avatar

Warum Angela Merkel Großbritannien braucht

Wer die Ursachen und Wirkungen der gegenwärtigen Krise Europas richtig einschätzen will, muss nur die Ohren und Augen offenhalten. Im Aufmacherleitartikel der „Zeit“ etwa feierte am 15. Dezember Bernd Ulrich die Beschlüsse von Brüssel mit folgenden Worten: „Das ist nicht weniger als eine Spaltung, freundlicher: eine Diversifizierung des Westens.Die USA haben den gegenteiligen Weg eingeschlagen, sie wollen weiter in die Schulden gehen. Wenn die Europäer das Versprechen halten, das sie sich gegeben haben, dann sind sie eine Systemalternative.“

Da Ulrichs zugleich für das Jahr 2050 einen „europäischen Machtraum entstehen“ sieht, „von Skandinavien bis nach Nordafrika, von Portugal bis Weißrussland, von Frankreich bis zur Türkei“ (hat er sich vielleicht von meinem Buch „Imperium der Zukunft“ inspirieren lassen?), ist es nicht unerheblich zu wissen, worin diese „Systemalternative“ besteht.

Laut Ulrichs lässt sich die „Philosophie“ der 26er Union so zusammenfassen: „Wir wollen Wachstum und Wohlstand mit immer weniger Schulden realisieren, also nicht mehr auf Kosten der Künftigen leben“, im Gegensatz zu den egoistischen Amerikanern. Nun ja. Nicolas Sarkozy, der Sieger von Brüssel hat die „Philosophie“ seines „neuen Europa, das gerade geboren wird“ vor dem Gipfel anders zusammengefasst: Dieses Europa wolle „mehr Solidarität und Regulierung unter seinen Mitgliedern“, während das alte Europa „lediglich der Logik des gemeinsamen Markts folgt“ (zitiert nach The Economist, 17. Dezember, S.43).  Diese beiden Schlüsselwörter sollte man sich gerade in Deutschland auf der Zunge zergehen lassen: Regulierung kennen wir; Solidarität bedeutet das, was Merkel immer abgelehnt hat: eine Transferunion, die Haftung solventer Staaten (sprich Deutschland) für jene, die mit politischer Einmischung (also Regulierung) ihre eigenen Volkswirtschaften gegen die Wand gefahren haben. Na, dann viel Spaß im neuen Europa.

Noch ist es für Deutschland nicht zu spät, aus dem Club der Loser auszusteigen und gemeinsam mit den Briten eine Superwährung zu schaffen: Sterling Plus. Deutsche Industriemacht plus britische Finanzkraft. Sollen die anderen eine Mittelmeerunion bilden: Franc Minus. Dieser Vorschlag ist nicht ernst gemeint, aber man fragt sich zugleich, warum eigentlich nicht. Zumindest hilft er als Gedankenexperiment, um zu klären, was Deutschland zu verlieren hat, wenn es das 26er-Projekt weiter verfolgt und sich auf Gedeih und Verderb Frankreich ausliefert.

Wer (außer Bernd Ulrich) glaubt ernsthaft, dass es den Franzosen mit dem hehren Prinzip ernst ist, Rücksicht auf künftige Generationen zu nehmen? Ulrich meint, es sei „absolut kein Zufall, dass auch bei der Klimakonferenz in Durban die Europäer für Nachhaltigkeit gekämpft haben und die USA dagegen.“ Klar. Und wer kümmert sich um den französischen Atommüll? Etwa nicht die künftigen Generationen? Für wie dumm hält die „Zeit“ ihre Leser eigentlich?

Ganz davon abgesehen, ich muss mich wiederholen, weil es wahr ist: Noch nie hat sich jemand aus einer Rezession hinausgespart. In der „Welt“ vom 17. Dezember finde ich in einem Artikel (S.11), in dem es darum geht, dass Frankreichs Notenbankchef die Ratingagenturen aufgefordert hat, „das Vereinigte Königreich herabzustufen“, den Hinweis, die französische Statistikbehörde Insee gehe davon aus, „Frankreich und die gesamte Eurozone“ würden „im letzten Quartal 2011 und im ersten Quartal 2012 in eine Rezession geraten“. Im selben Artikel warnt die (französische) IWF-Chefin Christine Lagarde, die Weltwirtschaft könne sich bald den gleichen Problemen ausgesetzt sehen wie vor der „Großen Depression“ der 1930er Jahre.

Wie reagierte Europa, als es das letzte Mal so schlimm um die Weltwirtschaft bestellt war? Also in der grauen Vergangenheit des Jahres 2008? Nun, wenn Sie es vergessen haben, ist ja lange her, lesen Sie selbst:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:52008DC0800:DE:NOT

Für diejenigen, die keine Lust verspüren, sich durch die Prosa dieses Programms zu kämpfen, hier die Kernabsätze:

Das Europäische Konjunkturprogramm beruht auf zwei Säulen und einem Grundsatz:

– Die erste Säule ist ein massiver Kaufkraftschub für die Wirtschaft, um die Nachfrage zu beleben und das Vertrauen wiederherzustellen. Die Kommission schlägt als Dringlichkeitsmaßnahme vor, dass die Mitgliedstaaten und die EU umgehend eine Finanzspritze in Höhe von 200 Mrd. EUR (1,5 % des BIP) zur Verfügung stellen, um – bei uneingeschränkter Beachtung des Stabilitäts- und Wachstumspakts – einen sofortigen Nachfragesprung auszulösen.

– Die zweite Säule beruht auf der Notwendigkeit, mit kurzfristigen Maßnahmen Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken. Geplant ist ein umfassendes Maßnahmenprogramm für „intelligente“ Investitionen. Intelligente Investitionen sind Investitionen in die richtigen Qualifikationen für den Bedarf von morgen, Investitionen in Energieeffizienz, um Arbeitsplätze zu schaffen und Energie zu sparen, Investitionen in umweltfreundliche Technologien, um Wirtschaftszweige wie das Baugewerbe und die Automobilindustrie für die Märkte von morgen fit zu machen, auf denen Schadstoffarmut Trumpf ist, und schließlich Investitionen in Infrastruktur und Verbundsysteme zur Förderung von Effizienz und Innovation. Gleichzeitig werden die zehn Konjunkturmaßnahmen des Programms den Mitgliedstaaten dabei helfen, die richtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Maßnahmen zu treffen, um den Herausforderungen von heute zu begegnen, den KMU neue Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen, die Verwaltungslast zu senken und Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur anzustoßen. So wird ein wettbewerbsfähiges Europa mit einer zunehmend schadstoffarmen Wirtschaft entstehen.

– Das Programm beruht auf dem Grundsatz von Solidarität und sozialer Gerechtigkeit. In Krisenzeiten müssen wir vor allem denen helfen, die unsere Unterstützung am meisten benötigen. Wir müssen Arbeitsplätze sichern, indem wir die Sozialabgaben senken. Wir müssen denjenigen, die ihre Arbeit verloren haben, umgehend langfristige Perspektiven im Rahmen des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung sowie durch eine raschere Bereitstellung von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds bieten. Wir müssen die Energiekosten für die am stärksten Benachteiligten durch gezielte Energiesparmaßnahmen senken. Wir müssen dafür sorgen, dass auch diejenigen Menschen die Möglichkeit erhalten, das Internet als Kommunikationsmittel zu nutzen, die dies bisher nicht konnten.

