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Ein ganz gewöhnlicher Fahrradfahrertag oder: Hat die Polizei in Deutschland wirklich zu wenig Personal?

Kürzlich war es wieder so weit, die ersten warmen und sonnigen Tage des Jahres verführten Heerscharen von Auto-Pendlern dazu, das eingemottete Fahrrad aufzupumpen und den Weg zur Arbeit auf zwei anstatt auf vier Rädern zurückzulegen. Doch die armen ungeübten Gelegenheitsradler sahen sich sofort den allergrößten Gefahren ausgesetzt: Überall so genannte Fahrrad-Rowdys, die ebenfalls auf zwei Rädern zur Arbeit wollten, dies aber immer machen – auch bei Regen, Hagel, Schnee und winterlicher Dunkelheit.

Das Problem der Schönwetterradler: Sie sind so ungeübt, verhalten sich so unsicher, radeln so langsam und schlingernd, wissen nicht, wann sie Vorfahrt haben, auf welcher Seite des Fahrradwegs sie sich aufhalten oder wie sie sich beim Abbiegen einordnen sollen, haben Angst vor Autos, weichen nicht selten auf den Gehweg aus – sie müssen zwangsläufig all jene Radler, die einfach nur zügig von A nach B kommen möchten und dabei ganz genau wissen, was sie tun, als Rowdys empfinden. Die Schönwetterradler merken gar nicht, dass sie ein ähnliches Verkehrshindernis darstellen, wie die über Achtzigjährigen „Sonntagsfahrer“, die sie sonst so gerne aus dem Auto heraus anschimpfen. (Oft genug sind die vermeintlichen Senioren allerdings nur umsichtige Lenker, die sich im Gegensatz zum üblichen innerstädtischen Berufsverkehr an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten, vor gelben Ampeln bremsen, rücksichtsvoll fahren und versuchen, Kreuzungen freizuhalten. Dass sie sich nicht selten als Frauen entpuppen, die halt einfach im Durchschnitt die vernünftigeren – um nicht zu sagen: besseren – Autofahrer sind, ist ein anderes Thema).

Selbstverständlich gibt es auch unter Fahrradfahrern rücksichtslose Rüpel, es ist aber schon amüsant, dass gerade diejenigen Autofahrer, die auf „ihrer“ Straße auch gerne zur Aggressivität neigen, etwa 90 Prozent aller Radler meinen, wenn sie von „den Fahrrad-Rowdys“ sprechen. Ich erlaube mir ja auch nicht, alle Autofahrer als potenzielle Mörder zu bezeichnen, nur weil einige sehr wenige von ihnen lebensgefährliche Wettrennen auf gewöhnlichen Straßen austragen.

Doch leider ist die öffentliche Meinung über den Fahrradfahrer von den Autofahrern dominiert. Das beeinflusst die Medien. Es beeinflusst die Verkehrspolitik. Und es beeinflusst die Polizei. Passend zur beginnenden Radelsaison möchte ich deshalb an dieser Stelle ein Erlebnis schildern, das ich bereits im vergangenen Herbst im besonders fahrradfahrerunfreundlichen Hamburg hatte:

Auf dem nicht allzu weiten Weg mit dem Fahrrad in die Innenstadt, erlebte ich heute das alltägliche Programm: Drei Autos hatten an verschiedenen Stellen den Fahrradweg zugeparkt. Mein Ausweichen auf die Fahrbahn hielt ein mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fahrender Kleintransporter (HH-FB irgendwas) offenbar für eine Art ADAC-Fahrgeschicklichkeitsübung, bei der es darum geht, möglichst dicht und ohne vom Gas zu gehen an einem Hindernis vorbeizufahren. Der Luftzug war äußerst unangenehm! Aber zum Glück hat mich der Außenspiegel nicht erwischt.

