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Bahamas goes bananas

Das Zentralorgan der „Antideutschen“ hat sich erneut mit unserem Bundespräsidenten  befasst und dabei, was in dem Zusammenhang nicht zu vermeiden ist, auch mit mir. Hier ist der Artikel:

http://redaktion-bahamas.org/auswahl/web64-2.html

Philipp Lenhard, der im privaten Mailverkehr ein netter Kerl ist, und nur als Autor seine grimmige Marx-Maske aufsetzt, kritisiert die Kritik an Gauck, wie sie von Clemens Heni, Denis Yücel, Richard Herzinger und eben auch von mir vorgetragen wurde. Damit will ich mich zuerst auseinandersetzen. Darüber hinaus aber ist sein Essay ein Musterbeispiel undialektischen Denkens und in so fern über den Tag hinaus interessant.

1. Lenhards Kritik an mir beruht auf Unterstellungen und Verzerrungen

Es lohnt sich, den Schluss des Artikels zuerst zu lesen, wo Lenhard völlig richtig Gaucks Einlassungen zu Israel kritisiert. Man hat das Gefühl dass sich Lenhard hinsetzte, um Gaucks Kritiker zu kritisieren, und dann von Gaucks Korrektur der deutschen Staatsräson kalt erwischt wurde. Zwar behauptet er, „Yücel und Co.“ wären so beschäftigt mit der typischen deutschen Geschichtsdebatte gewesen, dass sie Gaucks Israel-Kritik nicht bemerkt hätten. Das ist Unsinn. Vielmehr hängt Gaucks Relativierung des Holocaust offenkundig zusammen mit seiner Relativierung der deutschen Verantwortung für Israel, die er ausgerechnet nach einem Besuch in Yad Vashem formulierte.

Es lohnt sich auch, die Fußnoten zu lesen. In Fußnote 12 behauptet Lenhard, ich würde „Religion – insbesondere das Christentum – generell für antiaufklärerisch“ halten. Das kann nur behaupten, wer weder mein Buch über die Gottesmutter Maria noch meine Polemik gegen Papst Benedikt XVI. gelesen hat. In beiden Büchern wird auf die potenziell emanzipatorischen und aufklärerischen Inhalte nicht nur der Religion allgemein, sondern speziell des Katholizismus verwiesen. Benedikt wird von mir auch deshalb kritisiert, weil er gerade diese Ansätze brutal unterdrückt.

Es lohnt sich auch, das zu lesen, was ich wirklich gesagt habe. So meint Lenhard, ich hätte mich der Kritik des „antideutschen Aufpassers“ (gute Formulierung!) Clemens Heni an Gauck angeschlossen. Es geht um folgende Formulierung Gaucks: „Unübersehbar gibt es eine Tendenz der Entweltlichung des Holocaust. Das geschieht dann, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist.“ Heni (den ich bei anderer Gelegenheit als „Antisemitismusschnüffler“ bezeichnet habe)  sah darin schlicht die Leugnung der Einzigartigkeit des Holocausts; Lenhard sieht darin eine Affirmation der Notwendigkeit kritischer, auch vergleichender, rationaler Analyse, und stimmt Gauck ausdrücklich zu. Meine Position war differenzierter. Wer das nicht glaubt, kann das hier nachlesen:

 

https://starke-meinungen.de/blog/2012/02/28/der-pfarrer-als-prasident-joachim-gauck-und-der-holocaust/#more-3157

 

Ich schrieb: „Das perfide an dieser Passage ist, dass Gauck eine richtige Aussage – es wäre falsch, wenn man sich damit begnügen würde, den Holocaust „zu verdammen und zu verfluchen“, ohne sich zu bemühen, ihn zu begreifen – in einen Kontext packt, der das Begreifen des Holocausts eigentlich verunmöglichen will.“

Wie das vor sich geht, habe ich erläutert. Zum Beispiel so: „Zunächst benutzt (Gauck) eine rhetorische Figur, die zutiefst unehrlich ist (…). Er nennt keine Namen. (…) Er kritisiert eine „unübersehbare Tendenz“. Damit kann sich jeder angesprochen fühlen – oder keiner. (…) Wenn Gauck kritisiert, „das Geschehen des deutschen Judenmordes“ (was für eine unpersönliche Formulierung! Aus den Mördern wird ein Adjektiv) werde „in eine Einzigartigkeit überhöht, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist“ – meint er da, dass jeder, der die Singularität dieses Verbrechens behauptet (also etwa auch der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker), entziehe es dem Begreifen? Und wenn nicht, warum sagt er es dann  nirgendwo in dieser Rede?“

Freilich hätte Gauck – hätte auch Lenhard, der aber auf dem Auge blind ist – ein in der Tat „unübersehbares“ Beispiel für die „Entweltlichung“ und religiöse Überhöhung des Holocaust leicht finden können. Bei seinem Besuch in Auschwitz im Mai 2006 sagte Papst Benedikt unter anderem: „Im Tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Maße des Menschseins aufgerichtet hat.“ In Auschwitz „sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten, die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels, mit der Schoah, sollte im Letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht, und endgültig durch den neuen, selbst gemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken, ersetzt werden.“

 

http://www.welt.de/politik/deutschland/article4510495/Als-Benedikt-XVI-aus-Taetern-Opfer-machen-wollte.html

 

So wird aus dem rassisch begründeten Völkermord an den Juden eine quasi-religiöse Tat, das ultimative Verbrechen: der Gottesmord. Das, was die Christen 2000 Jahre lang den Juden vorwarfen, und was letztlich den quasi-religiösen Impuls der Nazis befeuerte, die in den Juden das Böse schlechthin erblickten, wird einfach umgedreht und den Nazis vorgeworfen, mit dem schönen Nebeneffekt, das Christentum von seiner Mitverantwortung am Holocaust freizusprechen und zum potenziellen Opfer zu stilisieren, während jeder „Glaube an die Herrschaft des Menschen“ in die Nähe der Mordideologie der Nazis gerückt wird.

Das passiert in der Tat, wenn der Holocaust „entweltlicht“ – das heißt, wenn von konkreten Tätern und konkreten Opfern abgesehen wird, und es ist ironisch, dass der Ex-Pfarrer Gauck, der die Betonung der „unheiligen Sakralität“ des Holocaust kritisiert, am Ende, bei einer Kritik an der „Orientierungslosigkeit der Moderne“ und der Menschen landet, die eine „religiöse Sinnstiftung“ verloren hätten: also genau da, wo der Papst ihn haben will. Dazu hat der von Lenhard kritisierte Richard Herzinger das Nötige gesagt.

 

2. Lenhard kann nicht dialektisch denken

Lenhards Bibel ist die „Dialektik der Aufklärung“ von Theodor Adorno und Max Horkheimer. Leider versteht er nicht, was Dialektik ist. Die Dialektik ist, um es kurz zu machen, der Prozess, der dazu führt, dass aus Sinn Unsinn, aus Wohltat Plage wird, wie es in Goethes „Faust“ heißt – und umgekehrt: Wie sich die Dinge durch die Entfaltung der ihnen innewohnenden Widersprüche in ihr Gegenteil verkehren können. Dialektisches Denken ist also darauf aus, diese Widersprüche zu erkennen und den Umschlag von Sinn in Unsinn aufzuspüren. Lenhard selbst gibt ein schönes Beispiel für diesen Prozess zu Beginn seines Essays, als er schildert, wie die Antideutschen, die sich als Negation des bundesrepublikanischen Geschichtskonsenses konstituierten, sich nun als Affirmation dieses Konsenses begreifen müssen. Doch anstatt das als dialektische Entwicklung zu begreifen, redet Lenhard von einer „verflixten Situation“!

Ähnlich ergeht es Lenhard mit seinem Heiligen Buch. Die „Dialektik der Aufklärung“ mit seiner Kritik an der instrumentellen Vernunft spielte eine fortschrittliche rolle, als sie in der frühen Bundesrepublik rezipiert wurde. Damals glaubte Schelskys „skeptische Generation“, die Lehre aus der Katastrophe heiße, jeder „Ideologie“ aus dem Weg zu gehen und eine rein der „Sachlogik“ und dem „Sachzwang“ verpflichtete Politik zu betreiben, um eine rationale und darum menschliche Gesellschaft zu errichten. Mit ihrer Kritik der reinen Vernunft verwiesen Adorno und Horkheimer auf die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit den Ideologien, die jene Katastrophe hervorgebracht hatten. Seit geraumer Zeit jedoch wird das Buch von linken und rechten  Reaktionären dazu benutzt, die Aufklärung als emanzipatorisches Projekt zu diffamieren und, wie Gauck und Ratzinger es tun, Auschwitz als notwendiges Produkt der „Orientierungslosigkeit der Moderne“ oder der Selbstermächtigung des Menschen hinzustellen. Sinn wird Unsinn, Wohltat Plage, so auch dieses Buch. Aber das begreift Lenhard nicht.

