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Ein Gespräch im Hause Springer über die Zukunft des Euro

Neulich traf ich im Bus auf dem Weg zur Arbeit einen Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion, mit dem ich gelegentlich plaudere, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie in Fachkreisen über die Zukunft der Gemeinschaftswährung gedacht wird. Der Kollege war nicht sehr glücklich über einen Kommentar in der „Welt“, in dem die Europäische Zentralbank (EZB) unter Mario Draghi wegen der Ankündigung großer Aufkäufe von Staatsanleihen der Krisenländer als „trojanisches Pferd der Südländer“ bezeichnet worden war.

Der Kollege (K): Draghi hatte doch Recht. Und auch Angela Merkel und Francois Hollande haben Recht, wenn sie sagen, sie würden „alles tun“, um den Euro zu retten. Wir machen uns gar keine Vorstellung davon, was passiert, wenn die Eurozone zerbricht. Das wird der Untergang Deutschlands als Exportnation bedeuten.

Ich: Weil wir bislang von einer im Verhältnis zu unserer nationalen Wirtschaftskraft unterbewerteten Währung profitieren? K: Richtig. Und weil wir allein zu klein sind, um in einer globalisierten Wirtschaft unseren Platz zu behaupten.

Ich: Aber Südkorea und Japan sind doch vergleichbar klein und behaupten sich doch auch.

K: Bei Südkorea ist es immer noch der Aufholeffekt. Der hält nicht lange vor. Wie Japan trotz seiner horrenden Schulden, die alles in den Schatten stellen, was Europa zu bieten hat, und trotz seiner alternden Bevölkerung das Vertrauen der Märkte erhält, ist mir auch rätselhaft.

Ich: Weil die Japaner Toyota und Sony haben, zum Beispiel?

K.: Ja. Aber wie zukunftsträchtig ist das? Glauben Sie denn, dass wir mit unserem Automobilbau, unserem Maschinenbau, unserem Mittelstand auf Dauer der Konkurrenz Chinas gewachsen sind?

Ich: Nein.

K: Das ist doch alles sehr fragil. Schauen Sie, was mit Opel passiert. Das ist ein Menetekel. Als Nation, die vom Export von Industriegütern lebt, sind wir in besonderem Maße abhängig erstens vom Erhalt der Eurozone als Absatzmarkt und zweitens vom Erhalt des Euro als internationaler Währung, die zudem unterbewertet ist und unsere Exporte außerhalb der Eurozone – also in China und den USA etwa – verbilligt. Wir würden uns bei einem Zusammenbruch der Eurozone  aus dem Markt preisen. Das beachten die Leute nicht, die gegen die EZB Front machen oder die Südländer als reformunfähig abschreiben und lieber heute als morgen zurück zur D-Mark oder vorwärts zu einem Nord-Euro wollen.

Ich: Wenn ich Sie richtig verstehe, sagen Sie: wir müssen unseren Absatzmarkt in Europa und unsere billige Währung durch das Geld des Steuerzahlers erhalten, weil wir sonst nicht konkurrenzfähig wären.

K.: Also…

Ich: Wo ist da der Unterschied zur direkten Subventionspolitik?

K. Also, wenn Sie das so formulieren, dann klingt das natürlich schlimm…

Ich: Ich frage nur. Weil Ihre Argumentation, die ich ja nachvollziehen kann, darauf hinausläuft, dass direkte Hilfen für die Eurozone letztlich auch indirekte Hilfen für die deutsche Industrie sind.

K: Das klingt schon viel weniger schlimm.

Ich: Langfristig aber ist jede Subvention Gift für die Industrie, hemmt die Innovationskraft und schwächt die Konkurrenzfähgkeit. Das schreiben wir doch ständig, und es stimmt wohl auch.

K: Ja, aber wie sagte Keynes: Auf lange Sicht sind wir alle tot.

Ich: Das ist mein Zitat. Das verwende ich sonst immer.

K: Das macht es nicht automatisch falsch. Kurzfristig haben wir es außerdem, das sehen die Leute nicht, die rein wirtschaftlich denken und Anhänger der reinen Lehre sind, mit dem Aufkommen von Neonazis wie der Goldenen Morgenröte in Griechenland zu tun. Ich halte das für eine riesige Gefahr. In Italien kommt Berlusconi wieder mit einer Rechtskoalition. Und glauben Sie ernsthaft, so etwas könne hier nicht passieren?

Ich: Nein. Mich wundert eher, dass die FDP nicht längst auf das anti-europäische Pferd setzt, um den eigenen Arsch zu retten. Aber auch da ziehe ich andere Schlüsse als Sie: Es ist doch der Euro, der diese schlimmen politischen Geister weckt. Im Süden schimpft man über das deutsche „Diktat“, hier über die „faulen Südländer“. Lösen wir die Eurozone auf, wird den Ressentiments der Nährboden entzogen.

K: Na, Sie setzen politisch auf das Prinzip Hoffnung und wirtschaftlich auf die reine Lehre. Eine gefährliche Mischung.

An diesem Punkt angelangt, trennten sich unsere Wege. Was meinen meine Leser?

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53 Gedanken zu “Ein Gespräch im Hause Springer über die Zukunft des Euro;”

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    „Eine Geschichte des Ungehorsams und des Erfolg, von einem gehorsamen Volk mit einer Sechs sanktioniert, nein einer Null muss man an sich sagen-also die französische Notengebung heranziehen. Bestraft mit dem Holocaust.“

    Beschrieben hier:
    http://www.amazon.de/Warum-die.....038;sr=8-2

    Und in diesem Land stirbt er nie aus, der Neid. Es gibt immmer welche, die ihn wieder aufrühren:
    Andrea Seibel beschreibt:
    „Wenn der Ehrliche der Dumme sein soll, dann ist der Erfolg-Reiche somit der Schuldige. Und so genau funktioniert jede Sozialstaatsdebatte, exemplarisch die Steuer- und Abgabendebatte, die wir erleben, in guten wie in schlechten Zeiten.“
    http://www.welt.de/debatte/kom.....Dumme.html

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    Cher Parisien,

    Sie hatten schon Schwierigkeiten mit der Geographie bei Oldenburg.

    Engländer trinken mehr Tee.

    Sorry :

    Die Ostfriesen trinken mehr

    KJN hat schon Recht mit den Ressentiments.

    Ganz nebenbei:

    Juden haben auch eine oder mehre Nationalitaeten.

    Oder wollen sie behaupten Israel hat die meisten Nobelpreistraeger?

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    @Parisien: die Gesetze, die Sie aus abzählbaren Einzeltatsachen glauben herausdestillieren zu können, sind unbekömmlich und falsch. Ganz im Gegensatz zum Solidaritäts-Ouzo, den ich mir selber des Abends genehmige 🙂

    Zu Ihrem anderen Statement: Schüler sind nicht doof, die Lehrer sind es, die „die Märkte“ nicht verstehen. Meiner Erinnerung nach wurde zumindest in meienr Schulzeit zu keinem Zeitpunkt irgendetwas Vernünftiges zum Thema Geld, Ökonomie, Märkte… in der Schule überhaupt angesprochen, geschweige denn „analysiert“. (Wobei ich selten aufgepasst habe und mich deshalb im Rückblick irren kann.) Jedenfalls wäre das viel wichtiger als z.B. Kurvendiskussion, komplexe Zahlen oder Teilchenphysik (und diese drei interessanten Sachen habe ich durchaus mitgekriegt. Aber interessante Sachen sind ja nicht unbedingt wichtige Sachen).

