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Der nach rechts verrückte Wähler – Über die große Koalition von Alt und Arm

Das Wahlverhalten ändert sich grundlegend. Das früher so berechenbare Wahlvolk ordnet seine Lager nach einem neuen Prinzip. Einst wirkten soziale Zugehörigkeit, religiöses Bekenntnis, landsmannschaftliche Tradition und die Rechts-Liberal-Links-Logik, jetzt sorgt eine Stimmung, ein mentales Paradigma, für neue Mehrheiten: Der hoffnungsfrohe und agile Teil der Gesellschaft steht plötzlich gegen allerlei nostalgisch gestimmte Milieus eher deprimierter Menschen, die Wutbereitschaft zeigen. Hier ist der Nährboden, auf dem am rechten Rand der Rechtspopulismus gedeiht. Unser Autor Klaus Kocks sieht einen wesentlichen Teil des Wahlvolks mental nach rechts verrückt. 

Was ist das Gemeinsame aller Rechtspopulisten, die in Europa und Amerika zu spektakulären Wahlerfolgen kommen? Eine Nähe zum klassischen Faschismus unter Mussolini und Hitler ist als Aussage zwar von polemischem Wert, historisch trägt diese Analogie aber nicht weit; sie erklärt vor allem nicht die Attraktivität, die die neuen Führer heute bei ihren Gefolgschaften haben. Dass einzelne Figuren der neuen Rechten mit Tabubrüchen zur Nazi-Ideologie spielen, darf nicht zu dem Irrtum fehlleiten, dass hier eine einheitliche Bewegung entstanden wäre.

Schon die Vorstellung einer „Bewegung“ erinnert an die NS-Ideologie. Hier wirkt eine Vorherrschaft nicht der Vernunft, sondern von Lebensgefühlen aus einem ganzen Puzzle unterschiedlicher Gründe. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Milieus, die aus unterschiedlichen Gründen genau eine Chance sehen, nämlich es den jeweiligen Eliten mal zu zeigen. Teile der Neuen Rechten sprechen dementsprechend von einer „Mosaikrechten“. Gegen die Eliten zu sein, das eint alle Populisten. Das Gemeinsame aller Rechtspopulisten ist Trotz. Es beherrschen sie dahinter die Skepsis gegenüber der liberalen Moderne, die als Sittenverfall wahrgenommen wird, und eine umfassende Nostalgie, eine Sehnsucht nach guten alten Zeiten, sprich allerorten ein neuer Mut zum Reaktionären. Wenn die gefühlten Veränderungsverlierer das politische Klima dominieren und die voraussichtlichen Veränderungsgewinner die Segel streichen, gibt eine atavistische Nostalgie den Ton an. Deren Propaganda ist bei ihren Anhängern populär, selbst dann, wenn sie erkennbar lügt; sie wird wegen ihres Unterhaltungswertes und des Empörungspotenzials geliebt, nicht weil sie wahr wäre. Dazu zwei persönliche Erlebnisse der letzten Tage.   

Die Wahrheit der Populisten

Der Satz haut mich vom Hocker. „Trump sagt wenigstens die Wahrheit.“ Ich rede mit einer gebildeten älteren Dame aus den USA, offensichtlich besser gestellt, in Begleitung ihres Gatten, der zu seiner aktiven Zeit eine Professur innehatte. Ich lerne: „Alle Politiker lügen. Die nennen das dann Diplomatie. Aber Trump ist anders. Er ist ein Geschäftsmann. Er nennt die Dinge beim Namen.“ Ich erlebe das auf dem Londoner Flughafen Heathrow im Terminal 5, wo das Delikatessengeschäft Fortnum & Mason einen Stand hat, an dem es einen wunderbaren Krebsfleischsalat gibt und einen exzellenten sizilianischen Weißwein. Das amerikanische Rentnerpaar hatte mir ein Gespräch aufgezwungen, mit der landestypisch überbordenden Freundlichkeit. Und nach drei Sätzen bin ich in jenem Rechtspopulismus, den ich von Steve Bannon kenne. Obama habe nichts zu Wege gebracht und sei ohnehin ein muslimischer N****. Das will ich mir nicht anhören. Ich breche überstürzt auf, so als hätte ich den Leibhaftigen gesehen. Bizarre Töne aus einem bürgerlichen Milieu, das glaubt, hier Altersweisheiten zu formulieren. Die älteren Herrschaften wünschen mir noch Gottes Segen auf all meinen Wegen.

