avatar

Brexit: Wie deutsche Politiker alles schlimmer machen

Die Brexit-Krise verdeutlicht die Lebenslügen, die der deutschen Europa-Politik zugrunde liegen. Nehmen wir zum Beispiel das Interview, das der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Jo Leinen vor einigen Tagen dem Online-Magazin „EurActiv.de“ gab.
Sollten die Briten für den Austritt stimmen, müssten, so Leinen, „Länder wie Deutschland und Frankreich die Initiative ergreifen, um eine Botschaft auszusenden, dass trotz des Austritts von Großbritannien die Integration weitergeht und künftig noch stärker auf die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger geachtet wird.“


Klar doch. Dabei rangiert gerade die scheinbar unaufhaltsame Integration und dem Schlagwort „immer engere Union“ auf der Liste der „Sorgen“ europäischer Bürger ganz weit oben. In der Woche vor Leinens Interview hatte das Pew Research Center die Ergebnisse einer Umfrage in zehn EU-Ländern veröffentlicht, die klarmachte, dass die Bürger Europas keine weitere Integration wollen.

48 Prozent der befragten Bürger hatten eine „negative Einstellung“ zur EU. Nur 19 Prozent sind für eine weitere Integration, bei der mehr Zuständigkeiten an die gemeinsamen Institutionen übertragen werden, während 42 Prozent mehr Zuständigkeiten für die nationalen Regierungen wollen. Was die Einstellung zur EU betrifft, so sind die Briten mit einer dem EU-Durchschnitt (!) entsprechenden Negativeinstellung von 48 Prozent keineswegs Spitzenreiter in Sachen Euroskepsis. In Griechenland sind es kaum überraschende 71 Prozent; in Frankreich, das, wenn es nach Jo Leinen ginge, die Botschaft aussenden soll, dass die Integration weitergehe, erschreckende 61, in Spanien 49 und in den Niederlanden immerhin 46 Prozent. Nur: in diesen Ländern gibt es kein Referendum. Noch nicht.

Es ist aber jedem politisch denkenden Menschen klar, dass ein Erfolg der EU-Gegner beim britischen Referendum Euroskeptiker und Populisten in ganz Europa ermuntern wird, ähnliche Abstimmungen in ihren Ländern zu fordern: in Frankreich, den Niederlanden und Dänemark sicher, wahrscheinlich auch in Schweden, Tschechien und Österreich. Aber Jo Leinen behauptet, gemäß der Maßgabe, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: „Ich kann mir auch eine gegenteilige Reaktion vorstellen, nämlich dass der Schock alle dazu bringt, enger zusammenzustehen.“ Mhm.

In einem zentralen Punkt freilich steht der Linke Jo Leinen hinter dem Konservativen Wolfgang Schäuble, was wieder einmal die Tatsache belegt, dass es in der Europapolitik hierzulande seit Jahren keine Parteien mehr gibt, sondern nur noch Deutsche: „Es kann für Großbritannien jedenfalls keine Extrawürste geben. Im Gegenteil: Der Austritt wird für das Land einen Preis haben; die Briten müssten dafür bezahlen, dass sie die EU verlassen.“
Solches „Gott strafe England“-Gerede ist ein Echo der Bemerkungen Schäubles im „Spiegel“: „Drin heißt drin und raus heißt raus“, erklärte er. Wenn sich die Briten für den Brexit entschieden, würde ihr Land aus dem Binnenmarkt mit seinem freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr ausgeschlossen. Interessant. Eigentlich haben beide Seiten zwei Jahre, um die Bedingungen des Austritts zu verhandeln, so steht es jedenfalls in den europäischen Verträgen. Aber was kümmern einen deutschen Finanzminister Verträge, Regeln, Verfahrensweisen oder Volksabstimmungen? Es geht darum zu verhindern, dass andere europäische Länder dem Beispiel Großbritanniens folgen, und da zeigt man denen schon mal die Instrumente.