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    @ Moritz Berger
    Etwa so: Dieser Mann nutzt seinen Computer und dominiert ihn dabei. Er schafft etwas Neues.
    Ich frage mich daher, ob das Internet so reguliert werden muss, dass verhindert wird, dass der Computer übernimmt. Und möglicherweise hat er die Börsen übernommen, denn so schnell ist das Gehirn nicht.
    Nochmal zum Auto: Es gibt Verkehrsregeln, weil sich sonst der eine oder andere von seinem Motor verleiten lassen würde, zu schnell zu fahren und Chaos zu erzeugen.
    „Mittlerweile gehört Jobandtalent zu den am schnellsten wachsenden Start-ups Spaniens. Gut 2000 Unternehmen nutzen García digitalen Headhunter, darunter einige der größten Konzerne der Welt.“
    http://www.spiegel.de/wirtscha.....47372.html

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    Ich finde exquisit ist auch: „Japaner sind so duldsam und diszipliniert – trotz Fukushima und so..“

    @Parisien,
    ich weiß nicht, Sie meinen wahrscheinlich mit „Ungehorsam von JudenVitalität und meinen jüngere Israelis, da könnten Sie Recht haben.
    Aber es gab eben auch genügend deutsche Juden, die ihren Gehorsam (->Assimilation) hinreichend unter Beweis.. (Sie wissen schon) – und ich meine, daß auch deutsche Juden, ebenso, wie deutsche Protestanten und Katholiken daher Anrecht auf das typisch deutsche Lebensgefühl (
    suchen sie es hier) haben.

    @68er
    “Anonymblogger haben keine Eier!”
    Ich denke, da können wir zusammenhalten: Wir zeigen letztere halt nur ausgesuchten Personen.

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    M – ein Land sucht ein System

    bzw. „Das System M“ von Gertrud Höhler:

    Das System M etabliert eine leise Variante autoritärer Machtentfaltung, die Deutschland so noch nicht kannte. Die Diktaturen des zwanzigsten Jahrhunderts boten andere Erfahrungen, was den politischen Stil angeht – obwohl die Anklänge nicht zu leugnen sind: die Marginalisierung der Parteien, der Themenmix aus enteigneten Kernbotschaften anderer Lager in der Hand der Regentin; ihre Nonchalance im Umgang mit dem Parlament, mit Verfassungsgarantien, Rechtsnormen und ethischen Standards. Der Anspruch, das deutsche „Bremssystem“, eine Mischung aus Präpotenz und Symbolpolitik, zum Durchgriff auf das Budgetrecht beliebig vieler europäischer Länder auszubauen, ist wieder eine von den geräuschlosen Sprengungen, die Umsturz als Regierungsprivileg durchsetzen.
    http://www.faz.net/aktuell/feu.....41711.html

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    @ KJN
    Topaktuelles, sehr zeitgemäßes Ressentiment:
    Schuhverkäufer, Feinkostlädenbetreiber u.ä.kaufen ihren Töchtern heute Spitzenpferde und ganze Gestüte, damit sie olympische Medaillen gewinnen (hauptsächlich im Dressursport). Beim Gelände und beim Springen dagegen kommt man auch mit Talent klar.

    Übrigens trauriges Ressentiment: Talentierten, aber ärmeren Reitern wird des öfteren ihr Pferd unterm Hintern weggerissen.

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    @ KJN
    Ressentiment?
    Nobelpreise zählen.

    Und Afrikaner tanzen wirklich besser und laufen schneller. Medaillen zählen.

    Und Deutsche sind wirklich manchmal pastös.

    Engländer trinken mehr Tee.

    Mehr Franzosen fuhren über rote Ampeln oder zu schnell (Vergangenheit: Sarkozy hat das Land mit Kameras übersäen lassen).

    Wieso immer gleich Ressentiment? Manches ist richtig und bestätigt sich in den Ländern. Oder bei der Nobelpreisvergabe.

    Ich sag Ihnen mein Vorurteil über Muslime: Muslime sind öfter sehr freundlich.

    Fazit: Die Mischung macht’s, nicht etwa das Nivellieren der Unterschiede. Meine Idee für Griechenland: Weltweit muss jeder Erwachsene jeden Abend einen Ouzo trinken und eine Kopie von Alexis Zorba (das Buch!) kaufen. Außerdem bei einem Griechen Sirtaki lernen, gegen Gebühr, die zu versteuern wäre und bei Kreuzbandschaden zu einem griechischen Arzt gehen 😉

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    @Parisien
    „Die meisten großen Erfindungen werden bekanntlich von Juden gemacht.“
    Ja, und Neger können gut tanzen und Nordeuropäer haben ein schlechtes Bindegewebe.
    Wollen wir diese „Sachen“ nicht mal sammeln und als parfümierten illustrierten anthropologischen Bildband bei Weltbild oder Reader’s Digest anbieten? (Die Idee geht auf EJ zurück.)
    Ich rege hiermit einen Sommerwettbewerb „Mein schönstes Ressentiment“ an und beginne mit meinem schonmal erwähnten: Brasilianer saufen wie die Löcher.

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    Die meisten großen Erfindungen werden bekanntlich von Juden gemacht.
    Ganz schlichte Gemüter meinen vermutlich, das läge am Geld.
    Ich glaube am ehesten, dass es am Ungehorsam liegt. Schon dem alten Moses gehorchten sie nicht, als er Bergurlaub machte. Und Moses gehorchte dem Pharao nicht. Rebecca gehorchte ihrem Mann nicht und Hiob Gott nicht. Die ganze Geschichte ist voll mit Ungehorsam.
    Ein Ungehorsamer ist auf sich selbst gestellt. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als Erfindungen zu machen. Es muss inzwischen intrinsic sein. An sich ist dieser Ungehorsam aber auch in der nicht-jüdischen Kultur verankert: Prometheus.
    Die Engländer sind auch gehorsam, aber anders. Sie gehorchen nur dann, wenn sie den Sinn einsehen. Queuing zum Beispiel macht Sinn (Höflichkeit). Aber sie können auch scharfzüngig ironisch sein. In der Eröffnungsfeier haben sie uns einen Gruß geschickt: Sie ließen eine Statue von Churchill winken. Den Muslimen, die durch Boykottdrohung verhindert haben, dass 40 Jahre später der in München ermordeten israelischen Sportler gedacht wird, haben sie möglicherweise auch einen Gruß geschickt: Sie ließen beim eventing die Reiter durch einen Halbmond auf die Silhouette der City zuspringen. Aber das mag auch nur ein Zufall sein.
    Die Franzosen, die gehorchen, sind keine mehr. Zum Glück gibt es noch welche, die renitent sind.
    Europa darf nie deutsch werden. Lieber einen Haufen Schulden und irgendwann einen weltweiten Schuldenschnitt.
    Eine Geschichte des Ungehorsams und des Erfolg, von einem gehorsamen Volk mit einer Sechs sanktioniert, nein einer Null muss man an sich sagen-also die französische Notengebung heranziehen. Bestraft mit dem Holocaust.

