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Schreiben für die „Springer-Presse“

Axel Springers berühmt-berüchtigte „Leitlinien“. Woher kommen sie, was sollen sie, wie wirken sie sich in der Praxis aus?

Eine gewisse, na ich will nicht sagen klammheimliche Freude, aber doch etwas Verwandtes, ergriff mich, als ich von den „Lügenpresse!“-Rufen auf den ostdeutschen Pegida-Demonstrationen hörte. Denn für den gewöhnlichen Konsumenten der deutschen Medien, jedenfalls sofern er Wessi ist, gibt es eigentlich nur eine Presse, der gewohnheitsmäßig ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit unterstellt wird: Das ist die so genannte Springer-Presse.


Und nun saßen wir alle in einem Boot: Spiegel und Zeit, FAZ und taz, Süddeutsche und Welt, die Öffentlich-Rechtlichen und die Bild-Zeitung. Diese Wahrnehmung, so absurd und übrigens gefährlich sie ist, ist zugleich auf eine perverse Weise richtig: Tatsächlich gibt es für Menschen, die nicht durch die westdeutschen Kulturkämpfe der 1960er und 1970er Jahre geprägt wurden, keinen Grund, einen wesentlichen Unterschied zu sehen zwischen Produkten von Springer oder Burda oder Holtzbrinck oder Funke oder von sonst irgendeinem Medienhaus.
Die einen sind eher links, die anderen eher rechts; es gibt hier einen Prantl, der zuverlässig sozialdemokratisch kommentiert, dort einen Mattussek, der sich zuverlässig rechtskatholisch auslässt, und so weiter und so fort, und vielleicht ist es kein Zufall, dass Prantl nicht bei der Welt schreibt und Mattussek nicht mehr beim Spiegel. Aber alle diese Medien beschäftigen Journalisten, die durch die schlecht bezahlte Kaderschmiede der taz gegangen sind; Journalisten gehen von der Welt zum Spiegel, von der Bild zum Amt des Regierungssprechers und umgekehrt; das Feuilleton der FAZ ist zuweilen linker als der Wirtschaftsteil der Süddeutschen, und an der Spitze der Welt sowie des Handelblatts saßen als Chefredakteure zeitweise je ein ehemaliges Mitglied des anarchistischen Revolutionären Kampfs und der maoistischen KPD. Von Auslegern wie der Jungen Freiheit rechts und dem Neuen Deutschland links abgesehen, könnte man das gemeinsame Credo der deutschen Mainstream-Presse wie in fünf Grundsätzen formulieren:
1. Eintreten für den demokratischen Rechtsstaat, die Zugehörigkeit Deutschlands zur westlichen Staatengemeinschaft und die Einigung Europas.
2. Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, Unterstützung des Existenzrechts Israels.
3. Unterstützung des transatlantischen Bündnisses.
4. Ablehnung des Totalitarismus.
5. Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft.
Das sind, ein wenig stilistisch gestrafft, die berühmt-berüchtigten Unternehmensgrundsätze von Axel Springer, die Teil des Arbeitsvertrags von jedem dort beschäftigten Journalisten sind. Und so könnte man auch die Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland umreißen und den Comment unter den meisten Journalisten in diesem Land. Als Springer diese Grundsätze 1967 im Hamburger Unternehmerclub vorstellte, gehörte noch dazu die Unterstützung der deutschen Wiedervereinigung. Die hat sich erledigt, und nachträglich will niemand dagegen gewesen sein. Hier und da wird der eine oder andere kritische Akzente setzen, insbesondere beim transatlantischen Bündnis, das erst nach 9/11 vom jetzigen CEO Mathias Döpfner hinzugefügt wurde. Aber eigentlich sind das ganz selbstverständliche Dinge.
Und doch stimmt es, was der 1969 geborene Chefredakteur des Berliner Boulevardblatts BZ, Peter Huth, schreibt: „Trotzdem musste ich nichts öfter verteidigen: in Partyküchen, in Diskussionsrunden, bei Kollegen.“ Nicht etwa die Leitsätze an sich, sondern der selbstverständlichste unter ihnen: der zweite nämlich. „Die Methode der Kritiker ist immer gleich: Sie fantasieren Dinge in den Satz, die überhaupt nicht formuliert sind. Dass man also gegen das Lebensrecht der Palästinenser sei. Dass man die israelische Politik in jedem Fall gutzuheißen habe. Dass man grundsätzlich islamfeindlich sei. Und immer wieder den gleichen Satz über die Juden, die ja nichts gelernt hätten aus der eigenen Geschichte, fast wird einem übel, wenn man das jetzt aufschreibt. Denn natürlich ist das Gegenteil der Fall.“
Bild-Chef Kai Diekmann schreibt von der „Verwirrung, ob das nicht heißt, dass wir immer und absolut Pro-Israel und Pro-Amerika berichten müssten.“ Und natürlich ist es vor allem diese Unterstellung, die unseren Blättern in linken Kreisen und bis weit ins bürgerliche Lager hinein einen schlechten Ruf eingebracht hat. Was meines Erachtens nicht gegen Springer, sondern gegen jene Teile der Linken und des bürgerlichen Lagers spricht. Um es klar zu machen: Die Bild-Zeitung ist eine gefährliche Waffe, und niemand muss Boulevardzeitungen mögen; ich selbst habe einen öffentlichen Strauß mit Diekmann ausgefochten. Aber die „Springer-Presse“ wird nicht deshalb fast schon instinktiv gehasst, weil man ein Problem hat mit Enthüllungen über das Sexleben von Volksmusikstars.
