Auf die Gefahr hin, die Weihnachtsstimmung der Leser zu verderben, möchte ich ein wenig bei der Frage der Folter verbleiben. Genauer: bei der Frage der Folter von Terrorverdächtigen durch die CIA. Ginge man nach der Aufregung in manchen Medien, so könnte es scheinen, als habe der Geheindienstausschusses des US-Senats Folter in bisher unbekanntem, schockierendem Ausmaß enthüllt. „Die USA sind ein Folterstaat“, meint Jakob Augstein auf SPON. „Für den Westen geht es jetzt um alles: seine Werte, sein Wesen, seine Identität.“
Nur in Parenthese merke ich an, dass Augstein in seinem Kommentar natürlich auch „den israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet und seine Verbrechen“ zitiert. Ohne Juden geht es bei Augstein nicht, wenn es um das Böse geht. Über die unter Gerhard Schröder im Bundeskanzleramt beschlossene Zusammenarbeit von Bundesnachrichtendienst und syrischem Geheimdienst schreibt Augstein hingegen nichts.
Egal. Man wird sich in seinem Anti-Amerikanismus und Anti-Zionismus nicht durch den Grundsatz beirren lassen, erstmal vor der eigenen Tür zu kehren. Und schon gar nicht durch die Tatsache, dass der Senatsbericht eindeutig im Präteritum gehalten ist: Spätestens 2006 wurde das 2001 in der Atmosphäre der Panik nach 9/11 konzipierte und per Präsidenten-Memorandum legalisierte Programm der „enhanced interrogation“ – nennen wir es ruhig Folterprogramm – so gut wie eingestellt, 2008 wurde es durch Präsident Barack Obama offiziell verboten. Allenfalls könnte man sagen: „Die USA waren fünf Jahre lang ein Folterstaat.“ Klingt natürlich nicht so aufregend. Klickt nicht.
Und wäre auch falsch. Schauen wir einmal auf die Ausmaße der Aktion.
Ich weiß, dass man mir das, was ich jetzt sage, als Zynismus oder Schlimmeres auslegen wird, aber ich muss gestehen, dass mich die Zahlen eher beruhigt haben. 119 Menschen wurden von der CIA in Sondergefängnissen gehalten. 39 wurden in der einen oder anderen form gefoltert. Natürlich kann man sagen, dass selbst ein Fall zu viel wäre, dass zehn Fälle furchtbar wären, 39 aber gänzlich unerträglich sind Das ist in der Tat der Standpunkt des Senatsberichts, und seine Schwächen – nämlich dass die für das Folterprogramm politisch und auf der operativen Ebene Verantwortlichen nicht gehört wurden und dass es nicht zu einer parteienübergreifenden Untersuchung kam, kurzum, dass der Bericht eine parteipolitische Abrechnung der 2014 abgewählten Demokratischen Senatsmehrheit mit der 2008 abgewählten Republikanischen Regierung ist – sind in dieser Hinsicht Stärken: Denn man darf annehmen, dass die Autoren in den Dokumenten eifrig nach Belastungsmaterial gesucht haben und gern die Zahlen nach oben korrigiert hätten, wenn die Dokumente das hergegeben hätten. 119 Internierte ohne Haftbefehl, die dem Roten Kreuz verheimlicht wurden und von denen 39 gefoltert wurden: Das ist wirklich nicht schön, aber ein „Folterstaat“, lieber Jakob Augstein, sieht anders aus.
In meinem letzten Posting zu diesem Themenkomplex habe ich darzustellen versucht, dass die Behauptung, aus den Verhören seien keine wertvollen Informationen gewonnen worden, das eigentlich moralische Dilemma auf eine utilitaristische Fragestellung reduziert. Wenn der Nutzen des Folterprogramms – gemessen an geretteten Leben – gleich Null war, erübrigt sich eine Erörterung seiner moralischen Zulässigkeit.
Ich hingegen unterstelle, wie der gegenwärtige Chef der CIA und alle früheren Direktoren, dass das Programm einen erheblichen Nutzen hatte.
Auch die hier zu Wort kommenden Betroffenen argumentieren allerdings utilitaristisch: Es hat funktioniert. Wir konnten Anschläge vereiteln und schließlich Al Qaida weitgehend zerschlagen. Das ist aber auch kein ausreichendes Argument, weil dann immer noch die Frage der moralischen Zulässigkeit – wenn man so will, des kategorischen Imperativs – bleibt.
Exkurs: Krieg, Kollateralschäden und Doppelmoral
Freilich, und dabei bleibe ich, gilt das auch für andere Handlungen im Krieg: insbesondere für das Inkaufnehmen von „Kollateralschäden“ in der Zivilbevölkerung.
Betrachtet man etwa den nicht von den Vereinten Nationen legitimierten „Kosovo-Krieg“ (also der Luftkrieg gegen Serbien), an dem sich die Bundesrepublik aktiv beteiligte, nachdem Serbien zur ethnischen Säuberung der Provinz übergegangen war, gehören zu diesen Kollateralschäden nicht nur die weitgehende Zerstörung der zivilen serbischen Wirtschaft und der Tod einer großen, bis heute – so weit ich weiß – unbekannten Zahl serbischer Zivilisten, sondern auch die von den zurückkehrenden Kosovo-Albanern unter der Ägide der Siegermächte vertrieben Serben und Roma.
Der konservative katholische Moralphilosoph Robert Spaemann fragte damals: „(I)st es etwa ein Verteidigungskrieg? Wurde irgendein Bündnismitglied von Jugoslawien angegriffen oder in seinen vitalen Interessen bedroht? Nein. Also müssten diejenigen, die den Krieg rechtfertigen, wenn sie ehrlich sein und den Sinn der Worte nicht verdrehen wollen, etwa so sagen: ‚Die völkerrechtliche Diskriminierung des Angriffskrieges war ein realitätsfremder Irrtum, den jeder Staat auf eigene Verantwortung korrigieren darf. Nach wie vor gibt es gerechte Angriffskriege, also Kriege, die durch eine gerechte Sache gerechtfertigt sind …‘ Dies ist die Norm, die der gegenwärtigen Intervention zugrunde liegt – es sei denn, es liegt ihr gar keine Norm, sondern das nackte Recht des Stärkeren zugrunde.“
(Zitiert nach Frank Schirrmacher, Hrsg.: Der westliche Kreuzzug, S.151f.)