Aufgepasst: Alle EU-Staaten, auch Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und wie die Haushaltssünder alle heißen, sollten 2008 Zusatzausgaben von 1,5% des BIP zur Ankurbelung der Konjunktur vornehmen – Sie erinnern sich etwa an die Abwrackprämie, nicht gerade eine intelligente Investition in Umwelttechnologie usw., wie in der „zweiten Säule“ gefordert, aber eine wirksame Subvention der Autoindustrie, der Händler und Schrottpressen sowie der damals vor einer Wahl stehenden Parteien der Großen Koalition. Und Teil einer richtigen und erfolgreichen Anstrengung der Länder der G-20, eine Wiederholung der Großen Depression, die damals drohte, zu verhindern. Warum es vor drei Jahren richtig war, den Markt mit Geld zu fluten, um eine Rezession zu verhindern, heute aber richtig sein soll, den Geldhahn zuzudrehen, erschließt sich mir nicht. Was es mit Nachhaltigkeit zu tun hat, wenn man mit offenen Augen in eine Krise hineingeht, die das Zeug hat, die ohnehin unverantwortlich hohen  Arbeitslosenquoten unter der Jugend Frankreichs, Spaniens, Italiens und der anderen Verbündeten Deutschlands im 26er Club in astronomische Höhen zu treiben und eine ganze Generation um ihre Zukunft zu betrügen, erschließt sich mir ebenso wenig. Wieso vor drei Jahren Hott richtige war, jetzt aber Hü angesagt sein soll, erschließt sich mir schon gar nicht.

Und es wird sich den anderen Clubmitgliedern ebenso wenig erschließen Die Schuldenbremse mag kommen, sie wird aber toter Buchstabe bleiben. Denn was sofort kommen muss und bald kommen wird, ist ein weiteres Konjunkturprogramm, und das wird nur zu finanzieren sein, wenn die Fiskalunion zugleich eine Transferunion wird, das heißt, wenn Deutschland via Eurobonds für die Schulden der anderen mithaftet und die EZB Geld druckt. Natürlich weiß Sarkozy das; natürlich weiß Merkel das. Nur sagt es niemand, und deshalb können Leitartikler von einer Stabilitätsunion delirieren.

Wenn es aber so ist, dass der Spaltungsgipfel gerade nicht die Maßnahmen beschlossen hat, die notwendig wären, um den Euro zu retten, und stattdessen einen Keil getrieben hat zwischen Deutschland und Großbritannien, dann muss alles getan werden, um die Gipfelbeschlüsse zu revidieren; insbesondere darf der Club der 26 keine vertragliche Grundlage erhalten. Merkel muss zum Tisch der 27 zurückkehren und Sarkozy mitbringen. Gemeinsam muss Europa ein zweites Konjunkturprogramm auflegen – und zugleich Sparmaßnahmen beschließen, die nach der Krise greifen. Dazu gehören in den Südstaaten die Erhöhung des Renteneintrittsalters und die Bekämpfung von Korruption und Steuerbetrug. In Deutschland könnte der Soli zum Abbau der Staatsschulden verwendet werden, muss die Alimentierung des oberen Drittels durch Eltern- und Familiengeld, kostenlose Gymnasien und Unis usw. beendet werden. Vor allem aber müssen strukturelle Reformen in Angriff genommen werden, die zur Erhöhung der Produktivität der europäischen Wirtschaft beitragen. Ohne Wachstum kann Europa seine Schulden nicht zurückzahlen. Die Zauberwörter heißen Wettbewerb und Deregulierung. Es war einmal eine Angele Merkel, die ihre Regierung unter das Motto stellte, „Mehr Freiheit wagen“. Wenn  sie das in Europa durchsetzen will, braucht sie Großbritannien. Wenn sie das nicht mehr will, braucht Deutschland eine andere Regierung.

 

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

90 Gedanken zu “Warum Angela Merkel Großbritannien braucht;”

  1. avatar

    @ Parisienne

    „Musik, wenn man Richard Wagner ausnimmt, ist etwas Übergeordnetes.“

    Also ist die Musik Richard Wagners, Parzival, Tristan, Tannhäuser, Ring etwas Untergeordnetes?

  2. avatar

    @ Moritz Berger, EJ, Parisienne

    Meine Güte, ich hätte nicht daran gedacht, dass die Reflexe der political correctness so tadellos einschnappen. „Bilderberger“ – da blinken die Alarmanlagen. Ich weiß nicht, wie relevant die sind, aber wenn ich mitbekomme, dass ohne Prüfung reflexartig eingeworfen wird, dass die not at all relevant sind, also Finger weg, noli me tangere, dann rührt sich in mir ein möglicherweise gesundes Mißtrauen. Wenn man vergleicht, wie jetzt beim Bundeswulf und seinen Freunden die „gegenseitigen Vorteilnahmen“ diskutiert werden, ist das Agreement der deutschen Main-Stream-Presse, die jährlichen Zusammenkünfte der „Bilderberger“, unter ihnen so illustre Gestalten wie Joseph Ackermann, Henri de Castries, Henry Kissinger, David Rockefeller, Herman van Rompuy, Robert Rubin, Javier Solana, Peter Sutherland, Jean-Claude Trichet, Robert B. Zoelick (Teilnehmerliste 2011: http://bilderbergmeetings.org/....._2011.html) nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, sehr beredt. Stellen wir uns vor, der Strippenzieher im Vatikan hätte einen jährlichen jour fixe mit Thilo Sarrazin und Wilders, dann würden Alan Poseners Seismographen ausschlagen als hätte er gerade ein date mit Linda Lovelace oder Gina Wild. Aber bei den „Bilderbergern“ ist die See ruhig, um nicht zu sagen totenstill. Wie gesagt, ich habe keine Ahnung was die Jungs jedes Jahr zusammentreibt, sicherlich ist das alles unverbindlich.

    Liebe Parisienne, in der jetzt dominierenden Wirtschaftsform dreht es sich nicht um ein „Zwingen“, nein, im Gegenteil um ein „Sei so frei“ z.B. eines Wirtschaftssubjekts wie Alan Posener; hoffen wir jedoch, dass er seine Schulden nicht aufnimmt, um alte Schulden zu bezahlen. In aller Lakonie hat er deutlich gemacht, worum es geht: Ein schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm in Europa, weil wir sonst nicht in der Lage wären, die Schulden, die bereits getätigt wurden zu bezahlen, damit die Finanzinvestoren nicht blank dastehen. Das wäre doch systemgefährdend. Ihr Kinderglaube an die „freundlichen Jungs“ von den Banken ist geradezu süß; wenn Sie dann noch Poseners invisible hand, die alles, sofern dereguliert, zum Besten wendet, hinzunehmen, haben wir ein Glaubenssystem, das blauäugiger und dümmer als jeder bisherige Pfaffenglaube ist. EJ hat das nötige zu den lieben Bänkern und Ihrem Glauben, dass es dort – Gott bewahre – keinerlei „böse Absichten“ geben könne, gesagt.

    Ich glaube jedoch nicht, dass die Banklümmel mit ihren toxischen Innovationen das Hauptproblem sind. Harald Welzer (und hier Moritz Berger) haben darauf hingewiesen, dass es in der globalen Weltwirtschaft zu einer beispiellosen Vernetzung und Machtkonzentration gekommen ist, die die Regierungen nach Belieben unter Druck setzen können. Haral Welzer diagnostiziert eine beispiellose Indolenz und Ignoranz:

    „Noch nie in der europäischen Nachkriegsgeschichte gab es einen solchen Totalausfall gesellschaftswissenschaftlicher Zeitdiagnose wie heute: Da werden ohne parlamentarische Legitimation souveräne Staaten in Protektorate ohne finanzpolitisches Mandat verwandelt, da finden unablässig Krisengipfel statt, auf denen an den Parlamenten vorbei tief in die Zukunft reichende Beschlüsse gefasst werden, da erodieren Politik- und Systemvertrauen in atemberaubender Geschwindigkeit, ohne dass an den Universitäten und Akademien, in den Zeitungs- und Radiofeuilletons sich Politik-, Sozial- und Geschichtswissenschaftler mit Analysen dazu vernehmen ließen, was da gerade geschieht.

