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Der moralische Kollaps – die Lolita-Affäre und ihre Folgen

Vor wenigen Tagen hat der britische Premier David Cameron vor dem „moralischen Kollaps“ der Gesellschaft gewarnt. Vorausgegangen waren tagelange Straßenschlachten frustrierter Jugendlicher. Bilder, die wir bislang nur aus arabischen oder Drittwelt-Staaten kannten. Cameron macht, wenig originell aber geleitet von den Umfragen, einen Werteverfall in der Jugend und der Unterschicht für die Plünderungen und den Vandalismus verantwortlich.

In Deutschland dagegen verhält es sich umgekehrt: der Verfall kommt von oben und er ist nicht links, sondern trifft die Mitte der Gesellschaft ins Mark. Dieser Verfall beschäftigt vor allem die Stammwähler der Union weit mehr als die Euro-Krise oder die Frage, ob Hauptschulen abgeschafft gehören. Innerhalb von nur einem Jahr haben drei Unionspolitiker das Vertrauen der eigenen Leute in die moralische Integrität der CDU/CSU erschüttert.

Der plötzliche Abgang von Ole von Beust in Hamburg und seine Flucht nach vorn mit einem 19jährigen, die Plagiat-Promotion des Freiherrn zu Guttenberg nebst larmoyantem Rücktritt und aktuell die Lolita-Affäre des Spitzenkandidaten der CDU in Schleswig-Holstein von Boetticher.

Der Adel bringt der Union kein Glück. Vor allem, wenn er mit zweierlei Maß Moral misst. Darf ein Spitzenpolitiker eine Sex-Affäre mit einer Minderjährigen haben? Das Urteil der Bürger ist eindeutig: nein. Soll er die behauptete Liebe aufgeben, wenn er zum Spitzenkandidaten einer Wahl nominiert wird? Ebenfalls nein. So etwas tut man nicht, schon gar nicht in einer christlichen Partei.

Dass zu allen drei Verfehlungen die Parteivorsitzende schwieg macht das eigentliche Dilemma der Christdemokraten deutlich: Sie ist weit entfernt von Wählern und Bürgern.

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11 Gedanken zu “Der moralische Kollaps – die Lolita-Affäre und ihre Folgen;”

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    @Liebe Sussanah Winter: Ihre Einschätzung des „Mannes“teile ich absolut. Wer als politisches Leittier agiert, der hat geichzeitig auch eine gewisse Vorbildfunktion, und eigentlich können wir alle nicht wollen, daß im Zeitalter der Emanzipation so tradiertes Rollenverhalten der Männer eher noch zementiert wird.

    On the other hand, in einer freien, liberalen Gesellschaft muß auch so etwas möglich sein. Unter der Voraussetzung der Freiwilligkeit auf beiden Seiten sehe ich hier keine Pädophilie. Ebenso war das Mädchen – nach meinem Kenntnisstand – nicht als Schutzbefohlene dem genannten Herren anvertraut.
    Gesetze sollen Orientierung und Rahmenbedingungen für die Gesellschaft sein und Schaden von ihr abwenden.
    Herr von Boetticher hat, vordergründig, zunächst erst einmal sich selbst, seiner Reputation und der seiner Partei geschadet.

    @Herr Dettling: Ihre Verwunderung – der Verfall der Gesellschaft komme von oben – macht mich einigermaßen sprachlos!!!!

    War es jemals anders???

    Wurde die Franz. Revolution durch die Perversionen der Unterklasse ausgelöst? Die Abschaffung des Zarenreiches durch die Perversionen der leibeigenen Bauern? Der Zerfall des Römischen Reiches durch den moralischen Verfall der Sklaven, oder die Dekadenz der Oberschicht?

    Wo leben Sie, Herr Dettling????

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    @A. Posener: Susannah Winter macht u.a. geltend, dass es neben den Gesetzen der Justiz auch noch andere, informelle Regeln gibt, deren Beherrschung erst zu einem verantwortlichen Handeln führen. Nicht alles, was schlecht ist (bzw. als schlecht gilt), muss in ein Gesetz überführt werden (eher im Gegenteil).

    Und sooo irreführend erscheint auch mir der in Rede stehende Begriff nicht (vgl. EJs Beitrag).

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    dass solches sexuelles Beuteverhalten lange Tradition hat

    dass solches sexuelle Beuteverhalten einst vielleicht biologisch induziert war, jetzt jedenfalls nur noch lange Tradition hat

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    Alan Posener: Aber von Pädophilie zu reden, als sei C.v.B. ein Priester oder Internatslehrer, der kleine Jungs (oder kleine Mädchen) befummelt hätte, das ist Irreführung.

    Nur in juristischem Sinne handelt es sich nicht um Pädophilie. Der Sache nach ist es Pädophilie, wenn ein 40-jähriger Mann einem 16-jährigen Mädchen nachsteigt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass solches sexuelles Beuteverhalten lange Tradition hat und in einer von Männern beherrschten Gesellschaft selbstverständlich toleriert wird.