In der Tat hat dann Jürgen Habermas, das philosophische Gewissen des Rot-Grünen Projekts. den Krieg – und das Fehlen eines UN-Mandats – ganz ähnlich gerechtfertigt: „Im Rahmen des klassischen Völkerrechts hätte das als Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates, das heißt als Verletzung des Interventionsverbots gegolten. Unter Prämissen der Menschenrechtspolitik soll dieser Eingriff nun als eine bewaffnete, aber von der Völkergemeinschaft (auch ohne UN-Mandat stillschweigend) autorisierte Frieden schaffende Mission verstanden werden. Nach dieser westlichen Interpretation könnte der Kosovo-Krieg einen Sprung auf dem Wege des klassischen Völkerrechts der Staaten zum kosmopolitischen Recht einer Weltbürgergesellschaft bedeuten.“ (Bestialität und Humanität. Die Zeit, 29.04.1999)
Von der „Völkergemeinschaft“ sei dieser Krieg „auch ohne UN-Mandat stillschweigend“ autorisiert: Diese Formulierung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Hier standen sich nun einmal, so Habermas „Bestialität und Humanität“ gegenüber, und da dürfe man sich als Vertreter der Humanität halt weder vom „klassischen Völkerrecht“ noch von einer übertriebenen Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung beirren lassen.
Es war die gleiche Rot-Grüne Regierung, die im Namen der Humanität Serbien bombardierte und im Namen der Sicherheit in Damaskus foltern ließ. Und es waren und sind vor allem die Anhänger dieser Parteien, die eine Formulierung wie „Humanität gegen die Bestialität“ in Ordnung fanden, aber jene des Kampfs gegen die „Achse des Bösen“ für unerträglich, und die heute anscheinend der Ansicht sind, ein paar Tausend tote serbische Zivilisten seien schon in Ordnung, wenn es gegen die „Bestialität“ geht, aber bei 39 gefolterten Terroristen höre der Spaß auf.
Nun will ich nicht verhehlen, dass ich zwar gegen den Kosovo-Krieg war, vor allem weil ich einen Bodeneinsatz zum Schutz der Kosovaren befürwortete, aber die Argumentation Habermas’ – minus die rhetorischen Übertreibungen – tendenziell für richtig halte. Inzwischen haben die Vereinten Nationen das Prinzip einer „responsibility to protect“ anerkannt und über das Prinzip der nationalen Souveränität gestellt. Was mich empört, ist also weniger die Tatsache, dass Linke 1999 in der Bundesrepublik einen illegalen Krieg befürworteten und zivile Kollateralschäden billigend in Kauf nahmen, obwohl Deutschland ja gar nicht angegriffen worden war; was mich empört, ist, dass Linke 2001 ff Amerika der Inhumanität ziehen, als es auf einen tödlichen Angriff reagierte und im Zuge einer – von den Vereinten Nationen gebilligten – Militäraktion gegen die Urheber und ihre Unterstützer zu Mitteln griffen, die illegal und inhuman waren. Hätte es in Bezug auf Deutschland Verhalten während der Balkan-Kriege eine ähnlich selbstkritische Untersuchung des Bundestags gegeben, mir wäre weniger unwohl beim Vorwurf, Amerika sei ein „Folterstaat“, das CIA Programm stelle – germanisch-schön alliteriert, Herr Augstein! – „Werte und Wesen des Westens“ infrage.
Ein paar Schlussfolgerungen
Ich bleibe dabei, dass die Betrachtung der „Rettungsfolter“ in ein unauflösliches moralisches Dilemma führt. Die Sicherheitsorgane des Staates sind beauftragt, Leib und Leben der Bürger zu schützen. Gleichzeitig sollen sie sich in einem liberalen Rechtsstaat an Recht und Gesetz, internationale Regeln und Konventionen halten. Diese beiden Grundsätze können miteinander in Widerstreit geraten.
In der Situation nach 9/11, den Anthrax-Angriffen und der Angst vor möglicherweise unerkannten weiteren Komplotten, glaubte die Regierung von George W. Bush, die Verhörbefugnisse der CIA ausweiten zu müssen, um Techniken einzuschließen, die man als Folter bezeichnen muss. Ich kann das nachvollziehen, und das haben damals auch diejenigen im US-Kongress gebilligt, die das Verhalten der CIA heute unerträglich finden.
Mir widerstrebt es nicht deshalb, das Vorgehen der CIA zu verurteilen, weil ich damals den „Krieg gegen den Terror“ öffentlich gebilligt und George W. Bush verteidigt habe. Mir widerstrebt es deshalb, weil ich das Gefühl habe, mir die Sache zu leicht zu machen, wenn ich in den Verdammungschor einfalle.
Trotzdem kann ich nicht ernsthaft die Kodifizierung der Folter zur Informationsgewinnung und – schon gar nicht – das Verstecken der Verhörten und Gefolterten vor den Blicken des Internationalen Roten Kreuzes billigen. Wenn diese Methoden – utilitaristisch gedacht – einen Nutzen gebracht haben, so haben sie – ebenso utilitaristisch gedacht – auch den USA großen Schaden zugefügt; und dieser Schaden war absehbar, weil bei uns – der Demokratie, dem Rechtsstaat und der Bürokratie sei Dank! – irgendwann alles herauskommt.
Ich persönlich glaube übrigens nicht, dass die Berichte über die CIA-Folter dem Westen in der muslimischen Welt Feinde machen. Radikale Muslime hassen uns, weil Frauen bei uns nicht beschnitten sind und Miniröcke tragen, weil Schwule nicht verfolgt werden und Juden gleichberechtigt sind. Sie empfinden unsere Kultur als zugleich dekadent und bedrohlich, unsere Wirtschaftsweise als unmoralisch, unsere militärische Macht als Werkzeug des Satans zur Unterdrückung des wahren Glaubens. Da sie selbst bedenkenlos foltern, dürften ihnen unsere Diskussionen um Recht und Unrecht des CIA-Programms eher als Beleg unserer Schwäche erscheinen. Freilich schadet das Programm den Beziehungen der USA zu ihren Verbündeten. Da können Publizisten wie ich noch so oft auf die Scheinheiligkeit so mancher Kritik verweisen; am Ende stehen die USA als Führungsmacht unter verschärfter Beobachtung.
