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Atom-Poker im Casino-Kapitalismus: Die schwarz-gelbe Bundesregierung spielt mit den Ängsten der Menschen Roulette

Umweltminister Röttgen ist schlau, vielleicht sogar oberschlau, aber er ist nicht klug. Eine Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken soll, so die jüngste Idee von Weisen und  Bundesregierung, versteigert werden.

Da können dann die Betreiber der Atomkraftwerke zocken: Wer die meiste Kohle auf den Tisch legt, darf seine profitträchtige Nuklearanlage weiterlaufen lassen. Nach einem solchen staatlichen Ebay- Verfahren winkt  dem Zahlungskräftigsten der vier Nukleargiganten eine neue Zukunft für Anlagen, die er längst abgeschrieben hatte, in mehr als einem Sinne. Den Kampf-Begriff „Schrottreaktor“ wollen wir nicht wiederholen, sprechen wir von der Lizenz, Geld zu drucken und die Wettbewerbslandschaft für das Strom-Oligopol zu sichern: Billiger gibt’s Strom nimmer!

Die politische Phrase von der Brückentechnologie ist so land wie die Nase des Pinocchio.  Solche Versteigerungen sind ein inzwischen erprobtes Verfahren, ob es nun um Mobilfunklizenzen oder Gasspeicherkapazitäten geht. Die Bundesnetzagentur kommt zum Zuge oder ein privates Verfahren innerhalb der Wirtschaft. So soll gesichert sein, dass der Anbieter das Maximum für seine Offerte erhält.

Handelt es sich bei dem Begünstigten um die Öffentliche Hand, haben alle Bürger ein Interesse daran, dass Geld in die Kasse kommt, weil es um ihre Steuern geht. Was der staatliche Moloch nicht auf diesem Weg Geld aus den Konzernkassen bekommt, da sind sich die kleinen Leute und die mittleren Unternehmen sicher, das holt er sich ansonsten über Steuern und Abgaben bei ihnen; der Erfindungsreichtum ist ja grenzenlos.

Warum ist die Versteigerung von Reststrommengen bei AKWs schlau, aber nicht klug? Das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung ist bei Fragen der Kernenergie seit Hiroshima groß, seit Tschernobyl noch größer und seit dem Vattenfall- Management in Krümme unzweifelhaft eine politische Größe. Vom Betreiber einer Nuklearanlage wird zu Recht eine besondere Zuverlässigkeit verlangt. Dazu gehören technische Kompetenz, politische Seriosität und eine überzeugende Lösung der Entsorgungsfrage.

Man mag die Deutschen für hysterisch halten, aber sie reagieren sensibel, wenn sie erfahren, dass ein Ministerpräsident, der angesichts einer Notabschaltung eines Atomkraftwerkes den Vorstandsvorsitzenden des Betreibers anruft und wissen will, was da los ist, auf ein sonnenbeschienenes finnisches Gemüt trifft, das keinen blassen Schimmer hat. Der Pressesprecher von Vattenfall weiß bis heute nicht, worüber die Presse sich aufregt.

Bei einem anderen Betreiber tritt ein Technikvorstand zurück, der in Russland undurchsichtige Geschäfte mit nuklearen Brennelementen aus dem militärischen Komplex gemacht hat und schon mal einen dreistelligen Millionenbetrag abschreibt. Hier ist zumindest die Kommunikation solide. Gleichwohl, das alles sieht für die Menschen im Lande nicht nach Zuverlässigkeit aus.

Vom Endlager in Gorleben erfahren wir, dass es eine politische Entscheidung war, an die damalige Zonengrenze und ins Reich eines schwarzen MP zu gehen, aber keine sachliche. Von der Unternehmung in einem anderen Salzbergwerk, der Asse, hören wir von unvorstellbaren Schlampereien. Nach den Vorstellungen des bürgerlichen Lebens sind das keine sauberen Geschäfte; es tut mir wirklich leid!