Die Ursachen liegen, wie bereits angedeutet, im Kulturkampf, der mit der „Kürzel“ „68“ gekennzeichnet wird, und der meine Generation geprägt hat. Mark Kurlansky, ein in New York lebender Autor, hat 2004 ein hoch interessantes Buch geschrieben, das die weltweite Dimension dieser Bewegung – und den herausragenden Anteil jüdischer Intellektueller und Aktivisten – zu beschreiben versucht. Kurlansky kann kein Deutsch, und so war er bei der Abfassung des Abschnitts über Deutschland auf die Auskünfte von Zeitzeugen angewiesen. Er nennt als einzigen Dany Cohn-Bendit, und man fragt sich, ob das Urteil über Springer tatsächlich wiedergibt, was ihm Cohn-Bendit gesagt hat. Über Joseph Bachmann, der kurz vor Ostern 1968 den Studentenführer Rudi Dutschke niederstreckte, schreibt Kurlansky: „Bachmann was a devoted reader of a hate-mongering, right-wing paper called Bild-Zeitung“. Das stimmt nicht: Bachmann las die „hate-mongering, right-wing paper“ National-Zeitung. Aber das Gerücht ist oft haltbarer als die Wahrheit. Über die Springer-Presse heißt es bei Kurlansky ohne jeden Beleg: „The papers were not only anti-communist but also racist, and many felt they were appealing to the very beast the new Germany was trying to lay to rest.“
Kurlansky hat allerdings weiter recherchiert und merkt an: „Springer … was known as an excellent employer who treated workers so well that … organized labor supported him. And despite the Nazi-like tone of his papers, Springer was a strong supporter of Jewish causes, to which he contributed generously from his own fortune. He campaigned tirelessly for German reparations to Israel, andhis papers were strongly pro-Israel. But in 1968, what Germany’s New Left was most aware of was that the Springer press had declared war on them …“
Was Kurlansky, der als amerikanischer Jude diese Springer-Aktivitäten positiv bewertet, nicht begreift, ist: Gerade wegen seiner Unterstützung Israels und seines Philosemitismus wurde der angebliche Rassist Springer von den radikalen Studenten angegriffen.
Nicht zufällig galt der erste Terroranschlag der aus der 68er Bewegung hervorgegangenen „Tupamaros Westberlin“ 1969 dem Jüdischen Gemeindehaus. Würden die Deutschen ihren „Judenknax“ nicht überwinden, so der oft als Clown verharmloste Dieter Kunzelmann in einem Brief aus Ammann, wo er sich ein einem PLO-Lager zum Terroristen ausbilden ließ, würden die Deutschen niemals zur Revolution fähig sein.
Diesen Konnex sah auch Axel Springer. Im Vorwort zu einer Sammlung seiner Aufsätze mit dem Titel „Von Berlin aus gesehen“ schrieb er 1971: „Für mich ist es ebenso eine Frage des Herzens wie einer historisch bedingten Konzentration auf das Wesentliche, wenn ich die Versöhnung mit den Juden und die kompromisslose Haltung gegenüber kommunistischer Gewalt zum Maßstab meines Denkens und Handelns gemacht habe. Aus dieser Haltung ergeben sich alle anderen Konsequenzen: Hilfe des Stärkeren für den Schwächeren, einstehen für die Freiheit, Abwehr der Intoleranz von rechts- oder linksaußen, Treue zu den Menschenrechten.“
In der Tat glaube ich, dass es sich genau so verhält. Heute wie damals ist die Haltung zu den Juden und zu Israel der wunde Punkt linksaußen wie rechtsaußen.
Trotz Kunzelmann und dem antiisraelischen „Antiimperialismus“ der Studentenbewegung gehörte der Antisemitismus in den ersten zwei, drei Nachkriegsjahrzehnten vor allem zum Arsenal des Rechtsextremismus in Europa und Deutschland, während die Linke eher Sympathien für Israel hegte. Zwar waren Springers Blätter weit weniger eindeutig rechts positioniert, als man sich heute zu erinnern meint. Mein Vater zum Beispiel, politisch seit jeher eher links von der SPD beheimatet, abonnierte seit seiner Rückkehr nach Berlin im Herbst 1961 die Welt und schrieb 1964 an die Redaktion: „Die Welt ist die beste Berliner Zeitung.“ Er fügte allerdings hinzu: „Das ist jedoch kein Kriterium.“
Zweifellos gab es gerade im Kommentarteil der Welt, den mein Vater in seinem Leserbrief „einseitig, doktrinär und repetitiv“ nennt, einen Rechtsdrall. Chefredakteur des Blattes war von 1953 bis zu seinem Tod 1966 Springers Freund und journalistischer Mentor Hans Zehrer, der kein Nazi gewesen, aber doch anfällig für Volksgemeinschaftsvorstellungen war und nach 1945 blieb. Zehrer war gewiss kein so schlimmer Finger wie etwa der SS-Mann und Himmler-Freund Giselher Wirsing, der die Zeitung „Christ und Welt“ leitete; und überhaupt gab es kein einziges Presseorgan und kein Medienhaus in der frühen Bundesrepublik, das ohne ehemals regimetreue Journalisten auskam. 1995 nannte Otto Köhler in seinem Buch „Unheimliche Publizisten“ 500 davon mit Namen.
Und selbst dort, wo Unbelastete zu Werke gingen, wirkte das Gift des Nationalsozialismus fort. Lassen Sie mich aus den Memoiren eines deutschen Juden zitieren, der 1933 Deutschland verließ, 1945 mit der britischen Armee zurückkehrte und sich nach Beendigung seiner Dienstzeit 1948 um eine Arbeit als Journalist in Deutschland bemühte. Er schreibt:
„Der Antisemitismus ist in allen Schichten der Gesellschaft sehr präsent. Ich fragte den Chefredakteur einer SPD-Zeitung in Niedersachsen, ob er nicht Angst habe, dass seine Leser Anstoß nehmen würden an einem Namen wie dem meinigen, wenn er unter einem Artikel in seiner Zeitung auftauchte. ‚ich selbst’, antwortete er, ‚bin zwar reinrassiger Arier, aber kein Antisemit, obwohl die hiesigen Juden mich immer als solchen attackieren, wenn ich etwas über bestimmte unangenehme Fakten betreffs jüdischer Lager in der Umgebung sagen muss. Unsere Leserschaft? Nun, ich glaube nicht, dass es sie stören würde. Aber um Sie zu beruhigen: Lassen Sie uns die Meinung meines Stellvertreters einholen.’
Der stellvertretende Chefredakteur sagte: ‚Ich hoffe, dass ich offen sprechen kann. Ich selbst betrachte, dadurch, dass ich viele Jahre im Nahen Osten gelebt habe, jeden Orientalen mit Sympathie. Ich denke, wir könnten leicht eine Verständigungsbasis finden für den Fall, dass Sie in diese Redaktion kommen sollten. Das gleiche, denke ich, dürfte auch für die anderen Mitarbeiter gelten, obwohl sie wahrscheinlich wissen, dass der Antisemitismus nicht unbedingt vor der SPD haltmacht. Was die Leser betrifft: Nun, darf ich ganz offen sprechen? Wenn ein Jude, der wie einer aussieht, in ihrer Stadt auftaucht, fragen sich die Menschen: Wo kommt dieser Kerl eigentlich her? Bestimmt haben die Alliierten den Deutschen dieses Geschenk gegeben, zusammen mit all ihren anderen Gaben. In der eher exklusiven Gesellschaft dieser Stadt würden Sie Ihren Weg auch nicht machen. Ihr Freundeskreis würde sich auf den Kollegenkreis beschränken müssen. … Selbst in Ihrem eigenen kleinen Kreis, wenn Sie als Redakteur oder Lehrer arbeiteten, würden Sie, als Jude, eine gewisse Probezeit bestehen müssen.“
Soweit die Erinnerungen meines Vaters, Julius Posener. Ein anderer deutscher Emigrant, der mit den alliierten Truppen in die Heimat kam, war Ernst Cramer. Ich nehme an, dass er ähnliche Erfahrungen machte, obwohl er mit mir nie davon sprach. 1958 wurde Cramer von Springer zur Welt geholt; der amerikanische Staatsbürger wurde der engste politische Mitarbeiter und – ich möchte fast sagen – das Gewissen des Verlegers und des Verlags. Springers Wendung von einem eher romantischen Patrioten mit gelegentlichen neutralistischen Allüren zu einem Unterstützer der USA und Israels hat bestimmt etwas mit Cramers politischer Festigkeit zu tun. Ob er Springer angeregt hat, die „Unternehmensgrundsätze“ zu verkünden, weiß ich nicht. Aber zweifellos sind die Grundsätze so etwas wie ein Rahmen gewesen, ein Zaun, der auch die fragwürdigeren Elemente unter den Journalisten des Verlags einhegte.
Wie ist es heute? Muss man nicht diese Grundsätze als Einengung empfinden?
Als unnötig zumal angesichts der politischen Entwicklung des Landes und des Journalismus?
Also als anachronistisch?
Nein, nein und nein. Leider sind sie nach wie vor nötig, und es wäre um den Journalismus des Landes besser bestellt, wenn auch andere Zeitungen ähnliche Leitlinien verabschieden würden.
Die Welt hätte nicht die wohlfeile Lüge wiederholt, die man in allen anderen deutschen Blättern lesen konnte, die allermeisten Opfer des Gaza-Feldzugs 2014 seien Zivilisten gewesen. Die Welt hätte nicht, wie die Süddeutsche, ein Günter-Grass-Gedicht abgedruckt, das Israel unterstellte, die Welt in einen Atomkrieg zu stürzen. Die Welt hätte nicht, wie die Süddeutsche, eine Karikatur veröffentlicht, in der Israel als gefräßiges Monster dargestellt wird. Die Welt hätte nicht, wie die Süddeutsche, eine Karikatur veröffentlicht, in der Marc Zuckerberg von Facebook als Krake mit Hakennase, feuchter Unterlippe und Schläfenlocken erscheint.
Heißt das, die Welt ist gehalten, völlig unkritisch gegenüber Israel oder den Juden zu sein? Nein. Keine Zeitung ging härter mit dem Jüdischen Museum Berlin und seinem Gründungsdirektor Michael Blumenthal ins Gericht; das weiß ich, weil ich die entsprechenden Artikel schrieb und von Blumenthal deshalb sogar mit einem empfindlichen Karriereknick bedroht wurde. Unser Jerusalem-Korrespondent Gil Yaron schreibt zuhause vornehmlich in der linksliberalen Haaretz, nicht etwa der Jerusalem Post.
Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist das Problem der deutschen Presse gegenüber Israel nicht etwa eine zu große Zurückhaltung. Das Problem besteht darin, dass deren default position sozusagen die Kritik ist. Im Zweifel ist Israel an allem schuld. Und wenn man dennoch ständig die Klage hört, man dürfe nicht sagen, was man wirklich denke, es sei denn mit letzter Tinte, so kann man sich einigermaßen vorstellen, was los wäre, könnten die Leute so, wie sie wollen.
Der Text ist die leicht redigierte Fassung eines Vortrags, den ich am 31. März auf einer Veranstaltung des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks ELES in Neversdorf gehalten habe.

