1895 erschien in der Londoner satirischen Zeitschrift „Punch“ eine Karikatur mit dem Titel „Wahre Bescheidenheit“. George du Maurier zeichnete einen jungen, etwas ängstlich dreinschauenden Pfarrer am Tisch seines Bischofs. Der Bischof sagt: „Ich fürchte, Sie haben ein faules Ei bekommen, Mr. Jones.“ Der Pfarrer erwidert: „O nein, Mylord, ich kann Ihnen versichern, dass Teile davon ganz ausgezeichnet sind.“
Die Karikatur ist unsterblich geworden, denn die Redewendung, „a curate’s egg“ ist inzwischen Teil der englischen Sprache. Ein faules Ei stinkt nun einmal zum Himmel, und nur „wahre Bescheidenheit“ entdeckt in ihr „ganz ausgezeichnete“ Teile. Thilo Sarrazins neues Werk ist ein solches Ei.
Immer wieder schreiben und sagen Leute, dass der Schnauzbärtige ja auch Tatsachen anspreche. Natürlich tut er das. Jeder Demagoge tut das. Jeder Populist tut das. Aber Demagogie und Populismus stinken trotzdem zum Himmel, wie das Ei des armen Pfarrers. Man sollte nicht so bescheiden sein, den Geruch zu leugnen. Eine andere Frage ist die nach seiner chemischen Zusammensetzung.
Sigmar Gabriel fragt sich, warum Thilo Sarrazin noch in der SPD ist. In der letzten Ausgabe der „Welt am Sonntag“ hat Sarrazin geantwortet, dass die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen zur Zwangsassimilation der hiesigen Muslime, vom Kindergartenzwang über die Ganztagsschulpflicht bis hin zum Einwanderungsstopp, bis sich das biologisch „ausgewachsen“ hat, durch und durch sozialdemokratisch seien. Er hat Recht. Und da liegt das Problem für die SPD.
Dem Sozialismus – auch dem demokratischen Sozialismus – sind als Geburtsfehler die Staatsgläubigkeit und der Nationalismus eingeschrieben. Den Vorwurf der Staatsgläubigkeit muss man hier wohl nicht erläutern; der Vorwurf des Nationalismus aber mag nicht unmittelbar einleuchten, da sich die Sozialisten seit Karl Marx zum Internationalismus bekennen.
Da jedoch die Staaten bis heute als Nationalstaaten organisiert sind, stellte – allem proklamierten Internationalismus zum Trotz – der Sozialnationalismus immer eine Versuchung für die Sozialisten dar, und oft – siehe die Bewilligung der Kriegskredite 1914 durch die SPD und der allgemeine Patriotismus aller Parteien der „Zweiten Internationalen“ – mehr als nur eine Versuchung. Man will ja das im eigenen Nationalstaat erreichte, nicht durch andere – angeblich faule Türken oder allzu hart arbeitende Chinesen – gefährden lassen.
Wer in sozialnationalen Kategorien denkt, landet früher oder später beim Rassismus. Es ist ja kein Zufall, dass Oskar Lafontaine 2005 in Chemnitz gegen „Fremdarbeiter“ wetterte, die „deutschen Arbeitern den Arbeitsplatz wegnehmen“. Leute mit einem etwas längeren Gedächtnis erinnern sich auch, wie die IGM-Betriebsräte mit den Meistern und Vorarbeitern bei Ford Köln während des großen, „wilden“ Streiks 1973 auf die türkischen Arbeiter unter ihrem gewählten Anführer Baha Targün losgingen und sie mit Schlagstöcken und Schlagringen verprügelten. „Deutsche Arbeiter kämpfen Ford frei“ lautete die Überschrift in der „Bild“-Zeitung.
Und es ist kein Zufall, dass dem Sozialdemokraten Franz Müntefering zur Bezeichnung amerikanischer, oft jüdischer Hedgefonds-Manager der Begriff „Heuschrecken“ einfiel, womit er eine alte Nazi-Tradition aufgriff, die dem „artfremden“ Juden – dem „Wall-Street-Juden“ wie dem „Kreml-Juden“ – als „Ungeziefer“ ihr menschliches Wesen absprach. Es ist eben kein Zufall, dass sich Linke und Rechte oft in ihrer reflexhaften Gegnerschaft gegen die Globalisierung einig sind. Die Vorstellung, der Rassismus sei allein den „Rechten“ vorbehalten, ist ein Missverständnis.