Auch wenn dies anders klingt, ich bin kein Gegner der Kernenergie, soweit es  technische Fragen angeht; ich stelle die Frage nach der politischen Zuverlässigkeit, und die betrifft die Regierung wie das Management der Unternehmen.

Die Tiefseebohrungen von BP haben uns gezeigt, Störfälle kann niemand ausschließen. Wer den Tankrüssel ins Auto oder den Stecker in die Dose steckt, erklärt sich damit einverstanden, ob er das nun zugibt oder nicht. Mit Störfallrisiken werden wir einfach leben lernen müssen, die Alternative ist Verzicht; alles andere ist blauäugig.

Ich habe keine Angst vor Apokalypsen aller Arten, die die Empörungs-Heinis aus dem grünen Wohlfühlmilieu uns einreden wollen. Aber mein Gefühl beim Atom-Poker ist, dass diese Industrie und diese Politik ihr eigenes Moratorium vorantreibt. Jetzt taucht man die – vielleicht hysterische- Frage nach der Zukunft der Menschheit in das kalte Wasser des Casino-Kapitalismus.

Die Wähler lernen: Nach Las Vegas-Manier wird nun auch hier gezockt. Wie bei den Börsen und Banken nun auch bei den AKWs. Nicht nur unser Geld, jetzt auch unser Leben auf der schiefe Ebene der Verramscher; das ist der Eindruck, der Fluch der oberschlauen Tat. Diese Politik schürt durch ihre Missverstehbarkeit den Volkszorn.

Die Anti-AKW-Bewegung wird dadurch befeuert wie der Schnelle Brüter: Jenes Wunderwerk der Plutoniumwirtschaft erzeugt mehr Zündstoff , als es verbraucht. Man arbeitet am Perpetuum Mobile der Industriefeindlichkeit. Was sage ich als halbherziger Dulder der Kernenergie: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde!

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5 Gedanken zu “Atom-Poker im Casino-Kapitalismus: Die schwarz-gelbe Bundesregierung spielt mit den Ängsten der Menschen Roulette;”

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    @Klaus Kocks
    Das ist ein guter Artikel!
    Jetzt haben wir die Dinger da stehen, sie wurden mit Steuergeldern gefördert und sie halten wahrscheinlich noch 50 Jahre (Gelddruckmaschinen). Jetzt will der Staat mitkassieren und nutzt die Stimmung, die Ängste der Bevölkerung per Steuer auf Risiko. Aber diese Ängste ist ja auch nicht falsch, denn die Organisation solcher Großunternehmen, die zum sicheren Betrieb einer solchen Technologie erforderlich ist, ist ja aufgrund der aktuellen Arbeitsverhältnisse und Wirtschaftweise gar nicht mehr möglich (auch eine Folge von Privatisierung und Aktienstreberei). Siehe Bundesbahn: Da werden Klimaanlagen mit Temperaturschaltern versehen, die den Betrieb derselben bei 32°C abschalten, ich vermute, damit die spezifizierte Betriebsdauer der Wärmepumpen nicht überschritten wird. Das ist irgendwann wohl mal so festgelegt worden, bei falscher Prioritätensetzung und in den Dokumentationen „verschwunden“. Währscheinlich ist dieser Irrsinn auch längst schon aufgefallen, denn auch angestellte Ingenieure sind ja nicht doof. Wenn man allerdings bedenkt, wie lange die Entscheidungswege – eben bei sicherheitsrelevanten Fragen – in den Großunternehmen so zu sein scheinen, wird mir schlecht!
    Zurück zum Thema AKW und Laufzeit, sowie Brennelementeabgabe: Der Staat hat die AKWs gefördert, fördert jetzt dezentrale Energieerzeugung per Photovoltaik. Ich bin absoluter Anhänger der letzteren, aber diese ganze Förderei mit Steuergeldern ist Käse. Unsere Förderverwaltungen können das nicht übersehen, bzw. vorausschauen, was kommt. Sollen die Energieoligarchen von mir aus die Knete noch ein paar Jahrzehnte verdienen. Die Konkurrenz verfügt längst über die Technologie, Strom dezentral zu erzeugen und wird sie, wenn die Preise der Konzerne zu hoch werden, vermarkten können. Wichtig ist nur, daß die Aufsichtsbehörden Verantwortung und Kosten der Endlagerung eindeutig den Verursachern zuordnen.