Genau wie Leinen die proeuropäische Stimmung in Frankreich überschätzt (um es milde auszudrücken), überschätzt Schäuble jedoch das deutsche Drohpotenzial, zumal in einer EU nach dem Brexit. Schon vor dieser Krise hatte die Europäische Zentralbank, unterstützt vom Internationalen Währungsfond auf der einen, und einer von Frankreich angeführten EU-Opposition auf der anderen Seite, Schäubles Austeritätspolitik unterwandert. Italien wartet nur auf den richtigen Augenblick – etwa nach einem „Leave“-Votum am 23. Juni – um EU-weite Konjunkturprogramme vorzuschlagen, mit denen die Anti-Keynesianische Politik Schäubles, die seit 2008 so viel Schaden angerichtet hat, endgültig begraben würde. Deutschland wäre die einzige noch funktionierende große Volkswirtschaft in der EU und müsste fast jeder Forderung der Südländer nachgeben, um die Eurozone und die Union zusammenzuhalten. Gleichzeitig würden die verbliebenen Nicht-Euro-Länder, geschwächt durch Großbritanniens Abgang, umso stärker für ihre bestehenden Opt-outs kämpfen – und dafür, sich möglichst viele Optionen offenzuhalten für den Fall, dass ihre eigenen Bürger einen Austritt aus der EU erzwingen. Weder innerhalb noch außerhalb der Eurozone will man Deutschlands Erpressungsmacht vergrößern, indem man einer Bestrafung Großbritanniens zustimmt.

Viele Bürger Irlands und Polens etwa, um nur zwei Beispiele zu nennen, arbeiten in Großbritannien. Diese Länder werden kaum darum kämpfen, Großbritannien aus dem gemeinsamen Markt auszuschließen, wenn das zur Folge hat, dass ihre Bürger arbeitslos nach Hause kehren. Ähnliche sorgen treiben die drei baltischen Staaten um. Viele junge russischsprachige Bürger in diesen Ländern wollen in Großbritannien studieren und arbeiten; Estland, Lettland und Litauen sehen das als Sicherheitsventil, das die sprachlich-kulturellen Spannungen in ihren Ländern entschärft. Fällt Großbritannien als Traumziel weg, könnten sich junge Russen ihres „Mutterlandes“ entsinnen, das sich ihnen schon als Schutzmacht anempfiehlt.

Womit schließlich der Gorilla im Raum angesprochen wird. Drohungen gegen Großbritannien vor und nach dem Referendum sind so kontraproduktiv wie die Austeritätspolitik in der Finanzkrise oder das Betreiben einer „immer engeren Union“ gegen die expliziten Wünsche einer großen Minderheit – in vielen Ländern einer großen Mehrheit – der Bürger. Wladimir Putin reibt sich darüber die Hände. Die EU muss liefern: Jobs und Wohlstand; Demokratie und Subsidiarität; Kontrolle der Grenzen, Beherrschung der Migrationsströme, innere Sicherheit und Solidarität gegenüber der Bedrohung aus dem Osten. Überall gibt es hier Defizite, die Russland weidlich ausnutzt. Man muss Putin nicht auch noch durch loses Gerede in die Hände spielen.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

