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Abstieg mit links

Wagen wir mal ein kleines Gedankenexperiment. Sonntag, kurz nach 18 Uhr. Die Wahllokale in Nordrhein-Westfalen haben seit an paar Minuten geschlossen, die Prognosen werden bekannt gegeben. Ein wenig später dann die ersten Hochrechnungen.

Und siehe da: fast nur strahlende Gesichter. Rot-Grün hat es geschafft, die FDP dank Christian Lindner auch. Fünf Prozent, immerhin. Die Piraten bringen es fast aus dem Stand auf acht. Freibeuter-Lachen allenthalben. Die CDU dagegen ist enttäuscht. Gerade mal 30 Prozent. Tja, lieber Herr Röttgen, ist halt bedauerlich, dass immer noch der Wähler entscheidet.

Und die Linkspartei? Dort gibt es richtig lange Gesichter. Wieder gescheitert beim Versuch, in einen (west)deutschen Landtag einzuziehen. Und wie kläglich. Drei Prozent – ein Desaster. Die ganz Roten, sie sind die Hertha der Parteien-Bundesliga: kraftlos, mutlos, hilflos. Dann, so gegen 20 Uhr, der vermeintliche Befreiungsschlag. Oskar Lafontaine erklärt sich bereit, für den Vorsitz seiner geschundenen Partei zu kandidieren. Schließlich kann es nur einen geben. Der inniglich herbeigesehnte Erlöser, der Heilsbringer ist zurück. Und mit ihm die Hoffnung auf bessere Zeiten. Zeiten der Ruhe, Zeiten der Reflexion, Zeiten der programmatischen Schärfe.

Doch schon nach einigen Wochen folgt das böse Erwachen. Auch als Ein-Mann-Partei kommt die Linke nicht auf die Füße. Der Streit geht munter weiter: Osten gegen Westen, Betonköpfe gegen Reformer, Kaderkommunisten gegen demokratische Sozialisten. Das lafontainesche Aufputschmittel zeigt keine Wirkung mehr. Die Droge, sie bleibt wirkungslos. Zu oft verabreicht, zu oft genossen. Und nun? Kein Rausch, nirgends. Eine einstmals veritable politische Kraft verschwindet in der Bedeutungslosigkeit. Das Schlimmste daran: Die Linkspartei ist selbst schuld an ihrem Niedergang.

Seit vielen Monaten kreisen Gysi, Wagenknecht, Ernst und Co. nur noch um sich selbst. Wenn überhaupt, dann treten die Genossen mit hanebüchenen Einfältigkeiten in Erscheinung. Hier ein Glückwunsch an den kubanischen Genossen Fidel Castro, da eine Soli-Aktion für den syrischen Despoten Baschar al Assad. Und um das Ganze ein wenig aufzulockern, gibt’s für das kopfschüttelnde Wahlvolk ein paar neue Runden im Gerangel um Posten und Einfluss. Liegen die Kombattanten schließlich ermattet am Boden, genehmigen sie sich rasch eine Dosis Oskar. Man muss ja irgendwie wieder auf die Beine kommen. Nur gelingt das eben nicht. Die Linkspartei scheint zu stehen, ist aber tatsächlich längst K.o. Da hilft nur eins: Entzug.

Am Besten gelingt der mithilfe echter, ehrlicher Arbeit. Zum Beispiel, indem man bodenständig Opposition macht, also den Regierenden auf die Finger schaut und gegebenenfalls auf selbige haut. Oder wie wäre es mit einem programmatischen Neuanfang, der den Gegebenheiten und Befindlichkeiten des 21. Jahrhunderts Rechnung trägt? Und das mit einem linken Ansatz, der nicht doktrinär daherkommt, sondern modern aufgeklärt.

Es ist ja nicht so, dass es keine „linken“ Themen in dieser Republik gäbe. Euro-Krise, Bankenmacht, schrankenloser Kapitalismus, Mindestlohn oder Betreuungsgeld – das sind Diskussionen, in denen eine inhaltlich glaubhafte linke Stimme sicherlich Gehör finden würde. Doch kein Laut ist zu vernehmen. Nur interner Zank und Missmanagement. Wer so mit sich und seinen Wählern umgeht, steigt unweigerlich ab. Drogen können das auch nicht verhindern. Sie vernebeln ohnehin nur die Sinne, führen zu Realitätsverlust. Am Ende steht das böse Erwachen. Und die eigene Schwäche. Dann ist sogar eine Fünf-Prozent-Hürde unüberwindlich.