Überlebenskampf

Zweiter Tiefschlag. Im Frankfurter Hauptbahnhof spricht mich ein junger Mann, mit dem es das Leben offensichtlich nicht gut gemeint hat, an, ob ich mal einen Euro habe. Sein körperlicher Zustand ist bedenklich, er sitzt ziemlich verlottert in einem Rollstuhl und scheint unter Brücken zu schlafen. Er hat ein Anrecht auf mein Gehör. Ich krame nach Münzen, denn ich neige nicht dazu, solche Augenblicke zu pädagogischen Belehrungen zu nutzen und dem Durstigen ostentativ ein Brötchen zu kaufen. Es muss schon für eine Flasche Rotwein reichen oder zwei, finde ich. Ich erwische einen Zehner und gebe ihm den. Er freut sich und beginnt ein Gespräch mit mir. Wo ich denn hin wolle. Nach Berlin. „Oh, zu Frau Merkel. Wie finden Sie die?“ Ich verhasple mich in etwas, das politisch korrekt klingen soll. Er fällt mir ins Wort: „Die soll nicht die ganzen Ausländer reinlassen.“ Die nähmen ihm den Platz im Männerwohnheim weg. Ich kontere, weil ich die Animosität gegen Nachtasyle aus beruflichen Gründen ein wenig kenne: „ Sie schlafen doch draußen. Da gehen Sie doch niemals hin, oder?“ Er grinst: „Meister, Du kennst Dich aus! Klar gehe ich nicht ins Asyl.“ Trotzdem sei die Merkel eine S**. Wenn er nicht dort hingeht, wie kann dann ein geflohener Asylbewerber ihm den Platz wegnehmen? Dieses „trotzdem“ des Vorurteils gegen alle Wirklichkeit macht mich fertig. Ich murmele was zum Abschied und suche das Weite.

Der Nährboden des Populismus

Es ist in englischsprachigen Feuilletons die Rede von einer  großen Koalition von Arm und Alt, die die rechtspopulistische Stimmung in so vielen Ländern befördere. Sie führe zu Wahlsiegen, die autoritäre Regierungen ins Amt höben, die dann eine liberale Demokratie zu ihrem Feindbild erklärten. Daran schließt sich eine brisante Diskussion an, in der anglo-amerikanische Politologen die Demokratie für korrekturbedürftig halten: „How can the electoral power of the old and the poor be neutralised?“

Eine neue Hegemonie der Alten und der Armen, die die Elite zu korrigieren habe? Das ist steil. Ich höre, während ich dies schreibe, schon den Aufschrei vieler flüchtiger Leser, die nun von Empörung geschüttelt sind. Darf man das? Die Alten und die Armen derart pauschal diskriminieren? Der Soziologe ist hier in einem echten Dilemma. Wenn er danach sucht, was ist (vulgo: die Wirklichkeit), und er im Empirischen etwas findet, das er Signifikanzen nennt, also übergeordnete Sachverhalte, darf er sie dann beim Namen nennen? Nun, er sollte vielleicht vorher sagen, was sein Erkenntnisinteresse ist. Wir finden in vielen ehedem liberalen Gesellschaften reaktionäre Stimmungen, die von Gefühlen getrieben sind, von Vorurteilen, Nostalgie, Furcht und Angst, von dreisten Propagandalügen. Eine offensichtliche Unvernunft, die sich ihrer selbst nicht mehr schämt, nimmt Einzug in die Politik. Man spricht in der Politikwissenschaft daher von der „irrationality of the electorate.“ Und sucht nach dem sozialen Träger. Womit wir wieder im Minenfeld sind, nämlich bei den Alten und den Armen.