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24 Gedanken zu “Schreiben für die „Springer-Presse“;”

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    Lieber Alan Posener,

    warum soll ich nicht die SZ zitieren, wenn schon mal was vernünftiges drinsteht.
    Ich verstehe nicht, warum sie sich so an Paul Sethe abarbeiten.
    Unterscheidet sich sein Werdegang wirklich so sehr von seinen Zeitgenossen, nehmen wir mal Axel Springer als Beispiel.
    Der ließ sich aus Karrieregründen von einer „Halbjüdin“ scheiden und schrieb antisemitische Propaganda für die Altonaer Nachrichten. Trotzdem nahm man ich nach dem Krieg, den er sicher in der journalistischen Etappe verbrachte, die Wandlung zum Demokraten ab.

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    @APo

    … hi, hi, werter APo, nicht schlecht, ich meinte Diekmann gehört gefeuert. Sie sind aber auch … ts, ts, ts.

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    Lieber Don Geraldo, dass ausgerechnet Sie die „SZ“ zitieren! Und dass ausgerechnet die „SZ“ die Legende der „Aufrechten“ in der Frankfurer Zeitung wiederholt und auf den Völkischen Beobachter ausdehnt: „(Sethe) habe sich, wie Gaus schilderte, in einem Brief an die Frankfurter Zeitung derart unvorsichtig über das NS-Regime geäußert, dass ihn deren Redaktion sogleich aufgenommen habe, damit der mutige Journalist nicht in die Hände der Gestapo falle. Sethe selbst hat später Ähnliches für andere getan, etwa für die als Meinungsforscherin bekannt gewordene Elisabeth Noelle-Neumann. Die Frankfurter Zeitung versuchte – bis zu ihrem Verbot im August 1943 – ein Hort aufrechter Gesinnung zu bleiben. Doch diente sie dem Regime auch als Feigenblatt. Sethe selbst schrieb mitunter Elogen auf Hitler („der große Einiger der Nation“); sein dortiger Chefredakteur Erich Welter erklärte später, mancher Artikel sei notgedrungen eine Kompensation für kritische Anmerkungen an anderer Stelle gewesen. Nach dem Verbot wurde Sethe vom Völkischen Beobachter dienstverpflichtet. Zuerst wurde er mit der Leitung des Frankfurter Anzeigers betraut, wo er etliche Durchhalteartikel veröffentlichte. Im Frühjahr 1944 wechselte er in die Berliner Redaktion des Völkischen Beobachters; seine Texte wirkten vergleichsweise sachlich.“ Klar doch. Für Hitler gewesen bis zum Schluss, aber ein aufrechter Journalist. Das bescheinigt ihm ja sein Chefredakteur. Na dann …
    So lief das nämlich nach 45. In der NSDAP-Ortsgruppe meines Schwiegerveters bescheinigten sich alle gegenseitig vor der Spruchkammer, nur pflichtgemäß und ohne innere Anteilnahme ihren Parteiaufträgen nachgekommen zu sein – und kamen damit durch. Da kann einem der Hitler echt Leid tun: niemand war von seinem Quatsch überzeugt.

  4. avatar

    Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, ??

    Wo gibt es ein Problem?

    Ich habe jedenfalls kein Problem mit Juden, vielleicht haben die Juden ja ein Problem mit mir, dann liegt es aber an ihnen und nicht an mir.

    Mich wundert jedenfalls die Vehemenz, mit der Sie auf diesem Thema reiten.