Man sollte schließlich, vielleicht ist das der entscheidende Punkt, seine eigene moralische Empfindlichkeit nicht vorsätzlich einschränken. Es ist gut, dass die Folter in den USA nicht legal geblieben ist. Präsident Barack Obama hat zu Recht das Programm beendet. Nur ein sehr realitätsfremder Mensch freilich wird annehmen, dass nicht in diesem Augenblick an Techniken der Informationsgewinnung gearbeitet wird, die sich dem moralischen Stigma der Folter und dem utilitaristischen Vorwurf der Ineffektivität entziehen. Hypnose, Wahrheitsserum, Gehirnwäsche: Was gestern und heute Science Fiction war, wird morgen gewiss Realität.
thanks for sharing this useful piece of information.
Nicht ganz off topic: http://www.welt.de/politik/aus.....iligt.html
@ Alan Posener
Wollte eigentlich Posener sagen. Sorry. Oder Wergin. Oder Schuster. Gibt genug, die gut schreiben, aber wenig Nachwuchs, wie mir scheint. Kaufe Zeitungen nur unregelmäßig am Kiosk, daher nicht aufgefallen.
Was sagen Sie zu der gebundenen Ausgabe? Ich finde die Idee gut.
Lieber Alan Posener,
in Ergänzung zum Thema Walter Mischel, hier eine Verhaltensstudie zur Ungleichheit:
http://www.handelsblatt.com/te.....6-all.html
http://www.academia.edu/541454.....n_Children
Hier noch ein Nachtrag zum homo oeconomicus aus dem HB von 2013:
http://blog.handelsblatt.com/h.....ene-wesen/
Lieber Alan Posener,
wenn wir schon bei der Lektüre für das Jahr 2015 sind:
Ich habe im vergangenen Herbst Karl Polanyi entdeckt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Polanyi
und sein Buch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Great_Transformation
Hat er nicht auch wie Schumpeter das Ende des Kapitalismus vorhergesagt (schon wieder ein Kaffeesatzleser :-)???
Ein derartiger immer weiter ausufernder Materialismus in einer Marktgesellschaft läuft nach Polanyi dem Wesen der Gesellschaft entgegen und bildet somit eine existenzielle Bedrohung. Die zerstörerische Macht dieser Entwicklung zeige sich dabei nicht so sehr in einem materiellen Mangel oder in den elenden Arbeitsbedingungen dieser Zeit, sondern in einer kulturellen und sozialen Verwahrlosung.
Demgegenüber plädierte Polanyi im Schlusskapitel für einen „Sozialismus“, der Arbeit, Boden und Geld dem Markt entziehe und demokratisch kontrolliere.
Numero 2:
„Eine andere Frau, dessen Cousin auf dem Boot ist, berichtete dem Sender Skai TV von einem Telefonat.“
http://www.welt.de/vermischtes.....aehre.html
Langsam kommt es in Gang, das Sprachgendern. Aber andersherum. Eigentlich müsste es lauten:
„Ein anderer MannIN, deren Cousine auf dem Boot ist..“
Und das mit Luthers Leuten am Ruder. Luther dreht sich in seine Grab um und seine Apfelbaum verfault.
Gibt’s eigentlich Bastian Sick noch?
Zweite Weihnachtsgeschenkidee für 2015: Der Verlag verschenkt an Teile der Belegschaft eine Sick-Ausgabe, damit die Sprache wenigstens ’16 nicht so sick daher kommt. Broder, Maxeiner und Miersch brauchen keine, nur so nebenbei.
Maxeiner & Miersch gibt’s nicht mehr. Ist Ihnen nicht aufgefallen, lieber Parisien?
Der Artikel fängt sensationell an und hört sehr gut auf. Doch mittig, lieber Alan, verlieren Sie sich ausgerechnet in des Kremls liebstem whataboutism, mit dem dieser seine seine von ihm verleugnete Ukraine-Invasion rechtfertigt. Wozu? Was hat der Despotenhaufen UN mit dem Roten Kreuz(Nazibonzen-Fluchthelfer) oder der Genfer Konvention zu tun? Zudem sollten Sie, wenn Sie schon einen Bodeneinsatz im Kosovo lieber gehabt hätten, ventilieren, wieviele GIs dabei hätten dran glauben müssen. Nach all den Massakern im Rahmen des Zerfalls Ex-Jugoslaviens an denen Serbien mindestens 90% Schuld trug, den Snipern bei Sarajewo, den serbischen Foltersex-Camps, war der Einsatz der US-Airforce die einzig richtige Konsequenz, um dem ethnisch „fleißig“ säubernden Brudervolke des immer(!) imperial agierenden Kremls zu sagen: „Stop, bis hierher und nicht weiter!“
a gitn rosh 🙂
Noch eine Anmerkung zur angeblichen Wirksamkeit der Folter. Ali Soufan ein F.B.I Agent der an gewöhnlichen Verhoeren mit Zubaydah beteiligt war, soll getobt haben, nach dem er erfahren hatte dass man den 47 Tage lang allein in einer Zelle in Thailand gelassen hatte. Offensichtlich hatte die C.I.A. selber nicht an die tickende Zeitbombe geglaubt. Zitat Soufan : “ What kind of ticking-bomb scenario is this, if you can leave him in Isolation for 47 days?“ Im übrigen wäre 9/11 wohl verhindert worden wenn die C.I.A. mit der F.B.I. kooperiert hätte. Aber klar wenn die Buerokratie versagt muss mann zur Folter greifen.
Lieber Alan Posener,
hierfür kann man ihn auch lieben:
„So wie ich den oberen zehn Prozent den Rolls Royce, die Armani-Klamotten und das Dritthaus auf den Azoren gönne.“
Kein Neid. Eine der größten Eigenschaften überhaupt und eine Grundtugend: Neidlosigkeit.
Ach ja, was ist eigentlich aus Ihren Abhandlungen über die Tugenden geworden? Schwach anfangen und dann stark nachlassen? Verstehe, es war so viel anderes los.
Malaysia hat das dritte craft verloren, das ist wirklich etwas gespenstisch. Habe Mitleid mit dem Land.
Aber wissen Sie, wofür man ihn lieben muss: Er trifft in 90-99% der Fälle den Nagel auf den Kopf, so auch hier: Wenn aus Armen eine Industrie wird, werden Arme so wichtig für diese wie für australische Farmer Schafe. Wenn die Armen Wolle ansetzen würden, wäre das noch attraktiver. Nehmen sie ab, müssen sie reimportiert werden unter der Tarnkappe „Rentenzahler“ oder der Lüge: „Die Industrie will das so.“ Und dann müssen wir fragen: „Welche Industrie?“. Und wenn Sie noch die Besitzer von Schrottimmobilien dazu rechnen wie auch diesen Hotelier im Osten, der kürzlich in Ihrer gemeinsamen Zeitung gebracht wurde (der viel Geld dafür kriegt und sein marodes Hotel davon später renovieren wird, glaube ich), wissen sie, dass man Broder dafür schätzen kann, dass er oft Recht hat und seinen Finger öfter als Andere und gelernt bei RudolfAugstein (Rudolf!), in übel eiternde Schwären legt. Kennen Sie den von Wilhelm Busch über die Schwäre?