30 Gedanken zu “Brexit: Wie deutsche Politiker alles schlimmer machen;”

  1. avatar

    Hut ab von einer ehemaligen Europaabgeordneten,
    die sich nun weiss Götting seit 1968 für ein demokratisches und solidarisches und ökologisches,
    frauenfreundliches Europa eingesetzt hat auf allerlei Ebenen-die für die Bildung europäischer Parteien sofort 1989 war, als sie gewählt wurde,die das Wahlrecht in England auf jeden Fall gegenüber den 13 Prozent Grünen damals sehr diskriminierend fand und
    bei einigen Fragen mit britischen konservativen und britischen labour leuten gut auskam,mit portugiesischen Liberalen, mit österreichischen Kaiserenkeln und den ersten Vorboten osteuropäischer Abgeordneter,mit Französinnen, die Widerstand gegen
    die deutsche BEsatzugn in der Nazizeit geleistet hatten und mit holländischen KOnservativen, die mit mir für die BEfreiung Sarajevos eintraten rechtzeitig.
    Also im Europaparlament hätte man wunderbare Debatten führen können und sie in den Tv anstalten übertragen, doch mein Ruf nach der Herstellung einer europäischen Öffentlichkeit an die Kultur und MEdien
    udn WIssenchaftszene verhallte jahelang wie in der Wüste.Der Verfassungsprozess ist auch von deutschen Medien udn Wissenschaftlern und Kulturleuten um 2000 vollkommen vernachlässigt worden, die Debatten zu den Referenden in Frankreich, Holland und Irland auch.
    Nun versucht die MEdien und Politikszene mit der BRexitdebatte etwas nachzuholen, was leider teilweise
    schon den Bach runter gegangen ist, jedenfalls mit
    Hass internetseiten gegen die EU sei es von Le Pen oder UKip oder der AFD ,aber auch von Linksradikalen
    in den letzten Jahren seit der Finanzkrise und den Euro rettungsprogrammen, die beide wohl von den wenigsten verstanden wurden.Herr Posener kann leider
    keine Euro und EU reformkommission berufen und sie leiten, doch sein Realismus auch in diesem Kommentar, der mir gefällt, würde da dringend gebraucht.

  2. avatar

    Lieber Oleander, ich bin nicht israelfeindlich. Außerdem habe ich mich zu diesem Thema seit Menschengedenken nicht mehr geäußert. Bin da nicht im flow.

    Lieber Stefan Trute, der Punkt bei Broder war doch ein anderer. Für die, die die „Menschen da draußen“ „abholen“ wollen, ist Broders Betrachtung sicherlich aufregend, sofern sie sie zur Kenntnis nehmen. Für mich ist dieses juste milieu eher tragikkomisch.

    „langweilig“ = computable, berechenbar

    „Kakophonie unisono“. Erinnern Sie sich noch an die Vuvuzela Tröten? Es ist schon alles getrötet, nur noch nicht von allen.

    Was die jungen Journalisten angeht, schauen Sie, hier werden Konformisten herangezogen: http://uebermedien.de/5689/der.....enchecker/ Das sind unsere nächsten Meinungshelden

  3. avatar

    @ Herr Kaufmann

    In dem von Ihnen verlinkten Artikel Henryk M. Broders tut dieser auch nur das, was er den „politischen Eliten“ vorwirft: Er bringt „den kleinen Mann“ in Stellung gegen die Flüchtlingspolitik. Wie aufregend!
    Sie beklagen, dass „Nonkonformisten“ denunziert werden? Und hantieren dabei mit Vokabeln wie „Blockflöten“, „Lager-, Schubladen- und Prawdadenker“ (was immer das sein soll). Interessant! Was ist „langweilig“ eigentlich für eine Kategorie in Bezug auf politisches Argumentieren? Und wir klingt eine „einstimmige Kakophonie“?

  4. avatar

    Fragen Sie ihn doch mal, Alan Posener. Broder ist weit weniger ein Lager-, Schubladen- und Prawdadenker als Sie. Sie sind in Ihren Reflexen berechenbar und zumeist langweilig.

  5. avatar

    Lieber Alan Posener,
    ich stimme Ihnen da nicht zu. Sie wissen zwar, das O.K. antiisraelisch eingestellt ist und ja, Broder würde das auch nicht goutieren.

    Es ist aber Ihre Argumentation, der ich nicht zustimme. Erstens kann sich niemand seine Leser aussuchen, und meistens haben Sie in der Mitte eine Kernmenge, die mit Ihnen in den meisten Punkten übereinstimmt. Aber Sie haben auch alle Leser, die nicht d’accord sind. Wollen Sie die nicht? Dann schreiben Sie bitte: „Nur für meine Groupies.“ Mal sehen, wie lange Sie dann noch bei großen Tageszeitungen wären.
    Das andere ist, dass trotz der antiisraelischen Ansicht auch interessante Überlegungen von O.K. immer kamen. Er gab einen großartigen Lesetipp: „Der Goldene Zweig.“ Ich kannte das vorher nicht.