Poor white trash

Für die anglo-amerikanische Diskussion spielen zwei Phänomene eine große Rolle: der Brexit, mit dem sich das Vereinigte Königreich gerade selbst zerlegt, und der von den Eliten an der Ost- und Westküste nicht vorhergesehene Wahlerfolg des Donald Trump. Man sieht hinter dem Erfolg Trumps, wenn man das in ein Schlagwort fassen will, die prekarisierten Arbeiter des „rust belts“ und den „bible belts“ sowie, just for the sake of the argument, die evangelikalen Rentner in Sonnenscheinstaaten. Denen wird von der rechtsextremen Propaganda wieder die Überlegenheit verkauft und eine bessere Zukunft in Gottes Eigenem Land, den USA, die wieder an die Spitze von allem und jedem gehören. Dabei nimmt die regierungsamtliche Kommunikation des wütenden Präsidenten via Twitter eine Form an, die bellizistischer nicht sein könnte. Die Sprache hat den Duktus eines unbeherrschten Diktators. Die Reaktionen in den Social Media simulieren einen regelrechten Kriegszustand. Mitbürger, wenn anderer Ansicht, werden als Feinde behandelt. Man spricht von einem „quasi-war of all against all“; eine unwirtliche Situation für jene, die eine liberale Zivilgesellschaft genießen wollen.

Nostalgie der Armen und der Alten

Der Erfolg der britischen Volksabstimmung über den Austritt aus der EU wird von Soziologen auf zwei ähnliche Momente zurückgeführt, die man für signifikant hält. Diese beiden hätten, obwohl gänzlich verschieden und von unterschiedlichem Ursprung, erstmals zusammengewirkt, eine große Koalition, die der Wählerwillen heimlich eingegangen sei. Da ist zunächst der industrielle Norden Englands, in dem eine klassische Montanindustrie zusammengebrochen ist und die Bevölkerung prekären Verhältnissen ausgeliefert ist. Ich nenne für die Eingeweihten Newcastle.

Und da sind die bürgerlichen Pensionärsregionen an der Südküste des Landes, in dem ein Landleben gepflegt wird, wie wir es aus dem Fernsehen vom Midsomer Murders des Inspektors Barnaby kennen. Ich nenne für die Pilcher-Fans das wunderbare St. Ives. Im berechtigten oder eingebildeten Zorn auf die Lage im Lande einigen diese beiden Gruppen sich darauf, dass hierfür die aus Polen stammende neue Kellnerin im Pub verantwortlich ist. Und die „unelected officials“ in Brüssel, die sie, die polnische Hilfskraft, angelockt hätten. Fremdenangst wird geschürt. Sehnsucht nach der „splendid isolation“ im Authentischen und Autochthonen entsteht. Die alte Politische Klasse kriegt die Büchse der Pandora, die hier geöffnet wurde, nicht wieder geschlossen. Donald Trump wünscht sich Boris Johnson als Premier und Nigel Farage als Botschafter.

Nicht in meinem Namen

Ich weiß nicht zu sagen, wie die Dinge in Ungarn oder Polen oder Italien genau liegen; aber ich blicke als Deutscher mit Sorge in die Neuen Bundesländer meines Vaterlands. Ich könnte nun eine dritte Episode erzählen. Ich habe in Leipzig ein Taxi vorzeitig verlassen, weil mir die Fahrerin in breitem Sächsisch zu erklären suchte, warum Pegida das gleiche sei wie die friedliche Revolution, die die SED gestürzt habe. Man sei halt deutsch und habe schon Napoleon geschlagen. Sie verweist auf das örtliche Völkerschlachtdenkmal. Man habe in der DDR die Russen überlebt, man werde auch Merkel „erledigen.“ Sie sagt „erledigen“ und ich fürchte, die alte Frau meint das auch. Ich habe die Dame gebeten, rechts ranzufahren, gezahlt und bin den Rest der Strecke gelaufen. Ich ertrage diese große Koalition der Veränderungsverlierer nicht mehr.