Dem Sozialismus – auch dem demokratischen Sozialismus – ist auch ein gefährlicher, zuweilen menschenfeindlicher Kollektivismus als Geburtsfehler eingeschrieben. Das Allgemeinwohl geht für den Sozialisten vor dem Individualwohl. (Und natürlich bestimmt er, was das Allgemeinwohl ist.) „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ ist eine ursozialdemokratische Parole, die Sarrazin nun gegen die „unproduktiven“ Zuwanderer wendet: Wer nicht arbeitet, sondern nur „Kopftuchmädchen“ produziert, soll auch keine Sozialhilfe bekommen.
Man könnte zurückfragen, ob der Sozialhilfeempfänger, dessen „Koptuchmädchen“ bei richtiger Förderung durchaus tüchtige Verkäuferinnen bei seinem Nachbarn, dem „türkischen Gemüsehändler“, oder Polizistinnen, Anwältinnen und Ärztinnen werden können, dem Allgemeinwohl nicht mehr nutzt als die kinderlose Frau eines Bankers, der sein Vermögen auf Schweizer Banken bringt, aber damit wäre man schon dem Nationalkollektivismus auf den Leim gegangen.
Dem Sozialismus ist schließlich der Traum von der Perfektibilität des Menschen eingeschrieben. In Verbindung mit ihrer Staatsgläubigkeit und ihrem Kollektivismus führt der Traum von der Optimierung der Gesellschaft in der ersten Hälfte des Jahrhunderts zum Albtraum der Zwangs-Eugenik; nirgendwo wurde vor 1933 die Verbesserung des „Genpools“, von dem Sarrazin faselt, so rigoros – durch die massenhafte Sterilisierung „minderwertiger“ Frauen – betrieben wie in den sozialdemokratisch regierten Ländern Skandinaviens. Es ist kein Zufall, dass es ein sich als linksstehend verstehender Philosoph war, der vor einigen Jahren wieder öffentlich über eugenische „Regeln für den Menschenpark“ nachsann.
Wenn man anfängt, in kollektiven Begriffen zu denken, landet man früher oder später bei Rassismus und anderen menschenfeindlichen Vorstellungen. Der Kollektivist kann vor lauter Wald die Bäume nicht sehen.
Gegen den Sozialnationalismus, den Sozialkollektivismus und die Sozialeugenik beharren das Judentum, das Christentum und der Liberalismus auf dem nichthinterfragbaren Wert des Individuums. Für Immanuel Kant bedeutete das, in jedem Menschen einen Zweck an sich, nie ein Mittel zum Zweck zu sehen. Das heißt, der Zuwanderer ist nicht Mittel zur Steigerung des Bruttosozialprodukts, die Frage seiner „Produktivität“ verbietet sich. (Dass ausgerechnet das Vorstandsmitglied einer völlig überflüssigen Behörde wie der Bundesbank anderen Leuten mangelnde Produktivität vorwirft, ist nur eine weitere Ironie.) „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es im Grundgesetz, sie zu schützen sei oberste Pflicht des Staates. Soll heißen (und sollte heißen): die Würde des Individuums, nicht des Gattungswesens. Seine Würde schützen bedeutet unter anderem, ihn vor unsinnigen Verallgemeinerungen zu schützen: Katholiken sind falsch; Juden sind schlau; Muslime sind dumm; Kapitalisten sind unmoralisch; Hartz-IV-Empfänger sind arbeitsscheu; Griechen auch. Bullshit.
Wie kann man den türkischen Bankier, die iranische Rechtsanwältin, den libanesischen Drogenhändler, die marokkanische Dolmetscherin, den palästinensischen Sozialarbeiter, die bosnische Hausfrau und den kurdischen Gemüsehändler unter dem Begriff „muslimische Zuwanderer“ subsumieren, ihnen kollektiv eine mindere Intelligenz, einen mangelnden Integrationswillen und eine zu geringe „Produktivität“ vorwerfen? Seit wann gibt es so etwas wie eine Kollektivhaftung?
Nun ja, und hier versagte übrigens das Christentum und schuf das Urbild aller Gruppendiskriminierung: bei den Juden, dem „Volk der Gottesmörder“. Auch Sarrazin erkennt an ihnen ein Kainsmal: „Alle Juden haben ein Gen“, raunt er in der „Welt am Sonntag“, sagt aber nicht, wo es sitzt und was es bewirkt: Die krumme Nase? Die hängende Unterlippe? Das Fehlen eines Gefühls für Transzendenz? Die sexuelle Raffinesse? Die Begabung fürs Geldvermehren? Die Gemeinheit gegenüber den Palästinensern? Und was bewirkt das Muslim-Gen?
