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Gute Geschäfte

Das „Bild“-Interview zeigt: Trump wird auch als Präsident wie ein Geschäftsmann handeln. Seine Entscheidungen trifft er nicht nach politischen Maßstäben. Deutschland ist für ihn kein Partner, sondern vor allem ein wirtschaftlicher Konkurrent.

„Ich bin kein Politiker“, sagt Trump in dem gemeinsam von „Bild“ und „Times“ im Trump Tower geführten Interview. Ausnahmsweise dürfte diese Selbsteinschätzung des künftigen US-Präsidenten keinen Widerspruch hervorrufen. Sie zeigt genau das Dilemma, welches diese Präsidentschaft mit sich bringt. Der Rest der Welt könnte noch damit zurechtkommen, dass Trump bisher nicht wie ein Staatsmann denkt, wenn er wenigstens ein Wirtschaftsexperte wäre. Dann gäbe es Hoffnung, dass er vernünftig denkt und in die Rolle als Staatschef hineinwächst. Doch versteht Trump von ökonomischen Zusammenhängen offensichtlich recht wenig, wie unter anderem die fortlaufenden Ankündigungen von Strafzöllen gegen ausländische Konzerne zeigen. Seine gravierenden Unkenntnisse rauben einem den Atem. Seine wirtschaftliche Kompetenz beschränkt sich augenscheinlich auf das „Dealmaking“ als Baulöwe. Seine volkswirtschaftlichen Kenntnisse erscheinen hingegen dürftig.

140-Zeichen-Weltbild
Trump, das macht auch dieses Interview wieder deutlich, hat zwar von vielen Dingen wenig Ahnung, dafür aber zu fast allem eine Meinung. Beinahe tagtäglich greift er über sein Lieblingsmedium Twitter Personen, Medien, Institutionen, Staaten und Konzerne an, deren Handlungen ihm missfallen. Schon manchen Börsenkurs hat er so auf Talfahrt geschickt. Nimmt man seine Botschaften unter die Lupe, dann stellt sich heraus: Der Sachverhalt ist meistens komplexer als es in Trumps 140-Zeichen-Weltbild passt.

Jetzt sind die deutschen Autobauer in sein Visier geraten. Sie seien „den USA gegenüber sehr unfair“. Es gebe keine „Gegenseitigkeit“, behauptet er. „Wie viele Chevrolets sehen Sie in Deutschland? Nicht allzu viele, vielleicht gar keine, man sieht dort drüben gar nichts, es ist eine Einbahnstraße.“ Ob Trump weiß, dass der Mutterkonzern General Motors den Verkauf in Deutschland Ende 2015 eingestellt hat? Vermutlich ist ihm ebenfalls unbekannt, dass dafür Opel, eine andere GM-Marke, und Ford hierzulande einen Marktanteil von insgesamt rund 15 Prozent haben. Ebenso, dass die größte Produktionsstätte von BMW längst in den USA, in Spartanburg (South Carolina), steht. Doch all diese Fakten müsste er gar präsent haben, auch wenn man dies von einem Präsidenten, der sich öffentlich äußert, grundsätzlich erwarten könnte. Allein die grundlegende Erkenntnis, dass eine protektionistische Wirtschaftsordnung der eigenen Volkswirtschaft mehr schadet als nützt, sollte ihm bekannt sein. Oder wenn das noch nicht genügt, dann wenigstens die Einsicht, dass durch Strafzölle auf Importe in die USA kein einziges amerikanisches Produkt im Ausland mehr verkauft werden wird.

„Gute Deals“ mit Putin
Trump hat sich seit seiner Wahl zum künftigen US-Präsidenten Anfang November in seinem Auftreten nicht verändert und er hat auch gar nicht vor, das zu tun. Er ist und bleibt ein Geschäftsmann und wird auch im Weißen Haus wie ein solcher agieren. Sein ganzes Denken kreist darum, ein aus seiner Sicht gutes Geschäft zu schließen. Der einzige Unterschied: Er will es nicht mehr ausschließlich zu seinem eigenen Vorteil tun.

