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Wolf Biermann hat Recht

Autobahnen sind in Deutschland ein schwieriges Thema. In den Jahren vor der Studentenbewegung war die Redewendung „… aber Hitler hat doch die Autobahnen gebaut“ eine Art Code für Haltungen, die sich zusammenfassen lassen als „Alles war ja nicht schlecht …“ an der Nazi-Diktatur: Alle hatten Arbeit, auch die Faulen und Asozialen, die Jugend lernte Disziplin, Anstand und Abenteuer, Frauen konnten nachts allein durch den Park, es gab KdF-Dampfer für Arbeiter und KZ für Kommunisten, und endlich wurde richtige Kunst gefördert, nicht der abstrakte Schund, der heute wieder die Museen vollstopft.


Dementsprechend führte die nachgeholte Generalabrechnung mit der Nazi-Ära zu einer Tabuisierung des Autobahn-Themas. Wer – wie etwa Eva Herman – unvorsichtig genug war, auf die Straßenbautätigkeit der Nazis hinzuweisen, bekam eins auf die Mütze; obwohl es gleichzeitig erlaubt war, etwa das Berliner Olympiastadium, die ehemalige Reichsbank oder den Flughafen Tempelhof, ja sogar Albert Speers Straßenlaternen für die Straße des 17. Juni gut zu finden.
Ich will jetzt gar nicht lange auf die Frage eingehen, ob die Autobahnen ein originäres Projekt der Nationalsozialisten waren. Sie waren es nicht: die Verbindung von Automobilisierung und Weltwirtschaftskrise legte auch etwa in den USA den Bau von Schnellstraßen als schnell wirkende Abhilfe nahe. Die Planungen lagen auch in Deutschland vor dem Machtantritt der NSDAP vor. Zweifellos aber entsprachen die Autobahn mit ihren Konnotationen von Fortschritt und Schnelligkeit, Raumüberwindung und –erschließung ebenso wie der in der „Stadt des KdF-Wagens“ gebaute „Volkswagen“ und die entsprechenden Großbaustellen im besonderen Maße der Ideologie des Nationalen Sozialismus entsprachen.
Dass Diktaturen auch Dinge richtig machen können, scheint schwer zu begreifen. Man denke an Polikliniken und Kindertagesstätten in der DDR. Ich will gar nicht erst darauf hinweisen, obwohl es für das, was ich gleich sagen will, durchaus relevant ist, dass die KP Chinas nicht nur unter Mao für die größten Massenmorde der Menschheitsgeschichte verantwortlich ist, sondern auch unter Deng Hsiao-Ping und seinen Nachfolgern für den größten materiellen Fortschritt, die erfolgreichste Bekämpfung der Massenarmut, in der Geschichte. Das festzustellen, heißt doch nicht, die Untaten der jeweiligen Diktatur zu leugnen oder zu relativieren oder gegen die Leistungen aufzurechnen. „Hitler hat die Autobahn gebaut“: Rechtfertig das in irgendeiner Weise die Verbrechen des Regimes, die Abschaffung der Demokratie, die Aggressionskriege, den Generalplan Ost, den Völkermord an den Juden? Natürlich nicht.
Womit wir bei Wolf Biermann wären. In Günther Jauchs Talkshow am Sonntag griff Biermann das Gerede von der Gefahr eines „neuen Kalten Krieges“ an: „Das ist eine Schönfärberei. Putin ist keiner, der den Kalten Krieg wieder neu einführt, sondern einer, der den heißen Krieg schon führt. Das, was er in der Ukraine gemacht hat, ist heißer Krieg. Punkt.“ Absolut richtig. Wie der ebenfalls anwesende liberale Europaparlamentsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff feststellte: „Jedes Land in der Umgebung Russlands, das nach Westen strebt, kriegt von Russland einen sogenannten territorialen Konflikt aufgedrückt, weil diese Konflikte weder von der EU noch von der NATO geregelt werden können. Die Länder werden in ihrem Weg nach Westen aufgehalten.“ So ist es. Wladimir Putin hat nicht deshalb einen Teil der Ukraine besetzt und schürt in einem anderen Teil einen Bürgerkrieg, weil der Westen ihn gemein behandelt hat, sondern weil die Ukraine „nach Westen strebt“.