Anschließend wurde mir noch zwei Mal die Vorfahrt genommen und mindestens ein Auto fuhr deutlich über eine rote Ampel, an der schon viele Fußgänger auf grün warteten. Diese Quoten sind ungewöhnlich niedrig, vermutlich, weil keine Hauptverkehrszeit war. Und für alle Nichthamburger hier noch ein Hinweis zur Abrundung des Bildes und Erklärung des unangenehmen Gefühls, das einen als Fahrradfahrer (aber auch als Fußgänger) in dieser Stadt unentwegt begleitet, sobald man sich im öffentlichen Raum bewegt: Das durchschnittliche Tempo der KFZs liegt in den Tempo-50-Bereichen etwa zwischen 60 und 70 km/h. Das erklärt auch, warum eigentlich an jeder größeren Kreuzung bei jeder Ampelphase mindestens ein Auto über rot fährt: Manchmal können die Lenker wohl einfach nicht mehr bremsen.

Doch jetzt zu dem, was mich dann in der Stadt erwartete: Ich fuhr sehr langsam und rücksichtsvoll (wie ich es immer tue) in eine Fußgängerzone und wurde zum Glück von einer Fußgängerin darauf aufmerksam gemacht, dass vorne die Polizei warte und ich besser absteigen sollte. Dort schiebend angekommen, entdeckte ich doch tatsächlich ein wenig versteckt acht (jawohl acht!!!) Polizisten. Eine Gesetzeshüterin stellte sich mir auch sogleich in den Weg und sprach den denkwürdigen Satz: „Ich weiß, dass Sie nur deshalb schieben, weil Sie uns gesehen haben. Deshalb mache ich Sie hiermit darauf aufmerksam, dass Fahrräder in Fußgängerzonen immer geschoben werden müssen.“

Von den anderen sieben Polizisten standen sechs tatenlos herum und plauderten gemütlich miteinander. Dieses Verhältnis änderte sich auch nicht in der kommenden halben Stunde. Wegen des Wartens auf einen verspäteten Kollegen konnte ich mir das Treiben nämlich eine Weile anschauen: Ziemlich selten kamen Radler vorbei. Auch Fußgänger gab es wenige. Die meisten Radler waren wohl gewarnt und schoben (mussten sich dann aber dennoch mehrheitlich obigen Spruch anhören). Diejenigen die fuhren, fuhren fast alle umsichtig und mit deutlich gemäßigtem Tempo. Dennoch mussten sie ihre Personalien vorweisen und eine Strafe bezahlen.

Seit all das passiert ist, frage ich mich, ob es in Deutschland wirklich zu wenige Polizisten gibt, wie derzeit so oft behauptet wird. Vor allem aber: Warum bloß kann ich mich nicht daran erinnern, jemals acht Polizisten auf einmal an der Einfallsstraße in die Innenstadt gesehen zu haben, die über rot fahrende Autos aufschreiben sowie alle (wirklich alle) Autos anhalten, um jenen, die mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sind, einen Strafzettel zu geben und den anderen zu sagen: „Ich weiß, dass Sie hier nur deshalb 50 fahren, weil Sie uns gesehen haben. Aber Sie wissen schon, das Sie hier eigentlich niemals schneller als 50 fahren dürfen?“

Ach ja, noch etwas: Nach dem neuesten Bericht der EU-Verkehrskommissarin steigt die Zahl der Verkehrstoten in Europa wieder an. Im Jahr 2015 starben in der EU 26.000 Menschen durch Verkehrsunfälle (Korrektur am 18.3.; dank an MahatmaCaneJeeves für den Hinweis). Die meisten Betroffenen seien Fußgänger, Fahrradfahrer oder ältere Menschen. Todesfälle in Fußgängerzonen dürften in dieser Statistik keine große Rolle gespielt haben.

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26 Gedanken zu “Ein ganz gewöhnlicher Fahrradfahrertag oder: Hat die Polizei in Deutschland wirklich zu wenig Personal?;”

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    Mit zwei Kleinkindern war mein Albtraum immer die Innenstadt. Autos sind auf Straßen, d.h. ich weiß, wann die Gefahrenzone beginnt. Fahrradfahrer, die Könige der Fußgängerzone, können einen immer und überall erwischen. Dass man als Fußgänger nicht entspannt schlendern kann, liegt nicht an den Autos. In einer Welt, in der Fahrräder die primären Fortbewegungsmittel sind, wäre ich für Schusswaffenerlaubnis. Mich hat noch nie ein Auto angefahren, aber schon mehrere Fahrräder, ebenso meine Kinder und jedes mal in der Fußgängerzone. Wäre eine Verbindung von Parkplatz und Fußgängerzone nicht sicherer? Wo keine Fahrräder, da keine Fahrradunfälle. Gut für Auto, gut für Fußgänger und mehr Polizei für betreute Kamikaze bräuchten wir auch nicht. Nur so ein Gedanke.