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    @ Moritz Berger
    Beeindruckend.
    Fragen, Vorschläge, Ideen. Nichts Festgefahrenes. Flexibilität. Interessant zu lesen.
    Ich nehem an, dass Sie wissen, wer Oliver Hartwich ist. Ich fand ihn immer brillant. „Die Welt“ wollte ihn nicht haben. Jetzt wird er Neuseeländer nach englischer und australischer Karriere. Ich nehme an, dass er bedeutend mehr verdient als in Deutschland als Journalist.
    Dieses Land erstickt noch an sich selbst. Der Vorhautstreit war ein hervorragendes Symbol. Schlagabtausch, nicht Meinungsaustausch. Aufschlag – Return, von Becker und Sampras eingeführt. Festgefahrene Meinungen. Nicht Cricket oder Polo oder Rasencrocket oder Fußball, nein, Aufschlag und knallharter Return. Kleinkrieg. Bei jedem Thema Kleinkrieg. Oft links gegen rechts und vice versa, System gegen System, siehe auch Don Camillo.
    Natürlich muss man den Kapitalismus, so wie er sich darstellt, in Frage stellen. Die Kapitalisten selbst müssen ihn hinterfragen, um ihn zu reformieren.
    Allerdings stellt sich für mich die Frage, ob das menschliche Gehirn, vernunftbegabt genug und mit Moral versehen (Ausnahmen bestätigen die Regel), die Oberhand darüber behalten sollte. Ich finde ja. Es darf nicht sein, dass durch Computerfehler Milliardenbeträge verloren gehen. Und es darf auch nicht sein, dass Flugzeuge abstürzen, weil der Pilot nicht eingreifen kann.
    Also meine Frage: Zeit für die von Ihnen angedeutete flexible, brillante Ausbildung des Menschen? Zeit, zu erkennen, dass der Mensch die Kontrolle über die Geräte behalten muss? Zeit, sich Sorgen zu machen, weil die Ausbildung zu schlecht ist, um mit dem Computer mitzuhalten?
    Und zum Schluss: Wie der Navi einen schon zum Idioten machen kann, wenn man nicht mitdenkt, und wenn man dem Navi immer gehorcht, so wird ein vollautomatisches Auto den Menschen noch abhängiger, dümmer und unflexibler machen. Also die Märkte auch ein Computerproblem?
    Was APo betrifft: Er ist einer der Flexibelsten. Ich schiebe das auf die Bi(tri)nationalität und das Aufwachsen in diversen Ländern.

  12. avatar

    Hier eine aufschlußreiche Info:

    Die neuen multidisziplinären Studiengänge sind ein Versuch, die im Zuge der Finanzkrise in die Kritik geratene Wirtschaftswissenschaft zu erneuern und den traditionellen Tunnelblick des Fachs zu überwinden.
    aus:

    http://www.handelsblatt.com/po.....52960.html

    Ob das Vorbild, Oxford, tatsächlich ein Vorbild ist:

    Vorbild sind ähnliche Studiengänge in Großbritannien und den USA, vor allem das berühmte Programm „Philosophy, Politics and Economics“ der Universität Oxford. Es existiert seit fast 100 Jahren und ist schon lange eine Kaderschmiede für die britische Politik
    🙂

    Dennoch ein Licht am Ende des Tunnels ist zu sehen.

    Wie auch in Harvard, siehe Greg Mankiw:

    http://hpronline.org/harvard/a.....eg-mankiw/

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    @Alan Posener

    „Weniger kann ich mit Ihrer Küchenpsychologie meine Person betreffend anfangen. Ihre Haltung scheint die zu sein: einmal Ideologe, immer Ideologe; einmal Radikaler, immer Radikaler. Alles, was ich heute meine, denke, schreibe, erklären Sie aus meinen sechs Jahren bei der KPD; ohne sich beispielsweise zu fragen, wie ich – als Jugendlicher eher radikalliberal – zur KPD kam.“

    Lieber Herr Posener,

    mea culpa wenn ich nach Ihrer Meinung nach eine Fehleinschätzung Ihrer Person vorgenommen habe.

    1. Ich habe nichts gegen Radikalität im Denken und auch im Handeln

    Wenn Sie zum Zeitpunkt X, der Auffassung waren, Sie müssen, sollten Ihren Standpunkt,-ort ändern ist dies Ihre persönliche Entscheidung die ich nachvollziehen kann.

    Dass Sie zum Zeitpunkt Y Ihren sicheren Status als Studienrat verlassen haben, um sich als (freier) Journalist und Schriftsteller zu verdingen chapeau,

    Dass Sie zum Zeitpunkt Z einen Herrn K.D. offen kritisiert haben chapeau.

    Mir ging es bei meiner Kritik eher um folgende Punkte, die in meinem Küchenbeitrag nicht ausreichend formuliert waren.

    Im letzten und auch in früheren threads habe ich auf die Defizite der heutigen Wirtschaftswissenschaften hingewiesen, siehe Straubhaar, Snower und andere.

    Rezepte von Friedman, Adam Smith, Hayek, Keynes und auch Marx und Bofinger sind nicht mehr ausreichend um die Komplexität unseres heutigen Wirtschaftslebens zu erklären.

    Die Technologie im Finanzbereich hat in dem vergangenen Jahrzehnt durch die Einführung von künstlicher Intelligenz bei Prognosemodellen für z.B. die Entwicklung von Aktienkursen und Derivaten so rasante “ Fortschritte “ gemacht, dass die
    “ Wirtschaftsmodellbauer “ weit zurückblieben .

    Das Eingeständnis von mehr oder weniger neoliberalen Hardliner wie Snower und Straubhaar, dass der Markt eben nicht alles regiert, dass Adam Smith und seine Bäckerei angesichts der “ Bäckereien von Kamps “ und des Starbuck Konzerns nur noch nostalgischen Flair hat, ist vielfach noch nicht bemerkt worden.

    Die Einführung des
    http://de.wikipedia.org/wiki/IPv6

    heißt konkret;

    Mehr oder weniger jedes Sandkorn der Erde könnte eine IP Adresse haben 🙂

    Das bedeutet konkret, wir werden zukünftig riesige Datenmengen gewinnen und auswerten.

    Hier stellt sich für mich pragmatisch allerdings die Frage, ob wir tatsächlich in der Lage sind die richtigen Entscheidungen darauf basierend zu fällen.

    Gestern gab es einen Hinweis auf eine Computerpanne an der New Yorker Börse, die dazu führte, dass ein Schaden von mehreren hundert Mill.$ entstand.

    http://www.welt.de/wall-street.....Chaos.html

    Um wieder zu unserem Ausgangsthema zurückzukommen.

    Wie wollen Sie zukünftig solche Fehler verhindern?

    Durch neue neo-neoliberale Konzepte? Durch neue neo-keynesianische tools?

    Wir beide wir uns in einer anderen Diskussion darüber einig, dass Monopole bekämpft werden müssen.

    Bislang habe ich von Ihnen außer dieser Aussage leider nichts konkretes gehört und gelesen.

    Soll der Nationalstaat dieses machen?
    Soll es der IMF oder die EZB?

    Und wenn es der Staat machen sollte, wie veträgt sich das Ihrer Auffassung nach mit den friedmanschen Ideen so wenig Staat wie möglich?

    Sie werfen mir häufiger vor es fehlen in meinen Beiträgen Argumente.

    Wo bleiben Ihre Argumente?

    Warum schauen Sie nicht einmal über den Tellerand mit all Ihrer persönlichen Radikalität?

    Was hält Sie eigentlich zurück auch einmal den Kapitalismus in Frage zustellen?

    Wenn wir mittlerweile das Teilchen Gottes gefunden haben, sollte es dem menschlichen Geist auch möglich sein, einmal nach Alternativen Ausschau zu halten, die vielleicht „effizienter“ unsere Gesellschaft macht und nicht die “ Ressourcen “ mehr oder weniger pyromanisch verbrennt: Siehe Spanien über 50 % der jüngeren Bevölkerung sind arbeitslos.

    Und noch eine kleine anmerkung zu Reagan:

    Haben Sie verdrängt, dass Reagan einer derr größten Schuldenmacher in der US-Geschichte gewesen ist?

    Und was Maggi Thatcher betrifft, sie hat sicherlich einige gute Projekte in der damaligen Situation vorangeschoben.

    Aber TINA ist in meinen Augen bullshit. Es gibt immer Alternativen, sonst gäbe es auch nicht den Aufstieg von apple wie Phönix aus der Asche.

    Ich hoffe ich habe mich einigermaßen verständlich gemacht.

