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Sarrazin sells

Eines muss man Thilo Sarrazin einfach lassen: Er versteht das Verkaufshandwerk. Sein neues Werk „Europa braucht den Euro nicht“ war schon vor dem Erscheinen ein Bestseller. Das muss ihm erst einmal jemand nachmachen.

Wahrscheinlich liegt das zum einen daran, dass sich der Mann als ehemaliger Banker und einstiger Berliner Finanzsenator offenkundig mit Geld auskennt. Sarrazin weiß also, was zu tun ist, um aus wenig Substanziellem das Optimale herauszuholen. Da wird mit Zahlen und Statistiken hantiert, bis dem lesenden Bürger der Kopf raucht und das Ergebnis für den Verfasser stimmt. 

Zum anderen kommt Sarrazin zugute, dass er es inzwischen nahezu perfekt versteht, an ein paar Marketing-Stellschrauben zu drehen, damit Buch und Autor in aller Munde sind. Denn dies zahlt sich in barer Münze aus. Man nehme zum Beispiel einfach ein Thema, das allen Menschen nahegeht. Nein, nicht Sex. Damit wird schon lange keine Kasse mehr gemacht. Wie wär’s stattdessen mit einem Blick ins Portemonnaie?

Dort steckt nämlich der inzwischen übel beleumundete Euro. Fürwahr ein Bösewicht, der uns armen Deutschen von einer pflichtvergessenen Politikerkaste aufgenötigt wurde. Unsere geliebte, harte D-Mark, einfach abgeschafft. Ein Akt der Willkür! Zum Glück gibt es den Sarrazin. Wenigstens einer, der die Grausamkeiten beim Namen nennt.

Fehlt eigentlich nur noch die Nazi-Zeit in Form eines wie auch immer gearteten Vergleichs. Irgendetwas mit Holocaust vielleicht, das geht immer. Man braucht nur bis drei zählen – schon hat das Erregungspotenzial hierzulande ungeahnte Ausmaße erreicht. Und, schwuppdiwupp, stehen sich Befürworter und Gegner unversöhnlich gegenüber. Was wiederum dazu führt, dass der Publizist und sein Gedrucktes landauf, landab für Furore sorgen. Talkshows, Interviews, Analysen – jeder will ein Stückchen vom Sarrazin-Kuchen für sich. Den größten Teil sichern sich selbstredend Verlag und Autor. Mögen die Kassen klingeln, weil nun mal nur Bares Wahres ist.

Richtig zahlt sich das Ganze allerdings erst aus, wenn selbst ernannte Zensoren, welcher Couleur auch immer, ins Geschehen eingreifen. Dann ist es mit den verbrieften Freiheitsrechten gerade für einen populistischen Provokateur wie Sarrazin ganz schnell vorbei. Auftrittsverbote, Redeverbote, Denkverbote – alles wird gefordert. Nichts scheint abwegig genug zu sein, um die Debatte abzuwürgen.

Doch der Schuss der Möchtegern-Meinungs-Polizei geht in der Regel nach hinten los. Denn er führt nur dazu, dass die Solidarität mit dem Ausgegrenzten ins Unnatürliche wächst. Und der kann folgerichtig den Säulenheiligen geben. Auch das verspricht Umsatz und somit Profit. Der geschätzte Kollege Alexander Kissler hat es treffend formuliert: „Die Gloriole des Märtyrers ist Gold wert.“

All diese PR-Mechanismen und Verkaufsstrategien sind leicht zu durchschauen und sattsam bekannt. Dennoch funktionieren sie weiterhin einwandfrei. „Deutschland schafft sich ab“ oder „Europa braucht den Euro nicht“ – so etwas zündet, weil es griffig auf Stimmungen setzt, Ressentiments bedient. Fehlt eigentlich nur noch ein Buchprojekt mit dem verheißungsvollen Titel „Wir können auch anders. Wie unser Land wieder auf die Beine kommt – trotz Euro und Holocaust“. Herr Sarrazin, übernehmen Sie!