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      Lieber Stevanovic, niemand ist für rasende Fahrradfahrer in Fußgängerzonen. Und ich gebe ihnen recht, dass Fahrräder und Fahrradwege auf die Straße gehören, nicht auf die Fußwege. Es ist ein großer Irrtum vieler Verkehrsplaner hierzulande, dass sie Konflikte zwischen Radlern und Fußgängern heraufbeschwören, weil sie meinen, die Straße für Autos freihalten zu müssen. Und – wie ich in meinem Beitrag bereits geschrieben habe – sind es vor allem die nur gelegentlich radelnden Autofahrer, die keine Radwege auf den Straßen mögen, sondern sich als Radler in Fußgängerzonen oder auf den Gehwegen wohler bzw. sicherer fühlen. Übrigens gibt es in sehr vielen Fußgängerzonen auch Fahrradwege. Das scheint mir eine gute Lösung zu sein.
      Und was Ihre Anmerkung zur Polizei betrifft: Wenn die Polizei jemanden betreut, dann sind das doch wohl die Autofahrer. Wie man dieser Tage wieder erleben darf, werden diese sogar auf sämtlichen Kanälen gewarnt, wenn mal wieder ein so genannter „Blitzmarathon“ ansteht. Über so viel Einfühlungsvermögen kann man als Fahrradfahrer wirklich nur noch müde lächeln.

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      Umgekehrt fahre ich schon mein ganzes Leben mit dem Fahrrad auf Gehwegen und durch Fußgängerzonen, habe ein Vermögen an den Staat bezahlt, etlichen Rentnern als Blitzableiter gedient und noch nie irgendjemanden angefahren oder auch nur gestreift. Nun hoffe ich auf den rotrotgrünen Senat, dass er hier wie angekündigt massenhaft Musikschullehrer einstellt und überall Radwege baut.

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        Sehr geehrter Herr Ziegler,

        seien Sie mir nicht böse, aber Fahrradfahren ist wie Masturbation: es gibt ein Alter dafür, aus dem man aber herauswachsen sollte – wie Herrn Poseners Landsmann Jeremy Clarkson zu sagen pflegte. 😉

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      Die Jungs in der Fußgängerzone sehen nicht wie verunsicherte Sonntagsfahrer aus, eher wie rücksichtlose Drecksäcke (Studentenstadt, da ist es so lebendig im Sommer). Zugegeben, es ist nicht so gefährlich, wie von einem LKW die Vorfahrt genommen zu kriegen, aber wenn alle paar Minuten jemand mit Fahrrad die Fußgänger aufmischt, dann ist es vielleicht nicht lebensgefährlich, erzeugt aber ein permanentes Gefühl der Verunsicherung. Deswegen stehen Polizisten da, damit sich der Fußgänger-Mob nicht zusammenrottet und Exempel statuiert. Abgesehen von dem Spinner in der Midlife-Crisis, der statt einer jungen Geliebten sich ein Mountain-Bike zulegt und mit einem Gesichtsausdruck wie Azog, dem Schänder, über die Spazierwege unseres Nacherholungsgebietes kracht. Ja, alles postfaktisch, gefühlt und unsachlich und für Verkehrsplanung nicht zu gebrauchen. Was aber nützt Planung, wenn sich keiner an den Plan hält? Und da kommt wieder die Polizei, die Fahrradfahrer überwacht, ins Spiel. Einem Fußgänger ohne Fahrrad leuchtet das sofort ein.

