umdenkt – ich meine der Präsident, der sich bei Romney bedankt hat und sagte, er habe viel von ihm gelernt – kehrt sich das schnell um. Falls Amerika unter Obama oder bipartisan approach wieder auf die Beine kommt, wird die Zustimmung für Obama hier auf Talfahrt gehen.

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    @KJN

    „Weil ansonsten, wenn nicht Krieg, dann zumindest Inflation oder Sozialismus drohen. Und ich denke, die US of A sind da weiter“

    Nun ja die Amerikaner haben sich ihrer Kriegsschulden aus dem 2. Weltkrieg durch Inflation entledigt.

    Sind sie deswegen weiter?

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    @Jens Christian Heuer
    „5. Buch Mose, Kapitel 15“
    Das sag‘ ich doch schon lange: Eine Gesellschaft, in der nicht alles alle 30 bis 50 Jahre durch Krieg „umsortiert“ wird, braucht sowas wie Jubeljahre.
    Weil ansonsten, wenn nicht Krieg, dann zumindest Inflation oder Sozialismus drohen. Und ich denke, die US of A sind da weiter. Vielleicht weil eine offene Zukunft dort eher akzeptiert wird, nicht jedes alte Gemäuer konserviert wird und nicht jede Idee. Amerika ist – trotz vielem, ich weiß, ich weiß – vielleicht insgesamt progressiver.
    Und zu Keynes: Ein Festhalten an einer (reinen) Lehre hat noch nie wirklich geholfen, das ist im schlimmen Sinne konservativ.
    Im Zusammenhang mit hiesigen Vorlieben ausgedrückt: Wenn man das Lenkrad immer gerade hält kommt man nicht voran und landet im Graben, auch auf der Autobahn.

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    Cher M. Posener,

    Was haben eigentlich die Europaer zur Lehman crisis gesagt.

    Sind wir Amerikaner da nicht in den Rücken der Europaer gefallen??

    Und sind wir da nicht wieder bei der Frage:

    Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei??

    So unisono über die “ ach so dämlichen Deutschen zu singen.“ ??? (Zitat Silke)

    Aber vielleicht wollen sie auch wieder an die beruehmte deutsche “ Dolchstosslegende “ erinnern??

    So optimistisch wie sie die derzeitige Situation in den US sehen kann ich persoenlich nicht unterschreiben.
    Auch wenn ich ein think positive philosophy Anhaenger bin.

    Warten sie erst einmal die naechsten 7 Wochen ab.

    Wenn wir dieses Problem nicht loesen dann wird die europaeische Wirtschaftskrise immer groesser.

    Was ich bei ihnen leider vermisse ist ein Vorschlag, wie e.j wir unsere Schulden verringern koennen.

    Aber da sie Anglist sind ist dies vielleicht zuviel verlangt oder?

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    @ Alan Posener
    Ehrlich: Bescheiden

    1. Was Sie oben beschreiben unter dem Oberbegriff „Weißer Mann“, wozu Sie rechnen können heterosexuell, die Familie und die Kirchen, ist eine Reaktion auf
    a) revenge
    b) „you didn’t build that“
    c) einer Aussage aus früheren Zeiten, er, der jetzige Prez., habe nichts übrig für „suburban people“, sprich citizens, Bürger und auch letztlich Ihren Paradearbeiter aus Detroit, auf den die Republikaner zu wenig eingegangen sind.
    2. Schon früher gingen Arbeiterkinder auf’s College. Auf ein College zu kommen, ist jetzt nicht so schwer. Sie nahmen dafür einen Studienkredit auf, so wie heute. Wesentlicher Unterschied: I.d.R. konnten sie den später zurückzahlen, weil Sie einen Job bekamen. Obamacare ist nicht die einzige Jobvernichtungsmaschine, sondern auch der Dodd-Frank-Act oder die zunehmende Abhängigkeit des Bürgers vom Staat, die soweit geht, dass die demokratische Partei Mobiltelefone verschenkt. Früher ging man nach dem College, wenn man weiter wollte, ein paar Jahre Friseur oder Kellner machen und verdiente das Geld für den MA (plus weiterer Studienkredit).
    3. Dass Keynes nicht geht, zeigt Griechenland. Ja, und Amerika. Sie haben ein schönes Stück für Ben Bernanke geschrieben. Aber BB ist nicht das Problem, denn wenn er 2014 geht, wird er mit einem/einer Ähnlichen ersetzt. Im Endeffekt zahlt der Mittelstand. Viermal so hohe Benzinpreise, schleichende Inflation. Das diese Wirtschaft sich erholt hat, glauben Sie mal schön weiter. Double A, nicht Triple A.

    Mehr hören Sie davon nicht von mir, weil ich keine Zeit habe. Merken Sie sich: Suburbia interessiert ihn nicht (und Sie übrigens auch nicht), und seine Pastoren sind alle fundamentalistisch progressiv aufgestellt. Sie können nicht hier die Piusbruderschaft kritisieren und das gleichzeitig übersehen. Den Antisemitismus von Wright z.B. Da hätten Sie eigentlich ein schönes Betätigungsfeld. Ich postuliere: Das ist Ihnen verschlossen, weil unser Journalismus immer linear abhängig von jeweiligen amerikanischen Vorgaben arbeitet.

  40. avatar

    Gerade erklärt uns aber ein Konservativer auf der Mutter aller konservativen Seiten, dass die USA ein „Mega-Bremen“ sei. ( http://www.achgut.com/dadgdx/i.....er_europa/ )

    Das USA-Bashing hat also Einzug erhalten bei den Pro-Amerikanisten. Vielleicht dreht es sich ja wieder um. War es nicht in den 1950er Jahren die „Negermusik“, die die Konservativen abgeschreckt hat, die USA gut zu finden?

  41. avatar

    Vielen Dank für diesen Artikel! Ich kann da jeden Satz unterschreiben!
    Zum Schuldenproblem:
    Staatliche Schulden lassen sich nur dann zurückzahlen, wenn die Konjunktur gut läuft und die Steuereinnahmen fliessen. Von daher ist der europäische Ansatz, der vor allem von der deutschen Regierung vehement vertreten wird schon einmal grundfalsch.
    Trotzdem, wie sie richtig andeuten, sind die Staatschulden schon derart hoch, daß ihre Begleichung nicht mehr möglich erscheint.
    Dieses Problem ist in der Geschichte nicht neu. Schon in der Antike scheiterten die damals fortschrittlichsten Gesellschaften wirtschaftlich am Schuldenproblem. Es bildete sich eine dünne Schicht von Besitzenden, die einer großen Masse von überschuldeten Armen gegenüberstand, deren Schicksal sehr oft die Schuldknechtschaft war. Allein das Jüdische Reich fand damals eine Lösung für das Problem durch einen regelmäßig, alle 7 Jahre stattfindenden allgemeinen Schuldenerlass (5. Buch Mose, Kapitel 15)! Ein Lösungsansatz auch heute?
    Beste Größe
    Jens Christian Heuer

  42. avatar

    Klasse. Ich freue mich immer schon auf Dienstag. Gibt ja nicht so viele „romantische Europäer“ (Posener über Posener). Wundervoll auch, dass Sie gleichzeitig romantischer Amerikaner sind. Bitte mehr davon.

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