Der Bundespräsident ist zurückgetreten. Einer der beliebtesten Politiker des Landes geht von einem Tag auf den anderen, mit Tränen in den Augen. Er hat Respekt vermisst. Vor seinem Amt, sagt er. Spitzenpolitiker von SPD und Grünen hatten ihm vorgeworfen, mit seiner Haltung zu Einsätzen der Bundeswehr den Boden des Grundgesetzes verlassen zu haben.
Aber er hat natürlich auch den Respekt vor seiner Person vermisst. Der harsche Umgang der Schon-immer-Politiker mit dem Außenseiter Köhler hat ihn gekränkt, verletzt, am Ende isoliert.
In dieser Hinsicht ist der Bundespräsident vielleicht ein Opfer. Er wurde das Opfer seiner eigenen Ambitionen, seiner Sprödigkeit, seiner eigenen Ungeschicklichkeiten. Er ist auch das Opfer des eingespielten politischen Berlin gewesen, in dem er nie zu Hause war.
Doch Köhler ist auch Täter. Mit seinem unvermittelten Rückzug hat er nicht nur das Amt des Präsidenten beschädigt. Er hat der Politik insgesamt Schaden zugefügt.
Politiker zu sein, ist kein Spaß. Es ist vor allem Pflicht. In der Zuverlässigkeit, diese Pflicht für die Zeit zu erfüllen, in der man gewählt ist, liegt eins der großen Versprechen – und eine der großen Zumutungen – für Politiker. Politiker haben ein schlechtes Ansehen, sie stehen im Ruf machtversessen und berechnend zu sein. Viele dieser Vorwürfe sind in der Schärfe unberechtigt, viele aber auch nicht. Aber: Wer seinen Job einfach hinwirft, bricht dieses Versprechen. Disziplin, Fleiß, Anstand: Das hat der Bundespräsident als Haltung für die deutsche Gesellschaft gefordert. Ausgerechnet für den ersten Bürger dieses Landes aber soll das nicht gelten?
Horst Köhler hat einmal gesagt, er wolle dem Land etwas zurückgeben. Dem Land, das dem Flüchtlingskind Köhler einen beispiellosen Aufstieg ermöglicht hat. Dass er jetzt seine Pflicht vergisst – das hat das Land nicht verdient.
Die Zeitungsüberschrift die auf die Rücktrittsgründe vom Bundespräsidentenamt des Horst Köhler am meisten zutrifft stammt nach meinen Fürs und Widers aus der TAZ: DER ANTIDEMOKRAT.
Liebe Frau Weidenfeld,
was unterscheidet Sie und die weinerlichen Journalisten denn eigentlich von Herrn Köhler?
Das überall zu hörende Gejammer über den Rücktritt ist doch nur peinlich.