    Und letztlich, wir leben angeblich in einer Demokratie. Da sollte man den Gegner mit Worten überzeugen. Mit Argumenten. Er bedroht Sie ja nicht. Wenn man bedroht wird, ist das etwas anderes. Und Sie würden mir doch zustimmen, dass wir an den Bedrohungsszenarien am meisten zerbrechen können (neben den Kosten), und dass manch Einer das so will, vielleicht Putin, aber das geht weit über Putin hinaus.

    Da gibt es arme Migranten, die wollen in den Sahnekuchen, der gar nicht vorhanden ist, weil alles über Kredite läuft. Und dann gibt es einige Große, die wollen, dass der Scheinriese Sahnekuchen kaputt geht, damit sie dann florieren. Vielleicht auch nur, damit wieder gesund gewirtschaftet wird.

    @ Kaufmann: Israel hätte davon nichts, gar nichts. Wir waren unter Obama das Land, auf das sich Israel noch am ehesten verlassen konnte. Unter Bush waren das die USA. Was hier passiert, ist homemade. Man hat Angst um seine Diäten und Pensionen, den Einfluss und die Posten. Was würde wohl ein Herr Oettinger heute machen, wenn es diesen Voralterssitz bei Molenbeek nicht gäbe? Und in welche beiden Länder würde das kaputte Belgien eingehen? Wobei die Franzosen vermutlich „Non, merci“ sagen würden.

  6. avatar

    Was wäre denn für die Briten an einem Brexit so schlimm? An höhere Kosten glaube ich nicht, zahlen die Briten doch Milliarden an Brüssel.
    Hoffentlich haben die Briten den Mut, woran ich zumindest zweifle.
    „Es kann schon sein, dass wir nach einem Brexit irgendwann ein neues Handelsabkommen mit Großbritannien abschließen werden“, sagt Obama. „Aber unser Hauptinteresse gilt dem großen Block, der EU. Wenn Großbritannien alleine wäre, stünde es in der Schlange ganz hinten.“

  7. avatar

    Ich habe gerade gelesen, dass die Buchmacher den Fall, dass der Brexit scheitert, aktuell mit 67 % bewerten. Das ist schon viel nachvollziehbarer. Man liest ja immer nur von Umfragen mit Eurogegnern. Also: Noch gibts keinen Brexit und vielleicht wird es auch nie einen geben.

  8. avatar

    Vielleicht eskaliert die Situation, und die britische Armee befreit uns von der Merkel-Regierung, vielleicht in einer Zangenbewegung mit Putins Truppen. Je mehr die Briten von Schäuble und Schulz lesen, desto schneller machen sie ihr Kreuz für den Brexit. Die deutschen Politmonster will niemand haben, wenns bei uns Demokratie und freie Medien gäbe, würde die auch keiner wählen.

    1. avatar

      Wer von Putins Truppen eine „Befreiung“ erwartet, Gert Weller, entlarvt sich selbst als unseriös oder antidemokratisch.

  9. avatar

    Ich bin kein Broderfeind. Hier zeigt er gesunden Menschenverstand: http://www.welt.de/debatte/hen.....-Welt.html

    Scheene Demokraten, und was nicht in den breiten „demokratischen“ Konsens passt, wird als Populismus, Rechtspopulismus, Rechtsradikalismus, man kann das noch steigern, denunziert. Früher waren das Klassenfeinde, Reaktionäre, noch früher Volksfeinde. Das ist zwar Kakophonie, aber unisono. Mehr Konformismuszwang war nie; wer als junger Journalist hier einen anderen Ton riskiert, muss im Blockflötendeutschland seinen sozialen Tod in Kauf nehmen. Macht er nicht; lieber glaubt der den Märchen, dass die, die den Wasserschaden verursachen oder Lawinen auslösen, auch die Problemlöser und Lawinenhunde sind.