Die „Dialektik der Aufklärung“ hat ihre nützlichen Seiten, aber sie taugt wenig zur Erklärung jener modernen Gesellschaft, wie sie sich jedenfalls im Westen der Republik nach 70 Jahren Frieden, Kapitalismus und Demokratie (in der Reihenfolge) herausgebildet hat. Nichts gegen vergleichende Genozidforschung, aber dann muss es auch eine vergleichende Aufklärungsforschung geben und die Frage geklärt werden, weshalb es in den avanciertesten Demokratien eben nicht zum Faschismus gekommen ist. Das hat mit der schlichten Einübung der Demokratie und des Rechtsstaats zu tun, mit Gewöhnung und – ja, auch Schelskys Unsinn wandelt sich in diesem Zusammenhang in Sinn – mit Skepsis gegenüber Zielen, die jenseits des konkreten gesellschaftlichen Prozesses ausgemacht und gefunden werden. Lenhard hat Recht, wenn er die Nazi-Ideologie als gnostische Religion bezeichnet; was er nicht begreift, ist dass die Gnosis vom Christentum in unser Denken und Fühlen eingeführt worden ist; dass sie auch das linke utopische Denken durchdringt, dass dialektisch denken bedeutet, die Entfaltungsmöglichkeiten der Gegenwart zu erkennen und also zur diesseitigen Weisheit der Genesis zurückzukehren: „Und Gott sah, dass es sehr gut war.“ Aber das ist vielleicht eine andere Geschichte.

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107 Gedanken zu “Bahamas goes bananas;”

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    @Lieber Parisien: Ganz sicher kennen Sie Sartre.
    Der sieh den Atheismus anders, als Sie.

    Sartre sieht Gott als die Bedrohung der menschlichen Freiheit. Und den Atheismus als Voraussetzung für Freiheit und Humanismus.

    Nachfolgend ein zum Thema passendes Zitat von Sartre:

    „Der Mensch muss sich selber wieder finden und sich überzeugen, dass ihn nichts vor ihm selber retten kann, wäre es auch ein gültiger Beweis der Existenz Gottes.
    In diesem Sinne ist der Existentialismus ein Optimismus, eine Lehre der Tat, und nur aus Böswilligkeit können die Christen, ihre eigene Verzweiflung mit der unseren verwechselnd, uns zu Verzweifelten stempeln. „

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    @Lieber Parisiene und Roland Ziegler: Wirklich keiner , auch nicht einmal Nietzsche und T. von Aquin haben meine Frage zufriedenstellend beantwortet.

    Lassen Sie mal alle Religionsphilosophen und andere weg, stellen Sie die Frage mal auf eine gan simple Ebene.

    Ich sehe die Gottesfrage ähnlich, wie Voltaire“ Gäbe es Gott nicht, müßte man ihn erfinden.
    Gott als disziplinierende moralische Instanz, eine gute Sache mit der jeder eigentlich leben könnte.

    jetz stellt sich aber für mich wieder die durchaus sehr simple Frage. Wen diszipliniert Gott, auf welcher Seite steht er?
    Nehmen wir exemplarisch mal unser Land. Ein Volk, das mehr als 12 Jahre riesiges Unheil über ganz Europa brachte, wurde hinterher durch die entsprechende Entwicklung dermaßen begünstigt, während unsere ehemaligen Opfer, z.B.die Bewohner des Ostblocks, nochmals „gezüchtigt“ wurden, durch die neue Diktatur.

    Daß Gottes auserwähltes Volk, die Juden, fortwährend durch die Fans seines Shnes verfolgt und vernichtet wurde ist auch so eine Sache.

    Nach meinem Geschichtsverständnis stand“Gott“ nie auf der Seite des Otto-Normal, er stand nachweislich auf der Seite der Macht und des Geldes.

    Ich bin wahrlich kein Atheist, eher ein Aufgeklärter, der sich seine eigenen Gedanken macht anstatt sich von anderen vordenken zu lassen.

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    @ Moritz Berger
    Nun ja. Ob Neid ein Trieb ist oder eine anerzogenene gesellschaftliche Unart, muss natürlich auch überlegt werden. Zählt zu den Todsünden.

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    Apo: Und diese Phobie hat ja mit dem Christentum zu tun, und mit dem Vorwurf des Gottesmords, auch wenn Sie das partout nicht akzeptieren wollen.

    … nix da, ursprünglich finden Sie die Weissagungen in den Schriften der ‚Juden‘ zum Zeugnis über Jesus selber. Daher kein ‚Christenmachwerk‘.
    Beispiel: … in den Weissagungen des Jesaja, etwa 700 v. Chr., die im Original [sic!] in den Qumranschriften, welche am Toten Meer gefunden wurden, kann man nachlesen:

    Jesaja 53; 5 Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.

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    @A.Posener
    So wie ich sie verstehe, treffen Ihre Thesen besser zu als andere.
    Sie wissen oder behaupten warum Gauck nicht weiß, was der Holocaust nicht ist, respektive nicht war. Sie unterstellen, der Geist, der Teufelsbrut bekundenden Rationalität/Irrationalität?, ist immer noch nicht in die Flasche zurückgekehrt, das Böse geht um, und sie kennen seinen Namen?
    Können Sie damit leben, dass ich nicht begreifen kann, wie ein solcher Irrsinn des Grauens Wirklichkeit werden konnte und dass ich mich damit überhebe, alle Schuldigen zu benennen, die in Gedanken bewusst oder unbewusst die Fundamente des Holocausts legten oder den Hass in der Welt aus Glaubensgründen schüren? Wie schützen Sie sich selbst vor Ihren eigenen Vorstellungen vom richtigen Weltbild und den damit verbundenen Machtansprüchen, in dem Sie andere Thesen vertreten, geistige Verdikte aussprechen? Wenn ich mich recht erinnere, nannten Sie sich selbst einmal einen Agnostiker, wie können Sie dann die Thesen anderer mit absoluter Bestimmtheit abweisen?
    Wenn Gauck bekundete, er wüsste, was der Holocaust nicht war, und seine Dialektik auf Wahrheit pochte und nicht nur einen Teilaspekt zu deuten versuchte, dann wäre er, wie die meisten auch, ein Scharlatan und Sie sein Bezwinger. Was ist gewonnen? Sagen Sie es mir. Wie stehen Sie zu Nietzsche? Sollte er sich nachträglich die Kugel geben? Benedikt16 ist eine kleine Erscheinung aus einem noch kleineren Ort in der Nähe von Braunau, der an das Glasperlenspiel glaubt, so what? Können Sie über Locke hinaus oder wo beginnt der Irrsinn? Beginnt er bei Descartes, was wußte Aristoteles, was er nicht hätte wissen sollen? Sind die Rabbis klüger, wissen sie mehr über unsere Unwissenheit, über die Finsterniss in unseren kleinen Hirnen?

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    @ Alan Posener
    Ich will schon einsehen, dass das auch eine Rolle spielte bzw. benutzt wurde, um die Leute gegen die Juden aufzuwiegeln. Trotzdem frage ich mich ganz klar, ob Ihre Haupttriebfeder ist, den christlichen Kirchen zu schaden, oder ob Sie Martin Luther mit Martin Luther verwechseln:
    http://de.wikipedia.org/wiki/W.....Teilnehmer

    Sonst sehe ich da keinen, der einer Religionszugehörigkeit verdächtig wäre, aber eine Menge Banale.

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    Liebe Rita Groda: Sie wissen doch: „Als Gott den Menschen schuf, übte sie bloß.“
    Lieber Parisien, wer einen „Trieb eleiminieren“ sill, wie sie es mit dem neid vorschlagen, begibt sich auf das schwierige Gelände der Erschaffung eines neuen Menschen. Das geht immer schief. Siehe oben.
    Und: Bei allen Ähnlichkeiten, die man bei der vergleichenden Genozidforschung entdeckt, und es sind viele, bleibt die Judenverfolgung der Nazis singulär. Nicht wegen der angeblich „industriellen“ Methoden. Nicht wegen der Zahl. Sondern wegen der quasi-religiösen Motivation. Die Nazis haben ja mehr Russen als Juden umgebracht, aber das war sozusagen „vernünftig“; sie wollten einen leeren Raum im Osten, den sie als Kornkammer besiedeln konnten. In der Ukraine ist das Wüten der Nazis und der Bolschewiki ähnlich, weil die Motive ähnlich sind. Es geht darum, sich in den Besitz dieser Kornkammer zu setzen und möglichst viel Getreide mit möglichst wenigen Menschen zu produzieren. Der Mord an den Juden hat aber keinen rationalen Hintergrund, und deshalb irrt Gauck ja, wenn er meint, ihn allein rational analysieren zu können. „Der Jude“ gilt den Nazis als das Böse schlechthin: Männer, Frauen und Kinder – eine Teufelsbrut. Und diese Phobie hat ja mit dem Christentum zu tun, und mit dem Vorwurf des Gottesmords, auch wennn Sie das partout nicht akzeptieren wollen.