Liberale aber kennen keine Kollektivhaftung. Der viel geschmähte Ausruf Margaret Thatchers, „There is no such thing as society“, meinte eben das: schauen wir nicht auf das Allgemeine, schauen wir auf das Individuum. Im Guten wie im Schlechten. Weder kann „die Gesellschaft“ für das Scheitern eines Individuums kollektiv haftbar gemacht werden, noch kann das Individuum danach beurteilt werden, was er oder sie „der Gesellschaft“ bringt. In diesem Sinne darf es für Liberale „die Gesellschaft“ nicht geben.
Übrigens: Nichts gegen Kinderkrippen, Kindergärten, Ganztagsschulen, Sprachkurse, deutschsprachige Imame, schnellere Gerichte und Polizei auf der Straße. Im Gegenteil. Mehr davon! Nicht, um die Muslime zu guten Deutschen umzuerziehen, was das auch immer bedeuten mag. Sondern um jedem und jeder zu ermöglichen, ihr ganzes menschliches Potenzial zu verwirklichen.
Wenn die Muslime in ihrer Mehrheit das tun, wer sollte etwas dagegen haben, dass sie einmal nicht wie jetzt sechs, sondern zwölf oder zwanzig Prozent der deutschen Gesellschaft ausmachen? Wie wird diese Gesellschaft dann aussehen? Und wie wird sich der Islam verändern? Wir wissen es nicht, das ist das Schöne. Die Zukunft ist offen. Die Angst davor ist ein schlechter Ratgeber. Und wer den Leuten Angst vor der Zukunft machen will, wie der Sozialdemokrat Thilo Sarrazin, will ihnen einen schlechten Rat geben. Will ihnen ein faules Ei als beste Frischware unterjubeln.
@ 68er: und war eigentlich eher positiv überrascht
Nein, so schlecht, wie man beim Gedanken an „Springer“ vermutet, ist das Blatt nicht, schon gar nicht in allen Teilen.
Aber es kann schlecht bzw. nur mit verkniffenen Lippen mit seinen Irrtümern umgehen. Daraus werden ihm offenbar schamhaft zu verschweigende Niederlagen. So mit den als alternativlos beschworenen – und Bush-mäßig zu verfolgenden! – amerikanischen Hegemonie- und Demokratisierungs-Bestrebungen und so mit dem propagierten (ökonomischen, i.e. gesellschaftlichen) Neoliberalismus.
Die argumentativen Lücken, die solches Verschweigen erzeugt, wirken – gelinde gesagt – leicht merkwürdig. Wenn z.B. jetzt das Migranten-Problem nicht aus dem Zugriff Sarrazins gelöst und auf das Niveau (z.B.!) einer fundierten Globalisierungskritik gehoben werden kann und stattdessen verlegen geschwiegen wird (weil nicht sein kann, was nicht sein darf), wirkt das schon irgendwie komisch: Man schweigt zu Sarrazin, weil man sonst Schwierigkeiten mit sich selbst bekommt.
Selbst APO, dem ich keinerlei heimliche /verschwiegene Sympatheien für Sarrazin zutraue, ist mit seiner Kritik der Sarrazin’schen Juden-Gene ziemlich spät, womöglich erst nach der leicht höhnenden Kritik der taz an „Springer“, gekommen. Der unbefangene Leser kann da redaktionelle Bremsen vermuten.
Lieber EJ,
ich hatte heute auch mal genau diese Seite abgerufen und dort vergeblich den Artikel von Herrn Posener gesucht. An eine wirklich inhaltliche Auseinandersetzung mit den Thesen des Herrn S. bei welt-online kann ich mich nicht erinnern, aber ich habe auch nicht alles gelesen.
Als sich Herr Posener vor ein paar Wochen für die WamS am Pool ablichten ließ, hatte ich mir tatsächlich mal eine Exemplar gekauft und war eigentlich eher positiv überrascht gewesen. Damals dümpelten wir aber auch durchs seichte Sommerloch. Mittlerweile scheinen die stärker blähenden deutschen Winde das Blatt wieder eingenordet zu haben.