 

 

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14 Gedanken zu “Abstieg mit links;”

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    @ jan z.volens
    Völlig klar ist, dass wer antiwestlich ist, Stellug bei China bezieht (und bei Bolivien und Konsorten). Wer prowestlich ist, bezieht Stellung bei den Philippinen.
    Vordergründig geht es um Fischfang:
    – Im gesamten Südchinesischen Meer sollen Lagerstätten mit bis zu 30 Milliarden Tonnen Öl und 16 Billionen Kubikmeter Erdgas liegen. Das entspricht einem Drittel aller bisher bekannten Vorräte Chinas.

    In einer Gemengelage aus handfesten Interessen, Misstrauen zwischen China und den Anrainerstaaten und ohne bindende Mechanismen zur Konfliktauflösung, sehen Strategieforscher der International Crisis Group die neue unberechenbare Gefahr.

    Das „Risiko, dass im Südchinesischen Meer ein zufälliger Vorfall zur Krise eskaliert, ist erschreckend hoch“, sagt Expertin Stephanie Kleine-Ahlbrandt. Die Frage, wie China Konflikte im Südchinesischen Meer in Zukunft löst, werde zum „wichtigen Test, ob sich sein Aufstieg zur Weltmacht friedlich vollziehen kann“. –
    http://www.welt.de/politik/art.....Krieg.html

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    @ derblondehans

    Ich würde sagen, USA- und NATO-Hass. Betrachtet D als 51. Bundesstaat oder fünfte Kolonne.

    @ jan z. volens
    Wie halten Sie’s denn so mit Israel?

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    jan z. Volens: Mein gute Junge – fahre mal in der Welt herum und probiere mal aus – wie die Menschen WELTWEIT reagieren wenn du ihnen sagst: “I’m from Germany!”

    … nun ja, das erklärt noch lange nicht warum den Deutschen die Souveränität verweigert wird.

    Meinen Sie es gibt so etwas wie ein ‚Deutschen-Gen‘? daraus dann folgernd sogar ‚Deutschen-Hass‘? womit wird das begründet? und wenn es dann so ist – was wollen die, oder Sie, dann alle in Deutschland?

    Übrigens ‚kenne‘ ich die halbe Welt. Nirgendwo bin ich als Deutscher ‚geschnitten‘ worden. Im Gegenteil.

    Haben Sie, Junge, einen persönlichen Hass auf Deutsche?

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    @parisien: China ist fuer manche Nationen in Lateinamerika der groesste Handelspartner. Der Handel zwischen Lateinamerika und China ist jetzt groesser als wie zwischen Lateinamerika und Europa !!! Dass die Chinese keine Wohltaeter sondern gierige Geschaeftemacher sind – wissen die Latinos auch ohne Belehrung von Deutschen: Der Handel zwischen Lateinamerika und China begann nachdem die kuehnen Spanier 1542 von Mexiko’s Pazifikueste ueber den Stillen Ozean gesegelt waren – und in den Phillipinen mit den Chinesen den Handel begannen: Silber von Mexiko fuer Porzellan und Seide von China. Heute exportiert Lateinamerika Erze und Soja nach China und importiert Industrieprodukte und Entwicklungskapital. Das Hemd der chinesischen Seeleute und Haendler – ist heute noch „Galahemd“ in den lateinamerikanischen Tropen deshalb tragen die G22 Praesidenten das selbe Hemd in ihren Gruppenportrait in Lateinamerika und Ostasien! – genannt „Filipina“. Sieh youtube Video PLACIDO DOMINGO ARMANDO MANZANERO MIA – der Yucatan Maya Manzanero – ist in FILIPINA gekleidet. Ueber die Zeiten haben sich Chinesen ueberall in Lateinamerika angesiedelt und es gibt sowohl chinesische Traditionsgesellschaften – wie auch Millionen von Latinos mit einem chinesischen Vorfahren. Fuer Lateinamerika ist das geopolitische Problem die USA und gewisse NATO“Partner“ wie Britanien, Niederland, Deutschland-Vatikan…Im Gegensatz sind China, Korea, Japan, die Emirate – die sachlichen „Businesspartner“ welche sich nicht „einmischen“ oder sich als „Sicherheitspartner“ aufzwingen!