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    @ Rita E. Groda
    Schauen Sie ihn mal an, den Ton. Er wurde gefilmt und beschrieben im Zentrum eines Werks. Dieses Werk beinhaltet das ganze menschliche Treiben. Es zeigt, wie die Götter das Treiben maßregeln (Pastorale), wie einer nach der Macht greift, die ihn dann verschlingt (der Zauberlehrling), einen apokalyptischen Dämon, der alles vernichtet (eine Nacht auf dem kahlen Berge) und gleich danach, am Ende, das Ave Maria mit Auferstehung. Eingeleitet wird das Werk, das von Leopold Stokowsky dirigiert wird, von Toccata und Fuge in d-moll von Bach. Und in der Mitte steht der Ton. Walt Disney’s größtes Werk: Fantasia.

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    Und Rita, weil es Kain gab und gibt. Weil eben derjenige, der das mit dem Ebenbild formulierte, einerseits an einen Idealzustand dachte und nicht an einen Istzustand. Und weil er andererseits den ersten Menschen, der mit Gott zu tun hatte Adam nannte. Adam=Ton. Und damit ist nicht nur der Lehm gemeint, sondern auch der Logos, den Johannes wieder aufgreift. Und warum existieren wir noch? Durch die Güte der Alliierten. Aber dass man Kain (Nazideutschland) mit einem Kainsmal versehen weiterleben lässt, hat auch eine Logik.
    Wenn Sie bedenken, dass es Kreise gibt, die ihr Opfer Abel heute gern zu Kain machen, wissen Sie, wie schädlich der Atheismus eigentlich ist.

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    @ Rita E. Groda
    „Wenn Gott universal gut ist und allwissend, wie kann das “Ebenbild” so monströs mutieren?“

    Weil das Gute nur durch den Menschen wirkt. Wenn aber der Mensch das Gute abspaltet, ist er auch nicht mehr empfänglich für Gott.

    So flehten gelegentlich die jüdischen Opfer am Rand ihrer ausgehobenen Gräber ihre Mörder an, sich doch auf den gemeinsamen Moses besinnen zu wollen, und es führte zu nichts. Weil die weltliche Macht, wenn sie überhand und den gesamten Raum einnimmt, die geistliche Macht verdrängt, und weil die nackte weltliche interessenbasierte Macht nicht zusammengeht mit dem Guten, wenn sie hundert Prozent besetzt, und weil Jesus das so formuliert hat, dass das bloße Kalkül, in der Bibel Mammon genannt, wenn es überhand nimmt, das, was Gott symbolisiert, vernichtet, was ja andersherum dann ausgeführt ist in der Bergpredigt.
    Es bedeutet jedoch nicht, dass das zwangsläufig so ist. Daher gibt es im NT die Gestalt des Pharisäers Nicodemus, der von beidem hat.
    Das bedeutet, dass das Eine immer mit dem Anderen sein muss, weswegen ja die Religionen alle auf Besinnung pochen.
    Und deswegen ist der nach 1945 eingetretene Atheismus eine große Gefahr, vor allem dann, wenn er durch Konsumerismus und Idolismus ergänzt wird.

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    @Rita E. Groda: Anderswo wurde diese Frage durchaus beantwortet, allerdings auf verschiedene Weise. Nach Thomas v. Aquin: Da Gott allmächtig ist, kann er auch monströs sein, so wie es sein Ebenbild geworden ist. Nach Nietzsche: Nicht Gott hat den Menschen nach seinem Eben-, sondern der Mensch den Gott nach seinem Idealbild geschaffen.

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    Die Aufgeklärtheit der Nazis kann man ermessen, wenn man sich ihre Beiträge zur „deutschen Mathematik“ und „deutschen Physik“ einmal zu Gemüte führt:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Mathematik
    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Physik

    Das ist schlichter Nonsens unterbelichteter Geister, allenfalls eine alberne Simulation von Wissenschaft, in ihrer vernebelnden Wirkung antiaufklärerisch. Das ist nicht mal „ein bisschen Aufklärung“, so dass die Thesen Adornos noch „ein bisschen“ hinhauen könnten, sondern das direkte Gegenteil.

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    Keiner hier und auch anderswo scheint sich die elmentarste Frage zu stellen:

    Laut der Bibel schuf Gott den Menschen nach seinem Ebenbild.

    Wenn Gott universal gut ist und allwissend, wie kann das „Ebenbild“ so monströs mutieren?

    Liegt der Denkfehler bei Gott oder seinen Ebenbildern?

  14. avatar

    @Parisien: Stammväter des logischen Denkens gibt es viele, z.B. Aristoteles und seine denkwürdige Analyse von „Sein im akzidentellen Sinn“, die er an der ebenso denkwürdigen Eigenschaft der „Stülpnasigkeit“ bespricht. Aber auch die Scholastiker und der heilige Thomas v. Aquin waren nicht ohne. Eigentlich gab es zu allen Zeiten Leute, die sich für die Welt – und wenn nicht für die Welt, dann wenigstens für die Begriffe – interessiert haben.

    Genau: die Nazis waren nicht sehr aufklärerisch; sie haben stattdessen – von ihren Verbrechen einmal abgesehen – eine gewaltigen Haufen Stumpfsinn verbreitet.

  15. avatar

    @ Roland Ziegler
    „Jedes Unternehmen will sich an meinem Erfolg bereichern und mir Dinge unterjubeln, die ich nicht brauchen kann, für die ich natürlich zahlen soll.“

    Es zwingt sie aber nicht. Es wirbt lediglich dafür und bezahlt dafür Werbefachleute. Sie müssen das ja nicht kaufen. Wenn kollektive Verdummung dazu führt, dass Leute sachen kaufen, die sie nicht brauchen, ist das kein Zwang, sondern allenfalls eine Zwangsneurose. Wenn Leute für Flachbildschirme Kredite aufnehmen, kann man ihnen nicht helfen.

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    @ Roland Ziegler
    „Es gibt nichts prinzipiell Neues, was die Aufklärung geschaffen hätte. Auch das logisch-semantische Denken, die Methodik des Argumentierens und Überzeugens, die Feststellung von Faktizität ist nicht von der Aufklärung geschaffen worden.“

    Weil sie auf der Renaissance aufbaute, die den richtigen Namen trägt und über die man zu wenig spricht?

    „weder blies sie zur Ausbeutung der Ressourcen unserer Welt (das taten andere)“

    weil das in der Renaissance begann (Lateinamerika)?

    „noch führte sie zum Holocaust.“

    weil man den Nationalsozialismus nun wirklich nicht als aufklärerisch bezeichnen kann. Eher handelte es sich doch um eine Mischung aus archaischem, vorrömischem Kulturgut und Sozialismus, gepaart mit Nationalismus und extremem Machtstreben im Sinne von Zweckrationalismus, der der Aufklärung fremd war.
    Den Antisemitismus von Voltaire erkläre ich mir einerseits aus der Zeit und andererseits durch Broder, der (in etwa) konstatierte, Antisemitismus sei dort, wo Juden seien, sei also ein auf ihre bloße Existenz abzielendes Ressentiment. Richtig bekämpft und geächtet wird er doch erst seit dem Holocaust.

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    @Parisien: Was ist schlecht daran, sich an anderer Leute Erfolg zu bereichern? Jedes Unternehmen will sich an meinem Erfolg bereichern und mir Dinge unterjubeln, die ich nicht brauchen kann, für die ich natürlich zahlen soll. Das ist Neid auf mein Geld, das ich abgeben soll. Apple ist auf Microsoft neidisch und umgekehrt. Neid ist keine Erkärung für eine Monstrosität wie den Holocaust, Neid ist ganz normal und kommt – wie Bösartigkeit, Dummheit, Egozentrik – in den besten Familien vor.

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    Die Aufklärung ist m.E. nur ein Freiräumen von historisch-verkrusteten Denkstrukturen und ein Anstacheln der Neugier, sonst nichts. Es gibt nichts prinzipiell Neues, was die Aufklärung geschaffen hätte. Auch das logisch-semantische Denken, die Methodik des Argumentierens und Überzeugens, die Feststellung von Faktizität ist nicht von der Aufklärung geschaffen worden.
    Schon immer haben sich die Menschen gefragt, wie sie selber und die Dinge um sie herum beschaffen sind. Manche Antwort darauf taugte einfach nichts und war narkotisierend in ihrer ständigen Wiederholung. Solche Antworten nahm die Aufklärung ins Visier. Dabei entwertete sie nichts, was nicht vorher schon wertlos war; weder blies sie zur Ausbeutung der Ressourcen unserer Welt (das taten andere) noch führte sie zum Holocaust. Allerdings führt sie den Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit, und mündig zu sein bedeutet auch, sich schuldig machen zu können. Wer mündig ist, kann Irrtümer und Verbrechen begehen. Dies ist die einzige Verbindung von der Aufklärung zum Holocaust, die ich sehen kann.