„Mal sehen, ob wir ein paar gute Deals mit Russland machen können“, sagt er in dem Interview. Dabei kümmert ihn nicht, dass Putin die Krim völkerrechtswidrig besetzt hält, in der Ost-Ukraine und in Syrien Krieg führt oder die westlichen Demokratien unterminiert. Ebenso wenig interessiert es ihn, ob das Nuklearabkommen mit dem Iran zum Frieden in der Region beiträgt. Er bemisst die Übereinkunft – wie vermutlich alle anderen Verträge auch – allein nach den finanziellen Auswirkungen. Sein Schluss: „Es ist eines der dümmsten Abkommen wenn Sie einem Land 150 Milliarden Dollar zurückgeben, wenn Sie ihm 1,7 Milliarden in bar liefern.“

Gleiches gilt selbst für das Fundament der transatlantischen Zusammenarbeit, die NATO. Dass die Organisation seit 1949 Frieden und Freiheit gesichert hat, zählt nichts. Die Organisation sei „obsolet“, verkündet er, „weil sie erstens (…) vor vielen, vielen Jahren entworfen wurde. Zweitens zahlen die Länder nicht das, was sie zahlen müssten.“ Geradezu lächerlich wirkt das nachgeschobene Bekenntnis, dass ihm die NATO „sehr wichtig“ sei. Im Kreml hätte sich sicher niemand träumen lassen, dass eines Tages der designierte Oberkommandierende der amerikanischen Streitkräfte das zentrale Verteidigungsbündnis der freien Welt derart anzählt.

Historische Ignoranz
Angesichts dieser historischen Ignoranz überrascht auch seine gleichgültige Haltung gegenüber der europäischen Einigung nicht. Sein Bild von der Europäischen Union wird – das zeigen seine Ausführungen in dem „Bild“/„Times“-Interview – vielmehr von dem Erlebnis geprägt, dass nach seiner Darstellung eines seiner Immobilienprojekte in Irland an einem Brüsseler Genehmigungsverfahren scheiterte. Sollte ihm überhaupt bewusst sein, dass die EU von den USA mitinitiiert wurde, um einerseits nach zwei Weltkriegen den Kontinent politisch und wirtschaftlich zu stabilisieren und andererseits einen starken Partner an der Seite zu haben, dann ist es ihm jedenfalls egal. Wer die Parole „America first“ ausgibt, der kennt keine Verbündeten mehr.

Trump bewertet die EU rein an ihrem ökonomischen Erfolg. Die EU sei gegründet worden, „um die Vereinigten Staaten im Handel zu schlagen“, behauptet er. Das ist natürlich falsch, wie jeder weiß, der sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Zeitalter des Kalten Krieges vor Augen führt. Trump stört vielmehr, dass die EU-Staaten deutlich mehr Waren in die USA exportieren als sie von dort importieren. Wer wie er Amerika wieder groß machen will, muss daher ein Interesse an einer schwachen EU haben – und genauso handelt er auch.

Unterstützung für Anti-Europäer
Er behauptet zwar in dem Interview, ihm sei „ziemlich egal, ob sie getrennt oder vereint ist“, tatsächlich aber unterstützt er offen die antieuropäische Bewegung. Er empfängt als ersten Politiker aus Europa ausgerechnet Nigel Farage, den Kopf der britischen Brexit-Bewegung und empfiehlt ihn als künftigen Botschafter des Königreichs in Washington. Er nennt den britischen Ausstieg aus der EU „klug“, sagt weitere Austritte voraus und klingt wie ein Anhänger der europäischen Rechtspopulisten, wenn er davon spricht, dass die europäischen Länder „ihre eigene Identität“ wollen, die durch die Aufnahme von Flüchtlingen bedroht sei. Man kann es nicht glauben, dass sich ein Mann derart äußert, dessen Großvater selbst aus wirtschaftlichen Gründen in die USA ausgewandert ist, und der in wenigen Tagen eine Nation regiert, die aus Einwanderern aus allen Herren Ländern entstanden ist.