  10. avatar

    Herr Fuhr hat kapituliert. Vor dem Islam? Nein, vor dem Mann:

    – Ich sehe, dass Hemmungen fallen. Ich sehe so viele öffentlichkeitsgeile Einzeltäter, dass es mir schwer fällt, noch an Einzelfälle zu glauben. Ich glaube, dass der Mann sein Selbstbewusstsein und seine Würde verloren hat und zum mörderischen Kindskopf geworden ist.
    http://www.welt.de/debatte/kol.....skopf.html

    Ich hatte das unten schon mal geschrieben. Wh: Wir haben ca. 1% mindestens Durchsetzung mit Schizophrenie. Hinzu kommen weitere Störungen, wie Bipolare Zustände, Borderline-Syndrom, Paranoide Störungen.

    In der Zeitung DailyMail schreibt ein commentator, dass im NHS daran gespart würde.

    Da Herr Fuhr ein netter Zeitgenosse ist (und Herr Posener auch selten), muss man das nicht glauben mit dem Mann. Es kümmert sich keiner um die Psychosen von Auffälligen oder Kriminellen. Oder zu wenig. Wir haben zu viel Geisteskrankheit. Da muss man mal die Therapie bezahlen. Oder sich mal an die Diagnosen trauen.

    Und sollte dabei wissen, dass fast nur Frauen freiwillig bei Psychologen auftauchen, also muss man den Mann auch schon mal dazu überreden.

    Nicht der Mann ist kaputt, sondern die Umstände. Und ehrlich gesagt ist das Internet nicht ganz gesund, weil alles ungefiltert dort ‚rein- und ‚rausfließt, jede Menge Gewalt und Aufwiegelung dazu. Der Mann ist immer noch gesünder als Enthauptungen im Netz zu lassen. Das ist degeneriert, nicht etwa die Männer.
    Bevor man den Mann abschreibt, sollte mann das web abschalten.
    Für meine Söhne und Neffen geschrieben.

  11. avatar

    …und gleich werden sie wieder mit den armen Südländern kommen, in denen alles so furchtbar wäre, nur weil die elitäre EU alles bestimmt. Da ist dann plötzlich ganz viel Mitleid da. Die armen Griechen, die unschuldigen Sizilianer mit ihren Brtücken in der Landschaft, wo die EU vergessen hat, eine Straße dranzubauen! Alles nette Leute, die von Brüssel übern Tisch gezogen wurden.

    Dann sollen die dort ihre Exits organisieren. Das wurde ja versucht, hat aber nicht geklappt, entweder weil man den Leuten dort eingeredet hat, dass die EU besser ist als ihre nationale Regierung, oder weil die EU tatsächlich besser ist als ihre nationale Regierung.

  12. avatar

    Wenn ich Stevanovic richtig gelesen habe, bezieht er sich mit „EUdSSR“ auf die von den einschlägigen Eurokraten schon angedrohten Strafaktionen gegen die abtrünnigen Briten im Falle eines Brexit.

    Daher ist die Bezeichnung gar nicht so falsch.

  13. avatar

    …mir geht auch das permanente und flächendeckende Gemeckere der EU-Gegner zusehens auf den Geist, muss ich sagen. Uns geht es gut, wirtschaftlich, politisch, kulturell. Wer daran zweifelt, soll sich die Welt angucken. Glaubt jemand im Ernst, dass die EU daran keinen Anteil hat, dass es uns ohne EU NOCH besser gehen würde?

    Anscheinend glaubt das jemand im Ernst. So fett wie jetzt reicht nicht. Wie fett wollen die sich eigentlich noch fressen.