Putin ist nicht deshalb ein Aggressor, weil der Westen Fehler gemacht hat. Das hat der Westen allerdings; so hätte man 2008 Georgien und die Ukraine in die Nato aufnehmen sollen. Putin ist ein Aggressor, weil Aggression der Logik eines Diktators entspricht. Wie Biermann sagte: „Er ist ein Diktator. Putin ist kein schlechter Demokrat, sondern gar kein Demokrat. Meine Toleranz gegen Unterdrücker hält sich in Grenzen.“
Und da verwendete Biermann das A-Wort: „Er hat es versäumt, eine moderne Wirtschaft aufzubauen. Er ist nicht mal fähig, wie Adolf Hitler eine Autobahn zwischen Sankt Petersburg und Moskau zu bauen.“ Hätte er gesagt: Die Nachfolger des Massenmörders Mao haben immerhin China zum mächtigsten Industrieland der Erde gemacht – vermutlich hätte niemand seine Bemerkungen kritisiert. Aber Autobahnen! Hitler-Vergleiche! Geht GAR nicht. Dabei hat Biermann Recht. Hitlers keynesiansiche ABM-Politik war auf der Höhe der Zeit. Putin hingegen hat alle Ansätze zu einer Modernisierung der russischen Volkswirtschaft erstickt und das Land seinen Kreaturen zur Ausbeutung überlassen.
Das Wachstum der russischen Wirtschaft unter Putin war allein dem Export von Öl und Gas geschuldet. Mit dem Kollaps des Ölpreises – von fast 120 Dollar pro Barrel ende 2012 auf unter 45 Dollar heute – steht dieses Modell vor dem Kollaps, völlig unabhängig von westlichen Sanktionen. Mit dem Ölgeld wurden die Gehälter im staatlichen Sektor und die Militärausgaben erhöht. (Wegen der völlig überzogenen Ausgaben für „Verteidigung“, sprich Aggression, nahm Finanzminister Alexej Kudrin 2011 seinen Hut.) Gleichzeitig häuften russische Firmen riesige Auslandsschulden an, nicht zuletzt, um sich gegen Verstaatlichungsgelüste zu schützen: eine verschuldete Firma sieht nicht so attraktiv aus. Das aufgenommene Geld wurde größtenteils nicht in Russland, sondern im Ausland angelegt. Das machten auch – ja gerade – jene Firmen, die von den Freunden und Lakaien Putins geleitet wurden. So wurden die Aufträge für die Olympischen Spiele in Sotschi im Wert von 50 Milliarden Dollar fast ausschließlich an Putin-Freunde vergeben; die Gewinne investierten sie allerdings hauptsächlich auf dem Finanzmarkt, der allein 2013 um 11,5% wuchs, während Russlands Bruttoinlandsprodukt insgesamt nur um 1,3% wuchs und das Land heute vor der Rezession steht.
Russland wird von einer Oligarchie ausgeplündert. Der rabiate Chauvinismus der Putin-Clique ist nur die Kehrseite der Tatsache, dass ihnen Russland völlig schnurz ist. Auch darin sind Putin und seine Freunde der Nazi-Clique ähnlich.
Wolf Biermann hat Recht. Dass nun einige Medien das A-Wort zum Anlass nehmen, mit diesem unbequemen Geist abzurechnen, war zu erwarten – und nur deshalb war der Vergleich eine schlechte Idee.

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91 Gedanken zu “Wolf Biermann hat Recht;”

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    Lieber Moritz Berger,

    ich hatte vorher schon nachgeschaut, wie desaströs die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ukraine ist. Dass es trotz der großen Armut des Landes einen relativ geringen Gini-Index gibt, anders als z. B. in vielen afrikanischen Ländern, deutet an, dass „die Oligarchen“ im Vergleich zu den „Lobbyisten“ finanziell erheblich schwächer auf der Brusts sein dürften als z. B. die Koch Brüder in den USA.

