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Wie die Politik den Protest von Occupy Wallstreet okkupiert

Das passt ja ganz ausgezeichnet. Selten wurde eine neue Protestbewegung so schnell von der Politik annektiert wie Occupy Wallstreet. Er sei auch ganz empört über die Banken, ließ sich der designierte Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, am Wochenende zitieren.

Wenn sich am kommenden Wochenende die EU-Spitzen zu einem neuerlichen Griechenland-Krisentreffen zusammenfinden, dürfte dort erneut viel Verständnis für die Jugendlichen geäußert werden, die derzeit weltweit gegen die Macht der Banken demonstrieren.

Die Protestierer spielen den Politikern in die Hände. Je mehr die Demos um sich greifen, desto einfacher wird es für die Politik werden, den Banken signifikante Zugeständnisse in der Schuldenkrise abzuringen. Wahrscheinlich wird es eine höhere Selbstbeteiligung an einem kommenden Schuldenschnitt für Griechenland sein. Sicher aber zusätzliche Regulierungen. Und gegebenenfalls auch die von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann so gefürchtete Zwangskapitalisierung der Banken.

Sie würde den Eigenkapitalanteil der Banken erhöhen und sie damit stabiler für Krisen machen. Weil das Geld dafür aber vom Staat kommen würde, fürchtet Ackermann, dass sich damit auch der Staat als Miteigentümer in die Unternehmen drängen würde. Das hat er bislang in den drei Jahren der Krise immer verhindern können.

Für die Politik eröffnen sich mit diesen interessanten Konstellationen wirkliche Handlungsoptionen. Es sieht alles danach aus, als ob die Banker inzwischen relativ „weich gekocht“ sind – sich also nicht mehr in dem Maße wehren können, in dem sie es bisher mit viel Lobbying immer geschafft haben, ihre Sicht der Dinge bei der Politik durchzusetzen.

Die Regierenden in Europa sollten diese Situation nutzen. Alle bisherigen Versuche für eine intelligente Regulierung des Finanzsektors waren nicht sonderlich erfolgreich. Die von der EU eingeführten Stresstests für die Banken waren wenig mehr als eine Farce, wie die Pleite der französisch-belgischen Dexia-Bank vor kurzem zeigte. Sie hatte den Stresstest problemlos bestanden – nur um wenige Monate später zusammenzubrechen und nun vom französischen und belgischen Staat gerettet zu werden.

Auch hat sich weder in der Frage exorbitant hoher Boni noch in den Usancen des millisekundenschnellen Computerhandels und bei den Konstruktionen komplizierter und auf Kredithebeln basierender Wertpapiere viel getan. Allerdings haben wir hier auch Seiten der Politik wenig Intelligentes gehört: Wo ist der Politiker, der sich hier mit Sachverstand und klugen Ideen für eine sinnvolle Regulierung hervortut?

Diese Art von weiterführenden Vorschlägen von der Occupy-Wallstreet-Bewegung zu erwarten, wäre wahrscheinlich zu viel verlangt. Dennoch wäre die Öffentlichkeit derzeit bereit wie selten zuvor, auf gute und durchaus auch unkonventionelle Vorschläge zu hören.  Immerhin waren es in der Tat die Globalisierungsgegner von Attac, die die so genannte Tobin Tax weltweit bekannt machten. Heute heißt sie Finanzmarkttransaktionssteuer und Politiker wie CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble gehören inzwischen zu ihren Verfechtern.

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5 Gedanken zu “Wie die Politik den Protest von Occupy Wallstreet okkupiert;”

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    Hier kommt der amerikanische Wutbürger.

    Die Occupy-Wall-Street (OWS)-Bewegung ist sicherlich voll von Wut gegen die Banken und die Banker. Aber sie verkörpert vielmehr den Ärger über Dinge die die „Main-Street-Menschen“ nicht mehr erfassen: Bail-outs, andauernde Arbeitslosigkeit, steigende Staatsschulden, stagnierendes Einkommen. Was die OWS von der Tea-Party-Bewegung (TPB) unterscheidet sind die Anhängerschaft und Einfluss auf die Politik. Die TPB ist besser organisiert, hat weniger Erfordernisse, aber einen realen Einfluss auf die Politik/Wahlen. Es ist zu bezweifeln dass die OWS eine solche Kohärenz erarbeiten wird – ihre Schlagworte sind zu viel Katzenmusik um eine greifbare politische Linie aufzuzeigen.

  2. avatar

    „Es ist Zeit, dass sich die Dinge in der Finanzindustrie ändern. Die Protestbewegung ist ein guter Anfang.“

    Es ist Zeit, dass sich die Dinge in der Politik ändern. Die Protestbewegung ist ein guter Anfang.

    Punkt 1: Politik auf Pump muss ein Straftatbestand werden.

  3. avatar

    Die Banken sind jetzt im Kreuzfeuer. Aber wie der Artikel sagt, die Politiker können ihre Hände nicht in Unschuld waschen. Es waren Schröder und Eichel, die die Eigenkapitalvorschriften gesenkt haben.

    Die Banken machen heute gemeinsam mit der Politik die Gesetzte und das Volk baded das Resultat aus, wenn die Zockerei nicht aufgeht.

    Die Banken haben viel Dreck am Stecken:
    http://www.start-trading.de/bl.....nd-schuld/

    Es ist Zeit, dass sich die Dinge in der Finanzindustrie ändern. Die Protestbewegung ist ein guter Anfang.

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