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        Tut mir Leid, lieber Stevanovic, aber Ihre Liebäugelei mit der Selbstjustiz macht mir Angst. Und ansonsten bestätigen Sie ehrlich gesagt mit Ihren Argumenten nur, was ich in meinem Beitrag bereits geschrieben habe.

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        Wer aber schützt die Fahrradfahrer vor den Fußgängern, die einem extra den Weg abschneiden und vor den Vorderreifen laufen, nur um unverschämt meckern können? Das habe ich massenhaft erlebt. Pure Nötigung aus heiligem Zorn ohne die geringste Polizei. Bereits die Hinweise, dies sei kein Radweg, gehören mit 20 Euro bestraft. Wenn man sich vor Augen hält, was ich an Strafzetteln bezahlt habe, ohne jemanden zu schaden, sollte ich für den Rest meines Lebens auf den Fußwegen fahren und jeden anmeckern dürfen, der sich darüber beschwert.

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        Lieber Herr Spork,

        ich habe Ihren Beitrag zum Dampfablassen missbraucht, es ist ein hoch emotionales Thema. Klasse, dass Sie versuchen das ganze nüchtern anzugehen, auf einer sachlichen Ebene bin ich wahrscheinlich gar nicht weit von Ihnen entfernt. Nur brauche ich manchmal etwas länger. Danke für den Artikel, wie sie lesen konnten, haben Sie die richtigen Knöpfe gedrückt – das Thema bewegt.

        Schönes Wochenende

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        @Stevanovic: Daß der Artikel Gelegenheit bietet, Dampf abzulassen – und zwar für alle Seiten – liegt daran, daß (1) in den meisten Regionen sich die Wege zu oft kreuzen und (2) in Deutschland selten unideologisch über ein Thema gesprochen wird; wir haben nur wenige Auto- oder Radfahrer oder ÖPNV-Nutzer, die ihr Vehikel vornehmlich nutzen, weil es das praktischste ist, um von A nach B zu kommen, sondern in vielen Fällen haben wir Auto-, Fahrrad- oder Bahnfahrer oder Fußgänger aus Überzeugung, die die jeweils anderen als Störenfriede auf „ihrer“ Strecke wahrnehmen.
        Meine Wahrnehmung auf den Strecken, die ich (um fit zu bleiben) als Radfahrer regelmäßig im Frankfurter Stadtgebiet zurücklege:
        – Das Sachsenhäuser Mainufer verfügt über einen gemeinsamen Rad- und Fußgängerweg (den man sich auch noch mit Gänsefamilien teilen muß – die Biester sind ganz schön aggressiv!), der breit genug ist, daß dort drei Radfahrer nebeneinander passen, für vier aber zu schmal ist. Sobald die ersten Sonnenstrahlen nach dem Winter auf Frankfurt scheinen, schieben die Fußgänger zu mehreren ihre Kinderwagen parallel über die Strecke. Die Erkenntnis, daß auch Jogger von den Kinderwagenkampflinieschiebern aufgehalten werden, scheint sich nicht allgemein durchzusetzen.
        – Fußgänger laufen dort unvermittelt quer über die Fahrbahn, weil sie noch einen Schoppen im Gerippten brauchen; nicht nur die Radfahrer müssen in die Eisen steigen, auch die Jogger werden in Not gebracht.
        – Und man kann davon ausgehen, daß, wenn man dort als Radfahrer mit angepaßter Geschwindigkeit unterwegs ist (langsamer als die Spitzenläufer des Chase-Laufs) und einen Pulk Fußgänger überholt, sich noch ein Kamikaze-Radler zwischen einen selbst und den Gegenverkehr quetscht und die Fahrbahn schneidet.
        – Auf den Straßen Frankfurts sind zwar viele Radwege explizit ausgewiesen, aber oft genug vom Lieferverkehr blockiert, oder sie enden unvermittelt, und man findet sich als Radfahrer mitten im Autoverkehr wieder. Was positiv hervorzuheben ist, ist, daß Autos aus der Innenstadt zunehmend verbannt werden.