    Wenn nicht werde ich bei meinem nächsten Trip nach Berlin den Bus 112 nehmen und vielleicht die Chance haben eine längeres Gesoräch mit einem Herrn P. zu führen weitere Erklärungen zu geben.

    TGIF

    Es grüßt Sie Ihr Küchenökonom

    Moritz Berger

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    @ KJN
    „Sie meinen, so vermute ich: “als durchschnittliches Ergebnis”.“
    Ja, meinte ich.

    @ Roland Ziegler
    „…und besonders bitter die Begründung in diesem Artikel, warum das keine Blase sein soll: “Die Mietpreise halten mit dem Anstieg Schritt”. Auf diese Weise sickert der große Geldsee Immobilienmarkt, in dem sich nur ein paar große Fische tummeln, ins Binnenmeer Normalwirtschaft.“

    Sie kriegen ein Nachhinken der Mieten, wenn zu viel gebaut wird, das spanische Problem. Hier wird wohl nicht zu viel gebaut, sondern sehr teuer, und es wird sehr teuer renoviert. Alles ähnlich, zur Zeit muss es der Holzboden sein und die geraden Linien im Bad, runde oder eckige Aufsatzwaschschüssel aus Holz, chic. Was mich daran ärgert (außer Neubau), ist, dass oft ganze Wertbestände vernichtet werden, gnadenlos herausgerissen. Danach kann sich Otto Normalverbraucher die Wohnungen/Häuser nicht mehr leisten und wird zunehmend aus Innenstädten vertrieben.
    Zweites Problem die berüchtigte „Gentrifizierung“. Erst wohnen dort Künstler, Studenten und Türken. Alles ist belebt und lustig. Dann entdeckt der geldige Spießer, dass es dort lustiger ist als in Schnöseldorf. Dann zieht der erste um, die anderen folgen, das Viertel ist irgendwann tot, so tot und steril wie Hamburg Hafenstadt, denn manche Leute können nur Geld ausgeben, sonst nix. Die erinnern mich an eine Szene In „Hannah und ihre Schwestern“, wo einer ein Bild passend zum Sofa kaufen will. Bei einem Künstler. Aber die teuersten Bilder hängen heute in Banken. Das dürfte dazu beitragen, dass mancher sich nichts mehr aus tradierter Kultur macht. Und Kultur bzw. Kreativität ist auch, dass man sich ständig neu erfindet. Und die Kunst. Vor allem die Lebenskunst. Wenn die Vermarktung einsetzt, ist fast Ende. Wie im Sport. IOC: Gigantisches Finanzunternehmen, das den Gastgeber in die roten Zahlen treiben kann.

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    … solange Geldherstellung und Geldverteilung nicht wirklicher, demokratischer Kontrolle unterstellt wird – alles andere ist Betrug, Wichtigtuerei … Firlefanz – wird ’s immer schlimmer und führt zum Untergang.

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    …und besonders bitter die Begründung in diesem Artikel, warum das keine Blase sein soll: „Die Mietpreise halten mit dem Anstieg Schritt“. Auf diese Weise sickert der große Geldsee Immobilienmarkt, in dem sich nur ein paar große Fische tummeln, ins Binnenmeer Normalwirtschaft.

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    ….kurzer Nachtrag nach Blitzrecherche: das Weltbruttosozialprodukt war 2004 anscheinend 40 Billionen Dollar. Der Nominalwert des Derivatehandels 2010 war 601 Billionen US-Dollar.

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    @warum gibt es keine Inflation: Um diese Frage zu beantworten, muss man gucken, wo das Geld denn hin ist, das da laufend „gedruckt“ wird. Alles fließt, das wissen wir, aber wo es hinfließt – das wissen wir nicht. Was eigenltich unglaublich ist.

    Wo also fließt es hin? Z.B. in den Derivatehandel. Das Volumen dieses Derivatehandels ist, glaube ich, 10mal so groß wie das Weltbruttosozialprodukt (Moritz Berger, korrigieren Sie das, wenn es nicht stimmt).

    http://de.wikipedia.org/wiki/D.....tschaft%29

    Es haben sich gigantische Geldseen, ja Geldmeere gebildet, die immer größer werden – Blasen ist eine lächerliche Untertreibung. Hoffen wir, dass das Geld weiterhin nicht in die echte Wirtschaft fließt, sondern in solche bizarren, abgekoppelten Märkte.

    Was heißt es eigentlich: „Geld drucken“? Niemand weiß das, was noch unglaublicher ist. Jeder kennt den Satz des Pythagoras, aber niemand hat eine Ahnung, woher das Geld kommt, mit dem wir tagtäglich umgehen. Ich finde, das sollte zukünftig als eigenes Unterrichtsfach in der Schule gelehrt werden.

    Geld drucken bedeutet heute, das jemand eine Zahl auf eine Kreditbewilligung schreibt. Dann wurde Geld geschaffen. Analog wird Geld vernichtet, indem jemand seine Schulden zrück bezahlt.

    Bei uns liegen die Geldquellen in privater Hand: die privaten Kreditinstitute schaffen mit ihrem Giralgeld (= Kreditbwilligungen) (glaube ich) ca. 90 % des Geldes – nach Belieben, chaotisch, weitestgehend unkontrolliert. (Es müssen alberne 1 % oder so bei der EZB hinterlegt sein.) Dies führt dazu, dass jeder Boom sinnlos vertstärkt und jede Rezession noch sinnloser vertieft wird. Diese Prinzipien der Kreditbewilligung gehören auf den Prüfstand. M.E. sollte nur die EZB (bzw. die Zentralbanken) Kredite bewilligen dürfen, niemand sonst. Keine Privatleute. Die Gelddruckmaschinen gehören in die öffentliche Hand, damit man mit ihnen gezielte Wirtschaftspolitik machen kann.

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    @KD:Herr Münchau ist durchaus unterhaltsam und sogar lehrreich.
    Allerding, auch er scheint einen Aspekt zu übersehen.
    Das Kaputtsparen hat in einem einzigen Europäischen Staat funktionier; nämlich in Deutschland. Hier hat die Panikmach bereits über ein Jahrzehnt so gut funktioniert, das Merkel meint dieses so erfolgreiche Rezept auf andere Staaten problemlos übertragen zu können.

    Wenn wir mal von der schwindelerregenden Staatsverschuldung absehen, geht es uns, oberflächlich betrachtet, scheinbar nicht so schlecht.
    Wenn man ehrlich betrachtet, geht es den Deutschen nur deshalb noch verhältnismäßig gut, weil sie klaglos jede Reform, jede Einsparung über sich ergehen ließen; die Angst vor Arbeitslosigkeit hat eine Mehrhet dermaßen eingeschüchtert ………

    z.B. haben die gesetzlichen Krankenkassen in 2 Jahren einen Überschuß von 24 Milliarden erwirtschaftet, aus dem sich dann auch gleich Schäuble mit ein paar Milliärdchen bediente, wie einst Kohl an unseren Sozialportokassen. Die Beitragszahler, auf deren Kosten diese Überschüsse gingen, partizipieren niemals davon.

    Es gab kaum Lohn- und Gehaltserhöhungen, daher konnten viele große Unternehmen Rekordumsätze vermelden, zum Teil die höchsten Umsätze der jeweiligen Unternehmensgeschichte. Auch hier keine Partizipation der Arbeitnehmer in ca. 10 Jahren.

    Rente mit 67, auch hier kein nennenswerter Widerstand der Bevölkerung.

    DAS ALLES KONNTE MAN IN DEN LETZTEN 10 JAHREN MIT DEN DEUTSCHEN problemlos veranstalten, das Wunderunwort Arbeitsplatzverlust diszipliniert jeden Deutschen sofort.