  14. avatar

    Zunächst einmal muss es überhaupt einen Erfolg der Brexit-Befürworter geben. Daran habe ich meine Zweifel – Umfragen hin oder her. Es gibt keinen Vorteil für einen Brexit, aber einen Haufen Nachteile. Das werden sich die britischen Wähler womöglich auch noch klarmachen. Wirtschaftlich sind sich die Experten fast alle einig, dass der Brexit ein Eigentor wäre, und was die Abschottung vom freien Arbeitsmarkt angeht, so hat Herr Posener ja gerade erklärt, wie es sich nach einem Brexit mit dem Binnenmarkt verhält. Wer auf dem Binnenmarkt bleiben will, muss die Arbeitsimmigranten aus Europa weiterhin kommen lassen. Warten wir also mal ab, ob es überhaupt was wird mit dem Brexit; es ist ja nicht mehr lange hin, soviel Geduld können wir aufbringen.

    Auch die anderen Umfragen, was die Integratiojn betrifft, halte ich für irrelevant. Man sollte keine Politik machen, die auf Umfragen basiert. Wer das für demokratisch hält, hat nicht richtig verstanden, was Demokratie – parlamentarische Demokratie mit regelmäßigen Wahklperioden usw. – ausmacht: nicht die Umsetzung, sondern das Ausbremsen von Stimmungslagen, um dicke Bretter bohren zu können. Wer eine Stimmungslage aus der Bevölkerung in die Etnscheidungsfindung bringen will, muss dazu entsprechende Mehrheiten organisieren. Das dauert, wie man zum Beispiel beim Atomausstieg sehen kann.
    Ich habe aber nichts gegen Volksabstimmungen. Wenn der Brexit scheitert, gehtn es mit der EU fahrplanmäßig weiter. Wenn er durchkommt, wird es wohl mehr Volksabstimmungen geben. Nicht alle werden für den Exit votieren, und mit dem Rest, der akzeptiert, kann man arbeiten. Solange es aber keine gibt, soll das gemacht werden, was die Vertreter angekündigt haben. Die sollen nicht umkippen, nur weil die Umfragen anders sind. Leute wie ich haben sie gewählt, damit sie mit der Integration weitermachen, und sie haben die Mehrheit eingefahren. Nun sollen sie das umsetzen, was sie angekündigt haben. Die Integration ist keine spontane Idee; sie wurde oft besprochen und lange angekündigt. Wer die geschmähten „Eliten“ abwählen will, soll eine Mehrheit organisieren und es versuchen! Bisher hat das nicht geklappt.

  15. avatar

    Ok, wir rüsten wir ab. Statt apokalyptische Visionen im Falle eines Brexit zu entwerfen, sollte man einen Brexit mit einem Premier King Boris als Chance begreifen. Er will verhandeln und das wollen andere europäische Länder auch. Der Hinweis, dass ein Schaden für UK größer wäre als für den Kontinent, ist nicht gerade das, was man unter einer rationalen Politik verstehen sollte. Etiketten wie „gescheitert“ helfen nicht.

  16. avatar

    Vielleicht ist ‚den Briten‘ die Tatsache, daß sie überhaupt abstimmen dürfen wichtig und besonders vor dem Hintergrund einer deutsch dominierten EU. Auch ist das UK in den Fragen dazu keineswegs einig: Ein walisischer Freund sagte mir kürzlich: „I hate the Britains, I hate the USA and for us the best is to be with the EU“ (weil wir gerade bei ‚Drastika‘ sind). Und, nunja, deutsche Interessen.. Vertreten deutsche Regierungen die Interessen von Wirtschafts-Teilnehmern außerhalb der Automobilindustrie und der Energiewirtschaft??
    Nationalismen erklären schon lange nicht mehr die Welt. Man sollte sie schon deshalb lassen.

  17. avatar

    Lieber Alan Posener, lassen wir Broder beiseite.
    Blockflöten ist ein Ausdruck, der mir zuwider ist, weil er ein schechtes Licht auf das herrliche Instrument Flöte wirft.
    Tatsache, wir haben keine Opposition mehr, und Dinge wie der ESM sind einfach durchgepresst worden. Wenn man andere Parteien unter dem Titel Alternativlosigkeit an die Wand fährt, ist das nicht demokratisch.
    Dass diese Parteien sich nicht wehren, ist ihre eigene Schuld. Wenn einem die Pfründe näher sind, muss man Wählerstimmen einbüßen. Bei dieser Mentalität kann tatsächlich mal ein schwarzgrünrotgelber Block entstehen. Suchen Sie schon mal eine passende Landesflagge, Kenia ist dann zu klein, aber Hessen macht es vor.
    Und bei den Fernsehleuten ist das großenteils genauso mit den Pfründen.
    Und in BW hat man einen Schwiegersohn sitzen. Das ist bald so wie bei den alten Königen. Man muss nur noch seine Kinder richtig verheiraten.