Deutschland sieht er nicht als langjährigen zuverlässigen Bündnispartner, sondern wie erwähnt vor allem als wirtschaftlichen Konkurrenten. „Im Grunde genommen ist die Europäische Union ein Mittel zum Zweck für Deutschland“, gibt er zum Besten. Auch hier plappert er die Thesen rechtsradikaler und rechtsextremer Kräfte außerhalb Deutschlands nach, die in der EU vor allem ein deutsches Herrschaftsinstrument sehen. Mit der Wirklichkeit hat auch das nichts zu tun.

Trump hat Merkel im Visier
Angela Merkel ist ihm zudem wegen ihrer Flüchtlingspolitik ein Ärgernis. Dass er bei der Frage, wem er mehr vertraue, Merkel oder Putin, keine Präferenz äußert, muss in Berlin sämtliche Alarmglocken ringen lassen. Trump stellt die frei gewählte Regierungschefin eines der wichtigsten Bündnispartner der Vereinigten Staaten auf die gleiche Ebene wie den autokratischen Herrscher eines Landes, der für mehrere internationale Krisen verantwortlich ist und dem die amerikanischen Geheimdienste bescheinigen, dass er einen Cyberwar gegen die USA und ihre Verbündeten führt.

All diejenigen Experten in Politik und Medien, die seit dem Wahltag die Erwartung geäußert hatten, Trump würde sich als Präsident mäßigen, können nach seiner jüngsten Pressekonferenz und diesem Interview diese Hoffnung begraben. Dieser Mann wird seine Entscheidungen nicht wohlüberlegt treffen. Es geht ihm um „gute Deals“, um möglichst raschen Profit. Verträge, Abkommen und Verpflichtungen sind frei verhandelbar. Solidarität mit Verbündeten ist ihm ebenso unbekannt wie die Erkenntnis, dass langfristig ein Erfolg sein kann, was kurz- und mittelfristig vielleicht die Bilanz verhagelt.

In Berlin sollte daher niemand darauf bauen, dass die jahrzehntelange deutsch-amerikanische Freundschaft unter einem Präsidenten Trump noch etwas zählt. Was in der Vergangenheit war, kümmert ihn nicht, ebenso wenig was für ein Schaden auf dem internationalen Parkett entsteht, wenn er weiterhin wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen das diplomatische Geschirr zerdeppert. Trump misst politischen Erfolg einzig und allein daran, was unter dem Strich finanziell für die USA herauskommt. Der Businessman im Weißen Haus wird daher anderen nur dann zuhören, wenn sie mit ihm in der Sprache reden, die er versteht. Die EU wäre im Falle eines Handelskrieges nicht wehrlos. Und auch die Sicherheit der NATO-Partner hängt dank der britischen und französischen Atomwaffen nicht völlig von den USA ab. Die EU- und NATO-Mitglieder müssen dem neuen Präsidenten unmissverständlich klar machen, dass ein Deal nur dann gut ist, wenn beide Seiten etwas davon haben. Sonst ist man raus aus dem Geschäft.