    Naiv ist, wer es für naiv hält zu glauben, dass es nur in Italien Mafiosi gibt, nur in Russland Oligarchen und in Deutschland und den USA nur seriöse Geschäftlseute.

    Ich weiß nicht, wie oft ich das noch wiederholen soll, die Ukrainer sind mir ebenso wie alle anderen Menschen, die in der EU leben wollen, egal ob sie aus Afrika kommen oder China, immer willkommen. Wenn man das möchte, wird es aus geostrategischen Zwängen heraus aber notwendig sein, dies im Einvernehmen mit den Nachbarn zu gestalten.

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    Lieber 68er,

    der Gini-Index ist leider nur ein sehr einseitiges Abbild der wirtschaftlichen Situation eines Landes.

    Und Lobby und Korruption gleichzusetzen, wie Sie es im Falle der USA und der Ukraine machen, ist ziemlich naiv.

    Sorry aber ein anderer Ausdruck für die Sicht auf die Dinge fällt mir leider nicht ein.

    Und hier ein paar Fakten zur Situation der Rentner in der Ukraine:

    http://www.spiegel.de/politik/.....81043.html

    >Rund 80 Prozent der Rentner in der Ukraine bezogen 2012 die kärgliche Mindestrente von 81 Euro.<

    Einen kleinen Einblick in die Lebenshaltungskosten vermittelt aich diese Quelle:

    http://www.eardex.com/cost-of-.....mode=false

    Und die Lebensmiitelpreise sind 2014 um 10 % gestiegen:

    http://de.euronews.com/2014/10.....e-steckt-/

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    Achternbusch zitiert Maggie Thatcher…“

    Andersherum würde ein Schuh daraus. Ihr Zitat stammt aus 1987, Achternbuschs Film „Das letzte Loch“, in dem das aus dem Jahr 1981.

    Was wer von beiden wie meint, darüber lässt sich trefflich streiten.

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    Das „Streitgespräch“ mit HMB in der Welt erinnerte mich interessanterweise ein wenig auch an unsere Diskussion hier. Die Argumente und gerade der Schluss von Broder ließen mich schmunzeln.

    Natürlich frage ich mich, wieso Broder die Lage ähnlich einschätzt. Frage mich ob das daran liegt, dass er sich nicht vorschreiben läßt, was er zu denken hat, oder daran, dass er – wie einige hier argumentiert haben – eigentlich auf der Linie von Pi und Wilders liegt. Bin ich dann tatsächlich wie APO argumentiert, eigentlich ein Anti-68er? Oder liegen diese Parallelen einfach nur daran, dass es einige Dinge gibt, die nichts mit links und rechts zu tun haben?

    Ich hab es z. B. nie verstanden, wieso die Türkei weiterhin so auf Distanz zur EU gehalten wird. Wenn ich mir so einige Beitrittskandidaten der letzen Zeit ansehe, sind die bisherigen Argumente ja nicht mehr haltbar. In der CDU war es entweder verbrämter Rassismus oder Antiislamismus, der diese Haltung bestärkt hat. Die „alten Freunde“ aus der Ukraine sind einem Herrn Brok wohl näher als die finsteren Muselmanen aus Anatolien.

    Soweit Herr Posener argumentiert, die Anrainer Russlands müssten in ihren Ländern die Korruption bekämpfen, muss ich kräftig lachen. Denn wenn man sich z. B. den Gini-Index der Ukraine anschaut, ist der erheblich niedriger als in der USA. D. h. in den USA gibt es im Vergleich zur ärmeren Bevölkerung eheblich reichere Superreiche als in der Ukraine. Nur nennt man die in den USA nicht Oligarchen sondern erfolgreiche Selfmademens. Und im guten Westen heißt es nicht Korruption sondern Lobbying. Natürlich gibt es in der BRD auch keine Putin- bzw. Merkelfreunde sondern lediglich ab und an mal ein gemütlihes Geburtstagsessen im Kanzleramt….