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    @ Alan Posener
    „und zu wenige, die sich ruhig mit der Frage beschäftigen, was da eigentlich passiert ist und warum.“

    Ja, das finde ich auch. Daher finde ich es begrüßenswert, dass jemand wie Götz Aly kürzlich wieder etwas von dem „warum“ herausgearbeitet hat und dabei auf allgemeine menschliche Grundzüge wie Neid stieß, die in Deutschland besonders ausgeprägt zu sein scheinen und derzeit wieder wilde Blüten treiben mit Phantasien über „Reichensteuern“ bis hinunter in die Mitte der Mittelschicht, Enteignungsphantasien wie auch Zwangsphantasien (Leute zwingen, Staatsanleihen zu kaufen).
    Somit kommt man zu dem Schluss, dass die Muslime sich im Grunde glücklich schätzen können, dass sie nicht die rasante Adaptationskarriere der Juden vor 1933 durchgemacht haben, denn wenn beides zusammentrifft, Neid und Xenophobie in Wirtschaftskrisen, wird es richtig gefährlich.
    Und für die Tutsi, die Armenier oder Pol POts legendäre „Brillenträger“ war es nicht wesentlich anders, so dass man sich auf diesen Grundzug konzentrieren sollte, weil dieser erst die Triebfeder bereithält, eine größere Menge zu mobilisieren. Man muss also den Holocaust, auch wenn er singulär ist, m.E. generalisieren, um diesen Trieb in der Menschheit zu eliminieren, einen Trieb, den Systeme, derzeit in Nahost, immer wieder nutzen, um a) von ihrem Versagen abzulenken und b) sich zu bereichern an anderer Leute Erfolg.

  20. avatar

    @M.B.

    .. ich habe nur Ihre Fragen beantwortet. Sie stimmen mir im Wesentlichen zu.

    Warum die Welt so ist wie sie ist und wie die Welt optimal sein sollte, was ‚wir‘ dazu beitragen könn(t)en, darüber zu ‚philosophieren‘ ist dieses Forum, selbst das Internet – letztendlich – wohl nicht geeignet.

    Und was die Zukunft angeht, mein Großvater mütterlicherseits Bauer, sagte immer: wer im Frühjahr Kraut anbaut und auf Gott vertraut, hat im Winter Sauerkraut.

  21. avatar

    @ J.M. Backhaus: Wenn man durch den Wust Ihrer Worte steigt, ergibt sich:
    1. Nichts Genaues weiß man nicht.
    2. Die Juden sollen uns nicht vorschreiben, wie wir den Holocaust deuten.
    Was 1. betrifft, so stimme ich Ihnen zu. Deshalb schickt man Thesen in die Welt, um wenigstens hier und dort durch Diskussion etwas Licht in die Finsternis zu bringen.
    Was 2. betrifft, so stimme ich Ihnen auch zu. Der Holocaust ist vor allem ein deutsches Problem. Leider gibt es zu viele Deutsche, die – wie Gauck – sagen möchten, was der Holocaust nicht ist und was Holocausgedenken nicht sein darf, oder warum sie – wie Walser – das Gedenken satt haben, oder – wie Lenhard – weshalb das alles Diskussionen von gestern sind und man lieber zur Abwechslung in den Iran einmarschieren sollte, um Israel zu helfen; und zu wenige, die sich ruhig mit der Frage beschäftigen, was da eigentlich passiert ist und warum.

  22. avatar

    @blonder Hans

    Vergessen Sie Friedman, Keynes, Marx und Engels…und M1 und M2 umd die anderen monetären M´s
    Halten sie es lieber mit Jim Rogers:

    Kaufen Sie einen Bauernhof

    http://tinyurl.com/bpo6ftx

    oder der schwäbischen Hausfrau:

    Liebe vergeht, der Hektar besteht

    http://www.youtube.com/watch?v=1L1jAn8ZqXw

    Meine Kollegen halten sich daher nicht mehr mit Diskussion über die Korrelation von Produktionsptential und Geldmenge auf, sondern haben bereits konkret eine Energiegenossenschaft, eine Imkergenossenschaft und eine Communbrauerei gegründet.

    Die Genossenschaftsanteile waren wie bei einem run sehr schnell vergeben.

    Jetzt geht es an den Bauernhof, bzw. für die Vegis an Obst- und Gemüse und für die Fleischliebhaber an chicken-cooperatives bzw. Modelle wie rent-a-cow:

    http://www.rent-a-cow.ch/

    http://www.meinekleinefarm.org/

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    @blonder Hans

    Lieber blonder Hans.

    Sie leben leider in einer von ökonomischen Wunschmodell-Welt.

    Lesen Sie einmal die Ausführungen von Straubhaar und Snower zu den gängigen Wirtschaftsmodellen.

    Jeder weitere Kommentar ist dazu überflüssig.

    Was Eichel, Steinbrücj und Asmussen bzgl. der Liberalisierung des Finanzsektors betrifft da gebe ich Ihnen vollkommen recht.

    An anderer Stelle habe ich schon vor Monaten von Steinbrück und Asmussen als Pyromanen beschrieben, die sich in diesen Tagen als feuerwehrleute anpreisen.

    Dass Sie Thatcher und Reagan als die Politiker die mehr oder weniger due Deregulierung des Finanzsektors in Bewegung gesetzt haben unterschlagen Sie hier leider.

    Aber vor 1989 waren Sie sicherlich noch im Tal der Ahnungslosen oder/und haben nur den Spruch von Reagan an der Berliner Mauer am Brandenburger Tor vernommen.

    Schaffen Sie es trotz einer unterschiedlichen Situation einmal die dinge ganzheitlich zu betrachten?

    Im Gegensatz zu Ihnen und da bin ich sehr auf einer Linie mit Dennis Snower, Staubhaar und anderen, sehe ich den Ausweg weder im vom freien Marktspiel deregulierten Kapitalismus noch in einer zentralistischen Wirtschaftsform à la Sozialismus, sondern neige mehr dem Modell von Ellinor Ostrom von kleineren dezentralem Wirtschaftseinheiten zu.

    Dennoch eine konkrete Frage an Sie:

    Wenn Sie die Forderung nach einer Aufhebung der Monopole erheben, dem Abbau des Lobbyismus.

    Wie sollen die Werkzeuge aussehen, wenn z.B. das nationale wie auch das europäische Kartellamt nur sehr bedingt eingreifen kann und mehr oder weniger
    “ milde Kartellstrafen “

    Und wenn Sie die Werkteuge haben, wie wollen Sie z.B. mehr oder wenuger kartellähnliche Absprachen wie beim Liborsatz verhindern.

    Und bitte keine Sprüche:

    Wie Bismarck würde alles besser machen.

    Dass sind nostalgische Träume, die man vielleicht in Meck-Po träumen kann aber nicht in N.Y.London oder Frankfurt und anderen Finanzmärkten.