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8 Gedanken zu “Sarrazin sells;”

  1. avatar

    Ihr armen „reifen “ Leute in Mitteleuropa: Ihr ahnt doch noch nicht, was nach Euch kommt -naehmlich die Generation welche man heute – nach Ueberwinden von Ekel – mit der „ersatz-amerikanischen“ ……. im nuesten Europa – Baku – beim Eurovision-Songcontest – studieren kann. Grauenhaft! Besonders Oestreich, aber auch Deutschland. Zur Rettung nur von Siberien die finno-ugrischen Urmuten – BURANOWSKIJE BABUSCHKI – weil noch nicht infiziert von „americanization“!!! Auch Portugal, vom „Rand“ nochmal mit eigener Fado-Kultur „Minha Vida“. Danach musste ich aber sofort umschalten, zurueck zu normalen Menschen und normaler Musik – ORQUESTA CARAMELO in Suedamerika…

  2. avatar

    Wie wärs mit dem Titel:

    „Der Euro ist ein Versailler Vertrag ohne Krieg.“?

    Ooops, das ist ja vom „Sozialisten“ Mitterand! Hollande will offensichtlich daran anknüpfen.

  3. avatar

    silberne Worte Henryk M. Broders zu Thilo Sarrazins neuestem Husarenstreich

    http://www.welt.de/kultur/arti…..offen.html

    Bemerkenswert ist auch, dass er sich nicht scheut, auf Politically Incorrect zu verlinken (bei “Eine Kolumnistin der Frankfurter Rundschau…”). Lechts und Rinks sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Nun, ich gebe zu, Broder scheut sich nicht, eine eigene Meinung zu haben.

    silberne Worte Alan Poseners zu Thilo Sarrazins “Rückkehr in die Seriosität”

    http://www.welt.de/politik/deu…..gends.html

    Diese Rückkehr ist, so Posener, jedoch ein größerer Skandal als “Deutschland schafft sich ab” – “Sarrazins neues Buch ist gerade deshalb ein Politikum, weil es nicht zu skandalisieren versucht.”

    Broder in der Sparte “Kultur”, Posener in der Sparte “Politik” – mehr Begleitschutz geht nicht.

    Nun ja, heute stellt Sarrazin sein Buch in Potsdam vor. Bin mal gespannt, wieviele Fans kommen.

    – Ich war diesen Abend bei Sarrazins Buchvorstellung in Potsdam. Im Vergleich zu Ihrer Hysterie, lieber Herr Böhme, ist Sarrazin ein wahres Muster der Bedachtsamkeit. Ihr Kopf raucht nur, weil Sie keine Argumente haben.

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    Ja klar, diesmal keine Stigmatisierungen, Herabwürdigungen, genetische Spezifizierungen, allenfalls ein bißchen „die Sonne scheint ja mehr in Griechenland“! bzw. „etwas Humor, muß ja schließlich auch sein“.
    Ich glaube, da hat jemend gelernt. Warum nicht gleich – frage ich mich wirklich. Sagt die „Stimme aus dem Volk“.

  5. avatar

    Totschweigen ist das Mittel der Wahl. Hier sollte ein Buch bekannt gemacht werden weil sich die Journalisten selber den Tabubruch nicht trauen , wurde es in Form einer Kritik erwähnt.
    Das Buch erscheint in einem Verlag von Bertelsmann und der Stern gehört auch zu Bertelsmann.

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    Wie sieht das aus, von den beiden „Americas“ gesehen ? USA&Kanada&Britanien: Fuer die macht der Sarrazin die Untergrabung der EU und des Euros – denn fuer die „Anglos“ ist ein zerstrittenes Kontinentaleuropa besser als Kunde fuer „Sicherheitspartnerschaft“ und keine Boersenkonkurrenz fuer New York & London. Gleichzeitig erschreckt Sarrazin die Nachbarlaender, die Auslaender in BRD, und die „Jewish Lobby“ in BRD: Welche sich dann fester an die „Anglos“ klammern. Also Sarrazin ist fuer die „Anglos“ – „the perfect useful idiot“. Auch fuer Lateinamerika bedeutet die Schwaechung eines „vereinigten“ Europas und des Euros – weniger neokolonalistische Einmischung durch die von europaeischen Regierungen direkt und indirekt finanzierten NROs welche sich ueberall in Lateinamerika einmischen: Vorwand – „Umweltschutz“, „Indigenenrechte“, Hintergrund: Geopolitische Intervention gegen die „Unabhaengigkeit“ mancher lateinamerikanischer Regierungen von der „Sicherheitspartnerschaft“ unter der „Fuehrung“ der USA. Und gleichzeitig kann man dann ueberall – auserhalb Deutschlands – murmeln – wie ein Leser in „taz“ fragte (in Bezug auf Rettung von Walen): ARE YOU HUMAN – OR ARE YOU GERMAN ?

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