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Ukraine geteilt? Niemals!

Trump plant einen schmutzigen Deal mit Putin. Der soll nicht nur behalten dürfen, was er im Nachbarland erobert hat, sondern noch mehr bekommen. Gerade Deutsche sollten wissen, dass es das Ende jeder Sicherheit in Europa wäre.

Stramme CDUler wie mein Vater riefen früher: „Deutschland dreigeteilt – niemals!“ Das war, bezogen auf die „verlorenen deutschen Ostgebiete“, revanchistisch: Ausdruck des Willens, die Folgen des deutschen Vernichtungskriegs in Osteuropa rückgängig zu machen. Nun macht sich Russlands Kriegsherr Putin, der auf den Spuren Stalins und der Nazis wandelt, berechtigte Hoffnungen, bei seinem Gipfel mit Donald Trump im ehemals russischen Alaska am Freitag seine revanchistischen Gelüste erfüllt zu bekommen: den gesamten Osten der Ukraine, den Donbas, und mehr als Lohn für seinen Vernichtungskrieg. Und Geschenk für „ein bisschen Frieden“ (Nicole).

Die Ukrainer und ihr Präsident Wlodomir Selenskyi werden sich damit nicht abfinden. De facto ist es wohl so, dass sie auf absehbare keine Chance haben, die von der russischen Armee besetzten Gebiete zurückzuerobern. Und sie wahrscheinlich froh sein können, wenn Russland durch eine von Trump vermitteltelte Waffenruhe vorläufig gebremst würde, weitere Regionen mit Millionen Ukrainern mit brutalster Gewalt zu unterwerfen.

Aber warum sollten sie weiteres Territorium freiwillig, genauer: von Trump gezwungen aufgeben? Wofür? Für ein ohne sie geschlossenes Abkommen, dass die Tintenklekse der beiden autoritären Führer darunter nicht wert ist?

Ein schleichender Genozid

Völkerrechtlich gesehen, von ihrem Nationalgefühl und ihrer Verfassung werden sich die Ukrainer und ihre Regierung um keinem Preis dafür hergeben, auf mehr als ein Fünftel ihres Landes zu verzichten. Denn sie wissen, was ihre Landsleute in den bereits sei 2014 okkupierten und den seit der Vollinvasion 2022 besetzten Gebieten erlitten haben und erleiden: Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Verhaftungen, Kinderraub, ethnische Vertreibungen, Russifizierung, Ermordung. Moskauer Imperialismus und Kolonialismus wie seit Jahrhunderten. Ein schleichender Genozid.

Selbst wenn ihr Präsident angesichts des langsamen, aber kaum aufhaltsamen Vormarschs der Besatzer, der Kriegsmüdigkeit im eigenen Land und in Westeuropa und unter massivem Druck von Trump bereit wäre, sich auf irgendeinen „Gebietstausch“ einzulassen, um das Blutvergießen und die Zerstörungen zu stoppen: Er könnte es gar nicht. Denn nach der ukrainischen Verfassung müsste ein Gebietsverzicht von den Ukrainern per Volksabstimmunt gebillgt werden.

Danach sieht es überhaupt nicht aus. Vielmehr ist eine breite Mehrheit weiterhin bereit und entschlossen, um jeden Meter des eigenen Landes, jedes Dorf, jedes Haus, jede Mitbürgerin und jeden Mitbürger zu kämpfen, damit sie nicht auch noch unter russische Sklaverei fallen.

Die ganze Ukraine bleibt ukrainisch

Gerade Deutsche sollten das verstehen. Im Grundgesetz stand bis zur Wiedervereinigung 1990 in der Präambel der eherne Auftrag und Wille, in friedlicher Weise die deutsche Einheit zu vollenden und damit die Deutschen in der DDR von der sowjetrussischen Besatzung und der Unterdrückung durch die SED-Diktatur zu befreien. Auf die Gebiete weiter im Osten, Schlesien, Pommern, Königsberg, hatte die Bundesrepublik schon durch die Ostverträge von Willy Brandt und auch die DDR verzichtet. Durch den 2+4-Vertrag wurde das endgültig besiegelt. Das war und ist der Preis für den verbrecherischen Krieg Nazi-Deutschland gegen ganz Europa.