    Keine Exzellenzuni schafft es, ein Symposium zum Beispiel zu der Frage zu veranstalten, was Demokratiegefährdung heute bedeutet, kein akademisches Journal widmet sich der beispiellosen Umverteilung von Volks- in Privatvermögen. Die sonst so gern vorgezeigten Hochkaräter der akademischen Landschaft sind ausgerechnet dann unsichtbar, wenn es tatsächlich mal um mehr geht als um Cluster, Credit Points, Peer Reviews und andere Possierlichkeiten.

    Bis auf die Ökonomen: So wie in der wirklichen Welt das Heft des Handelns den Finanzmarktakteuren – also den Banken, Investoren, Rating-Agenturen – überantwortet worden ist, die ganze Volkswirtschaften in Geiselhaft nehmen, so bleibt die Deutung der Krise ausgerechnet jener Wissenschaft überlassen, die sich jahrzehntelang in reiner Affirmation dessen ergangen hat, was auf „den Märkten“ eben so geschieht.“

    Ist diese Machtkonzentration lediglich dem Wirken der „invisible hand“ geschuldet, quasi naturwüchsig, Gottes Werk, wie Lloyd Blankfein postulierte? Wollen wir nicht noch neben dem Teufel auch ein paar Menschen da mitwirken und mitgestalten lassen (und da ist Bilderberg keine schlechte Metapher)? Zur Zeit der französischen Revolution war die herrschende Klasse identifizierbar: Adel und Geistlichkeit. Heute soll es eine Mystifikation sein, „Mächtige“ und ihre Interessen identifizieren zu wollen? Dieser herrschenden Ideologie sollte entgegengehalten werden: Ecrassez l´infame.

    @ Kerstin

    Merken Sie nicht, dass Sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, zu Zeit und Unzeit, ins Spiel bringen, dass Sie mal in Auschwitz waren und seitdem selbst ein traumatisiertes Opfer sind (ich stimme A. Posener zu, dass Ihre Lehrerin hätte entlassen werden müssen). Geht Ihnen das nicht auch auf den Kecks, EJ?

    Ich bin froh, dass die Bimbam-Dudelzeit, in der Gier besonders geil ist, zu der Weihnukka verkommen ist, bald zu Ende ist. Ich wünsche Ihnen trotzdem ein frohes Fest!

  3. avatar

    Etwas für unseren Thatcheriten, Herrn Posener

    Die Briten waren schon immer etwas exzentrisch:

    Hier ein Beispiel wie man auch den Markt alles regeln kann 🙂

    Privatising Margaret Thatcher’s funeral would be a fitting tribute to her legacy

    The Iron Lady herself would surely agree that poor taxpayers should not be further burdened in these times of austerity

    http://www.guardian.co.uk/comm.....NTCMP=SRCH

  4. avatar

    @Alan Posener

    Noch sind Sie nicht so alt wie Hilmar Kopper.

    „Ich habe früher gedacht, die Welt würde von der Liebe geprägt. Sorry, aber das ist Quatsch. Sie wird vom Geld geprägt. Geld, Geiz, Gier – das sind die drei großen Konstanten. Diese ganze Nation, die ganze Welt läuft letztlich dem Geld hinterher.“

    Und vergessen Sie bitte nicht bei Ihrer Geldgeilheit……

    Die Angst es wieder zu verlieren 🙂 🙂 🙂

  5. avatar

    @Parisien: Sie denken also als Schülerin, sie, die Klassiker, wären verstellt von Leichenbergen. Sind Sie sich ganz sicher, dass das nicht eine billige Ausrede war?

    Eine billige Ausrede? Ich weiß nicht. Natürlich las ich in dieser Zeit eine Menge Bücher, z. B. Konstantin Simonow „Man wird nicht als Soldat geboren“, über den 2. Weltkrieg, gleichzeitig bekam ich die Kriegserlebnisse meines Werkkundelehrers erzählt, meine Tante erzählte mir vom Spanienkampf, den Film „Der Aufenthalt“ nach einem Buch von Herrmann Kant sollte ich auch noch sehen, ich erfuhr von den Umständen des Todes eines ehemaligen Klassenkameraden. Ich war ja immer noch mit der Frage: Warum? beschäftigt. Man muss sich schon auf Goethe einlassen, das konnte ich damals nicht.

    Es gab aber noch einen weiteren Grund, warum mich Goethe nicht so begeistern konnte. Ich verstand nicht, was Goethe geschrieben hatte, mir fehlten einfach die Grundlagen: Religion, griechische Mythologie, Philosophie usw. Unsere Deutschlehrerin brachte dann eine Interpretationshilfe mit, dann machte Faust doch mehr Sinn und ich fand das richtig spannend. Bei meinen Kindern habe ich dann sofort darauf geachtet, dass sie ein besseres Fundament erhalten, heute gibt es ja vielfältige Möglichkeiten (Bücher, CD´s).

  6. avatar

    Mal unter uns: wer glaubt eigentlich allen Ernstes, dass der 26-er-Beschluss das Papier wert ist, auf dem er formuliert wurde? Mehr als eine (eher widerwillig) eingegangene Absichtserklärung gibt es derzeit nicht. Und man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass derlei Beschlüsse letztlich nicht mehr sein können, als Konjunkturprogramme für antieuropäische und rechtspopulistische Strömungen in all jenen Ländern, in denen Regierungen ihren Bevölkerungen von Berlin diktierte Sparmaßnahmen zumuten müssen. Diejenigen, die dagegen polemisieren, haben in den nächsten Monaten und Jahren gute Chancen, erdrutschartige Wahlsiege einzufahren. Und am Ende könnten in einer ganzen Reihe von EU-Mitgliedsstaaten dezidiert antieuropäische – um nicht zu sagen antideutsche – Regierungen stehen, die die EU insgesamt zu Grabe tragen.

  7. avatar

    @ Kerstin: Ihre Lehrerin gehört entlassen. Aber auch um solche Leute geht es hier am Dienstag beim Verriss des Buchs „Nachkrisgskinder“.
    @ Lyoner: Nichts gegen den Arbeitsethos. Aber mir ist Geldgeilheit einfach sympathischer als Pflichterfüllung. Irgendwie weltzugewandther. Auch deshalb rebelliert alles in mir gegen Schuldenbremsen. Die haben so was Unfrohes, Protestantisches. Ich selbst bin seit 1978 noch nie schuldenfrei gewesen, und ich würde einen schuldenfreien Staat irgendwie als Vorwurf empfinden.

  8. avatar

    @ Parisien: Friedrich Schiller usw. usf.

    Sagen Sie mal, Sie Schmalztopf, Sie Ölkanne, geben Sie jetzt derblondehans im Quadrat, den ignoranten Quadrat-Hans?