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16 Gedanken zu “Der nach rechts verrückte Wähler – Über die große Koalition von Alt und Arm;”

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    Tja, @El Schwadrone, das ist sie wohl, die hässliche Fratze der (in D grün-schwarzen?) Globalisierung im Spiegel derer, die nicht dazugehören..

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    @Klaus Kocks Also soweit ich sie aus ihren Kommentaren verstanden habe, teilen sie durchaus viele Kritikpunkte an den politischen Entwicklungen, halten auch diese Unzufriedenheit für mehr als begründet. Der Rechtspopulismus verkörpert für sie eine „politische Nostalgie“, mithin also die falsche Lösung. Wie sähe denn stattdessen eine Wendung ins „hoffnungsvolle“ für sie konkret aus? Zumindest kann ich ihnen verraten, welcher Geist hinter solchen Parolen wie der von einer “millionenfachen zwangweisen Zuwanderung aus Asien” steht. Wie auch immer man diese Migration sonst bewerten mag, sie wird für diejenigen Menschen, die jetzt schon zu den gesellschaftlichen Verlieren gehören, die Dinge nicht einfacher machen, um es mal zurückhaltend auszudrücken. Dahinter steckt also der Geist einer sozialen Klasse, die ihre Kinder nicht auf Privatschulen schicken, die sich nicht in die heile Welt luxusanierter städtischer Grün- Und Rotweingürtel zurückziehen kann, um von dort aus moralische Belehrungen zu erteilen. Dahinter steckt auch der Geist vielleicht materiell nicht prekär lebender, aber in der lokalen Lebenswelt und Kultur verwurzelter Milieus, die nicht die Möglichkeit (oder ganz einfach nicht die Absicht) haben, an der globalisiert-gleichförmigen Welt hedonistischer Kosmopoliten zu partizipieren.

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    Hah! Wenn Windrädchen Symbole des aufziehenden Totalitarismus sind und Stadtfahrzeuge in Tiger II Größe ein Akt des Wiederstandes werden, mag auch El Schwadrone sein Pferd satteln: Die Gesundheitspolitik betont immer wieder, dass es ausländische Pflegekräfte bräuchte, um die Versorgung kostengünstig sicherzustellen. Nix mit Marktwirtschaft und knappen Arbeitsressourcen, deren Löhne deswegen steigen. Der Facharbeitermangel wird ausgeglichen durch Zuzug, nicht etwa durch marktwirtschaftliche Erhöhung des Angebotes seitens der Arbeitgeber. Die Einkommensschere geht weiter auseinander, obwohl der Markt für Billiglöhner und Arbeiter leer ist. Und das alles auch recht offen, weil „man“ Angst hat, sich Dinge nicht mehr leisten zu können. Tja, könnte „man“ sagen, das Geld ist nicht weg, es hat nur eine Krötenwanderung gegeben – so funktioniert nun mal Markt. Aber gerade, wenn ich mir einbilde, den Teil mit dem liberalen Markt verstanden zu haben, heißt es, wenn das Angebot zu knapp ist und teurer wird, müssen wir den Markt mit staatlichem Eingriff öffnen, um die Kosten zu halten. So wie kosovarische Pfleger in Frankfurt arbeiten kann, kann der Frankfurter doch in Pristina arbeiten. Der Markt funktioniert. Im Ernst? Hat Ayatollah Hayek sich das so vorgestellt? Staat bezahlt die Integration von Zugewandert, um explizit die Löhne zu drücken? Welchen Grund haben Menschen sich zu freuen, dass in ihrem Preissegment die Wohnungen nicht mehr bezahlbar sind, aber staatlicher Wohnungsbau irgendwie ja Venezuela wäre? Der Mann am Frankfurter Bahnhof hat ja durchaus den richtigen Instinkt, wenn in der Pyramide in der Schicht über ihm die Luft dünner wird, wird es ihn schneller treffen als die Reisenden, die in der oberen Hälfte ohne Sauerstoffflaschen auskommen. Der Nationalismus ist der Sozialismus des dummen Mannes. Und wenn der Bedarf an solchen Auswegen gerade steigt, dann mag sich das in kulturell unappetitlichen Formen äußern (welch Überraschung), die Ursache könnte aber durchaus ein Verständnis von Markt sein, dass jedem Hütchenspieler in Bahnhofviertel Ehre machen würde.

