avatar

Meinungs-Mursks

Außenministerin Baerbock ermuntert die Ungarn, nicht für Orbán, und die Türken, nicht für Erdogan zu stimmen; deutsche Politiker und Medien aller Couleur haben vergebens an die US-Amerikaner appelliert, um Gottes Willen nicht Trump, sondern Harris zu wählen. Alles gut so!, finden Linksbewegte. Musk ruft die Deutschen in einer deutschen Zeitung auf, nicht Scholz, sondern die AfD zu wählen. Ganz böse!, finden die Nämlichen. Über Doppelmoral in Zeiten der Instant-Empörungen.

Die Welt ist ja ach so komplex und wird immer komplizierter. Wie schön, sich da bewährte dichotomische Weltbilder zu erhalten: Elon Musk ist nicht nur ein sehr reicher (böse) rechter (böser) Mann (böse) und supererfolgreicher Unternehmer (böseböse), sondern gar der reichste Milliardär der Welt (ganz furchtbar böse). Er mischt sich nicht nur in die US-amerikanische und Weltpolitik ein, sondern nun auch noch in die kleine deutsche und den hiesigen Wahlkampf. In einem Gastbeitrag in der „Welt“ des Springer-Verlags (schon immer böse). Das kann man nur empörend finden. Oder doch nicht?

Lassen wir beiseite, dass Frau Wagenknecht und die ebenso putinhörige Frau Weidel ständig in deutschen Medien, auch den öffentlich-rechtlichen, dazu aufrufen dürfen, ihre Parteien zu wählen. Wie auch gerade wieder z.B. Wagenknechts Gatte, der zweifache Parteienzerstörer Oskar Lafontaine in der FAZ. Scholz, Merz, Habeck et al genauso. Und lassen wir auch weg, dass div. Wissenschaftler, Unternehmer, Showgrößen, Film- und Kulturbetriebler im beginnenden bundesdeutschen Wahlkampf sicherlich wieder medienöffentlich ihre jeweilige Partei- und Koalitionspräferenzen allenthalben feilbieten können. Dennoch bleibt immer noch die Frage, was an Musks nicht überraschender Meinungsäußerung so schrecklich schlimm sein soll – davon abgesehen, dass man sie ja gar nicht zur Kenntnis nehmen müsste.

Wenn Zwei das Gleiche tun…

Natürlich kann man es falsch finden, wenn sich ein social-media-Mogul und ausländischer Politiker in die inländische Politik einmischt. (Musks ist als Trumps Mastermind längst einer, schließlich will der ihn ja auch zum Minister für Verwaltungs-Zerstörung machen.) Und eine deutsche Zeitung ihm auch noch ohne Not dafür eine Bühne bietet, wenn auch contra-kariert durch die Gegenmeinung des neuen „Welt“-Chefredakteurs. Das müsste dann allerdings genauso für deutsche Politiker gelten. Selbstverständlich steht es Frau Baerbock frei, als Grünen-Politikerin ihre Ansichten zur Politik von Orbán, Erdogan oder anderen populistischen, nationalistischen und autoritären Staats- und Regierungschefs von sich zu geben. Als Außenministerin sollte sie es jedoch tunlichts unterlassen, sich mit mehr oder weniger verklausulierten Wahlaufrufen in die jeweilige Landespolitiken einzumischen. Schon allein, um ihren und den deutschen ohnehin kleinen Einfluss auf die Weltläufte nicht weiter zu verringern.

Äußerungen ihres social-media-Teams des Auswärtigen Amts zum Trump-Wahlkampf waren deshalb gleichfalls diplomatisch äußerst ungeschickt, nicht anders als die von Scholz u.a. Schließlich muss auch der in seiner verbleibenden Amtszeit wie sein Nachfolger mit dem Wieder-US-Präsidenten klar kommen. Was er und andere schon vor der Wahl zumindest hätten ahnen können. Und was ihn nun bereits zu einem medienöffentlichen Kotau nötigte.

Mehr Gelassenheit

Urkomisch ist es freilich, wenn nun nicht nur die bisherige „Welt“-Meinungschefin ihre Kündigung aus Protest gegen den Musk-Beitrag ausgerechnet auf X verkündet, und auch andere Empörte auf der Musk-Plattform ihrer Musk-Ablehnung freien Lauf lassen. (Ich habe mich von dort schon lange verabschiedet, als sie noch twitter hieß). Und dumm auch, dass ebenjener Musk mit seiner Brandenburger Tesla-Fabrik wohl mehr für die Elektrifizierung und Entkarbonisierung des deutschen Autoverkehrs getan hat als alle deutschen Hersteller bis dato und alle Grünen und Linksbewegten zusammen.

Deshalb mein Rat an alle um ihre körperliche, seelische und politische Gesundheit besorgten Mitmenschen, den ich mit zunehmenden Alter selbst zu beherzigen versuche: Gelassenheit! Einfach mal abschalten, gerade zwischen den Jahren; tief Luft holen, spazieren gehen, in die Ferne schauen statt fernzusehen oder dauererregt aufs Smartphone oder den Computer zu starren. Hilft!

Im übrigen: Das versendet sich. Wer ohnehin AfD (oder BSW) wählen will, braucht dafür keine Ermunterung von Herrn Musk. Wer es nicht tun will, wozu es 1000 Gründen gibt, braucht dafür keine künstliche Empörung.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

4 Gedanken zu “Meinungs-Mursks;”

  1. avatar

    Jeder darf dummes Zeug äußern, aber die WELT sollte derartigen feudal-kapitalistischen und rechtsextremen Typen kein Forum geben.

  2. avatar

    Wahre Worte. Uns allen würde weniger Schnappatmung gut tun. Wobei sowohl Musk als auch die AfD bestens inhaltlich widerlegbar sind. Man muss es aber eben auch versuchen. Darüber aufregen und verbieten wollen, das ist so…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top