  9. avatar

    @ Kerstin: Sie sind also Mitte 40. Sie sind an den Leichenbergen nicht schuld gewesen und die Klassiker auch nicht. Hans und Sophie Scholl kamen aus einem Haus, in dem zweifellos Klassiker gelesen wurden. Gleichermaßen wurden sie in jüdischen Haushalten gelesen.
    Sie denken also als Schülerin, sie, die Klassiker, wären verstellt von Leichenbergen. Sind Sie sich ganz sicher, dass das nicht eine billige Ausrede war?
    Friedrich Schiller, ein Mann, der dem Knast nur entging, weil er flüchtete, stand Zeit seines Lebens immer auf der Seite des aufgeklärten, auch aufständischen Bürgers. Er war ein Apostat. Und Novalis, ein Gläubiger, war ein scharfer Kirchenkritiker. Ich glaube auf keinen Fall, dass die Deutschen, die die Klassiker verstanden hatten, zwangsläufig gemeinsame Sache mit dem Nationalsozialismus machten. Und man sollte nie vergessen, dass Hitler aus einem ganz basalen Haushalt war. Es wird oft argumentiert, dass die Nazis Musik, hier auch Wiener Klassik und deutsche Romantik hörten, angeblich. Jedenfalls hat Hollywood das so dargestellt. Das hat nichts zu bedeuten, so lange man Musik nicht versteht. Musik, wenn man Richard Wagner ausnimmt, ist etwas Übergeordnetes. Am besten hat Musik Walt Disney zusammen mit Leopold Stokowsky beschrieben. In der Mitte des Films Fantasia nämlich zeigt er den Ton, ja er filmt den Ton an sich. Und der Logos im Johannesevangelium wird übersetzt als Wort. „Am Anfang war das Wort.“ Wenn man aber übersetzt „Am Anfang war der Ton“ kommt man zu anderen Schlüssen. Musik, Literatur und Kunst sind göttlich, Logos von oben. Wer KZ-Aufseher war und gleichzeitig ein gut mit Klassikern bestücktes Regal hatte, hatte diese überhaupt nicht verstanden. Goethe, Schiller, Novalis, Eichendorff, Rilke et al. auf der einen Seite und Leichenberge auf der anderen schließen sich gegenseitig aus. Sagen wir mal, man kann alles missbrauchen. Man kann auch die Tatsache, dass Deutschland im 18. und 19. Jh eine kulturelle Blütezeit hatte, dazu gebrauchen, zu meinen, man wäre kulturell überlegen. Dabei war das nur eine Phase, wie die Renaissance in Italien eine Epoche war, und diese Phase hatte sehr viel mit der französischen Revolution zu tun, war also keineswegs isoliert deutsch.
    Ich finde, bis 1914 sollte und darf man das meiste unbeschwert genießen. Unsere ermordeten jüdischen Mitbürger und ein Teil unserer Vorfahren haben diese Neigung geteilt, und Marcel Reich-Ranicki ist wegen der deutschen Literatur, die er liebt – vor allem Goethe – zurückgekommen. Und ihm wiederum haben wir zu verdanken, dass wir sie auch lieben dürfen, ihm, der seine Eltern zum letzten Mal im Warschauer Ghetto sah, als sie abgeholt wurden. Soll heißen, es ist etwas ganz Eigenes. der Geist ist etwas Eigenes und auch Supranationales, und wo er missbraucht wurde, muss man ihn davon befreien.

  10. avatar

    @EJ

    Ich habe Sie auch nicht so verstanden….. hätte bei meiner Anmerkung etwas klarer sein sollen.

    Vielen Dank für den link.

    War pantau nicht auch eine Märchenfigur ?

    Dass sich solche “ Fossilien “ wie pantau immer noch herumtreiben 🙂 :-):-)

    Interessant der Ausdruck “ stazis „

  11. avatar

    EJ am 21. Dezember 2011 um 11:54: Welchem Volk ich/ meine Nachfahren eines Tages angehöre/n, wäre mir ebenfalls ziemlich schnuppe. (Gehöre/n ich/ sie ihm an, ist es mein/ ihr Apriori bzw. mein/ ihr blinder Fleck. Was soll’s also, darüber nachzudenken?)

    … no comment …

  12. avatar

    @Parisien: Meine Weihnachtsempfehlung: Friedrich Schiller, sämtliche Werke, Hanser-Verlag. Frohe Feiertage (an alle)! Falls es etwas günstiger sein soll: Shakespeare von Posener oder “Goethe noch einmal” von Reich-Ranicki. (Ihre Empfehlung)
    Vor fast 30 Jahren musste sich meine Deutschlehrerin auf ihren freundlichen Vorschlag, wir könnten doch unsere Augen schließen und Goethe genießen, noch folgenden Satz von mir anhören: „Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich nichts als Leichenberge, da hilft mir auch kein Goethe.“ Der Satz war einfach da. Ich glaube, sie war eine der wenigen, die den Grund für diesen Satz kannten, denn ich hatte in einem anderen Zusammenhang auch zu ihr gesagt: „Ich war schon mal in Auschwitz.“ Sie konnte es zunächst nicht glauben. Inzwischen habe ich ein entspannteres Verhältnis zu den Klassikern, ich denke auch Dank Willi Jaspers Buch „Deutsch-jüdischer Parnass“ .

  13. avatar

    Alan Posener sagt:
    „Gearbeitet wird bis zum 23.“
    Und alle schreiben weiter und ich auch.
    In Nippon bin ich nicht – also muß ich in Deutschland sein. Schön, diese Verlässlichkeit!

    @Lyoner
    „ist protestantische (konfuzianische, jüdische) Arbeitsethik nicht ein mindestens so guter Wirtschaftmotor wie Gier?“
    Erstere sind extrinsisch motiviert, die Gier ist eine intrinsische Motivation.
    Dreimal dürfen Sie raten, was mir sympathischer ist:
    Genau: Die katholische Arbeitsmoral.

    @EJ
    „Selbstreproduktion der Klassen“
    Folge von Feudalismus, 30-Jährigem Krieg und der fehlenden Revolution?
    Vielleicht brauchen wir in Deutschland deswegen immer eine Prise mehr Sozialismus, als andere Länder (?)

  14. avatar

    @ Moritz Berger

    Ich habe die von Ihnen verlinkte Seite, nicht Sie gemeint.

    Was unserer lieben Banker betrifft – hier habe ich kurz was dazu geschrieben. – Was ihr Können und ihre Absichten betrifft, wäre dem hinzu zu fügen: Bestenfalls waren Sie so dumm, nicht zu erkennen, dass natürlich auch die Kurse verbriefter Kredite bei steigenden Zinsen in den Keller gehen. Mindestens einige haben das aber sehr genau gewusst, sind auf ihre eigenen Verbriefungen short gegangen und haben den Mist trotzdem in großem Stil verkloppt.

  15. avatar

    @EJ

    Trittbrettfahrer gibt es immer.Der von mir aufgeführte link, war leider der einzige der mir rasch die vernetzten Unternehmen aufzeigte.

    Und was das aufpeppen betrifft, wir werden wohl zunehmend bei der Interpretation dieser Daten bevormundet, bzw. lassen uns die “ Analysearbeit “ auch zu gerne abnehmen, weil…. das erfordert leider immer noch etwas “ blood, sweat and tears “ und wir haben doch schon immer all soviel „apps“, die unser das Leben soviel “ einfacher “ machen 🙂 🙂 🙂

    @Parisien

    Böse Absichten liegen sich nicht bei den fabulous ba(n)ker boys vor, als sie die Chancen der deregulierten Finanzwelt seit Thatcher und Reagan wahrnahmen,

    da sagte sich auch der Dieb als er mein Fahrrad in der vergangenen Woche einfach mitnahm 🙂 🙂 🙂

  16. avatar

    @ Lyoner: „Der Druck, den diese Akteure auf die Politik ausüben und ganze Staaten in Schuldknechtschaft bringen, auch. Sehen Sie dort eher Schwarmintelligenz am Werk oder eher Leitungsgremien (Stichwort “Bilderberger”)?“

    Äh – dass die Möglichkeit bestanden hätte, dass Staaten ausgeglichene Budgets abliefern und z.B. Staaten wie Griechenland keinen Mammutsozialetat hätten aufblasen müssen, ist keine Möglichkeit in Ihrem Kopf? Haben die sog. Bilderberger, eine Gruppe mit teils fester, teils wechselnder Teilnahme, irgendwen gezwungen, sich zu verschulden? Hat jemand den amerikanischen Bürger gezwungen, sich seinen Konsum auf Kredit zu genehmigen? Oder war es nur eine Möglichkeit, die an der Unmündigkeit des menschlichen Wesens scheitert und an seiner Gier, sich auszustaffieren, die von der Werbeindustrie längst erkannt ist (Buy-ologie)? Die Banken waren doch im Grunde freundliche Jungs, die meistens geliehen haben, leider auch ohne Bonität, womit diese Lawine ins Rollen kam. Und das soll jemand oder eine Gruppe in böser Absicht geplant haben? Kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ich glaube eher, dass die alle blöd aus der Wäsche gucken, weil sie diese Fallen nicht vorhergesehen hatten.

    @ APo: das wird spannend mit dem Buch.