    Das“Unterniveau“ hat sich in den letzten Jahren in Deutschland eingepegelt, während in Resteuropa die Völker etwas entspannter mit der Realität umgegangen sind.

    Das Kaputtsparen hat lediglich in Deutschland funktioniert.
    In keinem anderen europäischen Krisenland wird das ebenso funktionieren, und es ist eigentlich auch keinem anderen europäischen Land zuzumuten; abgesehen davon das das die Wirkung ausbleiben wird.

    Trotzdem finde ich den Vorschlag von Herrn Münchau nicht schlecht.
    Wenn die Protagonisten der Macht – die Medien – kräftig die Werbetrommel für das Weltuntergangsszenario drehen, und die Mayas dann doch nicht recht haben, könnte der Euro und Europa gerettet sein – und nicht nur ein paar Banken noch reicher werden. Und das scheint doch der Sinn der ganzen Angelegenheit zu sein.

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    @ KJN: Sie haben recht, meine Formulierung war etwas widersprüchlich. Selbstverständlich sind die Beobachtungen von Ulf Poschardt richtig. Ich wollte der stets selbstgewiss auftretenden „Vierten Gewalt“ (Poschardt: „Auch das Ressentiment gegen die Protagonisten des Wirtschaftslebens hat weltanschauliche Ursachen. Der Wirtschaft wird ihr allzu strategisches Verhältnis zu Werten und ihrem idyllischen Dasein in der bildungsbürgerlichen Welt vorgeworfen. Der Kapitalismus ist ein Spielverderber des Idealismus“ ) – nur entgegen halten: Ihr irrt Euch genauso. Sicher nicht auf dem intellektuellen Niveau einer schwäbischen Hausfrau, aber in der Konsequenz, also wenn wir Euren vermeintlich von „harter“ Wissenschaft gestützten Rezepten gottergeben folgen genauso bedenklich und naiv! -Jedenfalls hat mir bis heute noch keiner dieser „Theoretiker“ schlüssig den Vorteil der Pest vor der Cholera erklären können (bis auf Wolfgang Münchau natürlich, der gestern auf SPON eine wirklich stringente und wirklich alles schlagende Weltendetheorie veröffentlicht hat . . 🙂

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    ..d.h. einige Märkte (Lebensmittel, Verbrauchsgüter, Immobilien, Löhne auf dem Land) sind deflationär und andere (Immobilien in der Stadt, Sozialabgaben, Energie) inflationär. Da zumindest in D (noch) mehr auf dem Land wohnen, als in der Stadt, ist der Mittelwert entsprechend.

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    @Parisien
    „Die Flucht in Sachwerte (Sie meinen Immobilien(?))ist trügerisch.“
    Jep, meine Befürchtung. Das Kapital weiß nicht wohin, weil es der Möglichkeit zu weiterem Wachstum misstraut.

    „Sie gaukelt einen intakten Markt vor, während die Kaufkraft bei durchschnittlichen Haushalten abnimmt.“
    Warum? Lohnrückgang oder/und steigende Mieten, Energiekosten, Sozial-/Krankenversicherung, versicherungen überhaupt?

    „Wenn das Luxussegment floriert, bekommt man als Ergebnis doch logischerweise eine intakte Kaufkraft.“
    Sie meinen, so vermute ich: „als durchschnittliches Ergebnis“.

    Genau das frage ich mich seit langem zum Thema Binnenmarkt.

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    @ Alan Posener
    Sind Sie sicher, dass England keine Inflation hat? Oder Deutschland? In beiden Ländern sind die Immobilienpreise angestiegen bei gleichzeitiger Flucht in Sachwerte. Außerdem las ich in Ihrer eigenen Zeitung irgendwann im vergangenen halben Jahr, dass man sich eine Inflation heute anders vorstellen muss, als kontinuierliche langsame Verteuerung bei stagnierenden Gehältern. Die Flucht in Sachwerte ist trügerisch. Sie gaukelt einen intakten Markt vor, während die Kaufkraft bei durchschnittlichen Haushalten abnimmt. Wenn das Luxussegment floriert, bekommt man als Ergebnis doch logischerweise eine intakte Kaufkraft. Die Vorsicht der deutschen Politiker in diesem Punkt scheint daher angebracht.

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    @Alan Posener: Goldmann Sachs hat Ihre schwierige Frage an Hanno Kabel so simpel beantwortet, im letzten Jahr im Mittelstandsmaganzin, als Merkel empfohlen wurde ruhig weiter und heftig Geld zu drucken.

    Goldmann erwartet keine Inflation, wenn die EZB unbegrenzt Geld druckt, mit der Begründung:

    „Die Begründung der Investmentbank: Das Geld komme ja niemals bei der realen Wirtschaft an, sondern geht direkt an die Banken, die seit Jahren mit Schrottpapieren spekulieren.“

    Ja, wenn Goldmann Sachs das sagt, dann wird es wohl so sein.

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    @ Derblondehans: Da Sie Milton Friedman – zu Recht – zitieren, hier etwas mehr von ihm:

    http://blog.insm.de/4047-der-e.....ntarist.de

    @ Jens: Men Weg zur Arbeit: Bus 112 zum S-Bahhof Zehlendorf. S-Bahn bis Anhalter Bahnhof. Bus M29 bis zum Springerhaus. Der ÖPNV ist in Berlin sehr gut.

    @ Hanno Kabel. Richtig. Zweite Frage: Wieso führt das gewaltige Gelddrucken seitens Fed, Bank of england und seit Kurzem auch EZB nicht zur Inflation? Die Frage ist ehrlich gemeint.

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    K sagt: „Wie Japan trotz seiner horrenden Schulden, die alles in den Schatten stellen, was Europa zu bieten hat, und trotz seiner alternden Bevölkerung das Vertrauen der Märkte erhält, ist mir auch rätselhaft.“

    Es passt nicht in die Theorie, also ist es „rätselhaft“. Und wenn die Lösung des Rätsels die Theorie in Frage stellte, nach der die Höhe der Staatsverschuldung so immens wichtig für das Vertrauen der Märkte ist?

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    Danke, Rita. Ich versuche, die Problematik sachlich-nüchtern und vor allem europäisch zu betrachten. Europäisch heißt dabei für mich, meine gewachsenen Neigungen zu anderen Ländern einfließen zu lassen, das eigene dabei aber nicht ganz zu vergessen. Es geht fürmich um etwas Bestimmtes: Europäische Freundschaft. Gewachsenene Bande zwischen uns Menschen. Der Euro ist in der Lage, diese zu zerstören. Europa lässt sich keineswegs über den Euro definieren, wenn das politische in den Vordergrund gestellt würde. Man versucht uns hier und anderweitig zu verkaufen, dass wir ohne den Euro verloren wären. Hier ein lesenswerter Artikel über einen unserer Nachbarstaaten (kein Euroland), bei uns gern herablassend und Ressentiments hervorrufend „Finanzplatz Schweiz“ genannt:

    „Häufig wird übersehen, dass die Schweiz eine veritable Industriemacht ist: Mit einem Wert von rund 100 Milliarden Schweizer Franken ist die Industrieproduktion in absoluten Zahlen doppelt so hoch wie diejenige Singapurs oder Norwegens. Der liberale Thinktank Avenir Suisse weist darauf hin, dass sich zum hohen Wert der Industrieproduktion eine konsequente Markenpflege gesellt.

    Erst dadurch wird es möglich (zusammen mit der intensiv betriebenen Automatisierung), trotz extrem hoher Arbeitskosten noch in der Schweiz zu produzieren.

