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Front Deutschland?

Das Leben kann manchmal so einfach sein. Nicht die Franzosen sind dafür verantwortlich, dass Marine Le Pen mit dem „Front National“ am Sonntag stärkste Kraft bei den Kommunalwahlen in Frankreich wurde. Nein, auch die Deutschen sind schuld am Erfolg der Rechtspopulisten. So schreibt Ulrike Herrmann heute im Leitartikel der taz. Die taz versteht sich, seitdem die Grünen immer bürgerlicher und die Bürger immer grüner werden, als das Leitorgan der übrig gebliebenen Linken in Deutschland. In dem Maße, indem die real existierende Linke sich hierzulande täglich selbst erledigt, steigt offenbar die Verzweiflung in der Rudi-Dutschke-Straße unweit des Axel-Springer-Hauses. „Deutschland“, so der zentrale Befund, „hat sich auf Kosten seiner Nachbarn saniert.“ Mit Dumpinglöhnen zerstört Deutschland Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit und hat durch „Tricksereien… jetzt einen Wettbewerbsvorteil von etwa 20 Prozent.“ Die französischen Parteien seien dagegen machtlos, der Erfolg des Front National unausweichlich.

 

Der Front National ist so rechts wie er links ist

Diesen Leitartikel muss man mehrfach lesen. Eine solche krude Kette an Argumenten hat es lange nicht mehr gegeben in einer immer noch seriösen deutschen Tageszeitung. Nach der Logik von Ulrike Herrmann tragen auch die Siegermächte des Ersten Weltkriegs, darunter auch Frankreich, Schuld am Erfolg der Nationalsozialisten. So viel Bullshit war selten. Ein Volk bekommt die Regierung, die es will und verdient. Frankreich hat die Wahl und wählt den Front National. Von Sozialisten und Konservativen erwarten unsere Nachbarn kaum noch die Lösung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Probleme. Beide Parteien hatten mit Sarkozy und Hollande ihre Chance, beide haben sie vertan. Der Front National tritt als Bewegung der Globalisierungsverlierer auf und greift genau die Argumente der linken Globalisierungsgegner auf, welche die EU als Teil des globalisierten Kapitalismus für den Niedergang Frankreichs sehen. Die radikalen Forderungen (Ende des Freihandels, Abschied vom Euro, Rückkehr zur Rente mit 600 und Anhebung des Mindestlohns) schrecken immer weniger Wähler ab. Der FN ist genauso rechts wie er links ist. Das macht ihn gerade attraktiv.

 

Michael Houellebecq entwirft in seinem Roman „Unterwerfung“ das Szenario eines Wahlbündnisses zwischen Sozialisten, Konservativen und Islamisten, um den Aufstieg Marine Le Pens Front National zu stoppen. Neuer Staatspräsident wird der Moslem Ben Abbé, der sofort die Theokratie, die Scharia, das Patriarchat und die Polygamie einführt. Noch kommen in Frankreich Sozialisten und Konservative auf eine knappe Mehrheit. Die Front der Résistance droht am fehlenden Konsens und der politischen Unfähigkeit beider Lager zu scheitern. Das ist der Grund für die französische Malaise. Vive la trance!

 

 

 

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5 Gedanken zu “Front Deutschland?;”

  1. avatar

    Immer schön auf die Erfolgreichen schimpfen – das ist ganz nach dem Geschmack der Linken. Nur niemals selbst in den Spiegel schauen und sich eingestehen, dass man gescheitert ist.

  2. avatar

    Sorry, aber die TAZ versteht sich ganz sicher nicht als „das Leitorgan der übrig gebliebenen Linken in D.“

    Für die TAZ ist die LINKE nach wi vor ein rotes Tuch. man hat sogar den Rückzug der Grünen in den bürgerlichen Wohlfühlkosmos mit vollzogen.

    Das Leitorgan der Linken ist möglicherweise „das neue D.“ oder was immer, die TAZ ist es nicht und will es auch nicht sein.

  3. avatar

    Lieber Daniel Dettling,
    Was die Kritik am taz-leitartikel angeht: d’accord. Weniger einverstanden bin ich mitIhrer Wiedergabe des Inhalts von „Soumission“. Sie schreiben: „Neuer Staatspräsident wird der Moslem Ben Abbé, der sofort die Theokratie, die Scharia, das Patriarchat und die Polygamie einführt.“ Aber das tut er gerade nicht, auch wenn es bei Wikipedia wortwörtlich so steht. Die Pointe des Romans ist ja, dass Ben Abbès (nicht Abbé) Frankreich nicht „sofort“ islamisiert. Er macht nur die Islamisierung möglich. Der Held des Romans unterwirft sich freiwillig dem Islam, weil er in der Unterwerfung der Frau unter seine Bedürfnisse, in der Polygamie also, die Lösung seines Grundproblems erkennt: Er will ein Betthäschen UND eine Köchin zur Frau haben.

  4. avatar

    Da ist eigentlich nur ein einziger Satz falsch.

    Wie kommen Sie auf die Idee, die TAZ sei „immer noch eine seriöse deutsche Tageszeitung“ ?

    Das war sie nie !

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