Broder, unser Schwärendoktor:
Wilhelm Busch
Kritik des Herzens
Sahst du das wunderbare Bild von Brouwer?
Es zieht dich an wie ein Magnet.
Du lächelst wohl, derweil ein Schreckensschauer
Durch deine Wirbelsäule geht.
Ein kühler Doktor öffnet einem Manne
Die Schwäre hinten im Genick;
Daneben steht ein Weib mit einer Kanne,
Vertieft in dieses Mißgeschick.
Ja, alter Freund, wir haben unsre Schwäre
Meist hinten. Und voll Seelenruh
Drückt sie ein andrer auf. Es rinnt die Zähre
Und fremde Leute sehen zu.
http://www.wilhelm-busch-seite.....tik52.html
Es ist ein höfliches poem, denn die meisten Schwären sind ca. 80 cm weiter unten. (Zähre=Eiter)
http://www.achgut.com/dadgdx/i.....lche_armut
Unter welcher Flagge das Schiff fährt, ist derzeit nicht ganz klar, offenbar aber unter der italienischen.
Wo diesER AutorIN Abitur gemacht hat, ist derzeit nicht ganz klar, aber offenbar in Deutschland.
vermutlich.
http://www.welt.de/vermischtes.....aehre.html
Nachtrag:
2030 verzichtet ein Großteil der Menschen auf moderne Technologie. Sie haben gemerkt, dass der technische Fortschritt ihnen selbst nur einen geringen Nutzen bringt, dafür aber Freiheit und Eigenständigkeit kostet.
In einer solchen Gesellschaft wird das Leben wieder langsamer – die Menschen wissen ihre Ruhe und ihre Privatsphäre zu schätzen. Sie kommunizieren nicht mehr über das Smartphone oder über das Telefon sondern von Angesicht zu Angesicht.
Auch die wirtschaftliche Vernetzung nimmt ab. Eingekauft wird auf lokalen Märkten und man versorgt sich zunehmend selbst.
ich vergaß diesen link:
http://www.gdi.ch/de/Think-Tan.....Detail/611
Und hier ein spannende Vision für 2030:
Alan Posener und allen MitstreiterInnen für den Austausch von starken und schwachen Meinung wünsche ich einen guten Rutsch ins Neue Jahr 2015.
Und wer ein wenig weiter über den Tellerrand blicken möchte, dem ist vielleicht die Studie des Duttweiler Instituts zu empfehlen:
http://www.wiwo.de/technologie.....2-all.html
In der Wirtschaft sagt man zwar, alles was über 5 Jahre in der Zukunft liegt ist im grauen Bereich oder für Kaffeesatzleser gedacht, aber “ wahre Vorhersager “ haben immer Konjunktur.
Vor einigen Jahren konnten Konsultationen bei den WahrsagerInnen sogar von der Steuer abgesetzt werden.
Dennoch der Markt boomt mehr denn je 🙂
Soviel zum homo oeconomicus, der so häufig von Alan Posener zitiert wird!!
Lieber Moritz Berger, Ihnen und uns allen ein gutes Jahr 2015. Und da Sie den homo oeconomicus ansprechen: ich habe 2014 nicht nur Walter Mischel gelesen, sondern, wie hier angekündigt, Daniel Kahnemann, der mit der Vorstellung der rationalen agierenden Marktteilnehmer gründlich aufräumt. Woran übrigens schon John Maynard Keynes nicht glaubte, den ich ganz gewiss häufiger zitiere als den homo oeconomicus. Es bleibt jedenfalls für 2015 viel Stoff übrig.
@ Alan Posener
Die Bilder sind fast alle großartig. Das von Baldung auf S.113 finde ich nicht gut. Es zeigt in Mondgesicht mit zurückweichendem Haaransatz. Die ganze Frau wirkt alt, der Busen atrophisch, die Arme verwelkt. Jesus als Cherub dargestellt.
Eines der innigsten Bilder von Maria mit einem richtigen Säugling, umgeben von einem Heiligenschein, ist von Corregio und hängt in den Uffizien. Das empfehle ich Ihnen durchaus für eine evtl. Neuausgabe, falls rechtlich/technisch/finanziell möglich.
Die Züchtigungsszene von Max Ernst wirft ein extrem schlechtes Licht auf die drei Atheisten im Fenster und lässt sich alternativ mit Ärger oder Humor nehmen, also lieber Humor.
Die Verkündigung von Fra Angelico ist meine zweitliebste und sehr berührend in ihrer Zartheit. Meine liebste ist von Leonardo wegen der Farben und des Kontrastes zwischen Innenraum und Umgebung, außerdem wegen des Ausdrucks von Maria (offenkundiges Erschrecken). Dann die edlen Farben der Maria, im Kontrast das Rot und Grün des Engels, der in die Natur gerückt wird und daher kosmisch wirkt.
Eine wirkliche Überraschung und sehr schön: Die griechischen Fresken „Maria als Jakobsleiter“ und „Entschlafung Mariens“.
Das Anna-Selbdritt-Tryptychon. Und der Tizian aus der Frarikirche am Ende. Absolut gelungen.
Empfehlenswertes Weihnachtsgeschenk für nächstes Jahr.
Wäre schön als Hardcover mit noch mehr Bildern, evtl teureres Hardcover für begrenzten, interessierten Kundenkreis.
Vielleicht auf englisch neu schreiben und auf dem britischen Markt anbieten? Es gibt in GB und den USA immer wieder ausgefallene und teurere Bücher, die also einen Liebhaberkreis finden.
Dear Apo,
ich wuensche ihnen:
http://techbeasts.com/wp-conte.....r-2015.jpg
Zum Thema torture noch eine Frage;
Ist ein bisschen Folter wie ein bisschen schwanger ???