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    Lieber Herr Posener,

    „Sie leben wahrhaft in einer düsteren Welt.“

    Herbert Achternbusch hat einmal gesagt:

    „Es gibt keine menschliche Gesellschaft
    und nur die Schande das zu glauben“

    Und wenn Sie lieber Shakespeare mögen; der hat Cressida sagen lassen:

    „Blinde Furcht, von sehender Vernunft geführt,
    geht sichrer zum Ziel als blinde Vernunft, die ohne Furcht strauchelt.
    Das Schlimmste fürchten, heilt oft das Schlimmste.“

    „Blind fear, that seeing reason leads,
    finds safer footing than blind reason stumbling without fear:
    to fear the worst oft cures the worse.“

    Was dagegen hilft?

    Robert Gernhardt:

    “Kann man nach zwei verlorenen Kriegen
    Nach blutigen Schlachten, schrecklichen Siegen
    Nach all dem Morden, all dem Vernichten
    Kann man nach diesen Zeiten noch dichten?
    Die Antwort kann nur folgende sein
    Dreimal NEIN!“>/em>

    aus Reim und Zeit – Reclam Verlag

    Ihnen wünsche ich ein schönes Wochenende und schließe mit den heute so passenden Worten unseres Bundespräsidenten Dr. h. c. Gauck:

    „Was für ein schöner FREITAG!“

    Ihr 68er

    1. avatar

      Lieber 68er, was Ihre pessimistischen Gewährsleute angeht:
      1. Achternbusch zitiert Maggie Thatcher: „There is no such thing as society.“ Erstaunlich, dass Sie dem zustimmen, aber Sie stimmen so manchem zu in diesen Tagen.
      2. Cressida betrügt ihren Liebhaber Troilus. Ihr ist nicht zu vertrauen.
      3. Gernhardt reimt ja, wie Ihnen aufgefallen sein dürfte.

  6. avatar

    Noch einmal mit Gefühl und Text:
    @68 er
    @Apo
    Nun gut, nun wissen wir also alle, was Sie beide voneinander halten. Bringt uns das weiter? Ich fürchte nein. Es ist doch nun wirklich ein offenes Geheimnis, dass „auf dem Maidan“ nicht nur für Demokratie demonstriert wurde, zumindest nicht von allen. Es gab dort, genau wie kürzlich in Köln, eine Verbindung von Hooligans und Nazis. Die haben nämlich die Polizei und wer sonst noch so alles in unsren Medien als „Sicherheitskräfte“ bezeichnet wurde militärisch angegriffen und damit auch Demokraten geschützt und zum Sturz des alten Regimes (welches übrigens genauso „demokratisch“ gewählt wurde, wie die jetzige Regierung) beigetragen. Ob die letztlich die Demokratisierung in der Ukraine voranbringt? Ich habe da meine Zweifel, weil für mich das ganze immer mehr danach aussieht, als hätte sich da ein Haufen Oligarchen mit einem anderen gestritten, wer in Zukunft noch korrupt sein darf. (wo ist eigentlich Julia Timoschenko abgeblieben?)
    Und im Übrigen haben alle ausländischen Beteiligten natürlich ihre jeweiligen „Dienste“ mobilisiert- der CIA Chef hat sich dabei sogar erwischen lassen. Das diskreditiert nicht die Demokraten auf dem Maidan, aber der weitere Verlauf samt Krieg lässt die deutliche Vermutung zu, dass da diverse- nicht nur USA Interessen- reinspielen. Ich finde unter den ukrainischen und russischen Akteuren wenige, denen ich guten Gewissens die Zukunft eines Landes anvertrauen könnte. Aber, Herr Posener, mache Argumente sind nicht ganz so klug, wie sie scheinen:
    „Dass Diktaturen auch Dinge richtig machen können, scheint schwer zu begreifen. Man denke an Polikliniken und Kindertagesstätten in der DDR.“
    Nun raten Sie mal, warum die DDR das „richtig“ gemacht hat. Um den Menschen zu helfen? Oder um eine möglichst weitgehende staatliche Kontrolle von der Wiege bis zum Krankenbett zu schaffen?
    Und warum wurden genau diese „richtigen“ Dinge nach der Wende weitgehend kassiert? Um den Menschen zu helfen? Nein- weil Kosten Reduziert und Profite realisiert werden sollten. Das gilt auch für die Sammlung vomn „Sekundärrohstoffen“, diverse Firmen, Forschungseinrichtungen usw. usf. Da haben sich weder Ost noch West mit humanistischem Ruhm bekleckert.
    Übrigens wäre es Herrn Putin vielleicht sogar egal gewesen, ob „die Ukraine nach Westen strebt“. Aber spätestens als es darum ging, dass diese Ukraine vielleicht auch noch NATO- Mitglied werden könnte, war der Marinestützpunkt auf der Krim in Gefahr. Und da Russland mit eisfreien Häfen nicht gerade üppig gesegnet ist, blieb Russland schlicht kaum eine andere Wahl. Nicht dass mir das folgende Szenario sympatisch wäre- aber da bin ich ganz und gar „Putinversteher“.