    Noch viel mehr wundert mich aber der zweite Satz ‚Unterstützung des Existenzrechts Israels‘.

    Sie versuchen einen kausalen Zusammenhang zu konstruieren, der einfach unredlich ist.

    Unabhängig davon befürworte ich natürlich die Existenz Israels, genauso wie ich den Israelis die Weisheit wünsche, einen unabhängigen, lebensfähigen palästinensischen Staat zuzulassen.

    Wie halten Sie es denn mit dem zweiten Teil?

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    „…wie wirken sie sich in der Praxis aus?“ Wäre die Welt (doppeldeutig) eine andere ohne sie? Glaube nicht…

  6. avatar

    Wer es den Juden mal sagen will, der geht nicht zur Welt. So gesehen treffen sich da Leute, die ohnehin eine ähnliche Grundausrichtung haben, ist bei taz, FAZ und Süddeutscher nicht anders. In der Praxis also ein Symbol. Die Grundsätze sind eher ein offenes Visier und stellen das Märchen von der objektiven und äquidistanten vierten Gewalt im Staat selbst in Frage. Und das können wir, die wir unsere Infos von dieser vierten Gewalt bekommen, den Springern nicht verzeihen. Zu unserer bürgerlich staatstragenden Illusion gehört eine unabhängige, objektive Informationsquelle, nach deren Lektüre wir staatstragende (natürlich starke) Meinungen bilden. Die ganze Idee der Pressefreiheit basiert jedoch auf einer Subjektivität des Geschriebenen. Nur so viel Unsicherheit halten wir nicht aus, wir wollen es nicht hören. Der Mythos vom objektiven Journalisten entstand vielleicht in einem verwirrten Moment, vielleicht als Ersatz zur gewissheitstiftenden und entzauberten Sonntagspredigt. Denn sonst müßten wir zugeben, dass wir Bürger, egal welcher Geschmacksrichtung, auch nur wiederkäuen und dass wir nicht wirklich wissen, ob es den Jemen wirklich gibt, was dort vor sich geht und was Sinnvoll wäre zu tun. Wir fabulieren eine zur Objektivität verpflichtete Presse herbei, ohne zu merken, dass Pressefreiheit nur Sinn macht, wenn man dieses Märchen nicht glaubt. „Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten“- was für eine Arroganz, an die wir Bürger uns dankbar dranhängen, weil auch wir ja keine Meinung posaunen, sondern die Wahrheit sagen! Der Spruch ist eine glatte Lüge. Die Grundsätze halten uns den Spiegel vor, indem sie uns daran erinnern, dass alles, gerade Wahrheiten, relativ sind. Eine narzisstische Kränkung für uns aufgeklärte, objektive und mit einem Übermaß an gesundem Menschenverstand gesegneten Bürger. Deswegen werden die Grundsätze immer ein Thema bleiben. Pluralismus, gerade ehrlicher, ist ein anstrengend Ding.

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    @Don Geraldo
    „“Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.”
    ..was wohl gleichermaßen für
    alle Angestellten (und nicht nur für die) gilt.
    Wenn z.B. ein CEO ‚eines großen deutschen Telekommunikationsunternehmens‘ bei der Mitarbeiterversammlung Mitarbeiter scharf kritisiert, die nicht alle (privaten!) Mobilfunkleistungen beim eigenen Unternehmen beziehen, gilt derlei verlangter vorauseilender Gehorsam wohl als i.O.
    Wenn ‚Springer‘ einen Rahmenvertrag mit seinen Mitarbeitern vereinbart, den jeder anständige Mensch hierzulande unterschreiben könnte, ohne sich gedemütigt zu fühlen, ist das Anlass für Verschwörungstheorien (‚Israel-Lobby‘ usw.).

    Ansonsten:
    Bin ich ein Konvertit (die schärfsten Kritiker der Elche..) wenn ich frühere Einstellungen hinterfrage (?):

    Für meine Generation, die mit den blau-weißen Friedenstaubenaufklebern auf den 2CVs und alten Opel-Kadetts, Jünger von Heinrich Böll und Günter Walraff, war die Bild-Zeitung und die Springer-Presse insgesamt als Anti-These quasi identitätsstiftend. Deren Leser waren immer die (dummen) anderen und man selber konnte sich wohlig in der Gewissheit suhlen, auf der ‚richtigen‘ Seite – der von Frieden und Gerechtigkeit – zu sein. Daß der Parameter ‚Freiheit‘ untrennbar damit verbunden ist, fiel uns nicht auf, denn wir hatten sie ja, mehr als die, die nicht studierten und ’schon richtig arbeiten‘ mussten.
    Daß innerhalb solcher Biotope Erwachsenheit und Menschenkenntnis eher nicht so gedeiht, liegt auf der Hand, aber nach Schlagzeilen, wie ‚Wir sind Papst‘ sollte auch jedem meiner Generation klar geworden sein, daß da keine Dumpfbackigkeit bedient wird, sondern intelligente Selbstironie. Was den Boulevard und die Hetze betrifft (‚Florida-Rolf‘, ‚Schmarotzer‘ usw.): Ich denke, die Rezepienten sind nicht so doof, wie zumindest ich damals dachte.