>Was wäre besser gewesen: bisschen Folter oder Kindermassenmord? Wir entkommen dem Thema nicht<
Alan Posener, Sie spannen da im Aufzeigen diverser Spekulationtheorien einen weiten Bogen zwischen Hure und Priestergeschlecht. Eine Theorie werfe ich Ihnen lapidar ‚raus: Die aus dem „Toldoth Jeschu“ (S.18), denn während der Menstruation kann man nicht schwanger werden.
Außerdem möchte ich zwei eigene Ideen ergänzen: Einmal die „Marquise von O.“ von Kleist: Ohnmächtig geworden, kann man/hier frau sich an nichts erinnern; als zweites die Idee, dass Jesus von ihr geerbt hat, dass sie also ebfs. in der Lage gewesen wäre, mit zwölf eine Zuhörerschaft von Hochstehenden an sich zu binden, was ihr auf Grund des Geschlechts verwehrt war, aber in privatem Rahmen möglicherweise ausgelebt wurde, was dann nicht Hure bedeutet, sondern einen gut erklärbaren Zwischenfall an einem dieser Abende. Ihr Vater, entsetzt, vermählt sie mit einem Zimmermann aus Nazareth, fertig. Solche Sachen sind hier bis ins frühe zwanzigste Jh. passiert.
Also, loses Mädchen scheidet für mich völlig aus, interessante Gesprächspartnerin für Männer keineswegs, mit Zwischenfall. Solche Frauen gab es immer: Z.B. Emilie de Châtelet, Mathematikerin, zwangsverheiratet, die mit Isaac Newton kommunizierte und mit Voltaire lebte. Z.B. Lou Andreas-Salomé, Teresa von Avila, Hildegard von Bingen, viele mehr. Ich würde sie, Mirjam, also von der Herkunft und dem Geistesstand her eher sehr hoch ansiedeln.
Dasselbe gilt für Maria von Magdala, die bei Lukas als „siebenfach zerrissen“ beschrieben wird. Solche Frauen, wenn sie mit ihrem Geist keinen Platz fanden, mussten psychische Probleme bekommen, keine Frage.
Der Vater, falls der Stammbaum stimmen sollte, ist ebfs. nicht auf den Kopf gefallen. Von ihm wissen wir wenig. Er wird gern als Alter mit langem grauem Bart dargestellt, etwa wie Abraham oder Zacharias. Vielleicht soll er dabei entpersonifiziert werden und an Gott erinnern. Bei solchem Geist darf man die Genetik nicht ganz aus dem Auge verlieren. Die Jungfrauenschaft erklärt vermutlich am besten Philo, S.30:
„hier soll aber an einen Gedanken des hellenisierten jüdischen Theologen Philo erinnert werden, eines Zeitgenossen Jesu, der im ägyptischen Alexandria lebte:
„Wenn aber Gott mit der Seele zu verkehren begonnen hat, erklärt er die, die zuvor schon Frau war, wieder zur Jungfrau.“
Wir werden keinen Religionsstifter finden, der niedrig angesiedelt ist, denn Theologie setzt wie Philosophie ein starkes Abstraktionsvermögen voraus, und es kommt nicht von ungefähr, dass die Mathematikerin de Châtelet mit Voltaire die Bibel von a-z studierte.
Alles, was zur Mobilisierung der Massen gemacht wurde, ist daher Dichtung und Wahrheit.
Aber letztlich, nur aus meinem, allerdings durchaus logischen, Empfinden aus dem Ärmel geschüttelt.
Lieber Alan Posener,
danke für den link. Dieses Jahr wurde das Weihnachtsfest durch das Vorlesen meinerseits einer wertvollen Lektüre bereichert: „Maria“ von Alan Posener. Kompliment: Meine Kinder, junge Erwachsene, sagen, es sei sehr interessant und gut geschrieben. Ausnahmsweise hörten alle zu, also ist es spannende Lektüre. Wenn ich mich auch aus Prinzip öfter verbal mit Ihnen anlege, so hat Ihr Buch immerhin unser Weihnachtsfest im Intellektuellen vertieft. Ihr Buch trägt dazu bei, dass wir das Fest erhalten und dabei erwachsener machen, was, wie ich feststelle, ohne Weiteres möglich ist. Außerdem kann man natürlich zwischen Weihnachten und Pfingsten eine Schleife binden.
Ostern ist viel problematischer für mich. Erst lila trauern, dann keltisch feiern. Kompliziert.
Danke für die Blumen, lieber Parisien. Das Buch ist eines meiner liebsten. Allein wegen der Bilder …
32 Ökonomen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, … lesen ‚derblondehans‘ by starke-meinungen. 😉
‚Mit einer Finanzierung durch nutzungsunabhängige Zwangsabgaben wie dem sog. Haushaltsbeitrag seit dem 1. Januar 2013 …. Sonderrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in … weiter verfestigt.‘
Bevor Weihnachten ganz vorbei und das Thema uninteressant ist (im Gegensatz zu Folter, sorry für das ot), muss ich meine Kritik an den Kirchen anbringen. Ich wurde schon öfter im Ausland gefragt, wie wir das feiern und sage dann gleich, dass meins nicht repräsentativ ist. Meistens beschreibe ich, dass es ein ganz prächtig beleuchteter Konsumismus ist (gegen den ich nichts einzuwenden habe), eine Familienfeier und in Deutschland auch ein wirklicher Stressfaktor, der zu Streitereien führen kann. Jedes einzelne Land, in dem ich zu Weihnachten schon war, schien mir entspannter, wenig perfektionistischer damit umzugehen.
Wir selbst gehen, vielleicht durch die Auslandserfahrung geprägt, extrem locker mit dem Weihnachtsfest um. Es wird alles am 23.12. eingekauft, wenn das ein Sonntag ist, am 24.12. Am 24. werden gemeinsam einige Speisen vorbereitet, jeder hängt was auf den Baum, ziemlich egal was, und während dieser lockeren Entwicklung, die in den Abend übergeht, kommt jeder in eine angenehme spirituelle Stimmung, und dann versagt die Kirche:
Um fünf Uhr sind jede Menge Kleinkinder da, ja schön, aber irgendwann hat man genug von den Krippenspielen und dem Geräuschpegel und den einfacheren Liedern. Also würde man am Liebsten um sieben oder um acht gehen. Da ist aber nichts. Erst um 11 oder 11.30 ist wieder was. Es mag Ausnahmen geben, aber, wo wir jeweils wohnten, war die Auswahl zwischen der Schrei- und der Mitternachtsveranstaltung. Ja, die klingt so schön in Bullerbü: Mit Schlitten zu Fuß zur Mette. Heute aber fahren wir i.d.R. mit dem Auto schneefrei, und hier liegt der Haken: Wer, liebe Priester und PastorInnen, möchte den Heiligen Abend ohne einen oder mehrere gute Schlucke verbringen? Wir haben dann meistens einen Aperitiv und eine halbe Flache Wein intus. Es fehlt also ein Angebot in der Mitte für die Mitte. Es gibt für die Kleinen was und für die Abstinenzler. In der Mitte sitzt die Familie PastorIn oder der Priester mit seiner Haushälterin (böse) zu Tisch und trinkt auch, was ich schon diverse Male Mitternacht bemerken durfte. Das hatte dann diese Folge für unseren Abend: Einer liest die Weihnachtsgeschichte selbst, der Nächste macht Musik, der Andere liest Gedichte usw. Do it yourself – Christmas. Sehr innig meistens. Ohne Kirche. Den PastorInnen und Priestern wünsche ich für das nächste Jahr einen noch schöneren, fetteren Gänsebraten. Jesus würde sie für ihre Faulheit am wertvollsten Tag für die Kirche satt verachten.