    1. avatar

      Lieber Stefan Buchenau, Ihre Argumente sind von verschiedener Qualität:
      1. Putin hatte Angst, dass die Ukraine Nato-Mitglied werden könnte. Quark. Das wurde von Angela Merkel bereits 2008 kategorisch abgelehnt. Da gibt es nichts zu verstehen, weil Putin nicht aus angst um einen „eisfreien Hafen“ handelte. Sondern aus dem gleichen Grund, weshalb er Teile von Georgien und Moldawien faktisch besetzt hält: Weil er das sowjetische Imperium wiederherstellen will. Da ist es ihm egal, dass Russland 1994 die territoriale Integrität der Ukraine mitgarantiert hat, als Gegenleistung für die Abgabe der ukrainischen Atomwaffen an Russland. Legal – illegal – scheißegal. Putin ist ein echter 68er.
      2. Die DDR führte Polikliniken usw. nicht aus Menschenliebe ein, sondern um die Menschen umfassend kontrollieren zu können. Mag sein. Mag aber auch sein, dass verschiedene Motive am Werk waren. Im Gegensatz zu manchen anderen Antikommunisten bin ich in der Lage, wenigstens einem Teil der Führung durchaus idealistische Antriebe zu unterstellen. Und auch einigen Nationalsozialisten.
      3. Der Westen löste die Polikliniken ja auch nicht aus Menschenliebe auf. Ja, klar. Vor allem spielten da die ständischen Vertretungen der Ärzte (Kammern) eine üble Rolle. Im Gegensatz zu machen anderen Pro-Westlern finde ich nicht alles, was wir machen, richtig.
      4. Auf dem Maidan wurde nicht nur für Demokratie gestritten, da spielten viele mit. Klar. Und bei der Studentenbewegung in Deutschland auch. Die Frage ist: Glaubt man, wie etwa mein Freund Hubertus Knabe, die DDR habe die Studentenbewegung gelenkt? Quark sage ich. Ebensowenig wie CIA usw. die Maidan-Bewegung gelenkt haben.

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    Ich bin nicht gegen die Demokratiebewegung in der Ukraine, und war auch nie gegen die Demokratiebewegung z.B. in Lybien, Syrien oder Ägypten. Ich denke aber, dass es wenig hilft, wenn man glaubt, Demokratie dadurch zu befördern, dass man Leute wie die vom Rechten Sektor oder die radikalislamischen Fundamentalisten in Nordafrika unterstützt. Es ist ja nicht das erste mal, dass die zunächst gehätschelten „Freischärler“ (welch „romantische“ Wortwahl) ausser Kontrolle geraten. Osama Bin Laden lässt grüßen.

    Ich hab die Demokratiebewegung auch nicht mit den Makeln Amerikas gleichgesetzt, diese beschmutzen eher die wohlgesinnten demokratischen Kräfte in der Ukraine.

    Wenn Sie das als traurigen Anti-Antikommunismus sehen wollen, dann dürfen Sie das gerne. Mich stört’s nicht.