  17. avatar

    @ alle

    ceterum censeo: auf den Gabentisch gehört Michael Lewis, The big short, Boomerang.

    Eine kleine Anekdote: Als Lewis in den 90er Jahren in „Liar´s Poker“ die Machenschaften an der Wallstreet beschrieb, erhielt er viele Anfragen von Studenten amerikanischer Elite-Universitäten, ob er ihnen noch mehr Tips für eine Karriere an der Wallstreet geben könnte.

    So, jetzt habe ich genügend Arbeitsethos bewiesen.

  18. avatar

    @ Lyoner

    Ich habe nicht davon gesprochen, dass ich auf Bildung bzw. auf Kultur verzichten möchte. (Dürfte im Prinzip auch unmöglich sein. Irgendeine Un-/Bildung bzw. Un-/Kultur hat jeder.) Ich habe nur die Relevanz im gegebenen Zusammenhang bezweifelt.

    Apropos Bilderberger. Der verschwörungstheoretische Einschlag auf der von Moritz Berger verlinkten Seite macht die ETH-Studie runter: Die in der Studie dargestellte globale Vernetzung genügt nicht. Irgendein unbeweisbarer Quark muss hineingeheimnist werden, um sie damit aufzupeppen.

  19. avatar

    @Lyoner

    Da muß ich passen 🙂

    Allerdings halte ich nicht viel von (Verschwörung-) Theorien à la Bilderberg .

    Wenn wir wollten, der Glaube versetzt Berge :-), ist es uns sicherlich auch möglich via Schwarmbildung ein Gegengewicht zu der “ Kapitalkonzentration “ aufzubauen. Erste Ansätze gibt es m.E.bereits opensource etc.

    Auch wenn ich die crowd- bzw. Schwarm-, initiativen als Vorbild , bzw. best practise Ansätze vorgestellt habe, entwickelt sich dieser Ansatz derzeit gerade zur hype 🙂 analog den mittlerweile infaltionären Begriff “ nachhaltig “
    Ich warte nur noch darauf bis Danone den ersten schwarm-aktiven Joghurt auf den Markt wirft 🙂

    Dennoch alle Bausteine zur Veränderung unserer Gesellschaft liegen auf dem Gabentisch.

    Ganz banal:

    z.B. Thema CO2

    Was wäre wohl wenn jeder 5 Bundesbürger für alle Fahrten zum Supermarkt unter 7km statt des Autos das Fahrrad nehmen würde?

    Mit dem Nebeneffekt, das wir wieder fitter werden und weniger Arztbesuche machen müssen.

    Für diese Überlegungen werden aber derzeit aus
    “ keynesianische Beschäftigungsgründe “ 10.000 Seiten und mehr an Studien publiziert 🙂 🙂

    Mit welchem Resultat 🙂 🙂 🙂

  20. avatar

    @ Parisien

    „Die Nachkommen zu sichern, ist eine wesentliche Antriebsfeder. Gäbe es die nicht, ginge die Leistungsbereitschaft noch mehr zurück.“

    Können sich die wirtschaftkompatiblen „Leistungseliten“ (die Elementarteilchen, die sich ihrer wirtschaftlichen Verwertung ganz zur Verfügung stellen) noch Kinder leisten, wenn sie Karriere machen wollen?

    @ Alan Posener

    ist protestantische (konfuzianische, jüdische) Arbeitsethik nicht ein mindestens so guter Wirtschaftmotor wie Gier?

  21. avatar

    @ Moritz Berger

    Die Vernetzung ist schon beeindruckend. Der Druck, den diese Akteure auf die Politik ausüben und ganze Staaten in Schuldknechtschaft bringen, auch. Sehen Sie dort eher Schwarmintelligenz am Werk oder eher Leitungsgremien (Stichwort „Bilderberger“)?

  22. avatar

    Bevor jetzt hier alle reichlich strapaziert durch dieses Jahr des Herrn in die weihnukkatliche Behaglichkeit sinken und den Herrgott einen lieben Mann sein lassen wollen, will ich als Grinch (http://www.youtube.com/watch?v=kAcQcbLlYAU) noch ein bißchen Weihnukka stehlen.

    @ EJ

    „Mir ist aber auch ziemlich schnuppe, wie viele Leute Goethe, Schiller oder Shakespeare gelesen haben. (Wie viele “gebildete” SS-Leute gab’s? Und? Wen hat das vor irgendwas bewahrt?)“

    Nach dieser Logik müßten Sie eigentlich auf Ihren guten Cognac und Schampus verzichten, weil die „gebildeten SS-Leute“ gerne gebechert haben (die Nazis wußten auch, was frommt und schmeckt). Vor welcher Barbarei hat eigentlich Bildung, seis Bibel oder andere Hochkultur, die betes humaines bewahrt? Ach ja, es gibt eine menschenfreundliche Kultur, die uns vor Barbarei bewahren wird: Nach Alan Posener der Rock´n´Roll und die amerikanische Trivialkultur. In befreiter Sinneslust (http://www.welt.de/print/die_w.....slust.html) werden wir auf der Loveparade dionysisch stampfen und keinem Menschen etwas zu leide tun.

    @ Moritz Berger

    herzlichen Dank für Ihre Butter zu den Fischen, zum Thema der suprastaatlichen Vernetzung der Wirtschafts- und Finanzakteure. Ich muss mich da noch einarbeiten.

  23. avatar

    Wieso wünschen wir uns alle jetzt schon ein frohes Fest? Hallo? Wir haben gerade mal Winteranfang, den 21. Dezember. Gearbeitet wird bis zum 23. (wenn man Verkäuferin ist bis zum 24.). So will es der protestantische Arbeitsethos. Selbst die KMK sah sich imstande, womit ich nicht gerechnet habe, mir eine detaillierte Frage zum islamischen Religionsunterricht innerhalb von zwei Tagen detailliert zu beantworten. Mit Zahlen. Also, dranbleiben, Leute! Die nächste „Starke Meinung“ von mir gibt’s ja erst am 27. Dezember. Ich wechsele da das Thema und bespreche ein Buch über „Nachkriegskinder“. Aber auf Europa, Konjunktur, Keynes komme ich noch zurück, also her mit den Argumenten!

  24. avatar

    @ EJ: „Bei Neoliberalismus inklusive Privatisierung des(Aus-)Bildungswesens und inklusive unseres gegenwärtigen Erbrechts, bei der programmatischen Selbstreproduktion der Klassen also, wäre meine Schmerzgrenze erreicht.

    Wie lässt sich die neoliberale Privatisierung der (Aus-)Bildung und die neoliberale Beibehaltung des Erbrechts eigentlich begründen? Warum gibt’s da kein Individuum, kein Zurück auf Null mehr, sondern in (Aus-)Bildungs- und Erbangelegenheiten plötzlich das Familien-Kollektiv, während ansonsten in der neoliberalen Welt angeblich alle (Fürsorge-)Kollektive (einschließlich der Familie!) des Teufels sind?“

    Im Prinzip widerspricht sich das. Die Familien nämlich sind durch ihre Nachkommen motiviert. Wenn man durch ein drastisches Erbrecht das Erbe für die Nachkommen reduzierte, würde man gleichzeitig den Impuls verkleinern, für etwas zu arbeiten. Die Nachkommen zu sichern, ist eine wesentliche Antriebsfeder. Gäbe es die nicht, ginge die Leistungsbereitschaft noch mehr zurück. Oder kennen Sie irgendwen, der einen überragenden Impuls hat, für den Staat zu arbeiten? Es würde folgendes passieren, und im Prinzip kennen wir das aus der Ex-DDR: Mach mal ’ne Fuffzehn bzw. Arbeiterdenkmal. Und in vielen westdeutschen Beamtenstuben hatten Sie das schon immer. Beamtentum sollte, außer bei Schlüsselpositionen und Polizei, verboten sein. Lehrer sollten Staatsangestellte mit Kündigungsmöglichkeit sein. Usw. Was Sie hier propagieren, sind billige Lösungen. Und ja, es macht viel aus, ob Leute Goethe verstehen und Geschichtskenntnisse haben oder nicht. Und gar nicht so sehr, ob sie das alles verstehen oder gelesen haben, sondern vielmehr, ob sie das fasziniert. Falls Sie damit Probleme haben sollten: Es ist nie zu spät.
    Meine Weihnachtsempfehlung: Friedrich Schiller, sämtliche Werke, Hanser-Verlag. Frohe Feiertage (an alle)! Falls es etwas günstiger sein soll: Shakespeare von Posener oder „Goethe noch einmal“ von Reich-Ranicki.