Am 25.12. geht es weiter für Abstinenzler um 10 Uhr, mit Abendmahl (Ende der Abstinenz). Der Rest liegt noch mit Restalk im Bett und träumt von dem guten Schluck. Den sollte man gelassen auf 17 Uhr legen. Vielleicht wird es dann auch am 25.12. mal voll. Aber wie ich die Institutionen kenne, bleibt ois wie’s ist, und wer die Wahl hat,hat die Qual: Dem Einen sein Krippentheater, dem Nächsten seine Abstinenzmette oder Führerscheinentzug und dem Dritten sein geliebter Bourgogne und sein Morgenschlaf. Die Kirchen werden nie verstehen, dass sie auch am Hedonismus scheitern. Das mit zehn Ihr betrifft jeden einzelnen verdammten Sonntag. Und wir können hier alle selbst aus der Bibel vorlesen und uns darüber unterhalten. Nach dem Sonntagsfrühstück gegen Mittag. Grüß Gott.
Ja, Alan Posener, das stimmt schon. Siehe hier am 25.12.14:
„Nahe einer jüdischen Siedlung im Westjordanland ist am Donnerstag ein elfjähriges israelisches Mädchen durch eine Brandbombe schwer verletzt worden. Der Vater des Kindes kam nach Militärangaben mit leichten Verletzungen davon, als Angreifer eine Brandbombe auf das Auto der beiden warfen. Demnach ereignete sich der Anschlag nahe der Siedlung Maale Schomrom im Norden des Westjordanlandes.“
http://www.welt.de/politik/aus.....letzt.html
Aber bei mir stelle ich fest: Je mehr im vergangenen Jahr passiert ist, desto größer und würdiger wird unser Baum, intensiver der Orangengeruch, zahlreicher der dezente Schmuck, Nüsse, Äpfel, genauer die Geschenke, prägnanter die Musik: Dieses Jahr hintereinander Tochter Zion; Jauchzet, Frohlocket; Ende Neunte Ludwig van, dann plötzlich Eroica. Zweiter weitere Weihnachtsmusik, die Pastorale. In der Pastorale kommt man zum Meditieren bei den letzten Sätzen. Beethoven leuchtet als Gestirn an Weihnachten. Die große Kultur ist wichtiger als die Egoismen. Daher ist es ungemein wichtig, sie wieder hervorzuholen und zu bewahren, denn diese Kulturepochen waren selten und sind haushoch überlegen. Der Rest von Christentum verbunden mit der Aufklärung war einfach großartig. Diese Musik vertreibt das ungute Jahr. Extrem ungutes Jahr. Wem ging das nicht nahe, Weltkriegsgefahr und die Tätlichkeiten im Nordirak? Mich hat’s pessimistisch gemacht.
Ist das historisch belegt mit Herodes? Ich frag‘ immer so beknackt, wenn Dinge sich wiederholen, hier der Tod der Erstgburten zu Zeiten von Moses. Trotzdem schätze ich die hohe Kunst des Geschichtenerzählens. Haben Sie „Haroun, der Geschichtenerzähler“ gelesen? Dieser Autor wird m.E. aus rein politischen Gründen zu stark verengt, so dass sein Erzählgenie erst in 200 Jahren bewundert werden wird. Wissen Sie, warum die SPD bei der nächsten Wahl noch schlechter abschneiden wird?: Wegen Thüringen und wegen Fahimi. Merkel mangels Alternative, also Angelalternativlosa wird auf Kohl aufschießen. Ich werde Nichtwähler sein wie Matussek. Na gut, Schluss mit dem Fabulieren.
Lieber Parisien, der Kindermord ist natürlich frei erfunden. Herodes war dem Morden nicht abgeneigt, aber DAS hat er nicht gemacht. übrigens eine der ganz großen Gestalten der jüdischen Geschichte: http://www.welt.de/wissenschaf.....rosse.html
Lieber Alan Posener,
warum foltern Sie uns zu Weihnachten mit dem Thema Folter? Machen Sie mal halblang.
Wir haben hier den schönsten Weihnachtsbaum aller Zeiten (sage ich jedes Jahr), und ehrlich gesagt, dieser Baum mit der Krippe dazu bestimmt dann ein paar Tage das Geschehen jenseits der Politik.
Das ist ein wichtiges Thema und heikel. Eigentlich müssten Sie die Fragestellung anders aufbauen, nämlich: Würden wir, jeder Einzelne von uns, ein Gesetz gegen Folter brechen, um Leben zu retten, soll heißen, würden wir den Henker geben, um Unschuldige zu retten und uns dabei schuldig machen (der Sündenfall: du bist immer irgendwie schuldig), jeder für sich, jeder Einzelne, jenseits des Gesetzes, so wie Daschner?
Hätte es in dieser Geschichte, die Lucas vermutlich frei erfunden hat, ein Gesetz gegeben, Schwangere bevorzugt unterzubringen, gäbe es diese Geschichte nicht. Nur Individuen, die etwas anders machen, gehen in die Geschichte ein, wenn etwas Signifikantes daraus resultiert. Daher wissen wir auch, dass die Geschichte nicht ganz stimmen kann, sonst wären die Bauern mit dem Stall namentlich bekannt. Mirjam war daheim oder auf freiem Feld (Navi ausgefallen). Die Geschichte ist ausgesprochen abartig, und das fällt niemandem auf. Fast jeder würde zu jeder Zeit einer Hochschwangeren behilflich sein.