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      „Der Nationalismus ist der Sozialismus des dummen Mannes“

      Ob der Mann dann wirklich so dumm ist, hängt auch von den Alternativen ab. Wo ist denn der Sozialismus als wählbare Alternative noch verfügbar? Die SPD ist als Arbeiterpartei schon lange bankrott, die Linke hat Frau Wagenknecht und eine von Vernunft getragene Programmatik gerade beerdigt, und selbst linke Splitterparteien wie die MLPD werben im Wahlkampf schon mit „Refugees Welcome“ Parolen, wie ich beobachten konnte. Mag der Mann dumm oder klug sein, jedenfalls sind die Nationalisten inzwischen die einzigen, die seine Nöte und Sorgen überhaupt noch adressieren. Wenn es nur noch einen Ausweg gibt, dann läuft man eben los, ungeachtet der Möglichkeit, dass sich der Ausweg auch als Sackgasse erweisen könnte.

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    Es ging mir nicht darum, ob man die Sachsen mögen sollte. Pegida ist nicht Sachsen. Die Trump-Wähler, die gerade skandieren „schickt sie nach hause“, nicht Amerika. Es ging mir eher um die Frage, welcher Geist hinter solchen Parolen wie der von einer (ich zitiere) „millionenfachen zwangweisen Zuwanderung aus Asien“ steht. Sie bringen mich auf einen Gedanken: Gibt es so etwas wie einen negativen Zivilisationseffekt der „Migrationsphobie“? Vielleicht dazu am nächsten Sonntag.

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      Lieber Herr Kocks, ich befürchte, daß Sie mit meiner Art zu schreiben und Analyse so rein gar nichts anfangen können, aber ich versuche dennoch, nochmal darauf hin zu weisen, daß es sein könnte, daß Sie (wie so viele Politologen/ Soziologen, die, wie alle Empiriker dazu neigen gegenwärtige Verhältnisse mit gegenwärtigen Bedingungen zu erklären) allein schon in Ihrer Fragestellung

      „Es ging mir eher um die Frage, welcher Geist hinter solchen Parolen wie der von einer (ich zitiere) “millionenfachen zwangweisen Zuwanderung aus Asien” steht. Sie bringen mich auf einen Gedanken: Gibt es so etwas wie einen negativen Zivilisationseffekt der “Migrationsphobie”? „

      Ursache und Wirkung verwechseln könnten: Gerade bei Trump-Anhängern (und Salvini) ist es klar, daß seine Pöbeleien und die seiner Anhänger, also die „Migrationshobie“ eine – durchaus gewollt unflätige – Reaktion auf die political correctness der Universitäten und der dort ausgebildeten Funktionäre in Wirtschaft und Politik ist, deren Befindlichkeiten und Themen in Midwest uninteressant (geworden) sind, weil ökonomische Fragestellungen sie allmählich überlagern. Wie in der Lausitz und nordwestlich von Köln. Es wird hier zuviel über Kultur, Zivilisation (und jetzt noch das Klima) geredet, zuwenig über die ökonomischen Grundlagen. Wer die rechten Parolen vom Rausschmeißen usw. nur beim Wort nimmt, verkennt deren Provokationscharakter und die Selbstbestätigung, die aus der Schnappatmung darüber in Politik und Medien gezogen wird. Allerdings: Im Moment handelt es sich bei den rechten Parolen um eine Attitüde, ein kleinkindhaftes Randalieren mit unflätigen Kraftausdrücken, vielleicht einen Rückgriff auf das Fremdeln und rassistische Vorstellungen vergangener Tage. Daß aber der Fremde, der Migrant, der jetzt kein Flüchtling mehr sein darf, sondern nur noch passives Opfer („Geflüchtete“), in nicht so ferner Zukunft tatsächlich zur Projektionsfläche – und Zielscheibe – viel mehr, als jetzt, werden kann, ist klar. Und eine reale Gefahr. Und da nun mal muslimische Immigranten – warum auch immer – mehr im medialen Interesse stehen, als z.B. Norweger, Japaner, US-Amerikaner, Neuseeländer oder Israelis, ist auch die Zielrichtung klar. Wenige haben z.B. in Chemnitz Probleme mit oder überhaupt Kontakt zu Migranten, sondern Probleme, ihre Familien oder überhaupt sich selber ein Auskommen zu erarbeiten. Daß hier die SPD, überhaupt die gesamte Linke, dieses Thema der AfD überlässt, und aufgrund ihrer CO2-Hysterie noch mehr Menschen die Arbeitsmöglichkeiten zu nehmen bereit ist, hinterlässt mich fassungslos. Das Hätscheln bestimmter Minderheiten (ob es jetzt nun tatsächlich gerechtfertigt ist bzw. stattfindet oder nicht, sei dahingestellt) ist nun mal linke Programmatik und es ist umso logischer, daß „Alt und Arm“ sich (von rechts) darauf einschießen. Was sich im Übrigen, nicht nur auf ‚Biodeutsche‘ beschränkt, sonderen alle, die ’schon etwas länger hier leben‘.
      Ich wünsche ein schönes Wochenende.