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    @ Susannah Winter: Sex mit 16-Jährigen ist nicht strafbar. Unter bestimmten Umständen sind nach dem Gesetz sogar 14-Jährige sexuell mündig. Das hat mit Volljährigkeit nichts zu tun. Sie mögen das empörend finden, und es steht Ihnen frei, sich für eine Gesetzesänderung einzusetzen. Aber von Pädophilie zu reden, als sei C.v.B. ein Priester oder Internatslehrer, der kleine Jungs (oder kleine Mädchen) befummelt hätte, das ist Irreführung.
    @ Daniel Dettling: Dennoch ist es interessant, dass ein Politiker, der nichts verbrochen hat, außer dass er einer Verwirrung des Gefühls erlegen ist, die bei Männern in seinem Alter häufig vorkommt, für die CDU untragbar ist, und dass auch Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, diesen Fehltritt mit Plünderung und Brandstiftung oder akademischen Betrug und Belügen der Öffentlichkeit (wie im Falle Guttenbergs) auf eine Stufe stellen. Dabei verehren Christen eine Frau, die mit geschätzten 14 Jahren unter bis heute ungeklärten Ursachen schwanger wurde. Mir scheint, die Bigotterie dieser Partei ist das Problem, nicht der Fehltritt. Eigentlich sollte sie nicht CDU heißen, sondern PDU: Pharisäisch-Demokratische Union.

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    Wer sich noch über Derartiges wundert und geschockt ist, ist noch nicht aufgewacht. Anstand und Moral, Tugenden, Werte, … sind die Ausnahme, das Schlechte ist die Regel. Korruption, Intrigen, Gier nach Macht und Geld. Nur wenn sich die Menschen darüber im Klaren werden, dass ihre Idylle nur eingebildet ist und bereit sind, die Probleme zu identifizieren, kann eine Verbesserung eintreten. Die konservativen Werte sind oftmals in der Realität nur ein Lügengebäude hinter dem sich Menschen verstecken, die nicht ethisch handeln. Und dies explizit auch nicht wollen.

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    Soweit ich diese Geschichte verfolgt habe,hat Herr von Boetticher nicht als Spitzenpolitiker eine Beziehung zu einer 16jährigen gehabt, sondern davor.

    Soweit ich die Geschichte verfolgt habe, ist der Adel 1919 abgeschafft worden. Von wegen, der Adel bringt der Union kein Glück.

    Eine seriöse Betrachtung des Falls (wenn man denn einen solchen überhaupt konstatieren will) gibt es hier: http://zettelsraum.blogspot.co.....r-ist.html

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    @Peter Kaufmann

    Sex mit Minderjährigen als „liberal“ einzustufen ist ja wohl der Gipfel. Ebenso geschmacklos, wie Sex unter zwei erwachsenen Männern mit ähnlicher Erfahrung mit einem Mann zu vergleichen, der sich an einem KIND vergeht. Ungefähr genauso ernstzunehmen, wie ein 40jähriger Mann, der da von „Liebe“ redet und mit infantiler Naivität wohl selber glaubt was er sagt. Moralisch verwerflich für einen Erwachsenen ist die eine Seite hier. Wie reif ist aber so ein Mann? Einer dessen Gesprächs- und Partnerschaftsbedarf von einer 16jährigen gedeckt wird. Der nicht genug Weitsicht für ihr Erwachsen – werden besitzt. Wie verantwortungsbewusst? Nicht genug für einen Job mit Verantwortung meines erachtens. Der Rücktritt tut ihm gut. Vielleicht käme ja eine Umschulung zum Kindergärtner in Betracht. Übrigens muss ich die Reformen verschlafen haben, die die CDU weg vom Schutz der Familie und weg vom klaren Nein zur Pädophilie gebracht haben, wenn Konservative dies zu verteidigen wissen. Jemanden wie Herrn Kaufmann hier möchte ich jedenfalls niemal in Nähe von Kindern wissen.

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    Wäre schön gewesen, wenn es in dem Artikel an irgendeiner Stelle eine Begründung dafür gegeben hätte, warum ein Politiker keine Beziehung mit einer 16jährigen haben darf. Oder einen Beleg dafür, dass das Urteil der Bürger „eindeutig nein“ lautet. So ist der gesamte Artikel nicht mehr als heiße Luft. Vor einigen Jahrzehnten schrieb man mit dieser polemisierenden Empörung über Politiker, die eine sexuelle Beziehung zu einem anderen Mann hatten. Gottseidank wird unsere Gesellschaft liberaler.

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    „Dass zu allen drei Verfehlungen die Parteivorsitzende schwieg macht das eigentliche Dilemma der Christdemokraten deutlich: Sie ist weit entfernt von Wählern und Bürgern.“

    Nein. Die Parteivorsitzende weiß: ein besseres Ablenkungsmanöver gibt es nicht.

    „Darf ein Spitzenpolitiker eine Sex-Affäre mit einer Minderjährigen haben?“

    Nein, selbstverständlich nicht, aber das deutsche Volk in die Schuldknechtschaft zu verkaufen, „um den Euro zu retten“, das ist kein Problem.

  11. avatar

    Ich habe gar nicht so sehr das Problem mit diversen Verfehlungen, Fehltritten und Fauxpas von Politikern. Ich habe ein Problem damit, wenn bei Politikern (oder anderen Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen) die Diskrepanz zwischen den Werten, für die sie in ihrer Profession (ein)stehen und denen, nach denen sie ihr Privatleben ausrichten, doch allzu groß ist. Ob das der „Die Linke“-Chef ist, der gerne teure Sportwagen fährt und Doppelbezüge kassiert, während er gleichzeitig der sozialen Gerechtigkeit und Gleichmacherei das Wort redet (oder die in feinen Restaurants Hummer essende Frau Wagenknecht, die über die Ungerechtigkeiten des Kapitalismus schwadroniert), oder der Ministerpräsident in Bayern, der christliche Werte in der Politik hochhält, während er sich privat außereheliche Affären inklusive Kindersegen leistet. Man findert hierzu allerdings Personen in jeder Partei, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ich sehe nicht so sehr die moralische Komponente im Vordergrund, sondern, dass die Bürger ein Problem mit der Glaubwürdigkeit ihrer Volksvertreter haben.

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