Ob jederzeit jeder den Mut hätte, so lange auf einen Festgebundenen einzuschlagen (um jemanden zu retten), bis er die Wahrheit sagt, muss man bezweifeln. Kommt drauf an, um was es ginge und wer beteiligt wäre. Also im Einzelfall gewiss bei skrupulösen Normalpersonen. Sehr theoretisch alles.
Have a nice boxing day. Jesus, what a topic for Christmas.
Ja, lieber Parisien, „what a topic for Christmas“ – wo doch die Weihnachtsgeschichte so besinnlich ist, nicht wahr. Herodes lässt alle Neugeborenen in Bethlehem töten, um sicher zu gehen, dass er den Einen erwischt. Dabei hätte es vermutlich gereicht, den drei Sterndeutern aus dem Iran einen Geheimdienstbeamten mitzugeben – zu ihrem Schutz, versteht sich. Oder notfalls irgendeinen Gastwirt aus Bethlehem zu foltern, der dann sagen würde, welches Kind und wo die Magi angebeten haben. Was wäre besser gewesen: bisschen Folter oder Kindermassenmord? Wir entkommen dem Thema nicht. Es ist nicht meine Schuld, dass einige Christen sich lieber in süßlicher Sentimentalität ergehen, statt zu sehen, dass Gewalt, vom Kaiserbefehl über die Morde seines Klieenten Herodes und die Flucht nach Ägypten, am Anfang dieser Geschichte genau so stehen wie an ihrem Ende.
Dear EJ
dann sind wir alle “ spezifisch intellektuell demoralisiert“
Lassen wir unserem Apo seinen Glauben….
und wünschen ihm und den anderen Teilnehmer
Merry Christmas and a Happy New Year
@Alan Posener
„Ich unterstelle die Nützlichkeit, um zum eigentlichen Problem vorzudringen, das ein moralisches ist,… “
Id est!
Danke für starke Meinungen und anregende Diskussionen!
Ihnen und allen Diskutanten ein schönes und friedliches Weihnachtsfest!
… eine Waffe schützt das Recht oder beugt das Recht. Verhörmethoden, die immer strittig sein werden, schützen das Recht. Folter beugt das Recht. Eigentlich keine Frage der Politik, die sollte, im Rechtsstaat, Recht schützen. Es beginnt beim ungeborenen Leben. Meine ich.
… und eine gesegnete Weihnacht!
Sehr geehrter Herr Posener,
die Fakten sind natürlich eindeutig, weil wir ja — verglichen mit der Welt vor Bushs und Konsorten Foltergesetzgebung und anderen inhumanen sowie kriegstreiberischen Maßnahmen — inzwischen in einer weitaus mehr terrorgeprägten und -geplagten Welt leben. Und zudem ist natürlich festzuhalten, daß großartige foltergenerierte Ergebnisse zweifellos vorgelegt wären worden, hätte man sie erzielt. Die Ausrede mit der Dringlichkeit der Geheimhaltung ist ja nun wirklich lächerlich, jedenfalls im Nachhinein!
Zum utilitaristischen Kontext habe ich nichts zu sagen, weil ich den im hiesigen Zusammenhang für gegenstandslos halte. Der Rekurs darauf führt zwangsläufig in die Bahnen von Unmenschlichkeit und Barbarei: wozu dann eigentlich noch etwa über Kant nachdenken oder sich überhaupt ethischen Reflexionen hingeben?
Allerdings: Zum Problem der ethisch-moralischen Dimension wurden ja bereits in der Vorläufer-Diskussion genug Einlassungen getätigt, auch dazu, was es bedeutete, sie entweder auszublenden oder auf private Glaubensakte einzuschränken: Der Punkt ist hier, daß ein solcherart Argumentierender — und das hat tatsächlich schon Kant gezeigt — in einen performativen Selbstwiderspruch gerät (etwa, wenn man menschliche Grundrechte sowohl kollektiv wie auch privat für sich selbst in Anspruch nimmt, anderen aber abspricht; der Widerspruch, der damit gesetzt wird, ist unauflöslich und kann durch semantische Kosmetik a la „Rettungsfolter“ oder z.B. auch „Selbstverteidigungsrecht“ und ähnlichen Unfug natürlich kein bißchen deren Absurdität verschleiern; anders formuliert: wer in diesen u.ä. Belangen den Teufel mit Beelzebub austreiben möchte, muß sich nicht wundern, wenn er sich unversehens in der Hölle wiederfindet).
Nun kümmert dergleichen heute kaum noch jemanden (so etwa nach der Devise: „Was geht mich mein Geschwätz von gestern an, wenn ich heute mehr Vorteil aus der Behauptung des Gegenteiles ziehe!“); gleichwohl ist es womöglich nicht müßig, immer wieder auf diese uralte Technik der Selbst- und Fremdverarschung hinzuweisen, weil das doch eines der Kerngeschäfte von Aufklärung ist …
… und der Aufklärung, Herr Posener, sind wir — auch nach den antiaufklärerischen Exzessen von Bush, Cheney & Co. (übrigens nicht nur in Sachen Krieg und Folter!) — doch noch irgendwie verpflichtet. Oder?
Frohe Weihnachten wünscht
Uvo
Herrn Schmid möchte ich mich anschließen und Herrn Posener und allen anderen alten und neuen „Bekannten“ ein geruhsames Weihnachtsfest und alles gute fürs neue Jahr wünschen.
68er
Großes Lob, Sauber recherchiert und scharf nachgedacht!
Ich dachte, Herr Posener bringt vor Weihnachten ein besinnlicheres Thema zum diskutieren, aber was woll’s! Trotzdem wünsche ich Herrn Posener für die geleistete Arbeit hier, und alle Miforisten, ein frohes und besinnliche Weihnachtsfest, vorallem Gesundheit. Bis demnächst!