  8. avatar

    Wieso malen Sie immer so schwarzgold Herr Posener?

    US-Serien sind ja teilweise gar nicht schlecht, wie die Serien in Russland sind, weiß ich dagegen nicht, haben Sie da einen besseren Überblick? Sind die wirklich so grottenschlecht, wie Sie uns glauben machen wollen?

    Dass die russischen staatlichen Sender und die nichtstaatlichen im Bereich der Nachrichtensendungen nicht neutral berichten, scheint wohl nach allem, was man in unseren Medien liest wohl so zu sein, aber glauben Sie FOX-News ist da viel besser?

    Es gab mal, ich weiß nicht, ob Sie sich daran noch erinnern (wollen), eine Zeit vor RTL, Kirch, Sat1 und all dem Schrott, der auch die öffentlich rechtlichen Sender in der BRD infiziert hat. Das war vor der „geistig moralischen Wende“ des Herrn Kohl.

    Ich hänge nicht an der NATO, ein europäischer Sicherheitsverbund, wäre mir aber lieber. Gerne in Zusammenarbeit mit den USA und Russland.

    Weder die Falken in den USA noch die Leute um Putin in Russland sind mir geheuer. Ich glaube aber, dass es nicht den Kern treffen würde, die einen oder die anderen mit den Nazis zu vergleichen.

    Was Stefanie sagt, ist übrigens eine ziemlich dreiste Unterstellung. Wenn ich mir die Sendungen des öffentlich rechtlichen Fernsehens anschaue, werden die Verdienste der USA immer wieder thematisiert, die der Russen auch, aber aus meiner Sicht nicht im gleichen Maße.

    Dass der Marshall-Plan auch dazu diente, die brummende Kriegswirtschaft der USA vor einer Depression zu bewahren und an der Grenze zu den kommunistischen Ländern ein blühendes Gegenbild der freien Marktwirtschaft zu inszenieren, kann man in der wissenschaftlichen Literatur zwar nachlesen, in der Schule habe ich das aber so nicht gelernt und im Fernsehen wird das allenfalls erwähnt, wenn man in den Nachtstunden Dokumentation auf 3-Sat oder Arte schaut.

    Wenn Sie eine differenzierte Sicht der Dinge mit Antiamerikanismus gleichsetzen, werden Sie wissen, wieso Sie das tun, es liegt nur sehr weit von der Wahrheit entfernt. Zeigen Sie mir eine antiamerikanische Seite 1 auf einem deutschen Zeitungs- oder Zeitschriftentitel aus den letzten 5 Jahren und ich zeige Ihnen für jeden Titel mindestens 5 antirussische Cover von SPIEGEL, FOCUS, Stern, ZEIT und Co.

    Wenn ich Zeit habe, schreib ich vielleicht auch noch was zu Ihrem himmelrosa Artikel. Zum Reichtum der Mohns, Springer, Burda und Co. deren Einfluss auf Politik über Medien, Stiftungen etc. aber eigentlich wissen die meisten, die hier lesen und schreiben das sowieso.

    1. avatar

      Lieber 68er, geschenkt um der Auseinandersetzung Willen. Sie würden aber am Ende auch alle fünf Springer-Grundsätze unterschreiben, und alles, was Sie sagen, bewegt sich in deren Rahmen, so dass auch Sie, wie ich, für Springer arbeiten könnten, so Sie das wollten.

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    Dass mit der NATO war nicht immer so. Abgesehen davon, dass die NATO Abmachungen brechen würde und Putin Verstaendnis entgegen gebracht wird, dass er sich von der Stationierung von Rakenabwehrsystemen bedroht fuehle und man für die Sicherheitsbedenken der Polen, Esten etc. kein Verstaendnis hat – weite Teile der Medienlandschaft teilen, auch wenn die Annektion der Krim mehrheitlich abgelehnt wird: Ausscheren aus dem Buendnis beim Irak begruesst und bei Afghanistan gefordert wurde, ist nicht unbedingt eine Rueckendeckung der NATO. Dass die NATO wir sind und wir ganz sicher nicht Putin bedrohen wollen, müsste klar sein. Auch hätte es selbstverständlich sein müssen, 1000 ./. auf der Seite der USA zu sein nach 9/11. Ich denke, wenn es eine realistische Option zur NATO gebe, wäre nicht wenige Journalisten bereit, fuer einen Austritt zu werden. Allein schon um sich als Pazifist hervor zu tun. Auch bin ich mir nicht sicher, ob Israel nicht knallhart fallen gelassen würde. Die U-Boote, die Israel unabdingbar braucht zur Abschreckung gegen Nuklearangriffe, wollen zu viele nicht geliefert sehen. Wenn es um das Lippenbekenntnis geht, dass das Existenzrecht Israels unantastbar sei, dann sind in der Tat fast alle dabei bis auf wenige ganz Verirrte. Daher kann ich Dir in dem Punkt auch zustimmen. Aber wenn das ganze mit Worten zum Leben gefüllt werden sollte, kommt zuverlässig bei der Welt etwas, bei der BILD, also Springer, aber schon bei der FAZ sind es nur noch einzelne Stimmen und bei Sueddeutschn hört es schon auf. Du hast völlig Recht, was die Verlautbarungen anbelangt, aber mehr als das kommt leider doch eher nicht mehrheitlich. Und russisches Staatsfernsehen will in der Tat wohl niemand gucken, aber auch nur die wenigstens DDR – Preiser wären dort wirklich hin.