    Emotionen, Ängste wurden in der Vergangenheit von den Energiekonzernen ausgenutzt („Atomkraftgegner überwintern bei Dunkelheit it kaltem Hintern“), jetzt von der Politik. Ständig wird der Souverän verarscht! Warum klappt das? Die Grundlagen unseres Daseins (Wirtschaft, Technik) werden offensichtlich mittlerweile soweit vorausgesetzt, daß sich keiner in der Öffentlichkeit mehr Gedanken darüber macht.

    Deswegen meine Bitte an den Journalismus – auch durchaus an die an dieser Stelle publizierenden:
    Schreiben Sie bitte weniger über politische Taktik (Wer wird Bundespräsident und warum und so ein uninteressantes Zeug), als vielmehr über das, was uns wirklich betrifft!

    Danke.

  2. avatar

    Lieber Herr Kocks,
    jetzt habe ich tatsächlich einmal Mühe Sie zu verstehen.
    Was ist jetzt eigentlich das größere Übel, die Atom-Strom-Lobby, oder die Anti-AKW-Bewegung?Hier, in diesem Fall, brauchen wir die Sinnfrage, wer zuerst da war, die Henne, oder das Ei, wohl nicht zu stellen.
    Atomstrom ist die eine Seite, Speicherung von Gasen aus der Stromerzeugung von Steinkohle die andere.
    Die Bürger unserer Republik sind nicht halb so naiv, gutgläubig und uninformiert, wie Sie, bzw. unsere Volksvertreter glauben. Sie agieren in diversen Parallelwelten ganz heftig und bei den nächsten Bundestagswahlen wird garantiert nicht gezockt werden. Eher wird verweigert, oder eine Überraschung präsentiert.
    Eine politische Apokalypse könnte uns möglicherweise bevorstehendie nur keiner unserer (Pardon) selbstzufriedenen, sattgefressenen Volksvertreter scheint dies ernsthaft zu befürchten.
    Die Rechten sind seit längerer Zeit hoch verdächtig still und die Linken eben so verdächtig moderat. Was sollte uns das sagen. Ihrer Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt ……

  3. avatar

    IN EIGENER SACHE
    Die Süddeutsche Zeitung meldet soeben: „Bundeskanzlerin Angela Merkel hat alle Pläne von Koalitionsmitgliedern für eine Versteigerung von Atomstrommengen gestoppt.“ Dafür will sie dem Vernehmen nach neben der Brennelementesteuer noch eine weitere Abgabe auflegen, womit nicht nur die Kassen des Bundes, sondern auch die der Länder gefüllt werden können.Es ist berühigend zu wissen, dass die Kommentare dieses Autorenblogs in der Morgenlage des Bundespresseamtes verlesen werden und zu sofortigen Änderungen der Politik führen. Wer weniger erwartet, ist ein Schuft!Und wehe dieser Boygroup-Fernsehansager, der sich da demnächst durchlächeln will, ändert das.

  4. avatar

    Warum ist die Versteigerung der Mobilfunklizenzen mit der für verlängerte AKW-Laufzeiten nicht zu vergleichen und daher UNDURCHFÜHRBAR? Weil die Summen für diese Versteigerung vermutlich bei den dringenden AKW-Sicherheitsinvestitionen eingespart würden, denn wo sonst soll man dieses Geld auftreiben? Und da hört sich der Spaß des Casino-Kapitalismus endgültig auf.
    Wer solch kurzsichtige Ideen in die Tat umsetzen möchte, gehört sofort aus Entscheidungsgremien entfernt, denn zahlreiche Beispiele – einige davon werden im Kommentar aufgezeigt – haben bewiesen, wohin Kurzsichtigkeit auf diesem Sektor führt.
    Atomstromversteigerung >>>> nein, danke! 🙁

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