  24. avatar

    @APo
    Ihre Metaphysik der Dialektik ist sicherlich nicht uninteressant, jedoch die Vereinnahmung in der erörterten Art und Weise muss notgedrungen selbst im Widerspruch enden.
    Zitat: „Vielmehr hängt Gaucks Relativierung des Holocaust offenkundig zusammen mit seiner Relativierung der deutschen Verantwortung für Israel[…].“
    Vielleicht sollten Sie diesen Satz mit Herrn Gauck erörtern, anstatt ihn als Ausgangspunkt einer Diskussion zu setzen, die irgendwie in der Luft hängt, da dieser sich dazu nicht äußern kann.
    Die Dialektik setzt die Fiktion, dass sie ein Thema in seiner Gesamtheit zu erhellen glaubt, dies aber angesichts der Komplexität von Zeitgeschichte und der Vielzahl der verschiedenen Motive und unübersehbaren Prozesse nicht wirklich leisten kann. In diesem Sinn bleibt jede subjektive Erkenntnis zwar ein objektiver Sachverhalt, der jedoch implizit auf Ideologieverdacht oder Abfrage von political corretness hinausläuft, also ein Sprachspiel um Deutungshoheit, dh. der ein Abgleichen mit vorhandenen bewussten oder unbewussten Axiomen oder Dogmen vornimmt. Konkret sieht es fast so, als gäbe es in DE Kreise, die vertragliche Ansprüche auf die Deutungshoheit des Holocausts besitzen, und die jede Stellungnahme dazu zensieren meinen zu müssen? Es wird Zeit diese Zensur zu überwinden und einen Diskurs, in dem es um Nützlichkeitserwägungen aus objektiv geschehenem Unrecht geht, die kalte Schulter zu zeigen, sonst endet man in einem Regress. Die historische Wahrheit ist auch immer eine Wahrheit des Augenblicks, vielleicht kann man damit leben. Den Äußerungen von Benedigt16 oder die Dialektik der Aufklärung integrieren auf jeweils spezielle Art. Sie sind beide Lösungen eines unbegränzten Wertebereichs. Falsch wäre es m.M. nach der einen Seite mehr Berechtigung zusprechen zu wollen als der anderen. Sie sind beide Ausdrücke singulärer historischer Prozesse im allgemeinen Hintergrundrauschen des Universums. Die Aufklärung definierte die Bedingungen unter denen Naturwissenschaft erfolgreich praktische empirische Erfahrung leisten können sollte, sie schaffte das durch das Postulat der Freiheit und damit auch den Raum für Ideologie und endlose Macht über den Erdkreis. Aber wer möchte dieses Postulat noch streichen oder anders gesagt, wer könnte sich dem Relativismus des kategorischen Imperativs entziehen wollen, ohne Gefahr zu laufen, seine Würde zu verlieren? Die Religionen sind evolutionäre Phänomene, die historische Erfahrungen für Gemeinschaften oder den einzelnen konservieren, diese aber auch nur dogmatisch, institutionell in den historischen Prozess einfließen lassen können. Je näher man ein Objekt betrachtet, um so stärker wirkt man auch auf es ein und verliert es aus dem Focus (iSv. Heisenberg). Ergo die Sprache der Perspektiven lernen und dabei nicht das menschliche Maß aus dem Auge verlieren (persönliches Credo).

  25. avatar

    Leider habe ich im Moment wenig Zeit (Bin nur kurz auf Durchreise, wir fahren noch einmal weg.).

    Den Holocaust begreifen? Jeden Versuch, den ich unternehme, jedes Mosaiksteinchen, das ich finde, macht es komplexer. Im Moment lese ich gerade das Buch von Shlomo Sand „Die Erfindung des jüdischen Volkes“. Vieles hatte ich mir schon aus der jüdischen und israelischen Literatur zusammengesucht. Gleichzeitig zeigen sich für mich auch die Parallelitäten zwischen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit.

    @alle: Ich wünsche allen ein paar schöne Sommertage und eine intensive Diskussion. Bis bald.

  26. avatar

    @M.B. Nachtrag

    … hier übrigens haben Sie auch gleich eine Begründung warum die sozialistische EU, nebst ‚DDR‘, UdSSR u.s.w. nicht funktionieren konnte, wie ’s Friedman vorher gesagt hatte, nämlich: .. eine am Produktionspotential orientierte Geldpolitik.

    Jetzt müssen Sie nur noch das Produktionspotential der EU-Mitglieder vergleichen. Schaffen Sie das?

  27. avatar

    M.B.: Das die sozialistische Politik Verursacher der Deregulierung ist, ist neu für mich
    Aber da haben Sie aufgrund Ihrer persönlichen Vita wie J-L. an anderer Stelle anmerkte eine andere Sichweise.
    Und dann erklären Sie mir Küchenökonom einmal wie Sie Finanzbetrügern, die laut Ihrer aussage
    ” Sozialisten ” sind, auf die Finger klopfen wollen.

    … werter M.B., die von SPD und Grünen in Regierungsverantwortung vorangetriebenen Deregulierung und ‚Liberalisierung‘ – schon vergessen?

    Bundesfinanzminister Hans Eichel, SPD: ‚Hedgefonds sollen gegenüber herkömmlichen Investmentfonds nicht mehr diskriminiert werden.‘
    Eichel schwärmte öffentlich von Verbriefungen, dass ‚private Anleger von den höheren Renditen der Hedge-Fonds profitieren könnten‘ und vieles andere mehr.

    … der Rest Ihrer Frage ist ‚Abiturstoff‘: 😉

    Nach Friedman: Der entscheidende Faktor für Veränderungen des Volkseinkommens ist die Veränderung der Geldmenge.

    (Fragen Sie Ihren Kollegen doch mal nach der Geldmenge M. 😉 )

    Der Geldwert ändert sich ausschließlich durch Geldmengenänderungen. Eine zu starke Ausdehnung der Geldmenge führt zur Inflation, eine zu starke Bremsung des Geldmengenwachstums führt zur Deflation.

    Die Geldmenge kann staatlicherseits durch Geldmarkt-, Kapitalmarkt- und Mindesreservepolitik verändert werden.

    Forderungen:

    Der Staat sollte eine Geldmengenpolitik betreiben, die nicht in antizyklischer Manier versucht kurzfristig die Konjunkturschwankungen zu glätten, sondern die sich am langfristigen Wachstumspotential der Wirtschaft orientiert. Die Geldmenge sollte jährlich etwa 3 bis 5 Prozent zunehmen.
    Fiskalpolitische Maßnahmen sind zu vermeiden.

    Das heißt: .. eine am Produktionspotential orientierte Geldpolitik.

    – Abbau von Monopolen, die Aufhebung von ökonomischen ‚Verkrustungen‘ (Besitzstanddenken, Lobbyeismus usw.),
    – der Abbau von Interventionen und Subventionen (z. B. im [EU-] Agrarbereich),
    – der Abbau von Investitionshemmnissen
    – die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.

  28. avatar

    @blonder Hans

    …..‘Deregulierung mit den negativen Folgen’ ein Ergebnis sozialistischer Politik ist….

    Das die sozialistische Politik Verursacher der Deregulierung ist, ist neu für mich 🙂

    Aber da haben Sie aufgrund Ihrer persönlichen Vita wie J-L. an anderer Stelle anmerkte eine andere Sichweise.

    Und dann erklären Sie mir Küchenökonom einmal wie Sie Finanzbetrügern, die laut Ihrer aussage
    “ Sozialisten “ sind, auf die Finger klopfen wollen.

    strange, very strange sagt gerade mein US-Kollege 🙂

    Forget it, es ist an dieser Stelle wohl besser zu den Bananas zurückzukommen, auch ein DDR Problem

  29. avatar

    es gibt keine loesung im binnenkonsens.
    wir leben in einer beschisskultur, in der vielfaeltigste maschen zur uebervorteilung nicht. ur geduldet werden, sondern geradezu als normal und richtig gelten.
    auswuechse wie vorurteile, zuschreibung (negativster) Eigenschaften und Absichten sind da ganz normale vorgaenge, und zwar nicht nur auf der einen seite.

  30. avatar

    OT anlässlich Olympia: Congrats to all riders
    ARD-BS:
    „Debütantinnenball ohne Glanz: Die deutsche Dressur-Equipe mit ihren vier Olympia-Neulingen muss sich im Greenwich Park von London auf eine historische Schlappe einstellen. Erstmals seit 1960 in Rom werden die Reiter mit Frack und Zylinder wohl kein Gold liefern. Nach dem Ausfall von Millionenpferd Totilas sind die Chancen auf Platz eins nur minimal.“
    http://olympia.ard.de/london20.....n6165.html

    1.) Wir haben ein hervorragendes junges Dressurteam mit wunderbaren Pferden, bei dem Pferd und Reiterin harmonieren.
    2.) Die Engländer haben mit Carl Hester und seiner Schülerin Charlotte Dujardin das etwas bessere Team, das sich zudem durch einen neuen Stil auszeichnet, den das deutsche Team ebfs. favorisiert, jenseits von Zusammenschnüren der Tiere.
    3.) Sie sollen „liefern“. Nö, Mädels, liefern ist das falsche Wort für diesen Sport, bei dem es auch um Tiere geht. Ihr macht das ganz toll.
    4.) Die Holländer haben auch noch ein Wort mitzureden.

    ARD: Worte eines beleidigten Olymiateilnehmers. Fünf Goldmedaillen soweit, so what! Es sind ganz tolle Spiele.
    Hier sieht man, wie weit Europa reicht, eben nur bis zum Euro, aber nur ganz oben. Wir anderen können auch die anderen Nationen genießen.

    Mögen die Dressurdamen das irgendwann zur Bestärkung im Internet finden! And Congrats, Nick Skelton and Co, Oranje and also Prince Abdullah and Co for yesterday’s success, and thanks a lot for the suspense!
    And thanks, London!

    Auf welchem Planeten lebt die ARD?

  31. avatar

    Fatale Gleichungen: Rationalität + Moral = freiheitliche Verhältnisse. Rationalität ohne Moral = Nazi-Barbarei bzw. Kommunismus.

    Der Ursprung und die Bedeutung der Moral sind hier völlig ungeklärt. Unvorstellbar anscheinend, dass man ohne Religion und ohne esoterische „Vernunft“ – nur mithilfe von handelsüblicher Rationalität – zu einer Moral gelangen kann, die sich von der Nazimoral oder der kommunistischen Moral unterscheidet.