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    @derblondehans: Mein gute Junge – fahre mal in der Welt herum und probiere mal aus – wie die Menschen WELTWEIT reagieren wenn du ihnen sagst: „I’m from Germany!“ Oder dir das Leben gemuetlicher machst mit einer kleinen Luege: „I’m from Switzerland!“. Oder noch besser: „I’m from Luxembourg: That’s a small country between Belgium and France!“ Das hatte doch schon die Margarita an der Ecke Duarte und Barahona in Santo Domingo erkannt: „Ich gehe nie mit zwei Alemanes allein ins Hotel!“ Die Schweizer rangieren uebrigends gleich nach den Italianos – „Suizos sind sauber und zahlen gut!“

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    @ Christian Böhme
    Was Sie schön beschreiben, ist dieses Siegergefühl, obwohl man verloren hat. Da ca. 50 Prozent der Wähler gar nicht angetreten sind, stellt jetzt jemand den Ministerpräsidenten ein Volksvertreter, der 15 Prozent der Wähler repräsentiert. In dem Maße, in dem die Wähler weniger werden, werden übrigens die Beamten mehr. Daher möchte ich an dieser Stelle vorschlagen, dass wir das umdrehen: Die Politiker wählen in Zukunft ihre Wähler. Das wäre dann Röttgen-konform.

    @ jan z.volens
    Vergessen Sie doch bitte die andere Seite von Südamerika nicht, wo die Chinesen machen, was sie lustig sind, z.B. den Philippinen und Taiwanern ihre Fischgründe leerfischen.

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    jan z. Volens: Niemand in der ganze weiten Welt ist an einem souveraenen Deutschland interessiert!

    Eine ‚Offenbarung‘ die wohl wahr ist. Nur mit welcher Begründung? Was meinen Sie?

    Die Kirche Christi lehrt, dass es den Menschen freigestellt ist, für welche Herrschaftsform sie sich – unter Wahrung des Naturrechts – entscheiden. Wer zum Teufel ist dann die ‚ganze weite Welt‘?

    ‚Zukunft braucht Herkunft‘

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    @derblondehans: Niemand in der ganze weiten Welt ist an einem souveraenen Deutschland interessiert! Und auch die „Einigkeit“ fuer die Deutschen wollte niemand in der Welt vor 1870 oder nach 1989. NIEMAND ! Eine demokratische, parlamentarische Linke Partei ist dringend notwendig in Deutschland weil alle anderen Parteien „NATO“Partner sind und als solche eine geopolitische Gefahr fuer die sich entwickelnden „unabhaengigen“ Nationen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Jeden November erscheinen die deutschen NATO-„Pusher“ in der Konrad Adenauer Stiftung in Rio de Janeiro und „bearbeiten“ das Militaer Brasiliens welches zusammen mit der „unabhaengigen“ Mitte-Links Regierung (Koalition von 12 Parteien) die Expansion der NATO in den Suedatlantik ablehnt. Der U.S. Plan „cut the Atlantic-divide“ versucht die Hegemonie der NATO nicht nur ueber den Suedatlantik auszudehnen, sondern ueber Suedamerika und Westafrika. U.S. Africom ist in Stuttgart/Germany: Wie der U.S. NATO Commander dem U.S. Senat sagte: „Weil wir schon sowieso alles dort in Germany haben!“. Das Militaer in Suedamerika hat nicht vergessen: 1992 war es eine SPD-Gruene Regierung in Deutschland welche auf den Krieg gegen Yugoslawien gedraengt hatte (teilweise im Auftrag von Ratzinger im Vatikan). Danach (so meinen die Russen) verlangten die Briten und die Franzosen ein Versprechen von den USA: Die USA soll fuer ewig weiter Truppen in Deutschland stationieren! Also die Deutschen werden immer noch mit Misstrauen beobachtet – und niemand will ein „souveraenes“ Deutschland. Die Nachbarn nicht weil es zu ‚gross ‚ klemmt im kleinen Europa und weil der Deutsche vieles hysterisch uebertreibt (auch nach rechts und links!)und die „Unabhaengigen“ in Asien, Afrika und Lateinamerika gruseln sich vor der eifrigen NATO-„Partnerschaft“ der Deutschen: Frankreich hat eine eigene unabhaengige Geopolitik gegenueber Lateinamerika. Die BRD ist im Gegensatz das „trojanische Pferd“ der USA, der Briten und des Vatikans in Lateinamerika: Weil die Alemanes nicht so auffaellig sind wie die „gringos“. Leider hat man das in Lateinamerika noch nicht vollkommen verstanden – trotz der neuen deutschen Propaganda-Welle in spanischer Sprache seit 6.2.2012 durch das Fernsehen der „Deutschen Welle“ 24/7… Ein demokratische, parlamentarische Linke (wie in Frankreich und anderen Nationen Europas) ist notwendig in Deutschland fuer die innerpolitische Stabilitaet gegen den rechten und auch den linken Radikalismus.