Mit freundlichem Gruß
Ihr 68er
P.S.: Vielleicht wäre es Zeit für ein Sonder-Bullshit? Im ersten Sarrazin-Bullshit hat Herr Posener zwar schon fast alles auf den Punkt gebracht aber eine Aktualisierung kann ja nie schaden.
Lieber Herr Posener,
mein Humor kehrt zurück, und ich muß konstatieren, daß Sie „in der Welt der Possen“, offensichtlich noch nicht auf dem neuesten Stand sind,(und viele andere auch nicht, sogar Herr Sarrazin).
Kürzlich las ich den Artikel eines israelischen Journalisten (den link habe ich hier vor Wochen irgendwo bei Ihnen veröffentlicht), daß im Zusammenhang mit der Trandwende von Präsident Obama, Israel gegenüber(die nicht freiwillig, sondern dem Druck der Verhältnisse entsprach), der Zionismus wäre möglicherweise im weißen Haus entstanden, in Washington. Das war offensichtlich gar kein Scherz, trotzdem gab es eine Fußnote im Artikel, der Artikel gebe nicht die Meinung der Israelischen Regierung wieder.
Ach Gottle, was machen wir jetzt nur? Jetzt beanspruchen auch noch die Amis die besseren, Jüdischen Gene.
Womöglich müssen wir jetzt auch noch die Geschichte umschreiben.
Lieber Herr Friedmann, erst gerade, beim Tanken, sah ich die Titelseite von KD. Das entschärft die Meinung des westeuropäischen Auslands, den Menschenpark Deutschland betreffend, etwas. Bin neugierig auf Ihre Reaktion, falls Sie nicht schon erfolgte und ich Sie in der Hektik des Tages nicht versäumt habe.
@ 68 an der Stammleserschaft Ihrer Zeitung vorbeigeschrieben
Schauen Sie mal hier: http://www.welt.de/themen/Thilo+Sarrazin/
Wenn die Seite die Auseinandersetzung von WELT, WamS etc. mit Sarrazin halbwegs vollständig und/ oder repräsentativ zusammenfassen soll, schreibt Posener nicht nur an seinen Lesern, sondern auch an seiner Redaktion vorbei. Oder haben Sie irgendwo sonst auf WELT-ONLINE noch eine nennenswerte Auseinandersetzung mit Sarrazin gesehen? Für mich sieht das ziemlich nach einem (schweigenden) Bündnis mit der Stammleserschaft aus.
Lieber Herr Posener,
da haben Sie aber kräftig an der Stammleserschaft Ihrer Zeitung vorbeigeschrieben, wenn man sich die Kommentare auf Welt-Online anschaut und wie diese von den Mitlesern bewertet wurden:
http://www.welt.de/debatte/kom.....Juden.html
Nur weil Ihr Kommentar ins „Schwarze“ trifft, regen sich so viele Leute auf, weil viele dieser Leute eben genau so denken wie Herr Sarrazin, sich aber irgendwie doch nicht als Rassisten oder Nazis fühlen.
Die haben doch nur ein gesundes Volksempfinden.
Die beißen auch angeblich nicht.
„Die wollen doch nur spielen.“
http://www.vulture-bookz.de/im.....ld%29.html
Weieres zum Thema Selektion: Das Bundesverfassungsgericht teilte heute mit, daß zukünftig Bußgelder für Bürger fällig werden, die das Bundesverfassungsgericht unnötig belästigen. Ein Verkehrssünder hatte wegen 150,– Euro das Gericht belästigt und jetzt einen Bußgeldbescheid über 1.100 Euro erhalten.
Me.E. sollte das eine Drohgebärde an zukünftige Kläger sein – ein Handwerker könnte also nach neuestem Stand vermutlich nicht mehr die Pendlerpauschale kippen, wäre ja nicht in öffentlichem Interesse, bzw. würde das Bundesverfassungsgericht überlasten.
Das scheint mir ein schlechter Witz zu sein, und obendrein verfassungswidrig. Bestraft werden müsten die anderen Instanzen, die eine Klage bis zum Verfassungsgericht zugelassen haben, nicht der Bürger.
Eine Selektion der obersten Gerichtsbarkei, wer für sein vermeintliches Recht eintritt, wird bestraft?
Ungefähr so, wie die neuerliche Überlegung der Zwangsorganspende.
Die Domestizierungsversuche folgen momentan Schlag auf Schlag. Wer Ohren hat, der höre ……….. und werde schön laut, wie ich, wenn das so weiter geht!!