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    Eine große Koalition der Verlierer, eine Koalition von Arm und Alt hat sich also gebildet? Nun, wenn die Anzahl der Verlierer, Abgehängten, Prekarisierten, Desillusionierten, Ängstlichen und Wütenden so groß geworden ist, dass sie mancherorts und in manchem Land Wahlen entscheiden kann, dann haben die so genannten Eliten, die die Geschicke lenken, wohl etwas falsch gemacht. Übrigens bin ich selber weder arm noch alt, aber trotzdem sehr unzufrieden mit sehr vielem, was in Deutschland und Europa passiert, und niemand wird es schaffen mir einzureden, die Gründe dafür entsprängen lediglich meinen falschen Befindlichkeiten, meiner Fehlwahrnehmung oder irgendwelchen psychologischen Projektionen.

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      ..Prekarisierten, Desillusionierten,..“ ..vergessen Sie nicht die Decarbonisierten – per CO2-Steuer. So spaßig ist das gar nicht, ich würde zustimmen:
      Befindlichkeiten des politischen oder weltanschaulichen Gegners zu pathologisieren hat Tradition: Das machte früher die etablierte Rechte, das bräsige, allzeit bescheidwissende und belehrende Bürgertum mit allen, denen ihre lebensanschaulichen, kulturellen, sexuellen usw. Präferenzen nicht passten. Die Bemerkung, daß jemand im Alter aus Versehen konservativ geworden sei, passt auffallend auf die alternde Linke vor allem bei Grünen und SPD mit ihrem Sammelsurium an Bessermenschenprogrammatik. Wie sich hier luftabschnürende Spießigkeit mitsamt ihres Manufaktum-Konsumismus, Intoleranz, Eiferei, Besserwisserei, einschüchternden Weltuntergangsphantasien, reaktiver Rassismus (die gute junge schwarze Frau), in letzter Konsequenz Antisemitismus (-> alter weißer Mann) versucht zu tarnen, ist ein Lehrstück. Dieser neue (linke) Konservativismus, der mittlerweile auch die (hüpfende) Jugend ergriffen hat, zeigt jedem, der noch in Kontakt mit seinen eigenen Gefühlen steht, wie übergriffige, anti-vitale totalitaristische Ideologie sich zu tarnen vermag.

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      Diese Unzufriedenheit ist ja mewhr als beründet. Aber wohin wendet man sie? Ins agil hoffnungsvolle oder in die politische Nostaligie. Das war mein Punkt.