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5 Gedanken zu “Gute Geschäfte;”

  1. avatar

    Da hat jemand weder von den USA noch von Politik und wirtschaftlichen Zusammenhaengen keine Ahnung – und es ist nicht Trump

  2. avatar

    Trump wird es sehr leicht haben, in Südeuropa Verbündete zu finden, keineswegs nur bei rechten Politikern, sondern bei „Populisten“ jeder Richtung in Italien, Griechenland, Spanien, Portugal und Frankreich.
    In Deutschland haben das nur wenige schon länger auf der Uhr gehabt:
    https://makroskop.eu/2017/01/deutschland-droht-ein-waehrungskrieg/
    Auf mehreren französischen Blogs habe ich dagegen schon unmittelbar nach Trumps Wahl die These gelesen, dass Merkel-Deutschland die große Verliererin einer Präsidentschaft Trumps sein würde.
    Man muss es offen aussprechen: Deutschland hat eine zu geringe Meinungsbreite, sein Mainstream-Diskurs zu viele Leitplanken und moralische Tabuzonen, um seine wohlverstandenen Eigeninteressen dauerhaft zu finden und zu wahren. Bei der Ressource Gedanken- und Redefreiheit sind uns Angelsachsen und Franzosen weit überlegen.
    Unter Merkel ist Deutschland wieder so borniert wie unter Wilhelm II. Wenn andere ihre Interessen offen aussprechen, blubbert aus deutschen Politikern (wie Gabriel) nichts als moralische Sprechblasen und übelriechende Überlegenheitsgefühle: „Sie sollen halt bessere Autos bauen!“ Grr, das könnte ganz böse ins Auge gehen.

  3. avatar

    „Trump stört vielmehr, dass die EU-Staaten deutlich mehr Waren in die USA exportieren als sie von dort importieren.“
    Klar stört ihn das. Und es sollte auch uns stören, denn ein „außenwirtschaftliches Gleichgewicht“ ist gegenüber wichtigen Handelspartnern sehr erstrebenswert.
    Bis vor einigen Jahren hatte die Eurozone als Ganzes übrigens eine erfreulich ausgeglichene Gesamtbilanz im Außenhandel. Diese ist im Zuge der sogenannten Austeritätspolitik in einen deutlichen Überschuss gerutscht. Wozu?
    Man sieht daran, wie fatal die Wirtschaftspolitik ist, die der Eurozone unter deutscher Führung aufgezwungen wird. Als ob es möglich wäre, dass die Welt als Ganzes Überschüsse produziert und dadurch wirtschaftlich gesundet! Der Wahnsinn hat Methode, und schuld sind natürlich immer die anderen, sei es Trump, seien es die Briten oder die Franzosen. Auch Deutschland muss bald wieder zur Vernunft kommen, damit das alles nicht ganz böse (für uns!) endet.

  4. avatar

    … na, ja, Hr. Eibl, Wait and see! … oder?

    … und gefunden auf Welt N24: ‚Merkel sagt Trumps Protektionismus den Kampf an‘

    ‚Nachdem sie vom künftigen US-Präsidenten Trump hart angegangen worden ist, schickt Merkel nun eine Botschaft zurück. Dabei wählt die Kanzlerin klare Worte.‘

    Jetzt habe ich den Artikel voller Vorfreude gelesen, konnte aber keine klaren Worte Merkels finden. Im Glauben etwas übersehen zu haben, las ich ihn dann ein zweites Mal durch, und immer noch keine Spur von klaren Worten. Dann sah ich mir das Video zum Artikel an, und auch da Fehlanzeige.

    Kann mir jemand erklären, welchen Teil von Merkels Botschaft, die sie an Trump zurück schickte, vom Verfasser des Artikels als ‚klare Worte‘ aufgefasst werden:
    – ‚Also, ich denke, wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand‘
    – ‚Ich würde das von der Frage der Flüchtlinge noch einmal deutlich trennen‘
    – ‚Meine Positionen sind auch bekannt‘
    – ‚Ich persönlich warte jetzt erst einmal auf die Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten. Das gehört sich so‘

    … ich kann nur noch staunen, ein Zweifrontenkrieg? Sanktionen gegen die USA? … boaaah, echt ey …

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      Die Zwerge der BRD-Administration sind ein wenig größenwahnsinnig. Trump und Putin werden diese Berliner Clowns zurechtstutzen, so wie es jetzt schon der VW-Manager in seiner Detroiter Zelle zu spüren bekommt.

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