Sorry, Herr Friedman, dass ich Ihnen ein „n“ angehängt habe, aber zum Ausgleich schenkte ich Herrn Diekmann ja auch ein „c“.
@Ziegler: Ja, Sie haben sich geirrt – und auch meine letzten Ausführungen nicht gelesen, oder? Sarrazin ist absolut ungefährlich, seine Äußerungen sind als eher dummdreist, oder manipulativ einzustufen – und, eigentlich ist er „verblödet“ offen.
Sie haben nicht nur meine Ausführungen nicht gelesen, den Beitrag von Herrn Posener haben Sie – vermutlich – auch nur partiell, bzw. selektiv gelesen. Oder es fehlt Ihnen das berüchtigte Gen, dezente Hinweise auf sozialistische, bzw. sozialdemokratische Praktiken richtig zu interpretieren.
Schauen Sie sich doch einmal diesen Satz von Apo an:
„Gegen den Sozialnationalismus, den Sozialkollektivismus und die Sozialeugenik beharren das Judentum, das Christentum und der Liberalismus auf dem nichthinterfragbaren Wert des Individuums. Für Immanuel Kant bedeutete das, in jedem Menschen einen Zweck an sich, nie ein Mittel zum Zweck zu sehen.“
Darum geht es werter Herr Ziegler, nicht um Sarrazin, der ist ein harmloser ……..
Also, mit meinen Genen ist alles in Ordnung, da kann ich mich auf Herrn Sarrazin und andere beziehen. Ich bin Herrn Sarrazin außerordentlich dankbar, für „seine Aufklärung“.Der stößt eine gesellschaftliche Debatte an, die es ohne ihn nie gegeben hätte.
Journalisten, wie Herrn Posener, ist lediglich der Vorwurf zu machen, daß sie in ihren Hinweisen leider viel zu dezent sind. Die, deren Gene fehlerhaft sind, verstehen offenbar nur den Holzhammer.
@Roland Ziegler
„Man kann ein Gedankengebäude in drei Dimensionen betreten: ….. alle diese Fragen sind m.E. im Fall Sarrazin begründet mit “nein” beantwortet worden.“
Zustimmung.
Sie haben aber eine Dimension vergessen: Die Akzeptanz.
Und da liegt die Macht der Demagogen.
Die intellektuelle Auseinandersetzung kann sich m.E. also nicht allein darauf beschränken, was der Herr sagt und ob er recht hat oder nicht (von wegen „findet doch Fehler in meinem Buch“), sondern – und das ist der Grund für mein Geschreibe hier –
was an Menschenbild dahinter steckt (Interpretation von „Darwin“, „Mendel’scher Gesetze“ usw.), was für ein Gesellschftsbild dahinter steckt („Zuwanderer bestenfalls geeignet für Obst- und Gemüsehandel“, als wenn das minderwertige Tätigkeiten wären), kurz und knapp: was der Mann, bzw., was wichtiger ist, seine Zustimmer, erreichen wollen.
Nämlich von sinnvollen und wirksamen Problemlösungen abzulenken (an denen ALLE mitarbeiten müssten, auch die Interessengruppen in Staat und Wirtschaft) und ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Angst und Anpassung an bestehende Verhältnisse (z.B. auf dem Arbeitsmarkt) jegliche – für’s Überleben notwendige – Weiterentwicklung der Gesellschaft verhindern. (Von da her passt er auch gut in die – nie liberale – SPD.)
Es wurde bereits von Dr. Strebel sehr richtig bemerkt, daß der Herr Sarrazin als Berliner Finanzsenator Macht und Chancen hatte, konstruktiv zu arbeiten, vorhandene begrenzte Mittel für sinnvolle Dinge, wie Bildung zu verwenden, was er versäumte um stattdessen mit seinen Hartz-IV – Provokationen Medienpräsenz zu erreichen und seine persönlich Eitelkeit zu befriedigen. Es sind auch hier die niedrigen Instinkte, die vom Demagogen angesprochen werden.
Man soll ihn – nolens volens – pro forma im Job lassen, damit er nicht noch zum Märtyrer wird..
Damit soll’s von meiner Seite auch mal gut sein.
@Rita E.
Sie hatten mal – zu Recht – in meine Richtung geschrieben, ich solle nicht so pessimistisch sein: Ich gebe das mal zurück: Vertieftes Nachdenken ist offenbar noch öffentlich möglich und entlarvt die Demagogen.