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      Ja, Stefanie. Andererseits hat die SPD, was ihr viel zu wenige zugute halten, lieber die Oppositionsbank gedrückt oder sich als Juniorpartner in eine Große Koalition gezwängt, als die rechnerische Möglichkeit einer rot-roten oder rot-rot-grünen Linksregierung zu verwirklichen. Warum? Weil genau in diesen fünf Punkten, und insbesondere im Hinblick auf die Nato und das Verhältnis zu israel, mit der Linkspartei keine Übereinstimmung zu finden war. Und die staatstragenden Parteien Union, SPD, Grüne und FDP (mit einschränkungen AfD) bekommen immer noch den überwältigenden Anteil der Stimmen.

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    Lieber Alan Posener,

    auch wenn Sie mit Sethes Tätigkeit während des Krieges Recht haben war die Persönlichkeit dieses großen Journalisten deutlich vielschichtiger, auch axel Springer war nicht immer der Philosemit als der er später bekannt wurde.

    Hier finden Sie einige Informationen, die über die bei der WELT über den ehemaligen Mitarbeiter möglicherwiese immer noch kursierenden Anekdoten hinausgehen:

    http://www.sueddeutsche.de/kul.....r-1.417226

    Sie kennen sich bestimmt bei Marx besser aus als ich, aber das mit den Produktionsmitteln habe ich mir merken können. Erst seit durch das Internet die (publizistischen) Produktionsmittel jedermann zur Verfügung stehen kann auch jedermann seine Meinung ungehindert verbreiten.

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    Richtig, Stefanie. Der Antiamerikanismus ist weit verbreitet. ich glaube jedoch, dass die meisten Journalisten, wenn es Knall auf Fall kommt, genau wie die überwältigende Mehrheit der Bundesbürger, lieber in der Nato sind als außerhalb; und lieber US-Serien gucken als russisches Staatsfernsehen.

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    Bei einem Punkt kann ich nicht zustimmen. Dass es Uebereinstimmung gebe, dass die transatlantischen Beziehungen zu stützen seien. Ressentiments gegenüber den USA finde ich weit verbreitet in der Medienlandschaft. Auch einen lächerliche Duenkel gegenüber den USA bis hin zu deutlichen Untertoenen, die zu erkennen geben, dass man sich moralisch überlegen fühlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Mehrheit der Journalisten es über die Feder respektive Tastatur bekommen würde, zu sagen, Danke, dass ihr Menschenleben geopfert habt, um die Pest Nazis hier zu vertreiben, danke, dass Ihr Westseutschland nach 45 gepampert habt finanziell, dass wir unser Wirtschaftswunder erleben durften etc. Nichts würde die Mehrheit jemals in diese Richtung schreiben – es ging ja um nichts anderes als den Kommunismus zu bekämpfen. Nicht zögerlich ist man indes, wenn es darum geht, den USA vorzuwerfen und zu unterstellen. So empfinde ich das.

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    „Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“

    Paul Sethe schrieb das zwei Jahre bevor Axel Springer seine Leitsätze vorstellte.

    Der Volksmund formulierte es schon lange vorher etwas anders: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“

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      Der Himmler-Freund und Waffen-SS-Propgandist Paul Sethe schrieb das, lieber Don Geraldo, nachdem er bei Springer – vielleicht nicht ganz freiwillig – gekündigt hatte, wenn ich mich nicht irre. Abgesehen davon, dass Sethe ein problematischer Gewährsmann ist, stimmt der Spruch nur bedingt. Kein reicher Mann kann seine Meinung verbreiten, wenn sie keine Abnehmer findet. Zum Glück gibt es inzwischen das Internet, wodurch Sethes Spruch endgültig das bisschen an Wahrheitsgehalt verloren hat, das er 1965 vielleicht besaß.

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    sorry da lief etwas schief:

    Lieber Alan Posener,

    >Denn für den gewöhnlichen Konsumenten der deutschen Medien, jedenfalls sofern er Wessi ist, gibt es eigentlich nur eine Presse, der gewohnheitsmäßig ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit unterstellt wird: Das ist die so genannte Springer-Presse.<

    Eine Frage zwischendurch:

    Gibt es die " Springerpresse " eigentlich noch (was .de betrifft) ?

