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Richard Herzinger (1955 – 2025)

Hier einige Nachrufe auf meinen Kollegen Richard Herzinger.

Im ausführlichen Nachruf des Pilecki-Instituts heißt es:

„Herr Herzinger war aus unserer Sicht nicht nur ein wichtiger Freund des Instituts, sondern auch einer der bedeutendsten deutschen Journalisten und Denker der letzten Jahrzehnte. Als kritischer, häufig unbequemer Geist, wie ihn jede lebendige Demokratie braucht, schrieb er unter anderem für den Tagesspiegel, Die Zeit und Die Welt. Seine große Liebe galt der Freiheit und dem klassischen Liberalismus. Dementsprechend leidenschaftlich setzte er sich für all jene Länder ein, die sich ihre Freiheit erkämpfen mussten, darunter das freie Polen nach 1989, die Ukraine, die sich gegen den russischen Vernichtungsfeldzug wehrt, und viele andere. Dass Richard Herzinger einer der am häufigsten im Pilecki Institut auftretenden Panelisten war, erfüllt uns mit Stolz. Er war ein sehr gern gesehener Stammgast und, wie wir oft sagten, ein polnischer Bürger im Geiste, auch wenn er kein Wort Polnisch sprach.“

Thierry Chervel schreibt im „Perlentaucher“:
„Kennengelernt haben Richard Herzinger, Anja Seeliger und ich uns im Centrum Judaicum in Berlin. Dort moderierte ich eine Diskussion über einen neuen linken Antisemitismus, der damals aus Teilen der taz-Redaktion befeuert wurde. Einige tazler, darunter der späte Christian Semler, sprengten die Veranstaltung in der Oraniensburger Straße in 68er-Manier und verlangten, dass die Autorin Iris Hefets von der strikt antiisraelischen Organisation „Jüdische Stimme für Gerechtigkeit“ aufs Podium geladen werde – die Polizei musste geholt werden. Der linke Antisemitismus hat auch in Deutschland eine lange und wenig reflektierte Geschichte – Richard hatte mir erzählt, wie er ihn als Germanistikstudent etwa bei Heiner Müller entdeckte.“
Marko Martin schreibt in der „Jüdischen Allgemeinen“:

„Wer ihn nicht leiden mochte – und das waren nicht wenige im Flachdenker-Kosmos – monierten, dass er im Grunde immer wieder den gleichen Text schreibe: Über Freiheit und Freiheitsbedrohungen. Die Kritik ist mickerig und tumb, denn über was, bitte sehr, sollte ein public intellectual nachdenken wenn nicht zuvorderst über Freiheit, die Garantie nicht nur der eigenen Denk- und Berufstätigkeit, sondern das Fundament unseres gesamten gesellschaftlichen Seins? Denn ohne Freiheit, auch darauf wies Richard Herzinger in seinen Wortmeldungen immer wieder hin, könnten wir schließlich die immens wichtigen Debatten um Soziales, um Klima, um Rentengerechtigkeit oder um Minderheitenrechte und Inklusion überhaupt nicht führen. First things first. Dies jedoch nicht als hohle Ideologie oder entrückt Appellatives, sondern gleichsam immer wieder zurückgebunden ans lebensweltlich Konkrete.“

Die Internationale Politik stellt einige Beiträge Herzingers zum Nachlesen zusammen und resümiert:

„Für die IP war er seit Jahrzehnten ein ganz besonderer Autor von Essays, Analysen und Kommentaren. Ein streitbarer, unbeugsamer Kämpfer für Wahrheit, Freiheit und Demokratie, der alles Totalitäre zutiefst verachtet hat, ebenso wie Ignoranz, Dummheit und Effekthascherei.“

Auch die FAZ ehrt ihren ehemaligen Mitarbeiter:

„Wer nach einem unbeirrbaren Kämpfer gegen Totalitarismus, gegen Extremismus von links und rechts suchte – in dem Publizisten Richard Herzinger konnte man ihn finden.“

In der Welt schrieb ich:
„(Herzinger war) kein puritanischer, humorloser Asket. Er konnte Witze machen und lachen, auch über sich selbst. Er genoss gutes Essen, das zusammen mit der Asche seiner Zigarette oft auf dem Revers seiner teuren, aber zerbeulten Anzugjacken seine Spuren hinterlassen hat. Er war der einzige deutsche Journalist, der beim Trinken mit dem großen Christopher Hitchens mithalten und dennoch einen klaren Kopf behalten konnte. Wie Hitchens schrieb Herzinger mit Lust und Leidenschaft; seine Leidenschaft galt der Freiheit.“
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