  32. avatar

    @ Philipp Lenhard: Ein tolles Zitat von Freud und eins, das mich immer zutiefst geärgert hat, denn es ist blanker Unsinn, leider. Auch die Angelsachsen sind im Sinne Freuds späte Konvertiten zum Christentum, und, ich wiederhole mich, haben bei allem gewöhnlichen Antisemitismus nie eine Anfälligkeit für jene eliminatorische Variante, die in Deutschland – das vergisst man gern – eben nicht nur Hitler vertrat. Die Spanier hingegen, als Kernland des Imperiums Christen der ersten Stunde, haben die Juden nach der Reconquista vertrieben, die Inquisition eingerichtet, um die Rückfälligkeit bei den jüdischen „Conversos“ aufzuspüren, und den Begriff der „limpieza de sangre“ erfunden. Nein, Freuds „Analyse“ hält nicht einmal der oberflächlichsten Überprüfung stand, und ich kann sie mir eigentlich nur taktisch erklären: als Versuch des todkranken Exilierten, die Christen für die Sache der verfolgten Juden zu gewinnen. Was bekanntlich fehlschlug. Wenn sich also Benedikt tatächlich auf Freud bezieht, spricht das nicht für ihn. Benedikt hat überhaupt ein instrumentelles Verhältnis zu Quellen, die er übrigens nach Gusto verfälscht, was Sie wüssten, wenn Sie mein Buch gelesen hätten, statt sich auf das dumme Elaborat des Islamophoben Uli Krug zu stützen, der mir im wesentlichen vorwirft, nicht wie er auf „die reaktionärste Ideologie des vergangenen Jahrhunderts“ einzuprügeln (nein, nicht der Nationalsozialismus, sondern eben der politische Islam), mit meinem Papst-Buch also vom Hauptfeind abzulenken.

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    M.B. @blonder Hans
    Vorab ich bin kein Geschichtsexperte.
    Dennoch ein Frage:
    Hat der Zusammenbruch des Kommunismus u.U. auch dazu geführt, dass die durch die Angst vor dem Kommunismus/Sozialisnus beeinflußte Kapitalisten eine moderaten Kapitalismusweg verfolgten und erst nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems eine Dammbruch im Kapitalismus möglich war?
    Siehe Deregulierung mit den negativen Folgen.

    … als ‚Finanzexperte‘ sollten Sie wissen, dass die ‚Deregulierung mit den negativen Folgen‘ ein Ergebnis sozialistischer Politik ist. Kapitalismus ist keine Gesellschaftsform. Selbst Jäger und Sammler mussten um ‚tauschen‘ zu können, mehr als für den Eigenbedarf jagen und sammeln. Oder?

    Es genügt Finanzbetrügern, das sind übrigens Sozialisten*, auf die Finger zu ‚klopfen‘.

    *) Sozialisten sind die, die verteilen wollen was ihnen nicht gehört. Bis zum Untergang. Zuletzt 1989. Übrigens die, die zur Wende 1989 sich in einer russischen Sauna auspeitschen ließ – regiert die ‚BRD‘.

  34. avatar

    Re-Formulierung des Punkts, der mir missfällt: Lenhard behauptet, der „Rationalismus der Aufklärung […] trug von Anfang an den Verrat an der Vernunft in sich“, weil er die Menscheit für entbehrlich halten würde. Für diese Behauptung finde ich keine Begründung; es gibt auch keine. Ein Rationalismus, der sich gegen die Menschheit richtet, ist irrational und damit ein Widerspruch in sich. Zweckrationalismus, der blind irgendein Ziel zu erfüllen trachtet, kann sich auch gegen sich selbst richten, aber ein umfassender „Rationalismus der Aufklärung“, der auch seine Ziele betrachtet, kann sich selbst ausradieren. Der beliebte Antagonismus Vernunft vs. Rationalismus ist ein Hirngespinst.

  35. avatar

    Lieber Herr Posener,

    ich hatte befürchtet, dass Sie das tun würden; dass sie wirklich wagen würden, sich auf ein Feld zu begeben, von dem Sie nachweislich nicht den blassesten Schimmer haben: Dialektisches Denken. Ich glaube, Sie tun sich damit keinen Gefallen. Nun, sei’s drum. Ein paar Anmerkungen seien aber gestattet:

    1) Wie Sie und jeder andere nachlesen kann, habe ich in meinem Text (und auch schon in dem Vortrag, auf dem dieser basiert) auf ein Interview aus dem Jahr 2010 hingewiesen, in dem Gauck bereits genau dieselben Drohungen gegenüber Israel ausstieß wie bei seiner Reise 2012. Sie haben, wenn ich mich nicht irre, dieses Interview nicht zur Kenntnis genommen, während ich es bereits VOR dem Israel-Besuch Gaucks aufgespießt habe. Ich will Ihnen das nicht vorwerfen, aber doch darauf hinweisen, weil Sie ja behaupten, sie hätten das sowieso alles geahnt. Mag ja sein, nur: den Beweis dafür bleiben Sie dem Leser schuldig.

    2) Fußnote 12: Eine Analyse Ihres Benedikt-Buches würde an dieser Stelle zu weit führen (Uli Krug hat sich ihm in der Bahamas 59/2010 ausführlich gewidmet). Ihr Buch über Maria kenne ich tatsächlich nicht.

    3) Sie übersehen, dass ich die Reihung Heni, Yücel, Posener, Herzinger (entlang der jeweiligen Bezugnahmen) vorgenommen habe, weil Sie und die anderen die Behauptung der Holocaust-Relativierung Gaucks gemein haben. Das heißt aber selbstverständlich nicht, dass Sie alle exakt dasselbe sagen würden. Ich habe beispielsweise Ihnen – im Gegensatz zu Heni – nie vorgeworfen, den Holocaust auf jene pseudoreligiöse Metaebene zu heben, die das Begreifen und Erforschen unmöglich macht. Insofern habe ich auch nichts verzerrt – Sie fühlen sich in diesem Punkt zu Unrecht angesprochen.

    4) Zur Papstrede empfehle ich Ihnen vergleichend Sigmund Freuds „Der Mann Moses und die monotheistische Religion“ (1937), eine der luzidesten Analysen des Antisemitismus. Zitat Freud: „[M]an sollte nicht vergessen, daß alle diese Völker, die sich heute im Judenhass hervortun, erst in spät-historischen Zeiten Christen geworden sind, oft durch blutigen Zwang dazu getrieben. Man könnte sagen, sie sind alle ‚schlecht getauft‘, unter einer dünnen Tünche von Christentum sind sie geblieben, was ihre Ahnen waren, die einem barbarischen Polytheismus huldigten. Sie haben ihren Groll gegen die neue, ihnen aufgedrängte Religion nicht überwunden, aber sie haben ihn auf die Quelle verschoben, von der das Christentum zu ihnen kam. […] Ihr Judenhaß ist im Grunde Christenhaß, und man braucht sich nicht zu wundern, daß in der deutschen nationalsozialistischen Revolution diese innige Beziehung der zwei monotheistischen Religionen in der feindseligen Behandlung beider so deutlichen Ausdruck findet.“ (Freud, GW XVI, S. 198) Mir scheint, ausgerechnet Benedikt ist durch diesen Gedanken stark beeinflusst (ebenso übrigens durch die „Dialektik der Aufklärung“, wie sich nicht nur an der Rede vor dem Deutschen Bundestag, sondern auch an der Enzyklika „Spe Salvi“ ersehen lässt). Dass Benedikt in seiner Rede von den Tätern und Opfern abstrahiert, ist wahr, aber die Frage ist, ob das gleich eine „Relativierung“ darstellt, denn Benedikts Erklärung schließt ja nicht aus, dass die Täter für ihre Taten voll verantwortlich sind.