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        …wenn ich noch einen Aspekt hinzufügen darf: Sogar parkende Autos – die ohnehin meist völlig kostenlos sehr viel öffentlichen Raum in Anspruch nehmen – gefährden mitunter Fußgänger und Radfahrer. Ich wohne unweit des Eppendorfer Wegs in Hamburg. Dort ist es eine von der Polizei geduldete, wenngleich gegen die Verkehrsregeln verstoßende Unsitte, dass Autos wegen des extremen Parkplatzmangels immer und für lange Zeit in großen Mengen auf beiden Seiten auf der Fahrbahn parken, obwohl die eigentlichen Parkplätze auf dem Bürgersteig sind. Dadurch wird die Fahrbahn stark eingeengt, was natürlich vor allem für Radler gefährlich ist, da im Allgemeinen weder entgegenkommende noch überholende Autos vom Gas gehen oder sonstwie Rücksicht nehmen (ein Fahrradweg existiert nicht).
        Und dann die armen Fußgänger (vor allem Kinder!), die die Fahrbahn überqueren möchten: Sie sind wegen der vielen verkehrt parkenden Autos schlecht zu sehen und sehen fahrende Autos schlecht (letzteres gilt übrigens auch für Autos, die aus einer der Seitenstraßen einbiegen möchten). Eine Grundschule ist ganz nebenbei auch in der Nähe, und ich kann mich an mindestens einen schuldlos überfahrenen und anschließend verstorbenen Fußgänger erinnern. Tempo 30 soll angeblich schon lange eingeführt werden – keine Ahnung, warum das noch nicht geschehen ist. Vielleicht wäre es ein Anfang, wenn die Polizei hier einfach mal ähnlich konsequent Strafzettel gegen Falschparker verteilen würde, wie andernorts gegen falschfahrende Fahrradfahrer.

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        Die Autofahrer machen mit Hilfe ihrer Steuern den Bau der Straßen erst möglich.

        Die autogerechte Stadt war das größte Versäumnis des 20. Jahrhunderts – verkehrstechnisch.
        Und daß man sich als Hellhäutiger nicht mehr zu Fuß auf die Straße trauen kann, spricht auch für sich. Das fördert natürlich auch den Autoverkehr sehr stark… Beide, Autofeindlichkeit und Ausländerzustrom, sind grünem Denken (oder besser: Nicht-Denken) geschuldet und Kehrseiten einer Medaille.

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        Sorry, aber an diesem Punkt erscheint es mir sinnvoll, die Diskussion zu beenden. Sie war bislang sehr ausgewogen und ich bedanke mich für die überwiegend freundlichen und um Ausgleich bemühten Anregungen, Argumente und Kommentare. Bevor die Debatte nun ins Unseriöse, Unwahre oder gar Beleidigende sowie – kaum zu glauben! – Rassistische abgleitet, sollten wir wohl besser aufhören.

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        @Stevanovic
        Ihre Beobachtungen sind doch völlig zutreffend, warum nehmen sie Ihren gerechten Zorn denn zurück? Es gibt mental überhaupt keinen Unterschied zwischen dem Linke-Spur-Lichthupen-Drängel-Gefährdern auf der Autobahn (Rechtsfahrgebot, nicht wahr?) und den gerade in sogenannten fahrradfreundlichen (und damit fußgängerfeindlichen) Städten, wie Köln und Bonn aus jeder Ausfahrt hinausschießenden Fahrrad-Kamikazes. Platz da, ich hab‘ recht, egal was ich anrichte. Unsere Landsleute neigen nun mal dazu, jegliches Mitgefühl einzubüßen, wenn sie sich durch irgendeine Regelung im Recht fühlen. Eklatante kollektive Neigung zum Wahn, wenn sie etwas für ‚richtig‘ oder ‚gut‘ halten. Versuchen Sie mal, in der Welt Vergleichbares zu finden, Sie werden kaum fündig. In Tel Aviv z.B. werden potentiell schnelle Ebikes (schneller, als Pedelecs) vorausschauend und bedächtig durch den Verkehr und Fußgängermassen gelenkt; oft sitzen darauf 2 oder 3 Personen, gerne jüngere Mädchen und niemand wird belästigt. Auch in Frankreich, Italien, USA, aber auch dem Fahrradland Niederlande scheint mir derartige brutale Rechthaberei undenkbar. Deutsche sind hier wirklich ein Problemvolk und brauchen eine Polizei, die durchgreift. Über die Gründe dafür wäre nochmal nachzudenken.