    Bemerkenswert ist auch, dass die Schweiz wertmäßig pro Kopf rund 80 Prozent mehr exportiert als Deutschland, der angebliche „Exportweltmeister“. Dagegen erwirtschaftete der Finanzplatz im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts nur etwa 15 Prozent des Bruttoninlandsproduktes. Die bis zu 17 Milliarden Schweizer Franken, die der Finanzsektor jährlich an Steuern entrichtet, entsprechen nur zwischen zwölf und 16 Prozent des gesamten Schweizer Steueraufkommens.
    http://www.welt.de/debatte/kom.....-muss.html

    Deutschland völlig überschätzt? (Bemerkenswert ist auch, dass die Schweiz wertmäßig pro Kopf rund 80 Prozent mehr exportiert als Deutschland, der angebliche „Exportweltmeister“.)

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    @KD
    „Die Leser wissen es natürlich wie immer besser und die Damen und Herren von der Presse wissen wiederum, das die Leser einfältig und ungebildet sind.“
    Wie soll ich das verstehen? Einerseits verweisen Sie auf den lesenswerten Artikel von Ulf Poschard, der die Expertokratie, also letztlich Autoritätshörigkeit anprangert und andererseits die „ergreifende Wahrheit“ über Politiker (und Leser, Kommentatoren hier), die auch nicht wissen, wie es weitergeht? Und die die wichtigen Bücher nicht gelesen haben bzw. die Klappe halten und auf den Guru Hans Werner Sinn hören sollen?
    Vielleicht ist es ja auch so, wie so oft oder meistens, daß es schlicht egal ist, ob wir den Euro retten oder nicht – die Schulden müssen von allen bezahlt werden, so oder so, direkt oder indirekt.

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    Von den Amerikas gesehen: Also die Deutschen sorgen sich das sie nur Industriegueterexporteur sind – sonst nicht viel mehr. In Lateinamerika hoere ich ewig stoehnen: „Wir bleiben ewig Rohmaterialenexporteure!“ Die USA exportiert Lebenmittel und „Unterhaltung“ – aber davon koennen sie doch nicht alle leben – als pumpen sie von den Chinesen und geben ihnen die frisch gedruckten gruenen Scheine: „American ingenuity!“ Der kluge Chinese versteht den Schwindel – aber er zahlt das als politische Versicherung gegen die im U.S. Congress welche heute China ueberfallen wuerden. Ueber die Russen heisst es immer „Die haben nichts aus Oel und Gas – das kann doch nicht so weiter gehen!“ Russland hat eine wirtschaftliche Zukunft: Oel, Gas, Mineralien, Holz, Weizen fuer Jahrhunderte. Die Briten machen ueberhaupts nichts auser Finanzschwindel und „royal ceremonies“. —Also „Unter jeden Dach ein Ach!“ Ich meine – wer Oel, Mineralien, Wasserkraft, und riesige produktive Landflaechen hat – wie Brasilien – ist auf lange Sicht versichert – auch wenn die Industrie nicht dynamisch rollt. Am Ende: Jeder kann Autos bauen wie Deutschland. Die Taliban und Al-Quaida im Maghreb fahren die guten Toyota-pickups, und die Chinesen bauen jetzt Autos in Brasilien und Osteuropa. In der Wissenschaft verbleibt Deutschland hinter der USA weil die alle die „Koepfe“ weltweit anwerben. Die Franzosen versuchen, halb verzweifelt mit den Italienern zu wirken. (Die Russen interessieren sich auch fuer Italien). Also auf lange Sicht, mit oder ohne Keynes – von was kann Deutschland leben ? Mein Rat: „Young man – go west!“ Nee – nicht zu den „crazies“ in USA sondern ins kalte Land der grossen Zukunft, wo jetzt sogar die chinesischen Millardaere einwandern: KANADA !

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    Was meinen die Leser ? – Who cares?

    Die Leser wissen es natürlich wie immer besser und die Damen und Herren von der Presse wissen wiederum, das die Leser einfältig und ungebildet sind. (Ulf Poschardt: Moralterror der neuen deutschen Gelehrtenrepublik) Bei den Journalisten der „Qualitätsmedien“ habe ich innerhalb von 3 Wochen selten so einen Paradigmenwechsel erlebt wie beim Thema Eurokrise. Löbliche Ausnahme die „WELT“ – insbesondere der von mir sehr geschätzte Clemens Wergin. Und es läßt sich auch genau ein Datum ausmachen: das war der 5. Juli, der Tag an dem Ifo-Chef Hans-Werner Sinn einen Aufruf gegen die jüngsten Beschlüsse der EU mit mittlerweile über 200 professionellen Unterstützern vom Stapel ließ. Oh shit! – hieß es da in den rotgrünen Redaktionsstuben von Süddeutsche bis „stern“ – wir müssen da dringend mal ein paar op-eds auf die Seite 2 setzen, vielleicht liegt der völkische Volksversteher Sarrazin – kein Skandal, nirgends – mit seinen Thesen (das Buch das bis auf A.P. mal wieder mal keiner gelesen hat) – ja doch nicht so völlig daneben?

    Die ergreifende Wahrheit ist: 80 Prozent unserer gewählten Parlamentarier haben bezüglich der Eurorettung keinen blassen Schimmer (immer wieder empfehlenswert: https://www.youtube.com/watch?v=iWBlMHnBQLM&feature=player_embedded ) und 70 Prozent der Journalisten plappern opportunistisch nach was FT, Economist, Handelsblatt und ein amerikanischer Nobelpreisträger als Marschrichtung vorgeben. Man könnte sich ja die Karriere versauen, wenn man auf den falschen Zug aufspringt. Und die Leser ? – Wen interessiert schon das Getrampel und Gebrüll einer verwirrten Herde ? … (Walter Lippmann)

    btw.: eine sehr kluge Antwort zur Einlassung von Moritz Berger, lieber Alan Posener ! 🙂

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    OT
    Vollständig geschaut auf englisch: Die Vielseitigkeit. Das Traurige ist, dass sie in den deutschen Medien erst interessant wurde, als unübersehbar war, dass es Medaillen geben würde. Dann las ich die ersten Berichte: Die übrigen Reiter wurden gar nicht namentlich erwähnt. Sie aber kennen sich, umarmen sich, kondolieren oder gratulieren sich, sie treffen sich immer wieder, wissen um ihre Anstrengungen und die Abhängigkeit von der Gesundheit ihrer Pferde. Ingrid Klimke trat aus eben diesem Grunde vom letzten Umlauf zurück.
    Erst die Medien machen die Olympischen Spiele zu einem nationalistischen Unterfangen mit Medaillenzählen. Da ist die Anmerkung: „Seit 2008 wird zurückgeritten“ nur eine kleine Beigabe, die ausdrückt, wie die Medien den Sport betrachten: Entpersonifiziert, nationalisiert und rubelorientiert.
    Weit weg vom englischen Urgeist des fair play. Ganz weit weg vom Sport. Daher muss man zu der Bemerkung eher gratulieren: Sie drückt eine allgemeine Haltung zum Sport aus, auch übrigens zum Fußball: Nur das eigene Land zählt, nicht die Sportler als Individuen.
    Zeit zum Ändern, London hat es vorgemacht: Ein Team aus jungen Nachwuchssportlern entzündete die Flagge.
    Weg mit der ewigen reflexhaften Empörung!
    Her mit dem Nachdenken über den Sport an sich!
    London läd dazu ein. Das Feuer ist symbolisch.

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    @Lieber Alan Posener: Also, so glücklich, wie Sie hat mich schon lange kein Mann mehr gemacht, zumindest“wirtschaftspolitisch“ meine ich,um damit den dummen Machoansagen gleich zuvor zu kommen.

    Die gesunde Entwicklung von Menschen, während eines längeren Lebens, stieß schon immer auf Unverständnis, besonders beim Fachidiotentum in unserer Republik.
    Trösten Sie sich, es gibt noch schlimmere Mißverständnisse, als einmal Marxist immer Marxist.