    5) Die „Dialektik der Aufklärung“ ist nicht meine Bibel; schon alleine deshalb, weil die Wahrheit, wie Adorno sagt, einen Zeitkern hat. Einiges von dem, was Adorno und Horkheimer in jenem Buch geschrieben haben, müsste man heute anders formulieren. Und dass die globalgeschichtliche Perspektive, in der Aufklärung letztlich mit der Herrschaft über die Natur gleichgesetzt wird, ihre Tücken hat, wussten auch die, die sie einnahmen. Dennoch halte ich es für ein nach wie vor hochaktuelles Buch von unschätzbarem Erkenntnisgehalt. Und zwar gerade nach „70 Jahren Frieden, Kapitalismus und Demokratie“. Wenn Sie meinen Text aufmerksam gelesen haben, werden sie feststellen, dass die Begründung dafür sein Thema ist und dass mir nichts ferner liegt als „die Aufklärung als emanzipatorisches Projekt zu diffamieren“. Ich zitiere, ganz unbescheiden, mich selbst: „Dass jener Zweckrationalismus kein positiver Inhalt, sondern eine Denkform ist, die der auf innerer wie äußerer Herrschaft basierenden Zivilisation entsprungen ist, ignorierte Herzinger ebenso wie die Tatsache, dass die ‚Aufklärung über die Aufklärung‘ (Adorno) keineswegs Zivilisationsfeindschaft ist, sondern ganz im Gegenteil dem humanen Potential der Zivilisation die Treue hält.“

    6) Die Frage, warum es in den USA, Großbritannien, den Niederlanden etc. nicht zum Nationalsozialismus gekommen ist, ja, warum die entsprechenden Bewegungen nicht einmal im Ansatz die Chance hatten, die Macht zu ergreifen (Philip Roth‘ Buch ist Fiction), ist tatsächlich – da stimme ich Ihnen unumwunden zu – zentral. Nicht zufällig aber sind es gerade wieder die Vertreter der Kritischen Theorie gewesen, insbesondere Horkheimer, die sich zu diesem Thema ausgiebig geäußert haben. Offenbar gibt es weder eine „Notwendigkeit“ des Umschlags von Demokratie in Nationalsozialismus bzw. von Kapitalismus in Vernichtungsökonomie noch bedeuten diese Begriffe immer dasselbe. Da wir im privaten Mailverkehr schon ausführlich darüber diskutiert haben, hier nur der Hinweis: Die Differenz etwa der Vereinigten Staaten und Deutschland ist geschichtlich begründet und schlägt sich vor allem in einem ganz anderen Verhältnis des Bürgers zum Staat nieder.

    Es gäbe noch so vieles zu sagen. Aber belassen wir’s dabei.

    Mit besten Grüßen
    Philipp Lenhard

  36. avatar

    @ Alan Posener
    „Das heißt, er hat genau das getan, was Gauck kritisiert, nämlich die Einzigartigkeit des Holocaust religiös überhöht.“
    Ja, und ich meine, man kann das machen.
    Aber man sollte die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Ein Schluss nach vielen Völkermorden, auch im Rahmen des Kommunismus, ist für mich, dass der Rottenmord ein zutiefst un-menschliche Eigenschaft ist und man immer auf der Hut sein sollte, und dass es jede Gruppe treffen kann. Das bedeutet, dass man den Holocaust zwar überhöhen, aber nicht den Schluss daraus ziehen kann, dass es bei Völkermorden immer nur Juden trifft.
    Andererseits muss man sich bewusst sein, dass er in Form von Atomkrieg sich in Israel wiederholen kann. Es ist also diffizil, ihn einereits zu überhöhen, ohne ihn andererseits als exklusiv zu betrachten. Sie haben recht, das muss tatsächlich sehr differenziert betrachtet werden, und ich schreibe mit, obwohl ich weiß, dass meine intellektuelle Kapazität, die mehr aus gesundem Menschenverstand besteht denn aus intellektuellen Konstrukten, dafür nicht reicht.
    Aber ich will mal konkret werden: Es muss eine Möglichkeit geben, dass man den Holocaust singulär betrachtet und auch überhöht, ohne dass die schuldlosen jungen Deutschen, meist sympathische, verantwortungsbewusste Erdenbürger, damit belastet werden.
    Und noch etwas: Da es die Spatzen schon lange von den Dächern pfeifen und es inzwischen sogar in Forbes und FP thematisiert wird, muss, m.E.!, eine Struktur wie Goldman-Sachs, obwohl sie von einem Juden geführt wird, offen kritisiert werden. Das wäre dem Antisemitismus eher abträglich. Wenn man immer in solchen Fällen einen Schleier darüber zieht, sagt sich jeder heimlich …. (Sie wissen schon). Was ist dabei, wenn Mist gebaut wird und der ist zufällig jüdisch? Es gibt genauso viel anderen Mist unter anderen. Dieses jahrelange Tuscheln im Internet führt mehr zu Antisemitismus als eine ganz offene Diskussion. Ich denke hier an die Wiener Bankenkrise 1871, die zu einem ungeheuren Antisemitismus führte. Es geht nicht an, dass wir über Jedermanns Verfehlungen schreien, aber nicht analysieren, was im Bankenwesen schiefgelaufen ist, also, dass der Holocaust benutzt wird, um nötige Diskussionen abzuwürgen. Verzeihen Sie mir diese ehrlichen Worte. Sie haben nichts mit D allein zu tun, denn auch in England kann man ein kontinuierliches Anwachsen von AS feststellen und vermutlich auch in den USA. OWS war ein Teil davon. OWS erledigt sich in dem Moment, wo die Banker selbst transparent analysieren, was schiefläuft. M.f.G.

  37. avatar

    @ Posener: Wie kommen Sie denn darauf? Wen sollte ich hassen? Weil ich den Papst mag, hasse ich die Menschheit? Aber Sie haben Recht, ich muss Gott täglich um Vergebung bitten, weil ich prinzipiell schon Böses in mir habe. Ohne Gott, mit sozialer Manipulation, wird sich daran auch nichts ändern. Ich hasse den Fakt, dass Leute mit Gott oder Gotteskritik Geld machen wollen. Aber das haben schon die Propheten im A. T. beklagt.

  38. avatar

    …Die eben vorgetragene Kritik am „zweckorientierten Rationalismus“-Begriff ziehe ich zurück; laut Wikipedia lassen sich „Zweck“ und „Ziel“ synonym verstehen (ich hatte „Zweck“ als auf ein Ziel bezogen verstanden, so dass sich eine merkürdige Tautologie zu Rationalismus ergeben hat…)

  39. avatar

    In dem Artikel von Philipp Lenhard geht einiges durcheinander, was wahrscheinlich auch den Wortreichtum erklärt. Z.B. erscheinen mir seine Bemerkungen zum Rationalismus unverständlich. Da steht was von „zweckorientierter Form“ des Rationalismus. Ich weiß nicht, was das sein soll, bzw. was das Gegenteil – eine nicht-zweckorientierte Form des Rationalismus – sein könnte. Allumfassende Weisheit? Unter Zweckrationalismus versteht man normalerweise eine etwas primitive Form rationalen Denkens, eine Methodik zum Erreichen eines Zieles. Insofern wäre Zweckrationalismus eine ZIELorientierte Form des Rationalismus. Was dagegen eine ZWECKorientierte Form sein soll, weiß ich nicht.

    Dieses ist aber nur ein Beispiel von vielen.

  40. avatar

    @ YeRainbow: Ich denke, dass auch die Religion dialektisch betrachtet werden muss. So ist der polnische Katholizismus eine treibende Kraft bei der Befreiung von Kommunismus gewesen, und ohne Pastor Martin Luther King und seinen religiös motivierten Widerstand ist die Überwindung der Rassentrennung in den USA nicht denkbar. Radikale Protestanten haben eine führende Rolle bei der Gründung der Bewegung gespielt, die zur Abschaffung der Sklaverei im britischen Weltreich geführt hat, und Amerikas demokratische Verfassung geht letztlich auf den „Mayflower Compact“ zurück. Und so weiter und so fort.
    @ Christoph Rohde: sie können nur hassen. Sehr bedauernswert.
    @ Parisien: Sie sagen es. Der Papst meint einfach: Wer bei den Nazis mitgemacht hat (90 Prozent der Gläubigen), zeigt damit, dass er kein echter Christ war. Sehr einfach. Hätte die Kirche das damals klar und deutlich gesagt, und entsprechend gehandelt, wäre es gar nicht erst zum Holocaust gekommen. Im übrigen hätte der Papst NICHT das Gleiche über den Völkermord in Ruanda gesagt, an dem, was oft vergessen wird, Christen führend beteiligt waren, darunter auch Priester und Nonnen. Er sagte ja in Auschwitz, dass mit den Juden auch deren Gott verschwinden sollte. Was man bei anderen Völkermorden nicht sagen kann. Das heißt, er hat genau das getan, was Gauck kritisiert, nämlich die Einzigartigkeit des Holocaust religiös überhöht. Merke: erst lesen, dann interpretieren. Und: nicht reflexhaft immer die Kirche verteidigen, das ist so undialektisch wie YeRainbows pauschale Religionskritik.

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    @ Moritz Berger
    „Hat der Zusammenbruch des Kommunismus u.U. auch dazu geführt, dass die durch die Angst vor dem Kommunismus/Sozialisnus beeinflußte Kapitalisten eine moderaten Kapitalismusweg verfolgten und erst nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems eine Dammbruch im Kapitalismus möglich war?“

    So sieht dat aus.