  25. avatar

    Ich will hier und jetzt nicht über bashing, Schweinezyklen W-Fetischisten diskutieren, sondern anläßlich des Todes von Vaclav Havel hier ein paar Gedanken von ihm veröffentlichen:

    Hoffnung ist vielmehr die Fähigkeit, für das Gelingen einer Sache zu arbeiten.

    Hoffnung ist auch nicht dasselbe wie Optimismus. Sie ist nicht die Überzeugung, daß etwas klappen wird, sondern die Gewissheit, daß etwas seinen guten Sinn hat – egal, wie es am Ende ausgehen wird.

    Diese Hoffnung alleine ist es, die uns die Kraft gibt zu leben und immer wieder neues zu wagen, selbst unter Bedingungen, die uns vollkommen hoffnungslos erscheinen. Das Leben ist viel zu kostbar, als dass wir es entwerten dürften, indem wir es leer und hohl, ohne Sinn, ohne Liebe und letztlich ohne Hoffnung verstreichen lassen.

    Ich wünsche allen Frohe Weihnachten und ein glückliches Jahr 2012

  26. avatar

    @ Parisien

    Welchem Volk ich/ meine Nachfahren eines Tages angehöre/n, wäre mir ebenfalls ziemlich schnuppe. (Gehöre/n ich/ sie ihm an, ist es mein/ ihr Apriori bzw. mein/ ihr blinder Fleck. Was soll’s also, darüber nachzudenken?) Mir ist aber auch ziemlich schnuppe, wie viele Leute Goethe, Schiller oder Shakespeare gelesen haben. (Wie viele „gebildete“ SS-Leute gab’s? Und? Wen hat das vor irgendwas bewahrt?) Was mir aber nicht schnuppe wäre, ist die Klassengesellschaft, die mir/ uns in der Welt Alan Poseners künftig droht. Bei Neoliberalismus inklusive Privatisierung des(Aus-)Bildungswesens und inklusive unseres gegenwärtigen Erbrechts, bei der programmatischen Selbstreproduktion der Klassen also, wäre meine Schmerzgrenze erreicht.

    Wie lässt sich die neoliberale Privatisierung der (Aus-)Bildung und die neoliberale Beibehaltung des Erbrechts eigentlich begründen? Warum gibt’s da kein Individuum, kein Zurück auf Null mehr, sondern in (Aus-)Bildungs- und Erbangelegenheiten plötzlich das Familien-Kollektiv, während ansonsten in der neoliberalen Welt angeblich alle (Fürsorge-)Kollektive (einschließlich der Familie!) des Teufels sind?

  27. avatar

    @ APo’s link zu Wergin: „Die Wut über die Briten ist letztlich die Wut über diejenigen, die von Anfang an gesagt haben, dass der Kaiser nackt ist. Die Euro-Europäer müssten eigentlich über sich und ihre politischen Eliten verärgert sein. Was die Bürger meistenteils auch sind. Und die Politiker suchen nun einen neuen Sündenbock, auf den sie diese Wut umleiten können. Da bietet sich die ungeschickte britische Regierung als perfektes Opfer an.“

    Ich komme auf meine Ausführungen über Schulbildung zurück: Indem man die gymnasialen Anforderungen senkt, bringt man das Gymnasium auf das Niveau der Realschule, und dann kann man, um Lehrer einzusparen – der wohl einzige Grund – die Einheitsschule machen. Falls aber noch mehr dahinter steckt, dann vielleicht die Idee, ein minderbemitteltes braves Volk zu erzeugen, dass zu allem ja und amen sagt und nur noch bei Fußball-WM’s aus sich rausgeht. Und das haben wir schon. Anders wäre es nicht möglich, dass die Zustimmung zu Frau Merkel läuft wie geschmiert, obwohl sie einen undemokratischen, teils von Brüssel, teils von Paris-Berlin, gesteuerten Superstaat aufbauen will, in dem man nur mal schnell, ohne jemanden zu fragen, ein paar Verträge ändert. Der kritische Bürger ist also in der Minderzahl, und seine Aufmerksamkeit richtet sich lediglich auf Bahnhöfe oder Atomkraft.

    Und deswegen hat David Cameron Recht. Außerdem ist es unmöglich, die Frankfurter, Pariser und vor allem Londoner Börse solitär zu besteuern, weil die gesamte Börse dann umzieht nach New York oder Tokyo. Geld ist mobil, Frau Merkel dagegen überaus starr. Frau Merkel ist weder Maggie Thatcher noch Ronald Reagan, denn beide waren nicht starr.
    Und wenn Frau Merkel sagt, Sarrazins Buch wäre „nicht hilfreich“ und damit eine wahre Hexenjagd einleitet, dann nur, weil in dem Buch zwar ein kleines bisschen Mist über Genetik steckte, aber ansonsten sehr viel Sinn und Verstand und berechtigte Kritik auch an ihrer Politik.

  28. avatar

    @ Moritz Berger: „Die Maschinensteuer/Werschöpfungssteuer wird/wurde nicht nur von Linken propagiert, sondern auch von Liberalen wie Lord Dahrendorf.“

    Vielen Dank für den Hinweis.

    @ Lyoner: „Ihren Hinweis finde ich bedenkenswert
    “Eine Bevölkerung kann nicht überleben, wenn die Bessergestellten nur Karriere machen und nur noch diejenigen, die oft genug nicht mal ihre Kinder erziehen können, Nachwuchs bekommen.

    Doch nach Alan Posener muss diese “Bevölkerung” nicht zwingend überleben, das “Volk” kann doch gut und gerne durch ein anderes ersetzt werden.“

    Welches „Volk“ auch immer, aber man sollte dafür sorgen, dass es einigermaßen gebildet bleibt, und dahin zielte ja U. van der Leyens Idee. Wenn die Schwächeren überhand nehmen, kann das kein Staat finanzieren. Im Extremfall endet das bei „failed state.“ Es kommt also auf den Ausgleich an, darauf, eine Mitte beizubehalten. Wussten Sie, dass es heutzutage möglich ist, Abi zu machen ohne ein einziges Stück von Goethe und Schiller, ohne Drama überhaupt, Englisch-Abi ohne Shakespeare und Französisch-Abi sowohl ohne Molière et al. als auch ohne Sartre oder Camus? Dass der Geschichtsunterricht mit moderner Architektur verwechselt wird – Minimalismus? Dass uns zwangsläufig später Leute mit regieren, die noch nie ein Drama gelesen und massive Geschichtslücken haben, hier auch President Obama? Dass auch Wirtschaft ohne fundiertes Wissen und auch Kreativität nicht florieren kann? Der kleine Handlungsreisende mit seinem Rollköfferchen, eine Art Klon, da alle gleich aussehen, hat noch keine Erfindung gemacht. Leonardo da Vinci aber und Goethe haben viele gemacht, und Einstein spielte bekanntlich Geige.

    @ Rita E. Groda: Vielen Dank, gleichfalls schönes „Weihnukka!“
    Aber ich glaube, hier können alle beides nebeneinander.