  18. avatar

    Sie haben recht, deutsche Politiker machen alles schlimmer; nur, Merkel, Schäuble, Leinen, Schulz, Altmeier, die Grünen etc. vertreten keine deutschen Interessen – würden sie das tun, müßten sie nicht die Briten, die Franzosen, die Osteuropäer denunzieren. Die angeblich „europäische“ Politik der merkel-rot-grünen Blockflöten ist schiere Überheblichkeit und deutsche Maßlosigikeit. Ein „deutscher“ Sonderweg; Germaniam esse delendam.

  19. avatar

    Ob sich Putin die Hände reibt ist vollkommen irrelevant.

    Wenn das gute Projekt Europa an die Wand fährt, sind nicht Putin oder Eurokritiker von UKIP, AfD oder FPÖ daran Schuld, sondern Eurokraten vom Schlage eines Leinen, Schulz, Schäuble oder Juncker, von unserer Kanzlerin ganz zu schweigen.

  20. avatar

    In der Flüchtlingsfrage war es Deutschland herzlich egal, was 8 betroffene Länder wollten und sprach von fehlender Solidarität (Deutschland=Europa) und, obwohl die kleinen Länder es laut sagen, fabuliert man über eine Vertiefung nach dem Brexit, den die Briten bereuen sollen. Genau so macht man Europa kaputt. Auch wenn ich ihn nicht lustig finde, Europa wäre, mit einem Premier Boris Johnson sofort Verhandlungen aufzunehmen. Und wer weiß, was dann später mal wieder werden könnte. Als Europäer sind die Briten ein Teil von uns, deswegen machen wir ja Europa. Wenn wir Europa wirklich ernst meinen, müssen wir (unsere Regierung) von der ersten Minute eines Brexit daran arbeiten, dass die Schäden für alle so gering wie möglich sind. Ansonsten ist Europa wirklich nur hohles Geschwätz. Natürlich wäre ein Brexit falsch, aber ob es ein Schaden wird, hängt von den Beteiligten ab. Wer glaubt, die Briten für eine Abstimmung bestrafen zu müssen, nach allen Jahrzehnten, nach Dick und Dünn, gibt Ukip recht – das wäre EUdSSR.

  21. avatar

    Lieber Alan Posener,
    Sie wissen doch, dass Broder gern Drastika einflicht. Andererseits ist es gut, dass der Ausdruck fällt und Jüngere nachlesen, was das war. Das kennt nicht jeder.

    Auch diese Ausführungen oben sind sehr zu loben. Wie kann man nur mit solcher Unverfrorenheit über Bürger hinweggehen?

    Was Russland betrifft, kriegen die Bürger den Eindruck, dass, wenn schon alles andere nicht wirklich stimmt, die überstarke Rhetorik gegen die Russen auch nicht stimmen kann. Sachlichkeit bei der Russlandkritik scheint ein Fremdwort zu sein. Ja, das muss Putin freuen, kein Ball ein As, alles mit Boomerang geworfen.

    1. avatar

      Da kann ich nur sagen, Oleander: Drastika – Schwastika. Es gibt Grenzen. Auch das der Broder-Feind Othmar Kaufmann, der wieder unter uns weilt, die Bundestagsparteien als „Blockflöten“ bezeichnet, als gäbe es zwischen Kommunismus und Demokratie keinen Unterschied, geht in die gleiche Richtung, und Stevanovics „EUdSSR“ übrigens auch. Man sollte, meine Aufforderung an Politiker wie Schäuble gilt mutatis mutandis auch hier, verbal abrüsten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top