    Siehe auch:

    http://www.handelsblatt.com/un.....45434.html

    und:

    http://de.wikipedia.org/wiki/P.....pringer_SE

    P.S. Was den von Ihnen erwähnten Hans Zehrer betrifft:

    Frage ist man nicht auch "Nazi" (oder Parteigenosse gewesen zu sein) Wenn man laut Wiki so eine Haltung einnimmt:

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    Lieber Alan Posener,

    >Denn für den gewöhnlichen Konsumenten der deutschen Medien, jedenfalls sofern er Wessi ist, gibt es eigentlich nur eine Presse, der gewohnheitsmäßig ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit unterstellt wird: Das ist die so genannte Springer-Presse.Im Gleichschitt mit einer weitverbreiteten Tendenz auf der politischen Rechten seiner Zeit vertrat Zehrer in der Zeit von Weimar einen aggressiven Anti-Intellektualismus, der bei ihm aus einem von Vorlieben für das Romantische und Mystische gespeisten „Anti-Rationalismus“ hervorging.[8] Ferner wandte sich Zehrer, ebenfalls zeittypisch, gegen die „Masse“ als Faktor in Politik und Kultur: Die Demokratisierung des Geistes habe, so Zehrer, zu einer allgemeinen Nivellierung geführt. Diese dokumentiere sich in einer „grauenhaften Entwertung des Geistes“ und führe zu einem unablässigen Abstieg: „Die allgemeine Nivellierung und Vulgarisierung des Stils ist das vornehmste Zeichen der heutigen Zeit.“ Denn wenn die Masse führt, „ist [das] der Tod jeder geistigen Richtung“, die sich im Grunde nur durch Eliten leiten ließe. Intellektuelle versah er bevorzugt mit den Attributen „links“ und „jüdisch“.

    Als verderbliche Erscheinungen, die sich „wie Mehltau auf alle Gebiete der Kultur gelegt“ hätten, sah Zehrer ein sich „emporreckendes Muckertum“, „Kulturbolschewismus“ und „Gottlosenbewegung“, „Nachtkultur“ und „Untermenschentum“. Den Exilanten und KZ-Insassen der Jahre nach 1933 schleuderte Zehrer die Bemerkung hinterher: „An diesem Geist, an der Schärfe des Witzes und Stiles, am Glanz der Sprache und der Leichtigkeit der Diktion bleibt auch heute noch das hängen was wir immer gespürt haben: eine gewisse Unsauberkeit und Schmierigkeit der Gesinnung, die aus der menschlichen Unzulänglichkeit resultierte. Das heutige Schicksal straft diese Arroganz des Intellekts hart aber gerecht, dessen Mangel an menschlicher Substanz nie zu der einzigen Rechtfertigung des Geistes führte.“>

    Und ein schlimmer Finger ist ein schlimmer Finger ist ein schlimmer Finger, ist ein schlimmer Finger

  16. avatar

    Lieber Alan Posener,

    >Denn für den gewöhnlichen Konsumenten der deutschen Medien, jedenfalls sofern er Wessi ist, gibt es eigentlich nur eine Presse, der gewohnheitsmäßig ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit unterstellt wird: Das ist die so genannte Springer-Presse.Im Gleichschitt mit einer weitverbreiteten Tendenz auf der politischen Rechten seiner Zeit vertrat Zehrer in der Zeit von Weimar einen aggressiven Anti-Intellektualismus, der bei ihm aus einem von Vorlieben für das Romantische und Mystische gespeisten „Anti-Rationalismus“ hervorging.[8] Ferner wandte sich Zehrer, ebenfalls zeittypisch, gegen die „Masse“ als Faktor in Politik und Kultur: Die Demokratisierung des Geistes habe, so Zehrer, zu einer allgemeinen Nivellierung geführt. Diese dokumentiere sich in einer „grauenhaften Entwertung des Geistes“ und führe zu einem unablässigen Abstieg: „Die allgemeine Nivellierung und Vulgarisierung des Stils ist das vornehmste Zeichen der heutigen Zeit.“ Denn wenn die Masse führt, „ist [das] der Tod jeder geistigen Richtung“, die sich im Grunde nur durch Eliten leiten ließe. Intellektuelle versah er bevorzugt mit den Attributen „links“ und „jüdisch“.

    Als verderbliche Erscheinungen, die sich „wie Mehltau auf alle Gebiete der Kultur gelegt“ hätten, sah Zehrer ein sich „emporreckendes Muckertum“, „Kulturbolschewismus“ und „Gottlosenbewegung“, „Nachtkultur“ und „Untermenschentum“. Den Exilanten und KZ-Insassen der Jahre nach 1933 schleuderte Zehrer die Bemerkung hinterher: „An diesem Geist, an der Schärfe des Witzes und Stiles, am Glanz der Sprache und der Leichtigkeit der Diktion bleibt auch heute noch das hängen was wir immer gespürt haben: eine gewisse Unsauberkeit und Schmierigkeit der Gesinnung, die aus der menschlichen Unzulänglichkeit resultierte. Das heutige Schicksal straft diese Arroganz des Intellekts hart aber gerecht, dessen Mangel an menschlicher Substanz nie zu der einzigen Rechtfertigung des Geistes führte.“>

    Und ein schlimmer Finger ist ein schlimmer Finger ist ein schlimmer Finger

    1. avatar

      Lieber Moritz Berger, ich habe ja Zehrer genannt und nicht verschwiegen, dass er, nun, ein problematischer Zeitgenosse war. Um ihn und Leute wie ihn einzuhegen, so meine These, waren die Springer-Grundsätze von eintscheidender Bedeutung.

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