    Mir ergeht es noch wesentlich schlimmer. Das“Stigma“ meines Christdemokraentums verfolgt mich bis heute.
    Kein Linker nimmt mir bis heute ernsthaft ab, daß ich mit zunehmendem Alter wesentlich linker werde, als die SPD und Gabriel erlauben.

    Der Plan B, unser Leben nach dem Euro, liegt schon seit einiger Zeit in ambitionierten Schubladen.
    Es wird vermutlich nicht 25% so schlimm werden, wie unsere alternativlose Kanzlerin prophezeit hat.
    Wenn ich es recht weiß, ist mein Lieblings Prof. Starbatty ähnlicher Meinung; und nicht nur der.
    Einer seiner beste Sprüche:“Die Eurokrise ist eine Zeit, in der einem das Wort im Mund veraltet“.

    Herrlicher Dialog, kann ich da nur sagen!!!!
    Wenn Sie also Ihre verehrte Meinung zu Gunsten von Deutschland verändert haben, so machen Sie vielleicht nicht das restliche Europa glücklich, aber mich olle Schachtel.

    @Lieber Parisiene: Auch Ihre Ausführungen haben zu meiner Freude beigetragen.
    Alle Selbstständigen, wie wir, scheuen weder Risikobereitschaft, noch persönliches Emgagement.
    Mir fehlt leider die Zeit, auf die Beiträge weiter einzugehen. Trotzdem, liebe Grüße aus der postdemokratischen Deutschen Republik.

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    Und Mark Twain sagte: “ Vorhersagen sollte man vermeiden. Vor allen Dingen die über die Zukunft.“ Wäre es wohl möglich den Kollegen K beim nächsten zufälligen Treffen zu fragen, wieviel Seiten sein Experten Kompendium der Warnungen und Vorhersagen der Wirtschaftskatastrophe in seiner Fachredakton zwischen 2000 bis Anfang 2008 enstanden? Ohne Anzeigen der HRE höchstens 5-10 Seiten? Wie übrigens in allen selbsternannten Qualitätszeitungen, Verlagen und beim zukünftigen Nötigungsfernsehen des Professors aus Heidelberg? Und werden vom Kollegen K heute nicht diesselben Wirtschaftswissenschaftler verhöhnt und beschimpft die zwischen 2000 bis 2008 ziemlich richtig lagen mit ihren düsteren Prognosen. Und fällt dem Kollegen K so gar nicht auf, dass dieselben Politiker die wissentlich und vorsätzlich den Beitritts-Fake mit Griechenland durchzogen, von Helmut Schmidt, Eichel, Sarkozy, Kohl , Merkel , Schäuble usw, heute eine Rettungsshow des von ihnen verursachten Desasters durchgezogen wird, bei dem nur eins erkennbar ist: Denn sie wissen nicht was sie tun!

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    @ m. baucks: Na, wenn sich das „wunderbar liest“, dann ist das schon besser als 99 Prozent dessen, was heute in Deutschland geschrieben wird.

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    Naja, ich denke auch, daß das europäische, vor allem aber das deutsche System des Geldverdienens – Zulieferungen im Bereich Maschinen und Anlagenbau und Finanzdienstleistungen als Außenwirtschaft, sowie Dienstleistungen und Immobilien als Innenwirtschaft – völlig überstrapaziert ist. Entscheidet sich mal ein Großabnehmer (China, Brasilien) woanders einzukaufen oder gar selbst zu produzieren, läuft auch die Deutschland AG Gefahr pleite zu gehen. Gut wenn dann wenigstens die europäischen Satelliten noch ihre Verbindlichkeiten in Euro zahlen.
    Diversifikation scheint mir in der jetzigen Zeit nicht nur bei Finanzanlagen, sondern auch bei der Produktion ein guter Rat zu sein. Und wenn das der Markt nicht selber „begreift“, muss die Politik zu große Abhängigkeiten und Monopolstrukturen aufzubrechen versuchen.
    Ich befürchte, daß Merkels großer Wurf nach Fukushima (Energiewende im eigenen Land als Pilotprojekt für den Weltmarkt) auch wieder zur einseitigen Abhängigkeit vom Export führt.
    Laissez faire ist gut in Wachstumsphasen, die haben wir aber nicht mehr. Wir haben Verteilungskampf überall. Da führt laissez faire zur Monopolbildung.

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    Ich bin (auch hier) an der Seite von K. Der Satz „Langfristig aber ist jede Subvention Gift für die Industrie, hemmt die Innovationskraft und schwächt die Konkurrenzfähgkeit“ wird nicht nur durch die deutsche Exportwirtschaft, sondern auch z.B. durch die so oft als sagenhaft zitierte chinesische Boomwirtschaft widerlegt. In welcher Weltgegend gibt es eigentlich keine subventionierte Wirtschaft? Die sollte dann mal den Vergleich zu China antreten, dann sehen wir, was besser ist. Japans Schulden werden soweit ich weiß von den eigenen Staatsbürgern getragen, dieses unterscheidet Japan grundsätzlich von den anderen Staaten, ist auch eine Subvention und könnte das Vertrauen des Auslands in die japanische Wirtschaft erklären.

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    Lieber Moritz Berger,
    vielen Dank für die Links und Hinweise.
    Weniger kann ich mit Ihrer Küchenpsychologie meine Person betreffend anfangen. Ihre Haltung scheint die zu sein: einmal Ideologe, immer Ideologe; einmal Radikaler, immer Radikaler. Alles, was ich heute meine, denke, schreibe, erklären Sie aus meinen sechs Jahren bei der KPD; ohne sich beispielsweise zu fragen, wie ich – als Jugendlicher eher radikalliberal – zur KPD kam.
    Sie erinnern mich in dieser Hinsicht an Ulrike Meinhof, bei der ich 1970 an der FU ein Seminar belegte. Sie hatte gerade „Bambule“ fertig gedreht, und in diesem Seminar ging um das Herstellen von Filmen über „Randgruppen“. Vordergründig jedenfalls. Wahrscheinlich ging es eher um die Rekrutierung von Genossen für die zu schaffende RAF. Ein paar Mitglieder diverser radikaler WGs waren anwesend und beklagten sich, sie hätten Trebegänger bei sich aufgenommen, die erstens mit der Mitleidstour die Frauen verführt und zweitens dann mit der Haushaltskasse und der Stereoanlage abgehauen wären. Das sei doch nicht richtiges revolutionäres Bewusstsein. Meinhof meinte: „Tendenziell ist alles, was ein bürgerlicher Intellektueller macht, falsch, und alles, was ein Prolet macht, richtig.“ Sie, Moritz Berger, denken: Alles, was ein ehemaliger Linksradikaler macht, ist falsch. Dabei machen Sie sich die Sache genau so leicht wie Meinhof.
    Sprich, sie blenden die Jahre zwischen 1977 und 2007 weg, in denen ich manches geschrieben habe, was zu Ihrer Analyse nicht passt: darunter nicht zufällig zwei Bücher über Franklin D. Roosevelt zum Beispiel. Und zwei über John f. Kennedy, aber kein einziges über Ronald Reagan oder Margaret Thatcher. Um es kurz zu machen. das Denken muss sich ändern, wenn sich die Verhältnisse ändern. Maggie Thatcher und Milton Friedman waren in der Stagflation Mitte der 1970er Jahre so nötig, wie es John Maynard Keynes nach 1929 war – und, da staunen Sie vielleicht – heute wieder ist. Hätten Sie den oben wiedergegebenen Dialog aufmerksam gelesen, hätten Sie den Grüß an Keynes ja auch mitbekommen. Also noch einmal: Weniger Küchenpsychologie, mehr Argumente bitte.