Ach, Herr Schnid, lesen Sie das hier. Damit habe ich meine Besinnlichkeitsquote erfüllt:
http://www.welt.de/print/die_w.....-alle.html
Hallo Herr Posener,
ich muß gestehen, daß bei mir nach Ihrem neuerlichen Anlauf, die CIA-Folterpraktiken mit Rechtfertigungsversuchen versehen zu wollen, ein gewisses Maß an Erstaunen partout nicht weichen möchte. Aber nicht, weil da jemand anderer Ansicht ist als ich (und andere ebenso), sondern weil auch der erneute Anlauf — wie der vorherige schon — weder Fakten berücksichtigt noch Gegen-Argumente zählen läßt (all das wird nicht mal richtig erwähnt); vielmehr kaprizieren Sie sich wie beim letzten Mal v.a. auf Ihren *Glauben* (!) …
Zwar ist es Ihnen unbenommen, zu glauben, was immer Sie möchten; allerdings können Glaubensakte *in öffentlichen Diskursen* bekanntermaßen nicht viel gegen begründete Argumente ausrichten — sowenig, wie sie Fakten nichtig zu machen vermögen. Sind Sie dessen eingedenk gewesen, als Sie Ihren neuen Beitrag verfaßten?
Verwunderte Grüße
Uvo
Herr Wirnsperger, wären Sie ehrlich, würden Sie gestehen, dass hier so ziemlich der einzige Ort ist, wo in Ruhe Pro und Con diskutiert und die Möglichkeit eingeräumt wird, dass der Gegner Recht haben könnte. Der Senatsbericht sagt, dass die Folter keinen Nutzen hat; die CIA-Direktoren einschließlich des gegenwärtigen Direktors sagen, das sei sehr wohl der Fall. Wie Sie da behaupten können, die Fakten seien eindeutig, bleibt Ihr Geheimnis. Ich UNTERSTELLE die Nützlichkeit, um zum eigentlichen Problem vorzudringen, das ein moralisches ist, nicht ein utilitaristisches.
@ Alan Posener: Ich hingegen unterstelle, wie der gegenwärtige Chef der CIA und alle früheren Direktoren, dass das Programm einen erheblichen Nutzen hatte.
Na, wenn jemand mehr als 100-mal dem waterboarding unterzogen wird und der Folter-Knast sich über Jahre hinzieht, kann eher nicht von „Rettungsfolter“ (im Daschner-Sinne) die Rede sein und Folter „utilitaristisch“ begründet werden. Das (und Geheimgefängnisse und die Hundezwinger-Zellen in Guantanamo usw. usf.) sieht eher nach, ganz anders motivierter, stalinistischer oder Nazi-Folter aus.
Machen wir uns nichts vor: Mag Himmler auch 100-mal behauptet haben, dass wir dabei „anständig“ geblieben sind, Folter demoralisiert nicht nur den Gefolterten, sondern ebenso sehr auch die Folterer. Und mit „Folterer“ meine ich nicht nur die folternde Personen, sondern vor allem auch das zugehörige/ dahinter stehende „System“.
Folter ist keine – keine! – Einbahnstraße. Sie hat „umfassende“ Wirkung. Aller „Utilitarismus“ sollte das mitbedenken.
Lieber EJ, die Demoralisierung der Folterer ist auch für mich das stärkste Argument. Es ist auch in meinen Augen nach der Möglichkeit eines Fehlurteils das stärkste Argument gegen die Todesstrafe. Allerdings bemerke ich unter den Diskutanten hier – ich muss es so hart sagen – eine spezifische intellektuelle Demoralisierung, die darin besteht, dass niemand die Frage der Kollateralschäden und ihres Verhältnisses zu den durch die Folter verursachten Schäden diskutieren will, obwohl ich dieses Verhältnis in den Mittelpunkt meiner Argumentation gestellt habe. Der Serbien-Krieg scheint vergessen und vergeben. Da scheint doch eine relativ große Verdrängungsleistung stattzufinden.
Ich persönlich halte es für offensichtlich, dass die CIA-Folterpraxis die Zahl der (passiven und aktiven) Gegner und damit die Wahrscheinlichkeit und auch die tatsächliche Zahl weiterer Anschläge erhöht – statt wie von den Chefs angenommen, reduziert – hat (pragmatisches Argument) und im Widerspruch zu besagten „Werten und Wesen des Westens“ steht (theoretisches Argument). Das begründe ich jetzt nicht, weil es erstens logisch ist, zweitens beim letzten Mal von mehreren Kommentatoren begründet wurde und drittens Weihnachten ist, um das ich mich jetzt lieber kümmern muss und will.
Ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest!
@Apo
„Ich hingegen unterstelle, wie der gegenwärtige Chef der CIA und alle früheren Direktoren, dass das Programm einen erheblichen Nutzen hatte.“
Leider lese sie nicht die Kommentare des CIA aus dem Jahr 1989….
Und was ist mit Personen wie John McCain, der im Hanoi Hilton gefoltert wurde???
Vielleicht lese sie einmal politico:
http://www.politico.com/story/.....13456.html
Machen sie in ihren Kommentaren nicht auch eine zigzag tour wie Brennan?
P.S.
„dass nicht in diesem Augenblick an Techniken der Informationsgewinnung gearbeitet wird, “
„Nicht in diesem Augenblick sondern bereits seit Jahrzehnten.“
Und kennen sie :
http://en.wikipedia.org/wiki/Project_MKUltra
http://de.wikipedia.org/wiki/MKULTRA
Und lesen über die cooperation des CIA mit Nazis!!!
Und sind sie nicht etwas naiv was diese Aussage betrifft:
>Nur ein sehr realitätsfremder Mensch freilich wird annehmen, dass nicht in diesem Augenblick an Techniken der Informationsgewinnung gearbeitet wird, die sich dem moralischen Stigma der Folter und dem utilitaristischen Vorwurf der Ineffektivität entziehen. Hypnose, Wahrheitsserum, Gehirnwäsche<
"The CIA leadership had serious concerns about these activities, as evidenced in a 1957 Inspector General Report, which stated:
Precautions must be taken not only to protect operations from exposure to enemy forces but also to conceal these activities from the American public in general. The knowledge that the agency is engaging in unethical and illicit activities would have serious repercussions in political and diplomatic circles …
—1957 CIA Inspector General Report[131]"
In the aftermath of the Congressional hearings, major news media mainly focused on sensationalistic stories related to LSD, "mind-control", and "brainwashing", and rarely used the word "torture". This suggested that CIA researchers were, as one author put it "a bunch of bumbling sci-fi buffoons", rather than a rational group of men who had run torture laboratories and medical experiments in major U.S. universities; they had arranged for torture, rape and psychological abuse of adults and young children, driving many of them permanently insane.[128]
Zum Glueck gibt es in meinem Heimatland noch Personen wie John McCain die gegen die Folter sind und Institutionen wie:
http://www.thetorturereport.org/
und auch den Panetta review:
http://www.huffingtonpost.com/.....34728.html
Last not least:
Folter ist Folter ist Folter ist Folter