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    jan z. Volens: Deutschland und seine Demokratie brauchen eine demokratische, parlamentarische Linke

    … nix für ungut, werter jan z. Volens. Deutschland hat von den linken und rechten Scheissern genug.

    Ernst Busch ‚Das Lied vom SA-Mann‘ (B. Brecht)

    Deutschland braucht Souveränität. Einigkeit und Recht und Freiheit.

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    Die Linke Partei braucht noch einige Jahre zur Entwicklung ihrer eigenen Persoenlichkeit. Deutschland und seine Demokratie brauchen eine demokratische, parlamentarische Linke – denn die SPD ist am Ende nur eine Mitte-Links-Partei. Soweit man das von der Ferne beurteilen kann, hat die Linke Partei einige Koepfe – wie Wagenknecht und Lafontain, – welche einen „linken“ Beitrag darstellen zur parlamentarischen Demokratie in Deutschland . Christian Boehme hat Probleme erkannt: Der Brief an Fidel und die Aufrufe im Bezug auf Syrien und Iran – sind Merkmale einer „Verdummung“ welche noch von alter theoretischer Eintrichterei herstammt. Und Boehme erklaert auch das Versagen der Linken Partei: Sie konzentriert sich nicht genug auf die wirklichen sozial-politischen Probleme in Deutschland. Anstatt quatschen einige Opportunisten in ihren Reihen ueber die Belange ferner Voelker und verbreiten die Propaganda von katholischen und gruenen NROs – welche als „gutmenschlich“ versteckte geopolitische Ziele vertreten: Den von USA und NATO-EU „unabhaengigen“ Regierungen (Beispiel Brasilien) die notwendigen politischen Kompromisse zuerschweren und sie dadurch zu destabilisieren. Soviel haben sie einfach nicht in der Rosa Luxemburg Stiftung gelernt von der wirklichen Welt von 2012 – da geht noch alles um die „Theorie“…

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    @ Susannah Winter
    Sie schrieben
    „Herr Böhme, ich schätze Sie sehr, aber auch Sie schließen sich hier leider dem üblichen Journalistenchor an. Schade“

    Können Sie nicht lesen? Böhme hat sie aufgefordert, mal aus dem Bett zu kommen und sich auf aktuelle Themen zu besinnen, deren es reichlich gibt. Er hat sie angesprochen, statt Opposition gegen sich selbst Opposition in der Politik zu betreiben.

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    Dieser Tage wird alles niedergeschrieben, belächelt, diskreditiert was auch nur den Anschein von links der Mitte erweckt. Medienarbeit vom Feinsten. http://www.nachdenkseiten.de/?p=13127
    Ich könnte tausend Beispiele nennen, begnüge mich aber damit, einmal dazu aufzufordern gerade auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die rennomierten Printmedien einmal unvoreingenommen und mit offenen Augen zu verfolgen.
    Und was gibt es auch über links zu sagen, was einen nicht sofort als „Gutmenschen“ outet? Wir alle wissen doch, dass die derzeitige Regierung „alternativlos“ ist und in jedem Abkommen vom Kurs die Verdammung, Verarmung, ja sogar der Niedergang des deutschen Vaterlandes liegt. Kritik am Kurs zieht Solcherlei nach sich : http://www.welt.de/debatte/kom.....errat.html
    Herr Böhme, ich schätze Sie sehr, aber auch Sie schließen sich hier leider dem üblichen Journalistenchor an. Schade

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    Die Linke ist halt die offizielle Nachfolgepartei der SED. Das sagt eigentlich alles.

    „Und das mit einem linken Ansatz, der nicht doktrinär daherkommt, sondern modern aufgeklärt.“

    Hözernes Eisen.

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