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      Zum Rechten Sektor, lieber 68er, der weniger als 5% der Stimmen bekommen hat:
      tabletmag.com/jewish-news-and-politics/187217/borislav-bereza

      Diesen Mann und seine Leute mit „radikalislamistischen Fundamentalisten in Nordafrika“ oder gar Osama bin Laden gleichzusetzen, ist so bescheuert, dass ich mir das nur so erklären können, dass Sie lieber Unsinn reden als sich einmal zu fragen, ob Ihr Weltbild nicht ein wenig starr ist.

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    So, lieber Herr Posener, jetzt wissen wir „endgültig“ (Sie sind immer so schön kategorisch), was unsere Konzepte von 68 unterscheidet. Ich glaube nicht alles was man mir vorgaukeln will. Die massiven Einflussnahmen in der Ukraine wurden doch schon von offizieller Seite bestätigt. Auch die lange Liste der von der CIA geplanten oder unterstützen Regime Changes sind doch seit langem bekannt. Dass diese Strategie der Einflussnahme auch demokratische und mir eigentlich nahestehende Menschen benutzt, spricht ja nicht dagegen, dass das Hauptziel nicht die Demokratie ist sondern der Ausbau einer Machtposition bzw. der Zugriff auf Ressourcen etc. Wenn man aber genau hinsieht, demaskiert sich diese Politik meist selbst, weil sie sich eben nicht an die Werte hält, die sie zu schützen vorgibt. Guantanamo, Abu Ghraib, Drohnenmorde, Zusammenarbeit mit den Syrischen Folterknechten, Einmarsch im Irak, NSA, Zusammenarbeit mit dem Rechten Sektor und unzähligen Diktatoren, Missachtung jeglicher Internationaler Vereinbarungen etc. pp.

    Wenn ich mir ein Vorbild bei den 68ern suchen müsste, wäre es eher Rafik Schami, der erkennt, dass die Strukturen und Wirkmechanismen der Macht sich seit 68 vielleicht verschoben aber nicht grundlegend verändert haben:

    http://de.qantara.de/inhalt/in.....oenigreich

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      Ja, klar, lieber 68er, „Guantanamo, Abu Ghraib, Drohnenmorde, Zusammenarbeit mit den Syrischen Folterknechten, Einmarsch im Irak, NSA“ – alles gleich und alles gleichgesetzt mit der Demokratiebewegung in der Ukraine. Bei Ihnen muss man nur auf den Knopf drücken, und heraus kommt die immergleiche Leier. Denken brauchen Sie nicht mehr: Wenn die USA etwas unterstützen, danbn sind Sie automatisch dagegen und wähnen sich da sogar noch originell. Es wäre lustig, wäre es nicht so traurig. Denn das ist nur ein Spiegelbild der alten Antikommunisten – etwa im Springerverlag. Sie sind enen ähnlicher, als Ihnen lieb ist.

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    @ Alle

    Noch ein Nachtrag zu Vermögensverteilung in der BRD:

    Wer ein wenig rechnen kann und Statistiken lesen kann, sei auf folgende Darstellung (zweite Tabelle) hingewiesen, welche die Vermögensverteilung in Deutschland auf anschauliche Weise darstellt.

    http://www.gesine-loetzsch.de/.....ZdW_10.pdf

    In den üblichen Kurven des statistischen Bundesamts, der Bundesbank oder des DIW ist man so vornehm, bei der Darstellung der Vermögensverteilung einen groben Maßstab zu wählen, in dem die “oberen 10 Prozent” meist in einen Topf geworfen werden. Das statistische Bundesamt ist sogar so taktvoll, Haushalte mit einem Nettoeinkommen von netto 18.000,– Euro oder mehr, erst gar nicht zu erfassen.

    So kommt man zu der Tabelle Nr. 1. Bei der der kleine Steuerzahler vielleicht ein wenig neidisch wird, aber denkt, wenn ich mich anstrenge, meine Untergebenen etwas trete und nach oben buckle, wenn meine Kinder in der Schule richtig lernen mit den Ellebogen umzugehen, schaffen wir es auf der Kurve vielleicht ein wenig nach oben zu rutschen.