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    Ein Miteinander Leben funktioniert nur mit Regeln und deren Einhaltung von Allen.
    Leider beachten einige Regeln aber nur dann wenn diese vermeintlich für sie einen Vorteil haben. Den Nachteil für Andere nimmt Mensch dann billigend in Kauf.

    Wenn in einer Fußgängerzone Radfahren nicht erlaubt ist, dann gilt das für alle Radler – egal ob rücksichtsvoll oder Rowdy, ob alt oder jung ob groß oder klein.

    Und bitte ein eigenes Fehlverhalten nicht mit dem Anderer rechtfertigen – das hilft in der Sache nicht weiter.

    Und wenn wir uns im Verkehr mit Respekt und unter Einhaltung der Regeln bewegen dann braucht es auch weniger Polizisten, die uns an die Einhaltung erinnern – sei es durch deren Anwesenheit, Ansprache oder auch Verwarnung / Strafe.

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      Ich finde, Regeln, die offensichtlich in bestimmten Situationen keinen Sinn machen, müssen nicht eingehalten werden. Sehr viel wichtiger ist die Rücksichtnahme auf andere. Manche Menschen sind gerade dann besonders rücksichtslos, wenn sie auf die Einhaltung einer Regel beharren bzw. sich moralisch im Recht fühlen.

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        Ich hab grad für eine rote Ampel 150 Euro Strafe zahlen müssen. Die betreffende Ampel ist an dieser Stelle völlig sinnlos – keine Kreuzung, eine von links mündende Straße, die den Radweg auf dem rechten Fußweg nicht tangiert. Weit und breit kein Fußgänger. Ich bin vorsichtig und in Schrittgeschwindigkeit weitergefahren und wurde von zwei breit lächelnden Polizisten angehalten. Auf die Frage, ob diese Ampel sinnvoll sei, meinten die, das würden sie nicht beurteilen. Es gibt Kreuzungen, wo solche Kontrollen sinnvoll sind. Aber nicht hier. Das war gedankenlose Schikane.

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        Ich habe mal beobachtet, wie eine ältere radfahrende Dame bei strömendem Regen vor den allesamt mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Autos auf einer der extrem befahrenen Hamburger Hauptverkehrsstraßen auf den Bürgersteig flüchtete. Es gab keinen Fahrradweg und das Radfahren auf der Fahrbahn war bei dieser widrigen Witterung und dem krassen Tempo der vielen Autos wirklch gefährlich. Fußgänger gab es wegen des Wetters fast keine. Die Dame fuhr langsam über eine grüne Fußgängerampel auf eine Verkehrsinsel. In diesem Moment sprintete eine Polizistin aus einem Versteck in einer Bushaltestelle hervor und hielt die Radlerin an. Die arme Dame musste eine Strafe bezahlen, absteigen und schieben. Gleichzeitig rollte der gesamte Autoverkehr unvermindert weiter, und mit Sicherheit fuhren mindesten 90 Prozent der Autos zu schnell. Sie alle kamen straffrei davon. Eine Radarfalle gab es nicht. Die Polizistin versteckte sich wieder in der Bushaltestelle und wartete auf den nächsten Radfahrer. Ich saß im Bus und fuhr davon, ziemlich froh, an diesem Tag wegen des Wetters nicht das Fahrrad genommen zu haben.