  29. avatar

    Pünktlich zu Weihnachten hat die EZB tatsächlich die Bazooka aus dem Sack geholt: http://www.deutsche-mittelstan...../12/34015/

    Ein Licht, wohl zur halben Nacht. Ich selber werde jetzt dem Rat von Frau Groda folgen und mich für die nächsten Tage herabdimmen. Ich wünsche allen Kommentatoren und Autoren hier eine frohe Weihnacht. Bis irgendwann im neuen Jahr.

  30. avatar

    Was exportiert „England“ auser „pop musicians“ ? Nach Schottland’s Trennung – welche Rohmaterialien hat „England“ ? 2050 – besteht eine Eurasia-Kooperative mit den drei Lokomotiven: Frankreich-Deutschland-Russland. —Anderseits, wenn die USA nun mehr Dollars druckt – ohne Ruecksicht auf Inflation – kann der Euro-Raum nicht wettbewerben.

  31. avatar

    Da ich hier von Herrn Posener nur immer den Ruf nach Wachstum höre,

    hier etwas für die W-Fetischisten:

    http://www.youtube.com/watch?v=umFnrvcS6AQ

    Dieser Satz wird mich zukünftig bei Diskussionen mit Wachstumsfetischisten begleiten:

    The greatest shortcoming
    of the human race
    is our inability
    to understand
    the exponential function

  32. avatar

    @Lyoner

    zum Thema “ Vernetzung “ hier etwas Butter bei die Fische:

    http://whaaat.de/truewords/?p=5268

    Und hier der wissenschaftliche Hintergrund, Methodik etc….

    http://www.plosone.org/article.....ne.0025995

    Für Deutschland sprich die Deutschland AG gab es für den Zeitraum von 1996-2004 eine ähnliche Netzwerkuntersuchung, um die Ergebnisse der “ Deregulierung “ festzustellen:

    http://www.mpifg.de/aktuelles/themen/d-ag.asp

    Zwar wird hier eine Entflechtung auf deutscher Ebene konstatiert, aber was auf europäischer Ebene, bzw. auf internationaler Ebene sich entwickelt, darüber schweigen sich die damaligen Autoren aus!!

    http://www.mpifg.de/aktuelles/.....sung-w.pdf

    http://www.mpifg.de/aktuelles/.....Wandel.pdf

    Hier noch ein historischer Überblick der Deutschland AG:

    http://www.mpifg.de/pu/workpap/wp03-9/wp03-9.html

    Zum Thema Globalisierung, Vernetzung und Gefahrenpotential hier auch ein Artikel aus dem Jahr 2009:

    The current economic crisis illustrates a critical need for new and fundamental understanding of the structure and dynamics of economic networks. Economic systems are increasingly built on interdependencies, implemented through trans-national credit and investment networks, trade relations, or supply chains that have proven difficult to predict and control. We need, therefore, an approach that stresses the systemic complexity of economic networks and that can be used to revise and extend established paradigms in economic theory. This will facilitate the design of policies that reduce conflicts between individual interests and global efficiency, as well as reduce the risk of global failure by making economic networks more robust.

    aus:

    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/si.....challenges.

    Es ist an der Zeit, dass wir stärker die Interdependenzen unser Weltwirtschaft untersuchen.

    Und hier einfach nur platt von Markt und Wettbewerb zu sprechen ist meiner unmaßgeblichen Meinung unverantwortlich und grob fahrlässig.

  33. avatar

    Jetzt mutiert Alan Posener endgültig zum Hütchenspieler. Die Symbiose China und Macao funktioniert wohl; aber ist Großbrittanien nicht ein bißchen zu groß für uns?

    Wenn man sich die Effekte des Hü von 2008 anschaut, hat denn dies von kurz- und mittelfristigen Konjunkturverbesserungen abgesehen zu einer systematischen Erhöhung der Produktivität der Wirtschaft geführt? Warum soll das heute besser klappen? Haben dies Länder mit deregulierten Märkten besser geschafft? USA (nach Parisien zwar nicht das USA today, aber das zukünftige USA des Gingrich)? GB? Zeigen Sie uns eines! Ihr Satz „Ohne Wachstum kann Europa seine Schulden nicht zurückzahlen“ zeigt unser Dilemma, wir haben Schulden 2008 gemacht, um die „Wachstumsprogramme“ zu pumpen, mit denen wir die Schulden von 2008 bezahlen können, und weil das so gut funktioniert hat, müssen wir uns jetzt noch mehr verschulden, um die Schulden bezahlen zu können.

    Was Alan Posener systematisch unter den Tisch fallen lässt, ist, wer denn nun die Akteure sind, die profitieren. Mit das Beste, was ich in letzter Zeit gelesen habe: Harald Welzer im Tagesspiegel (http://www.tagesspiegel.de/kul.....p5976282=2). Auszug:

    „Dabei sind moderne Gesellschaften womöglich viel stärker durch höchst systemkonform aussehende suprastaatliche Akteure gefährdet als durch Terroristen. Die ETH Zürich hat unlängst eine Netzwerkanalyse publiziert, die akribisch nachweist, dass die wirtschaftliche Macht auf dem Planeten sich auf gerade mal 147 Unternehmen konzentriert; die 50 stärksten davon kommen mit nur einer einzigen Ausnahme sämtlich aus der Finanz- oder Versicherungswirtschaft. Diese Player sind, die Euro-Krise führt es vor, in der Lage, Regierungen nach Belieben unter Druck zu setzen. Und die reagieren mit ihren atemlosen Gipfeln und Rettungsschirmen als bloße Erfüllungsgehilfen: indem sie Spardiktate verhängen, Referenden verhindern, Staatseigentum verscherbeln und das politische Mandat an einen Markt delegieren, dessen schlichte Funktionslogik sie nicht verstehen oder nicht zu verstehen vorgeben. Der Markt funktioniert (und funktionierte immer) nach der einzigen Maxime, die Vorteile der Marktakteure zu erhöhen.

    Dass diese Logik keine Selbstbegrenzung vorsieht, ist klar; gerade deshalb wurden ja jene Regulierungen geschaffen, die – wie unvollkommen auch immer – ein Primat des Staatlichen durchzusetzen und aufrechtzuhalten versuchten.

    Genau das verschwindet gerade vor aller Augen und mit ihm der Vorrang, der demokratischen Verfahren und rechtsstaatlichen Prinzipien vor allem anderen zukam.“

    @ Parisien

    Ihren Hinweis finde ich bedenkenswert
    „Eine Bevölkerung kann nicht überleben, wenn die Bessergestellten nur Karriere machen und nur noch diejenigen, die oft genug nicht mal ihre Kinder erziehen können, Nachwuchs bekommen.“

    Doch nach Alan Posener muss diese „Bevölkerung“ nicht zwingend überleben, das „Volk“ kann doch gut und gerne durch ein anderes ersetzt werden.

  34. avatar

    …ich hab (soeben erst) gelesen, dass die EZB bereits munter Geld in den Devisenmarkt pumpt: http://de.reuters.com/article/.....5420111219

    Die maroden Banken kaufen demnach marode Staatsanleihen und hinterlegen sie bei der EZB als Sicherheit. Wenn die Staatsanleihen von den Staaten dann nicht bedient werdne, muss die EZB zahlen. Auch eine Form von Eurobonds, nur bleibt alles „in der Familie“.

    Wo wird das Geld eigentlich hinströmen, wenn diese riesige Derivateblase platzt und jeder Vermögende sein Geld woanders anlegen will? In die Aktien? Und wird das dann als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt oder zur Produktivitätssteigerung verwendet?

  35. avatar

    Ich würde also vorschlagen:
    1.) Eurobonds auflegen, um Konjunkturprogramme zu finanzieren. Gleichzeitig unter Auflagen Transfers von reich nach arm durchführen.
    2.) Wenn das nicht reicht: neue Eurobonds auflegen.
    3.) Wenn auch das nicht reicht: Geld drucken, um Schulden zu bezahlen.

    Der Haken: Eine solche Agenda ist mit dem aktuellen Vertragswerk wohl nicht durchzuführen.