    Daneben bauten sie aber an einem neuen Feindbild, was nach 9/11 leicht war. Nur funktionierte das nicht so recht, denn Islamisten, die den Kommunisten russischer Prägung ideell ähneln, haben im Gegensatz zu diesen vor nichts Angst. Ihr apokalyptisches Weltbild mag ihnen dabei helfen. Nun müsste man aber sagen, dass das gerade ein Grund wäre, den Kapitalismus moderater zu führen. Daher greift das Obige wohl zu kurz.
    M.E. ist es die Globalisierung, die den Dammbruch erst ermöglicht hat, also das Ausbrechen des Kapitalismus aus staatlichen Strukturen mit der Folge auch der Unbegreiflichkeit für viele Politiker, Medienleute und Bevölkerung allgemein. Daher waren früher die meisten Linken Globalisierungsgegner. Die ganz neue Gefahr ist, dass manche das plötzlich nicht mehr sind und Herr Trittin 2012 nach (grobe Ortsangabe) Amerika eingeladen wird.

  42. avatar

    Nur eine Frage.
    Ist Religion (glaube, aber teste nicht, und stell keine blöden Fragen!) denn nicht anti-aufklärerisch?
    Also, JEDE Religion. Nicht nur spezielle.

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    @blonder Hans

    Vorab ich bin kein Geschichtsexperte.

    Dennoch ein Frage:

    Hat der Zusammenbruch des Kommunismus u.U. auch dazu geführt, dass die durch die Angst vor dem Kommunismus/Sozialisnus beeinflußte Kapitalisten eine moderaten Kapitalismusweg verfolgten und erst nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems eine Dammbruch im Kapitalismus möglich war?

    Siehe Deregulierung mit den negativen Folgen.

  44. avatar

    Weshalb es in den avanciertesten Demokratien eben nicht zum Faschismus gekommen ist? Weil man den Rassismus auf andere Weise ausgelebt hat, weil die Inselländer geostrategisch nicht permanent bedroht und in einem Hin- und Her zwischen Abwehr und Angriff gefangen waren…
    Und die deutschen „Idealisten“ sind gefährlich gründlich. S. die Hetzjagd auf Rechte. Man sucht nicht mehr den „Viertel-Juden“ im Stammbaum, sondern den „Halb-Rechten“, der mal die Hymne mitgesungen hat.
    Leider droht die europäische Geschichte sich in anderem Gewande zu wiederholen. Und aus jetzt selbstmitleidigen deutschen Palästinenserfreunden werden dann schnell wieder kernige Täter.

  45. avatar

    @ Alan Posener
    „Bei seinem Besuch in Auschwitz im Mai 2006 sagte Papst Benedikt unter anderem: „Im Tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Maße des Menschseins aufgerichtet hat.“ In Auschwitz „sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten, die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels, mit der Schoah, sollte im Letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht, und endgültig durch den neuen, selbst gemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken, ersetzt werden.“ “

    Der Papst hat natürlich Recht. Damit spricht er keineswegs seine Kirche frei. Die Funktionsträger in seiner Kirche, die daran Anteil hatten, würde er nicht unbedingt als Christen betrachten. Er würde allerdings auf untadelige Christen wie von Galen oder Pater Mayer u.ä. verweisen. Natürlich wird mit einer solchen Tat in jedem Fall Gott getötet und Mosis zentrales Gebot: „Du sollst nicht morden“ weggefegt.
    Die Muslime machen im Grunde nichts anderes. Bei jeder terroristischen Tat verweisen sie darauf, dass diese zutiefst unislamisch sei.

    Der Papst macht hier ein rein religiös zu verstehendes Statement. Er hat verschiedentlich darauf hingewiesen, dass er in erster Linie ein religiös zu betrachtender Papst sei. Er würde dasselbe über den Völkermord in Ruanda äußern können. Gott, derselbe Gott, den die alten Hebräer erfasst haben und das Christentum modifiziert übernommen hat, ist ein Wertesystem, das 1933-1945 vollständig zerstört wurde. Auf die Zerstörung dieses Wertesystems folgte das weltliche Leben mit Aufbau und Konsum. Wir hätten längst nicht so viele Atheisten ohne den Holocaust, weder auf jüdischer, noch auf christlicher Seite. Das begreifen von Gott war zu jener zeit zu plastisch. Man fragte, wie er das zulassen konnte, während man ihn heute als machtlos und mehr als Essenz begreift, die nur durch Menschen wirkt.

    Und bei Gauck geht es um etwas anderes, nämlich um die Warnung vor einem Präventivkrieg in israelischem Alleingang. Insofern kann man Gauck und den Papst nicht in diesem Zusammenhang in einem Atemzug nennen, denn dem Papst ging es wohl um die religiöse Wertung des Holocaust und nicht um Israel.
    Gauck warnte möglicherweise davor, dass die Urenkel und Ur-urenkel nicht mit in den Krieg ziehen würden, und das ist vor allem mal eins: Sehr realistisch.

  46. avatar

    Apo: Mai 2006 sagte Papst Benedikt unter anderem: „Im Tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Maße des Menschseins aufgerichtet hat.“ In Auschwitz „sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten, die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels, mit der Schoah, sollte im Letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht, und endgültig durch den neuen, selbst gemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken, ersetzt werden.“

    … ich meine Benedikt hat recht.

    Und für ‚Dialektiker‘:

    ‚Aber es bleibt richtig, dass ohne die russische Revolution von 1917 es nicht die Angst vor den Kommunisten im Bürgertum, insbesondere in Deutschland, gegeben hätte und es war die Angst vor der Machtübernahme durch die Kommunisten, die – stärker als der Antisemitismus, den Nationalsozialisten Wählermassen brachte, als nach Zusammenbruch des Krieges und Inflation der demokratische Staat von Weimar durch die Weltwirtschaftskrise stärker getroffen wurde als die anderen westeuropäischen Staaten.

    Insofern ist der Nationalsozialismus als Bewegung ohne den Kommunismus und die russische Revolution nicht vorstellbar. Dass Hass und Intoleranz im „Jahrhundert der Ideologien“ (Karl-Dietrich Bracher) zu Gewalt und Gegengewalt führten, dies ist die Lehre des fürchterlichen 20. Jahrhunderts. Zur Klärung einer dieser Fragen, der Attraktivität des Kommunismus für zahlreiche jüdische Intellektuelle, trägt Johanna von Biebersteins Buch bei, wenn dessen Thesen insgesamt auch nicht neu sind, sondern schon von Sonja Margolina oder Richard Pipes vorgetragen und belegt worden sind.

    Ein Tabuthema der neueren europäischen Geschichte wird hier jedoch – gut mit Fußnoten und Quellen belegt – in ihrer Gesamtheit nicht nur dargestellt, sondern auch erklärt. Insofern trägt Rogalla von Bieberstein zum Verständnis der Geschichte des 20. Jahrhunderts bei.‘

    Buchempfehlung Jüdischer Bolschewismus. Mythos und Realität.

  47. avatar

    Apo: Mai 2006 sagte Papst Benedikt unter anderem: „Im Tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Maße des Menschseins aufgerichtet hat.“ In Auschwitz „sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten, die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels, mit der Schoah, sollte im Letzten auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht, und endgültig durch den neuen, selbst gemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken, ersetzt werden.“

    … ich meine Benedikt hat recht.

    Und für ‚Dialektiker‘:

    ‚Aber es bleibt richtig, dass ohne die russische Revolution von 1917 es nicht die Angst vor den Kommunisten im Bürgertum, insbesondere in Deutschland, gegeben hätte und es war die Angst vor der Machtübernahme durch die Kommunisten, die – stärker als der Antisemitismus, den Nationalsozialisten Wählermassen brachte, als nach Zusammenbruch des Krieges und Inflation der demokratische Staat von Weimar durch die Weltwirtschaftskrise stärker getroffen wurde als die anderen westeuropäischen Staaten.

    Insofern ist der Nationalsozialismus als Bewegung ohne den Kommunismus und die russische Revolution nicht vorstellbar. Dass Hass und Intoleranz im „Jahrhundert der Ideologien“ (Karl-Dietrich Bracher) zu Gewalt und Gegengewalt führten, dies ist die Lehre des fürchterlichen 20. Jahrhunderts. Zur Klärung einer dieser Fragen, der Attraktivität des Kommunismus für zahlreiche jüdische Intellektuelle, trägt Johanna von Biebersteins Buch bei, wenn dessen Thesen insgesamt auch nicht neu sind, sondern schon von Sonja Margolina oder Richard Pipes vorgetragen und belegt worden sind.

    Ein Tabuthema der neueren europäischen Geschichte wird hier jedoch – gut mit Fußnoten und Quellen belegt – in ihrer Gesamtheit nicht nur dargestellt, sondern auch erklärt. Insofern trägt Rogalla von Bieberstein zum Verständnis der Geschichte des 20. Jahrhunderts bei.‘

    Buchempfehlung Jüdischer Bolschewismus. Mythos und Realität.

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