    Die zweite Tabelle zeigt aber, dass wir alle, die wir hier lesen und schreiben, ganz unten am Boden kratzen. Und wir können noch so viel strampeln und noch so viel buckeln, die Wahrscheinlichkeit, nach “oben” zu kommen werden immer geringer, weil die Reichen immer reicher werden und auch die öffentliche Meinung kontrollieren, die Politik beeinflussen und sich kaputt lachen, wie viele Idioten an ihre Verkündung des alleinseligmachenden Kapitalismus glauben.

    Man sollte sich das einmal vor Augen halten, eine durchschnittliche Kassiererin bei Aldi mag netto vielleicht 800 Euro verdienen, da die meisten keine volle Stelle haben. Um ein Vermögen aufzuhäufen, wie es Theo Albrecht hatte, er wurde auf ca. 17 Milliarden Dollar geschätzt, müsste eine Kassiererin ca. 1 Millionen Jahre arbeiten. Wenn sie nichts für ihre Lebenshaltung ausgeben würde, d.h. nichts essen und nicht trinken würde und auch keine Wohnung hätte. Wenn man realistischerweise davon ausgeht, dass eine Aldi Kassiererin allenfalls 100,– Euro im Monat sparen kann, müsste sie sogar über 10 Millionen Jahre arbeiten. Da wären wir dann schon im frühen Pleistozän? Ich glaube da war der Mensch noch gar nicht auf dem Tableau erschienen.

    EIn anderer Vergleich wird Herrn Posener vielleicht näher liegen. Ein freier Mitarbeiter bei der Welt, dürfte, nach dem was man so hört, ca. 1,25 Euro pro Zeile für seine Arbeit von Friede Springer erhalten. Die soll laut Forbes ca. 2,5 Milliarden schwer sein. Pi mal Daumen müsste ein freier Qualitätsjournalist bei der Welt ca. 333,33 Tonnen DIN A 4 Seiten beschreiben, um an das Vermögen von Frau Springer zu kommen (bei 30 Zeilen pro Seite und einer 80er Grammatur). Oder, wenn man sich das besser vorstellen kann, ca. 2,45 Millionen Bände der letzten Brockhaus Enzyklopädie.

    Der schönste, treffendste aber vielleicht auch erschreckendste Satz in der Rede von Bernie Sanders ist für mich:

    “Frankly, I think what you’re looking at is not even a political problem here. It is a psychiatric problem.”

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    im Sinne handfester oekonomischer Interessen. Woanders kommt und kam der Westen sehr gut mit Diktatoren und Diktaturen klar, wo eben jenes Anmahnen zu einem blossen Lippenbekenntnis verkam – siehe China.

    Ich finde, man sollte mit griffigen historischen Vergleichen vorsichtig umgehen. Bei ihrem Argument, Hitlers Wirtschafts- und Sozialpolitik sei keynesianisch gewesen, fiel mir Schivelbuschs Vergleich von Hitler und Roosevelt ein, den ich aus den von mir genannten Gründen kritisch sehe. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass Hitlers Verbrechen – vor allem der Völkermord an den Juden – singulär waren. Vergleiche, die einer „Normalisierung“ dieser Verbrechen explizit oder implizit Vorschub leisten, sind aus meiner Sicht sehr problematisch.

    Bitte verzeihen Sie, dass Sie meine Replik zweigeteilt erreicht. Die Tücken des Mobiltelephons…

    Mit freundlichen Gruß SS en

    Stefan Trute

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      Ach, Herr Trute, schön wäre es, wenn Hitlers Verbrechen „singulär“ wären. Und warum sollten sie es sein? Was ist an den Deutschen so besonders? Es geht nicht um „griffige historische Vergleiche“. Es geht um historische Vergleiche. Zwar ist nicht alles, was hinkt, ein Vergleich, wie mein Freund Nik Blome gern sagt. Aber das Ausblenden von Vergleichen, wenn es um die NS-Zeit geht, dient nicht der Aufklärung, sondern der Verschleierung.

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