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        Ich muß gestehen, da hätte die Polizeibeamtin mal ein Auge zudrücken können. Finde ich zumindest…

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        Augen werden nicht mehr zugedrückt, wenn – wie mittlerweile überall – eigenes Ermessen als archaisch, qualitätsmäßig schlecht, selbstgerecht, korruptionsverdächtig, karrierehinderlich usw. betrachtet wird: Qualitätssicherung und ständige Beurteilung als neue Totalreligion hinterlässt ausgebrannte Roboter und Zombies, die abkassieren, wenn man sich nicht anschnallt und Einbruchsopfer und Opfer von Raub per se des Versicherungsbetruges verdächtigen.
        Mein Vater war Polizist und hat sich mit 60 angewidert von dem Betrieb verabschiedet.
        Mit einseitiger Benachteiligung von Fahrradfahrern hat das nichts zu tun. Innerhalb der Hierarchie von Verkehrsteilnehmern
        1. PS-Gefährder
        2. Kamikaze-Biker
        3. Fahrrad-Streetfighter im WK II Kradmelder-Look mit Helm, Warnweste und Knieschützern
        4. Fußgänger
        5. Fußgänger mit Hund
        verhalten sich allzu wenige in ihrer Rechthaberei als ‚Mensch‘.

        PS: Ich fahre Auto, Fahrrad und gehe zu Fuß. Nur ÖPNV vermeide ich, wo ich kann.

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    Ich muss mal kurz den Besserwisser spielen. 2015 starben in Deutschland 3400 Menschen bei Verkehrsunfällen, nicht 26000 (das ist die Zahl für die EU). 2016 gab es in Deutschland die wenigsten Verkehrstoten seit 60 Jahren.
    Das war’s schon. Sorry!

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      Oh sorry, danke für diesen Hinweis. Ich habe tatsächlich eine veraltete Version meines ursprünglich im Herbst geschriebenen Texts hier eingestellt. Damals hatte ich meinen Irrtum, noch selbst bemerkt :-). Ist inzwischen korrigiert.

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      …und noch eine Anmerkung zu den Zahlen: Ich bezog mich auf die Zahlen von 2015. Damals gab es gegenüber 2014 einen Anstieg der Verkehrstoten auch in Deutschland. Zu den Zahlen von 2016 habe ich jetzt auf die Schnelle nur vorläufige Zahlen gefunden, die im Februar veröffentlicht wurden. Danach gab es zwar einen Rückgang der Verkehrstoten, der vor allem auf die geringere Zahl an gestorbenen Motorradfahrern zurückgeführt wird. Gleichzeitig gab es aber einen Anstieg der Unfälle und auch der Verletzten (um 0,8 Prozent auf 396.700 Menschen). In Hamburg starben in 2016 29 Menschen im Straßenverkehr, das waren neun mehr als im Jahr 2015. (Die Zahl der Verletzten nahm hier ab). Es sind in Hamburg übrigens oft Fahrradfahrer oder Fußgänger, die ums Leben kommen, weil sie von Autofahrern überfahren werden. (Hier ist es aber schwierig, Statistiken zu finden, da die Zahlen absolut natürlich sehr klein sind: Insgesamt soll es 27 Unfälle pro Tag in Hamburg geben, dabei sollen sechsmal Radler beteiligt sein.)

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    Zu der Polizei noch ein Erlebnis meiner Frau von vor etwa zehn Jahren:
    Sie war auf der Autobahn im Großraum Frankfurt unterwegs, mitten im morgendlichen Berufsverkehr. Ein rowdyhafter Autofahrer war ebenfalls auf der Piste, bedrängte andere Verkehrsteilnehmer, wechselte wild die Fahrspuren und setzte regelmäßig Lichthupe und Blinker ein – also das, was der Verkehrsgerichtstag allgemein unter Nötigung auffaßt. Meine Frau aktivierte ihr Mobiltelefon (Freisprechanlage, wie es sich gehört), rief die Polizei an und gab das Kennzeichen durch. Die Antwort der Polizei: „Dann müssen Sie schon zu uns kommen und Anzeige erstatten.“ – Der Kommentar meiner Frau dazu, ehe sie stinksauer auflegte: „Dann kommen Sie wohl nur, um die Leichenteile einzusammeln. Viel Spaß!“
    Aber als regelmäßiger Radfahrer, zumal im Frankfurter Innenstadtbereich, kann ich Ihre Beobachtungen weitgehend bestätigen; wer sich als Radfahrer darauf verläßt, daß die anderen Verkehrsteilnehmer sich an die Regeln halten, ist verlassen.

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