  36. avatar

    …Außerdem: einen zugedrehten Geldhahn kann man immer noch aufdrehen. (Dies wäre dann die besagte „Bazooka.) Wenn er einmal aufgedreht ist, kann man nichts weiter mehr tun.

  37. avatar

    Wie soll man denn die Finanzspritze (erste Säule)und das Konjunkturpaket finanzieren (zweite Säule) und gleichzeitig den Stabilitäts- und Wachstumspakt erfüllen?

    Wenn ich den Vorschlag richtig verstehe, soll das durch eine Umschichtung in den Haushalten geschehen. D.h. nicht generell sparen, sondern dort sparen, wo man sparen kann (z.B. durch Aufgabe der kostenlosen Bildung für alle. Schade um sie). Im Grunde unterscheidet sich das nicht von Merkels Idee, denn auch Merkel will nicht überall gleichermaßen sparen. Der Unterschied zu Merkel scheint also zu sein, dass Sie mit denselben Maßnahmen noch viel mehr Finanzkraft entfachen wollen. Wenn Sie wie 2008 auch bei den Staatshaushalten „Hü“ sagen wollen, benötigen Sie sehr viel Geld. Zu viel Geld für den Stabilitätspakt.

    Zum Thema Transferunion: In Deutschland haben wir auch eine Transferunion: von West nach Ost und von Süd nach Nord (z.B. Bayern -> Bremen). Wir sind damit bislang nicht schlecht gefahren (auch Bayern nicht).

  38. avatar

    – Da Ulrichs zugleich für das Jahr 2050 einen „europäischen Machtraum entstehen“ sieht, „von Skandinavien bis nach Nordafrika, von Portugal bis Weißrussland, von Frankreich bis zur Türkei“

    Hatte nicht schon einmal jemand eine ähnliche Idee mit desaströsen Folgen?

    – Nicolas Sarkozy, der Sieger von Brüssel, hat die „Philosophie“ seines „neuen Europa, das gerade geboren wird“ vor dem Gipfel anders zusammengefasst: Dieses Europa wolle „mehr Solidarität und Regulierung unter seinen Mitgliedern“, während das alte Europa „lediglich der Logik des gemeinsamen Markts folgt“ (zitiert nach The Economist, 17. Dezember, S.43).

    Philosophie in Anführungsstrichen ist gut. Sarkozy hat nur eine Mentalität: Möglichst lange zu verbergen, dass Frankreich nicht ganz Triple A ist und sich als großer Retter aufzuspielen, obwohl er in Wirklichkeit gerettet werden will.

    – Sterling Plus. Deutsche Industriemacht plus britische Finanzkraft. Sollen die anderen eine Mittelmeerunion bilden: Franc Minus. Dieser Vorschlag ist nicht ernst gemeint, aber man fragt sich zugleich, warum eigentlich nicht.

    Hatte ich auch schon überlegt.Die Frage muss ernsthaft gestellt werden, zumal Sarkozy eine Mittelmeerunion immer wollte.

    – Was es mit Nachhaltigkeit zu tun hat, wenn man mit offenen Augen in eine Krise hineingeht, die das Zeug hat, die ohnehin unverantwortlich hohen Arbeitslosenquoten unter der Jugend Frankreichs, Spaniens, Italiens und der anderen Verbündeten Deutschlands im 26er Club in astronomische Höhen zu treiben und eine ganze Generation um ihre Zukunft zu betrügen, erschließt sich mir ebenso wenig. Wieso vor drei Jahren Hott richtige war, jetzt aber Hü angesagt sein soll, erschließt sich mir schon gar nicht.

    Niemandem erschließt sich das. Einer der wenigen Vorschläge der Linken, die mir je gefielen, ist eine „Maschinensteuer“, die den Menschen wieder als Arbeitskraft lukrativer machen würde.

    Zu den USA. Wenn Europäer in die USA schauen, war das von jeher ein maßlos von Neid geprägter Blick. Inzwischen ist entsprechend Häme dabei. Dabei lässt sich die Weltmacht USA nicht mit Europa vergleichen.

    Was mir in Ihren Ausführungen fehlt, ist die Grundlage republikanischen Denkens: Schlanker Staat.

    Was ich kritisiere, ist Ihre Kritik am Elterngeld. Eine Bevölkerung kann nicht überleben, wenn die Bessergestellten nur Karriere machen und nur noch diejenigen, die oft genug nicht mal ihre Kinder erziehen können, Nachwuchs bekommen. Ich greife einen alten Vorschlag von Wolfgang Sofsky auf: Kindergeld und Elterngeld für alle, aber nur für zwei Kinder. Weitere on your own, so dass auch niemand in Versuchung käme, sich durch einen Kinderreigen zu ernähren, Kinder also als Mittel zum Zweck zu „produzieren“, wie das dauernd passiert. Schulgeld können Sie in Deutschland nicht nehmen, weil die Schulen zu schlecht sind. Die Bessergestellten würden gleich auf Privatschulen oder ins Ausland gehen. Die Staatsschulen würden hängenbleiben mit dem Rest und, von Ausnahmen abgesehen, vermindertem geistigen Input. Das wäre dann wie in den USA.

  39. avatar

    Lieber Herr Posener,

    vielen Ihrer Kritikpunkte und auch Ihren Vorschläge kann ich nahezu komplett zu stimmen.

    Jetzt kommen aber die “ abers“ und die Fragen:

    Ist es nicht so dass derzeit UK eine
    “ drastische austerity policy “ fährt?

    Dieses Bild paß doch wohl überhaupt nicht in die Darstellung die Sie hier mehr oder weniger direkt von U.K. geben.

    http://tinyurl.com/comyxmn

    (nicht die FTD, sondern die FT 🙂

    http://www.econbrowser.com/arc.....ity_b.html

    http://blogs.lse.ac.uk/politic.....statement/

    An einem Ideenfeuerwerk mangelt es bei Ihnen nicht.

    Die einen propagieren google + die anderen Sterling+

    Konkret:

    Wie stellen Sie sich diese Währungsunion vor?

    Deutschland zurück zur DM?

    Und wenn es nach der Gewichtung der beiden Wirtschaftmächte geht, dürfte es doch wohl heißen:

    DM+

    Sehr aufschlußreich ist bei Ihrer Analyse auch die Tatsache, dasss Sie unter den Sparmaßnahmen den Militärsektor nicht einmal mit einer Zeile erwähnen ???

    Aber trotz Wettbewerb und Deregulierung gibt es bei Ihnen immer noch Tabu-Bereiche.

    Da wir schon bei den Ideen sind:

    Sollten die Deutschen nicht besser ein take-over Angebot an UK machen.

    Die Deinsturialisierungspolitik ließe sich doch besser durch den Export der schwäbischen Mittelständler in die UK aufhalten.

    Davon abgesehen:

    Was ist eigentlich noch britisch in der britischen Industrie, außer aerospace, Chemie- , Pharma, -Ölindustrie ??

    Und den Finanzsektor können wir sicherlich sehr profitabel an Singapur verkaufen,Die Channel-Islands werden mit den Bermudas und den Cayman-Islands zu einer Finanzmetropole ausgebaut.

    Bei der Bekämpfung von Korruption, Steuerhinterziehung (??) fiel mir auf, dass Sie ein weiteres Tabu-Thema haben.

    Wie bekommen wir die offshore Finanzcentren in den Griff?

    Oder wollen wir weiter ansehen, dass hier Finanzsummen angehäuft werden, die sich jeglicher Transparenz entziehen?

    Oder meinen Sie, dass Ihre Zauberwörter aus dem Land von Oz, Wettbewerb und Deregulierung auch hier funktionieren?

    Daher lieber Herr Posener etwas mehr Butter bei die Fische, put up or shut up

    P.S.Und was generell Ihre Einschätzung zum Veto von Cameron betrifft, da halte ich mich doch lieber an die LSE:

    http://blogs.lse.ac.uk/politic.....r-britain/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top