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    Lieber Herr Kocks,

    Ihr Text verrät weitaus mehr über Sie als über die Personen, über die sie scheinbar berichten.
    Wir erfahren, daß Sie am einen Tag in London mit Amerikanern – bestimmt im geschliffensten Englisch – parlieren über Krebsfleischsalat und sizilianischen Wein, während Sie am nächsten Tag in Frankfurt ökologisch korrekt die Bahn benutzen.
    Auch über den Zustand des ÖPNV in Leipzig können Sie etwas berichten, und nebenbei erfährt man, daß Sie sich gelegentlich auch in Berlin aufhalten.
    Sie sind das Paradebeispiel eines hedonistischen Kosmopoliten, möglicherweise bezeichnen Sie sich sogar stolz selbst als einen solchen. Daß sie angesichts Ihres vollkommen anderen Lebens nicht verstehen, wie die Nicht-Kosmopoliten ticken, ist irgendwie verständlich.
    Sie versuchen allerdings noch nicht einmal, diese Menschen zu verstehen.
    Stattdessen verachten Sie diese Menschen und sonnen sich in der Erhabenheit Ihrer vermeintlichen moralischen Überlegenheit.

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      Ich finde hedonistischen Kosmopolitismus einen großartigen Lebensstil. (Mitsamt dem dazugehörigen CO2-Fußabdruck). Und ich finde auch, daß man dabei andere verachten, meiden darf. Es ist ein Merkmal der Freiheit, miteinander nichts anfangen zu müssen. Was für mich zu diesem Lebensstil allerdings überhaupt nicht passen würde ist, meine Verachtung nach außen zu tragen, um andere belehren, erziehen, ein ‚Zeichen zu setzen‘ zu wollen, also das, was sich an altbekanntem Nannytum (jeder erzieht jeden, im Sinne der – ähem – Volksgemeinschaft) ins linksgrüne Spießertum (s. meinen Text oben) herüber gerettet hat. Da wäre dann zusätzlich noch viel Narzissmus und ‚Möchtegerntum‘ dabei, eine vielleicht verzeihliche Schwäche des Kleinbügers – aber eben auch nicht mehr.
      Was da im Ostdeutschland und West-Prekariat passiert, ist Zurückverachtung des ‚white trash‘, der früher immerhin noch als ‚Punk‘ stilisiert durchging. Spießer (links) mobilisieren Spießer (rechts), das ist die Tragik derzeit.

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      Verehrter Anonymus (unter einem allerdings orginellen Nickname),
      Sie wünschen mehr Empathie mit Rassismus, weil der moralisch nicht unterlegen sei? Das schaffe ich nicht. Ansonsten stimme ich in allem zu. So ist es. Ihr KK

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    „Dieses „trotzdem“ des Vorurteils gegen alle Wirklichkeit macht mich fertig.“
    Genau, Merkel ist toll, gegen alle Wirklichkeit. Wer, wie Herr Kocks behauptet, dass Wohlstand, Sicherheit, Frauenfreiheit und Zivilisation nicht den Bach runtergehen, der lebt in einer Fantasiewelt. Sogar die Natur wird überall durch die Windmonster zerstört, das sieht jeder, der es sehen will.

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      Ich habe es nicht geschafft, mich verständlich zu machen: Ich bin nämlich kein Freund von Frau Merkel oder gar der Windenergie. Dass die Frauenfreiheit leide, das passt im Moment aber schlecht in die politische Landschaft, oder?

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    Prof. K.K: … bin den Rest der Strecke gelaufen. Ich ertrage diese große Koalition der Veränderungsverlierer nicht mehr.

    … verlieren im Wettstreit oder Wettkampf ist nix ehrenrühriges. Das können Sie, werter Prof., nicht mit ‚Ihren‘ Veränderungsverlierern meinen. Bleibt die Wirklichkeit; für wen gibt es bei ‚Menschenexperimenten‘, siehe Yascha Mounk, was zu gewinnen? … wer glaubt durch die Auflösung der europäischen Nationen und bei millionenfacher und zwangsweiser Zuwanderung aus Asien und Afrika an Gewinn? Der Verstand bestimmt nicht!

    Schreiben ‚wir‘ es mit einem alten Spontispruch, manchmal auch Bertolt Brecht zugeschrieben; ‚Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren‘. Ich mag die Sachsen.

    Aber gehen Sie ruhig weiter zu Fuß, werter Prof., bedenken Sie Gorbatschow: ‚Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.‘ Oder frei übersetzt: ‚Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben‘

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