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    @ Moritz Berger
    Zum Beispiel:
    „Mr Green did not specify the precise charges that could be brought but it is possible bankers found guilty of manipulation could receive prison sentences of up to 10 years.“

    http://www.telegraph.co.uk/fin.....-jail.html

    Aber Lug und trug war auch typisch im Kommunismus:
    „“The one thing I will say is that history in our sport will tell you that every time we see something, and I will put quotation marks around this, ‚unbelievable’, history shows us that it turns out later on there was doping involved. That last 100m was reminiscent of some old East German swimmers, for people who have been around a while. It was reminiscent of 400m individual medley by a young Irish woman in Atlanta.“

    http://www.telegraph.co.uk/spo.....onard.html

    Das Schlüsselwort ist Gier. Gier nach Medaillen, Gier nach maximalem Profit, Gier nach Glanz und Gloria.

    Zum Schluss etwas Schöneres von Boris Johnson, Londons Bürgermeister:
    http://www.telegraph.co.uk/com.....Games.html

    Man vergleiche die Eröffnungsfeiern in Peking und London. Für Leute, die auf die Rückkehr von Werten warten zuungunsten einer kalten und teuren Übertechnisierung, ist London ein Genuss.

  39. avatar

    „Draghi hatte doch Recht.“
    Wenn man Folgendes liest,denkt man eher an eine Glatzenverdeckerfrisur:
    http://www.spiegel.de/wirtscha.....47235.html

    „Wir machen uns gar keine Vorstellung davon, was passiert, wenn die Eurozone zerbricht. Das wird der Untergang Deutschlands als Exportnation bedeuten.“

    Diese Aussage glaubt niemand, der die deutsche Kunst kennt, sich aus eigener Kraft wieder hochzuarbeiten. Der Exportmeister ergibt sich aus niedrigen Lohnstückkosten, also durch Zurückhaltung der Gewerkschaften. Andere europäische Nationen leiden darunter, daher wären Wechselkurse besser (Ich: Weil wir bislang von einer im Verhältnis zu unserer nationalen Wirtschaftskraft unterbewerteten Währung profitieren? K: Richtig.)

    „Und weil wir allein zu klein sind, um in einer globalisierten Wirtschaft unseren Platz zu behaupten.“

    Realität ist, dass klein gut ging und Groß scheitert. Diese Realität will offenbar niemand wahrhaben, obgleich die meisten Systeme, angefangen bei den Römern, bis hin zur SU, an Überdehnung gescheitert sind. Möglicherweise auch die USA.

    @ Moritz Berger
    Sie machen valide Einwände, und dennoch frage ich mich, ob man sagen kann „capitalistic threat“. Eher sehe ich einen „criminalistic threat“, weil erhebliche Verfehlungen zustande kommen durch schwarze Schafe bei Brokern, Bankern und Anlegern wie auch eine extrem niedrige – ja, nicht vorhandene – Steuermoral in Griechenland und in Italien. Hier frage ich mich, ob dasselbe gilt wie o.g. Überdehnung: Zunehmender Missbrauch bei lange bestehenden Systemen.

    Ich zweifle sehr daran, dass der Euro noch zu retten ist. Wer legt freiwillig sein Geld in europäischen Staatspapieren an? Der Vertrauensverlust dürfte lange vorhalten.

    Über die manipulative Kraft von Rating-Agenturen wird auch diskutiert. Sie helfen auf jeden Fall mit, Anlagen nach Amerika umzuschichten.

    Politisch halte ich den Euro inzwischen für brandgefährlich. Es gibt wieder Hostilitäten. Will man ein friedfertiges Europa, sollte man den Euro abschaffen, auch unter Verlusten.

  40. avatar

    @Alan Posener

    Lieber Herr Posener,

    Sie haben es schon einmal geschafft eine Kehrtwendung von den Maoisten zu den Liberalen und zu den Neoliberalen zu machen:-)

    Meinen Sie nicht dass es wieder einmal Zeit ist von Ihrer reinen Lehre von supply and demand von Deregulierung von Ihrem Adam Smith eine Trennung zu machen?

    Was K hier mit dem Satz beschreibt:

    „Na, Sie setzen politisch auf das Prinzip Hoffnung und wirtschaftlich auf die reine Lehre. Eine gefährliche Mischung“

    ist letztlich das was auch viele Ökonomen heute herumtreibt.

    Lesen Sie doch einmal bei Thomas Straubhaar und Dennis Snower nach, welche Standpunkte die heute zur reinen Lehre einnehmen…

    Und wenn selbst Bofinger, der als sogenannter “ linker, sprich keynesianischer Ökonom, eingesteht, dass er in seinen Modellen die Rolle der Banken total unterschätzt hat…

    Dann müßte Sie dies doch auch einmal zum Nachdenken anregen…

    Stattdessen kommen Sie mir oftmals vor wie ein ehemaliger Linker der aus Verzweifelung vor dem Einsturz seines Weltbildes sich verzweifelt an den Fassaden eines Potemkinschen Hauses festklammert und nicht sieht, dass hinter ihm der Abgrund wartet.

    Nebenbei, chapeau dass Sie hier Herrn K (von Brecht) auftreten lassen!!

    Daher auf Sie gemünzt:

    Woran arbeiten Sie?“ wurde Herr P. gefragt. Herr P. antwortete: „Ich habe viel Mühe, ich bereite meinen nächsten Irrtum vor.“

    Hier einige links zu meinen obigen Argumenten:

    http://www.handelsblatt.com/po.....438-2.html

    Hier etwas zu Sinn und Unsinn:

    http://tinyurl.com/cf2pxdu

    „Menschen handeln nicht rein materiell und nutzenmaximierend“, rügt Dennis Snower, Chef des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. „Die Welt ist kein Marktplatz.“

    Und da Sie Anglist sind:

    In Anlehnung an

    Pradise lost von John Milton

    war der Titel der INET Tagung:

    „Paradigm Lost“ – die verlorene Weltanschauung. Die verlorene Sicherheit.

    http://www.berliner-zeitung.de.....80434.html

    Wenn ich mich richtig erinnere haben Sie in Ihren frühen revolutionären Tagen in Bochum am Fließband gestanden und in Birmingham mit den coalminer ein Ale getrunken.

    Kommen Sie doch nach Frankfurt und essen einen Currywurst mit den Bankern beim Würtstchenbanker in der Mittagspause:

    http://www.handelsblatt.com/un.....49610.html

    http://www.ichbinoffen.de/oeff.....-5788.html

    Da brauchen Sie nicht mehr bei Keynes oder Adam Smith nachzublättern 🙂

    aus:
    http://www.berliner-zeitung.de.....22706.html

    P.S.
    Und hier noch etwas Aufgespießtes von George Soros aus dem Jahr 1997 (1O Jahre vor Lehman)

    The Capitalist Threat
    What kind of society do we want? „Let the free market decide!“ is the often-heard response. That response, a prominent capitalist argues, undermines the very values on which open and democratic societies depend.

    by George Soros

    A Capitalist in the Philosophy of History, Hegel discerned a disturbing historical pattern — the crack and fall of civilizations owing to a morbid intensification of their own first principles. Although I have made a fortune in the financial markets, I now fear that the untrammeled intensification of laissez-faire capitalism and the spread of market values into all areas of life is endangering our open and democratic society. The main enemy of the open society, I believe, is no longer the communist but the capitalist threat.

    aus:

    http://www.theatlantic.com/pas.....apital.htm

    Zum Abschluß meines philosophisch-literarischem Börsenmorgen hier noch etwas von Samuel Johnson:

    Die Fesseln der Gewohnheit sind zu leicht, als daß man sie spürte, bevor sie zu fest sind, um sie noch abzuschütteln.

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