Nach dieser völkerrechtlichen Logik müsste Russland, der Angreifer, Gebiete an die Ukraine abtreten – nicht umgekehrt. Das wird natürlich nicht passieren, da Putin über Atomwaffen verfügt und er im Weißen Haus einen willigen Gehilfen hat, der des „troubles“ in Europa müde ist und sich lieber vorteilhaften Rohstoffgeschäften mit dem russischen Diktator hingeben möchte.

Die Europäer haben keine Druckmittel, ihn daran zu hindern, solange sie nicht in der Lage sind, sich und die Ukraine ohne US-Hilfe zu verteidigen. Allerdings kann auch Trump die Ukrainer und übrigen Europäer nicht zwingen, sich seinem Willen und dem von Putin zu unterwerfen. Wenn der US-Präsident entschlossen ist, einen Separatfrieden mit Putin zu schließen, müssen sie endgültig ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Und sich damit auch von Trumps Neoimperialismus lösen.

Eine wie auch immer geartete Anerkennung der gewaltsamen Grenzverschiebungen und der russischen Landnahme würde die Reste der europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung hinwegfegen. Und die internationale Ordnung weiter unterminieren. Es wäre eine Einladung an Putin, sich bei nächster Gelegenheit weitere Teile der Ukraine, der baltischen Staaten, Polens, Moldaus und/oder Rumäniens einzuverleiben. Und an China, sich Taiwans zu bemächtigen. Das wäre dann der Dritte Weltkrieg, vor dem Pazifisten hierzulande immerzu warnen. Kein Mensch mehr in Europa und darüber hinaus könnte noch in Frieden und Sicherheit leben.

Merkels Geschichtsrevisionismus

Merkel, der damalige französische Präsident Hollande und der heutige Bundespräsident Steinmeier haben in den Minsker Abkommen von 2015 – mit Einwilligung des Friedensnobelpreisträgers Obama – die damaligen russischen Eroberungen im Donbas und die Annektion der Krim abgesegnet. Es war nicht etwa, wie Merkel bis heute behauptet, Grundlage für eine friedliche Verständigung mit Putin und seinem imperialen Revanchismus. Sondern für ihn Ausgangspunkt für die Fortsezung des Kriegs und Vorbereitung für die vollständige Unterjochung der Ukraine.

Nicht anders wäre es heute. Die Ukraine war damals militärisch zu schwach, um sich dem Diktat von Putin, Merkel und Hollande zu widersetzen. Das ist heute ganz anders. Auch nach mehr als drei Jahren ununterbrochener russischer Angriffe hält die ukrainische Armee trotz begrenzter westlicher Waffenhilfe stand, dank ihrer selbst entwickelten modernen Kriegstechnik. Und greift selbst mit Drohnen und Raketen Russland immer stärker an.

Auch wenn Trump und Putin in Anchorage ein Abkommen schließen sollten auf dem Rücken der Ukrainer und der Europäer: Es wird den Krieg nicht beenden. Faktisch wird die Ukraine auf absehbare Zeit geteilt bleiben. Aber die Krim und der Donbas und die übrigen besetzten Regionen werden für immer ukrainisch bleiben. So wie es das Völkerrecht, die UN-Satzung und die Charta von Paris vorsehen, bei deren Unterzeichnung 1990 ich als Reporter dabei war. Der damalige russische Präsident Jelzin und George Bush sen. haben ihre Unterschriften darunter gesetzt, wie Helmut Kohl und die Staatschefs aller europäischen Staaten und Kanadas.

Die gelten unverändert. Putin hat das früher sogar ananerkannt. Und all diese Abkommen einschließlich des Budapester Memorandums von 1994, als die Ukraine auf die sowjetischen Atomwaffen auf ihrem Gebiet verzichtete unter Druck auch aus Deutschland, sehen vor, dass die Souveränität und die Grenzen aller beteiligten Staaten unverletztlich sind bzw. sein müssen. Und jedes Land das Recht hat, sich einem Bündnis seiner Wahl anzuschließen. Also die Ukraine der Nato und der EU. Für Deutsche und Europäer darf das nicht verhandelbar sein.

Das russiche Zarenreich hat 1841 ein Gebiet in Kalifornien an einen amerikanischen Farmer verkauft und 1867 Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die Vereinigten Staaten, weil die einzige Überseekolonie für Moskau immer schwerer zu unterhalten war. Die Ukraine ist weder käuflich noch verkäuflich. Die übrigen Europäer sollten es auch nicht sein.

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